Veranstaltung: | Digitale LDK am 12.-13.12.2020 |
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Tagesordnungspunkt: | TOP5.4 Grün wählen und Baden-Württemberg zusammenhalten |
Antragsteller*in: | Annette Kosakowski |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 15.12.2020, 10:46 |
Antragshistorie: | Version 1 |
K9NEU: Für beste Bildung von Anfang an
Antragstext
Kapitel 9: Kita, Schule und Bildung
Für beste Bildung von Anfang an
„Jeder junge Mensch hat ohne Rücksicht auf Herkunft oder wirtschaftliche Lage
das Recht auf eine seiner Begabung entsprechende Erziehung und Ausbildung.“ So
steht es in der baden-württembergischen Landesverfassung. Das ist für uns Grüne
Auftrag und Ansporn, für Bildungsgerechtigkeit und faire Bildungschancen für
alle Kinder und Jugendliche zu sorgen.
Wir denken Bildungspolitik vom Kind aus. Jedes Kind ist eine einzigartige
Persönlichkeit mit eigenen Talenten und Fähigkeiten, mit individuellen Stärken
und Schwächen. Wir sind überzeugt: Das Bildungssystem muss individuelle
Entwicklungswege und Chancengerechtigkeit unabhängig von der Herkunft
ermöglichen. So ist gewährleistet, dass alle ihre Fähigkeiten und Kompetenzen
erweitern und sich in die Gesellschaft einbringen können. Damit werden die
Grundbedürfnisse nach Zugehörigkeit und dem Wachsen an selbstgewählten Aufgaben
erfüllt.
In Baden-Württemberg wollen wir allen durch gute Bildung die Chance geben, ihre
Talente und Fähigkeiten auszuschöpfen und so das eigene Leben selbstbestimmt in
die Hand zu nehmen. Deshalb stehen wir für die bestmögliche Förderung
jeder*jedes Einzelnen von der Kita bis zum Beruf und darüber hinaus durch
lebensbegleitende Bildung.
Auf diesem Weg sind wir in den vergangenen zehn Jahren schon ein gutes Stück
vorangekommen. 2011 haben wir als grün-geführte Landesregierung damit begonnen,
den jahrzehntelangen Reformstau aufzulösen.
Ein besonderes Herzensanliegen ist es uns, Kinder in Krippe und Kindergarten gut
zu betreuen und zu fördern. Hier war der Nachholbedarf am größten. Seit 2011
haben wir deshalb die Mittel für die Betreuung der Kinder unter drei Jahren
massiv gesteigert. Und das mit Erfolg: Heute gibt es über 60 Prozent mehr
Krippenplätze als damals. Die Zuschüsse für die Kindertageseinrichtungen für die
über Dreijährigen haben wir bedarfsgerecht angepasst. Und wir haben im Land den
besten Betreuungsschlüssel der Republik: Bei uns ist im Schnitt ein*e
Erzieher*in für drei Kinder unter drei Jahren verantwortlich. Auch mit dem
Ausbau der Sprachbildung an unseren Kindergärten haben wir begonnen – in
Quantität und Qualität. Denn ohne gute Deutschkenntnisse wird sich ein Kind in
der Schule immer schwertun.
Qualität in den Kitas gibt es nur, wenn gutes Personal in ausreichendem Umfang
zur Verfügung steht. Darauf haben wir mit PiA, der Praxisintegrierten
Ausbildung, reagiert – eine vergütete Ausbildungsmöglichkeit für angehende
Erzieher*innen. Dieses Erfolgsmodell haben wir auch über den Pakt für gute
Bildung und Betreuung weiter gestärkt.
Wir haben die Kindertagespflege auf eine solide Basis gestellt. Als zweite Säule
neben den Kindertageseinrichtungen spielt diese eine wichtige Rolle, um den
Rechtsanspruch sicherzustellen. Es war uns daher ein wichtiges Anliegen, die
Kindertagespflege qualitativ zu stärken und insbesondere die Tagespflegepersonen
finanziell zu stärken.
Bevor wir Grüne ab 2011 in Regierungsverantwortung waren, gab es in Baden-
Württemberg Ganztagsschulen nur als Schulversuche. Mit der gesetzlichen
Verankerung der Ganztagsgrundschule haben wir verlässliche Rahmenbedingungen
geschaffen. Wir haben deutlich in den Ausbau der Ganztagsschule investiert.
Diesen Weg wollen wir nicht nur im Grundschulbereich konsequent weitergehen,
sondern ihn auch auf den weiterführenden Bereich ausweiten, weil dieses
Schulmodell pädagogisch sinnvoll ist: Hier lernen Kinder und Jugendliche mehr
und besser. Die Ganztagsschule sichert die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
An den Grundschulen haben wir vier zusätzliche Unterrichtsstunden für Lesen,
Schreiben und Rechnen eingeführt. Diese Grundfertigkeiten sind entscheidend für
den weiteren Bildungsweg eines Kindes. In der Ganztagsschule müssen dabei auch
außerschulische Partner*innen einen Platz finden, um lebensnahes Lernen zu
ermöglichen. Diese Partner*innen müssen auf Augenhöhe mit der Schule behandelt
und ihre Leistung muss entsprechend vergütet werden.
Mit der Gemeinschaftsschule haben wir 2012 erfolgreich eine neue Schulart
eingeführt, bei der die individuelle Förderung im Zentrum steht. Auch das Lernen
von- und miteinander hat gerade in der Gemeinschaftsschule eine große Bedeutung,
die Vielfalt der Schüler*innenschaft wird so produktiv genutzt. Die
Schüler*innen lernen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit im jeweiligen Fach
auf unterschiedlichen Lernwegen – und entfalten so ihre Fähigkeiten optimal.
Davon profitieren die Leistungsstarken ebenso wie die Schwächeren. Das zeigen
auch die Abschlussergebnisse. Die Gemeinschaftsschule – ob mit oder ohne
Oberstufe – hat sich zu einem echten Erfolgsmodell entwickelt: Bereits nach
wenigen Jahren gibt es über 300 im ganzen Land. Regelmäßig werden
Gemeinschaftsschulen mit dem deutschen Schulpreis oder als Smart School
ausgezeichnet. Und es zeigt sich noch etwas: Die Schüler*innen lernen dort mit
höherer Motivation. 2021 werden in Tübingen und Konstanz die ersten
Schüler*innen ihr Abitur an einer Gemeinschaftsschule erwerben. Die Oberstufe an
der Gemeinschaftsschule wollen wir weitmöglichst ausbauen.
Die Realschule haben wir in erheblichem Umfang mit zusätzlichen Stunden
ausgestattet. Sie sollen die individuelle Förderung stärken, um Schüler*innen
dort gleichermaßen auf den mittleren und den Hauptschulabschluss vorzubereiten.
Das Gymnasium haben wir ebenfalls mit zusätzlichen Stunden zur individuellen
Förderung ausgestattet und den Bildungsplan an die verkürzte Lernzeit angepasst.
Die Reform der Oberstufe ermöglicht es den Schüler*innen, ihre persönlichen
Interessen und Begabungen auf dem Weg zum Abitur noch besser zu vertiefen.
Durch die Förderung der Schulsozialarbeit gibt es heute mehr als doppelt so
viele Schulsozialarbeiter*innen wie vor dem Start der grün-geführten Regierung.
Denn manchmal sind es Probleme in der Familie oder auf dem Pausenhof, die Kinder
in der Schule ausbremsen. Wir unterstützen den weiteren Ausbau der
Schulsozialarbeit und stehen zu unserem Versprechen, als Land ein Drittel zu
finanzieren.
Kinder und Jugendliche mit Behinderung gehören in unsere Mitte. Wir Grüne stehen
deshalb – in Übereinstimmung mit der UN-Behindertenrechtskonvention – für ein
inklusives Bildungssystem. Wir haben die rechtliche Grundlage dafür geschaffen,
dass Eltern selbst entscheiden können, ob ihr Kind eine allgemeine Schule oder
ein sonderpädagogisches Bildungs- und Beratungszentrum besucht und damit einen
wichtigen Zwischenschritt auf diesem Weg erreicht. Kinder mit und ohne
Behinderung lernen nun an vielen Schulen im Land gemeinsam. Es bleibt unser
Ziel, dass jedes Kind die Förderung erhält, die es braucht. Wir sorgen für
zusätzliches Betreuungspersonal und Lehrkräfte. Gleichzeitig stärken wir die
sonderpädagogische Unterstützung.
An den beruflichen Schulen haben wir die beruflichen Gymnasien weiter ausgebaut,
die an unsere Realschulen und Gemeinschaftsschulen anschließen. Mit der
Ausbildungsvorbereitung dual erleichtern wir Jugendlichen den Berufseinstieg,
die zusätzliche Förderung benötigen. Und mit Lernwelten und Lernfabriken 4.0
führen wir die berufliche Aus- und Weiterbildung gemeinsam mit der Industrie in
das digitale Zeitalter.
Egal, ob die bewährte duale Ausbildung oder ein Studium: Nach der Schule sollen
junge Menschen unabhängig von ihrem Abschluss den Berufsweg finden, der zu ihnen
passt. Dafür haben wir die Berufs- und Studienorientierung an allen Schularten
gestärkt und durch die Leitperspektive Berufsorientierung flankiert.
Die Schulen in freier Trägerschaft ergänzen unsere Bildungslandschaft. Hier
entstehen oftmals pädagogische Angebote, die auch für öffentliche Schulen
beispielhaft sind. Es ist uns wichtig, die Finanzierung der freien Schulen auf
eine auskömmliche Basis zu stellen. Sie sollen grundsätzlich auch Schüler*innen
aus sozial-schwächeren Haushalten offenstehen und die gesellschaftliche Vielfalt
abbilden. Daher haben wir das Sonderungsverbot konkretisiert und entlasten
Schulen, wenn sie auf Schulgeld verzichten.
Nach Schule, Ausbildung oder Studium hört das Lernen nicht auf: Wir leben in
einer Welt, die immer komplexer wird. Deshalb wird das lebensbegleitende Lernen
– beruflich und privat – immer wichtiger. Entsprechend haben wir die
Finanzierung der Weiterbildungsträger angehoben und an den Bundesdurchschnitt
angenähert. Wir bleiben an unserem Ziel dran, dass Baden-Württemberg zukünftig
über dem Bundesschnitt in Weiterbildung investiert.
Wir sind noch nicht am Ziel
Die Welt verändert sich – und mit ihr verändert sich unsere Gesellschaft. Daraus
ergeben sich neue Anforderungen an unsere Bildungseinrichtungen. Mit unseren
Bildungsreformen der vergangenen Jahre haben wir das beherzigt und wichtige
Schritte nach vorn gemacht. Aber wir wissen auch: Wir sind noch nicht am Ziel.
Uns ist bewusst: Der Schulerfolg eines Kindes hängt noch immer stark von der
Herkunft und dem Geldbeutel der Eltern ab. Das wollen wir ändern!
In Baden-Württemberg nimmt die familiäre, soziale und kulturelle Vielfalt der
Schüler*innen in hohem Maße zu. Die einen können bei der Einschulung schon
lesen, andere verstehen noch nicht alles auf Deutsch. Manche Eltern unterstützen
ihre Kinder intensiv bei den Schulaufgaben, in anderen Familien sind die Kinder
dabei auf sich gestellt.
Die digitale Transformation fordert auch unsere Schulen fundamental heraus. Es
geht um weit mehr als schnelles Internet und ausreichend Tablets. Es geht ums
Lernen mit und über digitale Medien. Wir müssen die jungen Menschen befähigen,
ihr Leben in der digitalen Welt frei und selbstbestimmt in die Hand zu nehmen.
Das ist nicht minder ein unverzichtbares Element einer zeitgemäßen politischen
Bildung.
Die Corona-Krise hat all diese Herausforderungen weiter verschärft. Damit hat
sich auch die Kluft zwischen den Schüler*innen vergrößert: Die einen hatten
einen Computer zu Hause und Eltern, die ihnen beim Homeschooling helfen konnten.
Die anderen hatten das nicht. Viele Schulen sind in den vergangenen Monaten
engagiert neue digitale Wege gegangen. Die digitale Ausstattung der Schulen hat
Fahrt aufgenommen, um den Zugang zu digitalen Endgeräten für alle Schüler*innen
zu sichern. Dabei ist es entscheidend, dass wir die Ausstattung der
Schüler*innen mit digitalen Endgeräten für ein zukunftsfähiges Bildungssystem
auch als Aufgabe des Landes betrachten. Bei der Vergabe der Mittel müssen wir
dabei die sozioökonomische Situation der Schulen berücksichtigen, damit die
Chancengerechtigkeit auch im digitalen Unterricht gelebt wird. Gleichzeitig hat
sich gezeigt: Beim digitalen Lernen gibt es großen Nachholbedarf, sowohl
technisch als auch pädagogisch. Hier können Leuchtturmschulen wichtige
Beispielgeber sein, wie die digitale Schule von morgen aussehen kann.
Medienkompetenz als Teil des digitalen Lernens ist heutzutage auch Teil der
politischen Bildung. Nur wer sich in der immer komplexeren Medienlandschaft
kompetent bewegt, kann Fake News von Real News unterscheiden, kann Postings in
digitalen sozialen Medien einschätzen und kritisch reflektieren. Die Corona-
Krise hat uns nachdrücklich verdeutlicht: Demokratie lebt durch mündige
Bürger*innen. Deshalb brauchen wir an den Schulen politische Bildung – im
Lehrplan genauso wie im Schulalltag, wo Demokratie durch Beteiligung mit Leben
gefüllt werden muss.
Faire Bildungschancen für alle Kinder
Wir Grüne sind überzeugt: Auf den Anfang kommt es an! Die ersten Jahre des
Lebens sind besonders wichtig. Nie wieder lernen wir so viel und so schnell wie
in dieser Zeit. Diese Phase ist entscheidend dafür, wie sich ein Kind persönlich
und sozial entwickelt. Hier werden die Weichen für den weiteren Bildungsweg
gestellt. Deshalb muss jedes Kind von Beginn an die Chance bekommen, seine
Potenziale zu entfalten und sich gut und frei zu entwickeln. Neben der Familie
sind unsere Krippen und Kindergärten die wichtigsten Orte, um ein Kind in seiner
Entwicklung zu begleiten und zu unterstützen. Trotz großer Investitionen in den
vergangenen Jahren reichen die Kita-Plätzen bis heute nicht aus. Wir werden
daher den weiteren Ausbau der Kinderbetreuung in Krippe und Kindergarten
vorantreiben.
Wir wollen den Bildungserfolg von der sozialen Herkunft entkoppeln. Dabei ist es
unser Anspruch, dass jedem Kind die gleichen Chancen zustehen, unabhängig vom
familiären Hintergrund.
Wie gut gelingt die Integration von Menschen mit Migrationsgeschichte? Diese
Frage ist entscheidend für unseren künftigen Wohlstand und unseren
gesellschaftlichen Zusammenhalt. Etwa 40 Prozent der Menschen, die in Baden-
Württemberg leben und jünger als 25 Jahre sind, haben einen
Migrationshintergrund. Vier von fünf Kindern und Jugendlichen mit
Zuwanderungsgeschichte sind hier aufgewachsen. Schule als Lern- und Lebensort
ist – neben der Familie – besonders wichtig, um Sprachkompetenzen zu erlernen
und demokratische Werte und Einstellungen aufzubauen.
Wir verstehen Bildung ganzheitlich – als „Lernen mit Kopf, Herz und Hand“. Es
geht darum, Wissen und Kompetenzen zu erwerben, die Persönlichkeit zu
entwickeln, Kreativität und Motorik zu fördern. Wir streben ein Recht auf
Förderung an: Kein junger Mensch soll die Schule verlassen, ohne einen
Mindeststandard beim Lesen, Schreiben und Rechnen zu erreichen. Besonders
begabte Kinder und Jugendliche werden ihren Interessen entsprechend gefördert.
Es ist unser Ziel, dass alle Schüler*innen eine breite Bildung erfahren, die auf
ihren individuellen Stärken aufbaut und ihnen ein erfülltes und erfolgreiches
Leben ermöglicht.
Es ist unser Ziel, den Weg für eine gute Bildung freizumachen. Die einen finden
auf diesem Weg mehr Hindernisse, die anderen weniger. Nicht das Schicksal soll
über den persönlichen Lebensweg entscheiden, sondern Engagement, Talent, Fleiß
und persönliche Interessen. Dazu brauchen wir ein Bildungssystem, das
ermöglicht, ermutigt, fördert und Fehler als Chancen begreift. Alle Kinder sind
von Natur aus neugierig und wollen lernen. Die Qualität der Schulen entscheidet
mit darüber, ob sie es auch können. Wir wollen nicht alle Kinder über einen Kamm
scheren, sondern sie individuell fördern. Nur so können sie ihr volles Potenzial
entfalten. Gut ausgestattete Schulen sind eine wichtige Grundlage. Aber am Ende
entscheidet die richtige Pädagogik und die Arbeit der Lehrkräfte darüber, ob
dies gelingt.
Für ein ganzheitliches Verständnis von Leistung und Bildung
Es ist auch unser Ziel, den Weg für gute Leistungen freizumachen. Zugleich
wollen wir den Leistungsbegriff im Bildungswesen neu denken. Leistung bemisst
sich für uns nicht in erster Linie daran, Faktenwissen anzuhäufen und Erlerntes
wiederzugeben. Leistung bedeutet für uns Grüne auch die Fähigkeit, Verantwortung
für sich und andere zu übernehmen. Leistung bedeutet, in der digitalen
Gesellschaft von morgen gemeinsam mit anderen Problemen zu identifizieren und zu
lösen. Leistung bedeutet, mit unvorhergesehenen Situationen konstruktiv
umzugehen – auch wenn es dafür noch keine Formel und keinen Lehrsatz gibt. So
stärken wir Schüler*innen auf ihrem Weg, Teil einer solidarischen Gesellschaft
zu werden.
Schwierigen Situationen mit Mut und Zuversicht begegnen: Resilienz ist wichtig
für jedes einzelne Kind, aber auch für uns als Gesellschaft. Wir alle müssen
lernen, in einer zunehmend unübersichtlichen und sich ständig wandelnden Welt zu
leben. Selbstbewusste und kompetente, starke und empathische Bürger*innen sind
unser größter Trumpf. Der Grundstein für die Persönlichkeit wird auch in der
Schule gelegt. Deshalb sind die Schulen nicht nur Orte, die für die Individuen
große Bedeutung haben, sondern auch für unser Gemeinwesen als Ganzes.
Voraussetzung für die Bildung schöpferischer, selbstwirksamer und resilienter
Persönlichkeiten ist jedoch eine neue Lernkultur, die auf Potenzial statt Normen
setzt.
Wir werden mit der Zivilgesellschaft einen Dialog „Schule 2030“ führen. Denn die
veränderten gesamtgesellschaftlichen Rahmenbedingungen machen es erforderlich,
dass wir als Gesellschaft ein gemeinsames Verständnis eines neuen
Bildungsbegriffes entwickeln. Die Ergebnisse dieses Bildungsdialoges werden der
Landesregierung als Empfehlungen übergeben.
„Grüne Schulwelt“ von morgen
In der „grünen Schulwelt“ von morgen ist das Schulleben geprägt von Respekt,
Vertrauen und demokratischer Beteiligung auf Augenhöhe. Alle Beteiligten
arbeiten konstruktiv zusammen: Schulleitung und Lehrer*innen, Eltern,
multiprofessionelle Teams, Sportvereine, Musikschulen und viele andere externe
Akteur*innen. Die Schulleitungen haben als Motoren der Innovation eine
Schlüsselfunktion. Schulen leben „Vielfalt unter einem Dach“. Damit ist Schule
gemeint, die Diversität in all ihren Dimensionen gerecht wird. An den Schulen
findet rhythmisierter Ganztagsunterricht statt, der den Schüler*innen auch
flexible Zeiten für Vereinsaktivitäten und für Unternehmungen mit den Eltern
ermöglicht.
Grüne Bildungspolitik orientiert sich an international erfolgreichen
Bildungssystemen und nimmt wissenschaftliche Expertise auf. Im Dialog zwischen
Wissenschaft, Praxis und Gesellschaft werden Ideen, Perspektiven und Konzepte
für Baden-Württemberg entwickelt. Wir werden den wissenschaftlichen Beirat des
Kultusministeriums neu ausrichten, aufwerten und seine Empfehlungen
veröffentlichen. Zu einem ganzheitlichen Lernen gehört für uns Bildung für
nachhaltige Entwicklung. Dieses im Bildungsplan verankerte Leitbild wollen wir
mit Schulgarten- und Landwirtschaftsprojekten sowie Ernährungsbildung mit Leben
füllen. Ein gutes Mittagessen – lecker, gesund und bio – gehört zu nachhaltigen
Kitas und Schulen dazu. Das sorgt für gesunde Kinder und bringt zudem den baden-
württembergischen Ökolandbau und damit den Natur- und Umweltschutz voran.
Qualität in der Kita weiter verbessern, Sprachbildung ausbauen
Für uns Grüne steht über allem das Kindeswohl. Die ersten Lebensjahre prägen den
Menschen am meisten. Daher ist eine gute Qualität in der Kinderbetreuung
unerlässlich. Baden-Württemberg ist laut Bertelsmann-Studie zum dritten Mal in
Folge bundesweiter Spitzenreiter bei der Strukturqualität von Krippen und
Kindergärten. Dennoch werden wir alles dafür tun, um die Qualität in der
frühkindlichen Bildung weiter zu verbessern und den Ausbau der Kita-Plätze nach
Kräften zu fördern. Wir setzen uns für ausreichend viele, gut ausgebildete
pädagogische Fachkräfte sowie hauswirtschaftliches Personal und
Verwaltungsfachkräfte ein. Wir setzen uns auf kommunaler Ebene dafür ein, die
Öffnungszeiten auszuweiten, um Eltern eine bessere Vereinbarkeit von Familie und
Beruf zu ermöglichen.
Wir wollen die Qualitätskriterien des Orientierungsplans weiterentwickeln und an
die heutige Lebenswirklichkeit anpassen. In den Kindertagesstätten im ganzen
Land soll der Orientierungsplan verbindlich umgesetzt werden. Damit das gelingt,
streben wir eine Vereinbarung mit den Verbänden der Kita-Träger an.
Sprache ist der Schlüssel für eine gute Bildung und gesellschaftliche Teilhabe.
Wir werden die Sprachbildung im Kindergartenalltag entschlossen weiter ausbauen
und verbessern. Dabei werden wir uns am Bundesprogramm „Sprach-Kita“
orientieren. Dialekte sind Teil der Sprachkultur. Die Beschäftigung mit
Dialekten sollte in Kitas und Schulen sowie in Kunst und Kultur ihren
Stellenwert erhalten.
Wir haben in Baden-Württemberg engagierte und qualifizierte pädagogische
Fachkräfte. Um die Kita-Plätze weiter auszubauen und den Fachkraft-Kind-
Schlüssel an die wissenschaftlichen Erkenntnisse anzupassen, ist es dringend
notwendig, ausreichend Fachpersonal zu gewinnen, auszubilden und
weiterzuqualifizieren. Wir wollen den Beruf attraktiver machen, indem wir die
Arbeitsbedingungen verbessern und Erzieher*innen besser bezahlen. Zudem werden
wir eine weitere Fachkräfteoffensive starten und diesen Beruf auch für junge
Männer attraktiv machen. Dafür bauen wir die Ausbildungsplätze in der
Praxisintegrierten Ausbildung (PiA) aus. Die Kindertagespflege werden wir als
wichtige Säule der Kindertagesbetreuung auch in Zukunft in ihrer Arbeit
unterstützen.
Viele Städte und Gemeinden erheben die Kita-Gebühren gestaffelt nach der
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Familie. Wir unterstützen das. Denn
starke Schultern können mehr tragen als schwache. Deshalb werden wir mit den
Kita-Trägern in Verhandlungen eintreten, um für sozial gestaffelte Gebühren im
ganzen Land zu sorgen. Eine komplette Gebührenfreiheit für Kitas und
Kindergärten halten wir zwar langfristig für erstrebenswert, aber derzeit noch
nicht für machbar. Durch sozial gestaffelte Gebühren steht das Geld für den
qualitativen und quantitativen Ausbau der Kita-Plätze sowie für die Ausbildung
neuer Fachkräfte zur Verfügung.
Unsere Kinder sind das Wertvollste, was wir haben. Um Kinder bestmöglich zu
schützen, wirken wir darauf hin, dass die Präventions- und Kinderschutzkonzepte
in allen Kitas und Schulen verbindlich und sichtbar umgesetzt werden. Gleiches
gilt für die Anforderungen, die die Kinderrechtskonvention und das
Kinderschutzgesetz vorgeben.
Qualitätsentwicklung der Schule konsequent weiterverfolgen
Wir stehen für ein leistungsstarkes und leistungsgerechtes Bildungssystem, mit
dem wir im internationalen Vergleich an der Spitze mitspielen. Deswegen werden
wir die Schritte, die wir mit dem „Qualitätskonzept Baden-Württemberg“ begonnen
haben, konsequent fortsetzen. Zu Beginn der neuen Legislatur wollen wir die
beiden neuen Institute – das Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL)
und das Institut für Bildungsanalysen (IBBW) – kritisch analysieren. Wir werden
ihre Kernaufgaben und Strukturen, das bisher von ihnen Erreichte und den durch
sie verursachten Ressourcenmehrbedarf in den Blick nehmen und dort nachsteuern,
wo es Bedarf gibt. In diese Analyse werden wir alle Akteur*innen der Aus- und
Fortbildung von Lehrkräften einbeziehen. Sowohl die Neuausrichtung der
Fortbildung für Lehrkräfte und der Ausbildung in der zweiten Phase als auch die
datenbasierte Unterstützung der Schulentwicklung müssen zukünftig ihre Wirkung
entfalten. Schulen benötigen passgenaue Fortbildungen. Neben den Fortbildungen
des Landes wollen wir Fortbildungsbudgets für schulspezifische Bedarfe
bereitstellen. Damit können idealerweise mehrere Schulen in regionalen
Netzwerken Fortbildungsangebote externer Anbieter*innen wahrnehmen. Es muss
selbstverständlich werden, dass sich Schulen kontinuierlich weiterentwickeln.
Dabei können regelmäßige, interne digitale Befragungen aller am Schulleben einer
Schule Beteiligten zu einer besseren Schulqualität beitragen. Ein besonderes
Augenmerk wollen wir auf die Stärkung und Unterstützung der Schulleitungen
legen, die für den Qualitätsprozess an Schulen zentral sind. Um diese Aufgaben
mit Leben füllen zu können, müssen sie mit den notwendigen Ressourcen
ausgestattet werden. Schon im Studium müssen Führungskompetenzen vermitteln
werden, damit angehende Lehrkräfte schon frühzeitig eine Karriere als
Schulleiter*in ins Auge fassen können.
Grundschulen stärken – mit multiprofessionellen Teams und gezielter finanzieller
Förderung
Wir werden eine Konzeption für multiprofessionelle Teams erarbeiten. In diesen
Teams, die zunächst an Grundschulen zum Einsatz kommen sollen, arbeiten die
Lehrkräfte mit weiteren Berufsgruppen zusammen. Dazu gehören zum Beispiel
Pädagog*innen, Psycholog*innen, Logopäd*innen, Ergo- und Lerntherapeut*innen,
aber auch Praktikant*innen und im Freiwilligendienst Engagierte. Gemeinsam
können sie die Kinder in ihrer ganzen Vielfalt an sozialer, kultureller und
familiärer Herkunft ganzheitlich fördern. Wir wollen die Schulleitungen an den
Grundschulen stärken, damit sie ihre Leitungsaufgaben gut ausführen können, und
sie weiter von Lehrverpflichtungen entlasten. Denn die Schulleitungen sind
zentral für die gesamte Schulentwicklung.
Wir stehen für einen zielgerichteten und bedarfsgerechten Ressourceneinsatz.
Manche Schulen stehen vor größeren Herausforderungen als andere, weil sie mehr
Schüler*innen mit besonderem Förderbedarf haben. Diesen Schulen wollen wir mehr
Mittel zur Verfügung stellen. Mit dieser sogenannten „sozialindexbasierten
Ressourcenzuweisung“ wollen wir finanzielle Unterschiede zwischen unseren
Schulen ausgleichen und Schulen mit besonderem Bedarf unterstützen, um
Chancengleichheit zu leben. Dabei richtet sich die sozialindexbasierte
Ressourcenzuweisung nicht nur nach dem Förderbedarf, sondern auch nach
sozioökonomischen Faktoren der einzelnen Schulen und deren Quartiere.
Mit dem Einstieg in multiprofessionelle Teams und einer sozialindexbasierten
Ressourcenzuweisung stärken wir die Grundschulen nachhaltig – und damit das
Fundament der Lernbiografie aller Schüler*innen. Um den langfristigen
Lehrkräftebedarf zu decken, werden wir die Zahl der Studienplätze für das
Grundschullehramt weiter erhöhen. Den Ethikunterricht werden wir auch in der
Grundschule einführen.
Wir bekennen uns zu wohnortnahen Grundschulstandorten und zum Prinzip „Kurze
Beine – kurze Wege“. Regionale Verbünde und freiwillige Zusammenschlüsse,
Grundschulen mit mehreren Standorten können dazu beitragen, die Qualität zu
erhöhen. So kann die Schulleitung gestärkt, können multiprofessionelle Teams
aufgebaut und fachfremder Unterricht verringert werden. In Südtirol gelingt es
auf diese Weise, auch kleine Schulstandorte mit hoher Qualität zu erhalten. Im
Rahmen der regionalen Schulentwicklung wollen wir die Grundschullandschaft mit
Anreizen zukunftsfähig machen. Wir setzen dabei – wie im Bereich der
Sekundarschulen – auf die Initiative der Grundschulen und der Schulträger.
Schule funktioniert am besten, wenn Lehrkräfte, Eltern und Schüler*innen
vertrauensvoll und eng zusammenzuarbeiten und gemeinsam Verantwortung
übernehmen. Diese Bildungs- und Erziehungspartnerschaft wollen wir stärken. Wir
werden es Grundschulen in Zukunft wieder ermöglichen, eine differenzierte
Leistungsbewertung statt reiner Ziffernoten einzuführen.
Beim Wechsel auf die weiterführende Schule setzen wir weiterhin auf die bewährte
Kombination von qualifizierter Beratung durch die Schulen und Verantwortung der
Eltern. Um sie bestmöglich bei ihrer Entscheidung zu unterstützen, haben wir die
Beratung weiter ausgebaut. Eine verbindliche Grundschulempfehlung lehnen wir ab.
Demokratie in der Schule erlebbar machen
Wir stärken die Demokratiebildung in allen Schularten. Sie soll altersgerecht
und in unterschiedlichen Facetten erfolgen. Es geht nicht nur darum, Wissen über
Demokratie und demokratische Institutionen zu erwerben. Die Schüler*innen sollen
demokratische Grundwerte an der Schule unmittelbar und selbstwirksam erleben und
über tagespolitische Entscheidungen und Wirtschaftsprozesse diskutieren können.
Wir wollen ihnen vermitteln: Die eigene Meinung zählt und Rechte und
Verantwortung gehen Hand in Hand. Wir wollen Schulen darin unterstützen,
Partizipationsmöglichkeiten von Schüler*innen am Schulleben auszubauen. An
Pilotschulen jeder Schulart wollen wir wertvolle Erfahrungen für eine
Demokratisierung des Bildungswesens sammeln, indem wir das Schulleben
demokratisch organisieren und selbstbestimmtes Lernen ermöglichen. Schule als
Lern- und Lebensort ist – neben der Familie – besonders wichtig, um
demokratische Werte und Einstellungen aufzubauen.
Wir stärken die gesellschaftswissenschaftlichen Fächer an allen Schularten und
streben die Einführung eines gesellschaftlichen Profilfaches „Geschichte,
Gemeinschaftskunde, Geografie“ an. Außerdem wollen wir die kritische
Auseinandersetzung mit der deutschen und weltweiten kolonialen Vergangenheit im
Bildungsplan an allen weiterführenden Schulen verankern.
Die Demokratiebildung ist für uns eng mit der Bildung für nachhaltige
Entwicklung verbunden. Diese wollen wir weiter stärken. Angesichts der
Klimakrise soll jeder junge Mensch das Wissen, die Fähigkeiten, Werte und
Einstellungen erwerben, um zu einem nachhaltigeren, gerechteren und
friedlicheren Zusammenleben in der Welt beitragen zu können.
Schulen und Schüler*innen fit machen für die digitale Gesellschaft
Wir wollen, dass die Schüler*innen in der digitalen Gesellschaft ihr Leben frei
und selbstbestimmt in die Hand nehmen können. Dazu sollen die Schulen sie
befähigen.
Gemeinsam mit den Schulträgern sorgen wir für eine leistungsfähige digitale
Infrastruktur: Alle Schüler*innen und Lehrer*innen brauchen eine Ausstattung mit
digitalen Endgeräten, die Schulen mit Breitband und WLAN. Sie erhalten
administrativen und technischen Support bei der Verwaltung, Instandhaltung und
Weiterentwicklung der Netzwerke und IT-Strukturen. Gemeinsam mit dem Bund
unterstützen wir die Kommunen dabei, IT-Stellen an den Schulen auszubauen.
Wir stellen aufeinander aufgebaute Lernmanagement- und Lernplattform-Module
sowie digitale Lehr- und Lernmaterialien bereit und passen diese kontinuierlich
und bedarfsorientiert an. Wir entwickeln die Leitperspektive Medienbildung
weiter und bauen Mediencurricula auf, die auf die verschiedenen Schularten und
Klassenstufen abgestimmt sind.
Wir sind überzeugt: Diagnostik und Förderung gehören untrennbar zusammen. Mit
einer guten, digital gestützten Diagnostik kann das Lernen individualisierter
und zielgerichteter gestaltet werden. Wir wollen deshalb datenbasierte
Fördersysteme entwickeln lassen und so Schüler*innen und Lehrkräfte
unterstützen. Dabei müssen die Daten von Kindern und Jugendlichen besonders
geschützt und den Schulen sowohl datenschutzkonforme Software als auch Kompetenz
im Umgang mit den entsprechenden Anwendungen zur Verfügung gestellt werden.
Wir unterstützen Schulen durch ein zielgerichtetes Programm bei der Entwicklung
digitaler Schulkonzepte.
Auch in der digitalen Welt braucht es gut ausgebildete Lehrkräfte, damit
Schüler*innen erfolgreich lernen können. Deshalb stärken wir in der ersten und
zweiten Phase der Lehrer*innenbildung die Pädagogik der digitalen Bildung durch
Module zur digitalen Didaktik. Gleichzeitig entwickeln wir in der dritten Phase
des Lehrer*innenberufs ein kohärentes Fortbildungskonzept im Einklang mit den
Mediencurricula und Medienentwicklungsplänen.
Wir schaffen schulübergreifende Möglichkeiten für digitale Lehr- und
Lernerfahrungsräume. Das Prinzip der Lernwelten und Lernfabriken 4.0 weiten wir
an den beruflichen Schulen aus und machen Künstliche Intelligenz in Kooperation
mit Ausbildungsbetrieben, Hochschulen und Unis erfahrbar. In der Weiterbildung
und beruflichen Bildung nutzen wir die digitale Transformation als Chance, um
Veränderungspotenziale auszuschöpfen und Wandlungsprozesse voranzutreiben.
Wir stärken den wissenschaftlichen Überbau und schaffen eine vernetzte
Forschungsplattform unter dem Titel „Digitalität in der Pädagogik“. Ziel ist es,
die Chancen und Risiken der Digitalisierung abzuschätzen und die veränderten
Lebensbedingungen durch digitales Lernen kontinuierlich wissenschaftlich zu
begleiten. Gleichzeitig schaffen wir auf Landesebene einen interdisziplinären
Beratungskreis „Schule digital“. Er soll Bildungsakteur*innen vernetzen,
Erfahrungen sammeln und evaluieren sowie Best-Practice-Bespiele austauschen. All
dies soll als Grundlage dienen, um die bestehenden Angebote fortlaufend
weiterzuentwickeln.
Vorrang für das inklusive Lernen
Kinder mit und ohne Behinderung haben ein Recht darauf, gemeinsam aufwachsen zu
können. Dies entspricht den Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention, die
Deutschland 2009 ratifiziert hat. Das ist uns Grünen wichtig. Deshalb wollen wir
Inklusion in den Kitas und Schulen weiter ausbauen und stehen für den Vorrang
inklusiver Beschulung. Wir wollen die Rahmenbedingungen, die dafür im
personellen, räumlichen und administrativen Bereich notwendig sind, spürbar
verbessern. Wir machen Inklusion in der Kultusverwaltung zur Querschnittsaufgabe
über alle Schularten hinweg. Dies werden wir in einem Qualitätsrahmen Inklusion
absichern.
In den nächsten Jahren gilt es, mehr Lehrkräfte mit Kompetenzen für die
Inklusion auszubilden und einzustellen. Eine gute inklusive Bildung muss mit
ausreichenden personellen Ressourcen ausgestattet werden. Wir werden deshalb den
Bedarf an Sonderpädagog*innen so berechnen, dass in inklusiven Settings das
Zwei-Pädagog*innenprinzip durchgehend realisiert werden kann. Dafür müssen auch
die Kapazität an Studienplätzen der Sonderpädagogik – auch im Aufbaustudium –
erhöht und die berufsbegleitende Qualifizierung deutlich ausgebaut werden. Wir
werden ein Modell entwickeln, das Lehrkräften mit einer anderen
Lehramtsausbildung berufsbegleitend mit entsprechenden Freistellungen ein
Aufbaustudium ermöglicht.
Alle Schulen müssen sich für Inklusion öffnen. Dafür soll in jedem
Schulamtsbezirk ein Zeitplan für einen inklusiven Schulentwicklungsprozess an
allen Schulen erstellt werden. In die Gespräche der Schulverwaltung mit den
Schulen ist der Aspekt Inklusion verbindlich aufzunehmen und Entwicklungen in
regionaler Abstimmung zu vereinbaren. An den Hochschulen haben wir entsprechende
Inhalte schon jetzt in die Lehramtsbildung für alle Schulen aufgenommen. Ihre
Wirkung werden wir evaluieren und bei Bedarf weiterentwickeln. Dabei werden wir
auch die Erkenntnisse aus dem „Wellensiek-Zentrum für inklusive Bildung“
einbeziehen. Inklusionskompetenzen werden wir auch in die Fortbildungskonzepte
aller Lehrämter integrieren. Inklusion darf mit der Sekundarstufe I nicht enden.
Daher setzen wir uns für inklusive Anschlüsse in Ausbildung, Berufsschulsystem
und Oberstufe ein.
Wir stärken die Qualität des rhythmisierten Ganztags
Ein qualitativ hochwertiges schulisches Ganztagsangebot kann Schüler*innen in
ihrer Entwicklung ganzheitlich fördern. Deshalb werden wir die Qualität des
rhythmisierten Ganztags stärken. Die Einbeziehung von außerschulischen Partnern
wie Vereinen oder Musikschulen stärkt dabei die Verankerung vor Ort und bietet
ein ganzheitliches Angebot. Gute schulische Ganztagsangebote sind nur in
gebundenen Ganztagsklassen möglich. Wir wollen den Schüler*innen und Eltern
dabei dennoch mehr Flexibilität für Vereinsaktivitäten oder für gemeinsame
familiäre Unternehmungen geben. Im Dialog mit allen Beteiligten werden wir die
Betreuungsangebote an Grund- und weiterführenden Schulen weiterentwickeln und
dafür notwendige Qualitätsstandards einführen.
Junge Menschen individuell zum Schulabschluss begleiten
Egal ob grundlegender Bildungsabschluss, mittlerer Abschluss oder Abitur – unser
Ziel ist es, dass jede*r Schüler*in den für sich besten Schulabschluss erreichen
kann. Es wird darauf ankommen, dass Ressourcen gezielt und wirksam eingesetzt
werden. Alle Schularten benötigen für ihre jeweiligen Aufgaben die
entsprechenden Ressourcen. Kinder und Jugendliche individuell zu fördern, das
ist und bleibt die zentrale Aufgabe. Damit Schulen dies leisten können, braucht
es leistungsfähige und bestmöglich ausgestattete Standorte mit entsprechend
anspruchsvollen pädagogischen Konzepten. Wir werden Schulstandorte dabei
unterstützen, regional zu kooperieren und voneinander zu lernen. Mit allen
Beteiligten werden wir in einen Dialog treten, um die Idee der regionalen
Kooperation landesweit zu konkretisieren. Eine daraus entstehende Annäherung der
Schularten der Sekundarstufe werden wir unterstützen.
Wir setzen uns für eine zukunftsfähige Lernkultur ein, die eigenständiges Lernen
unterstützt. Lehrkräfte benötigen Zeit, um individuelle Förderung und soziale
Lernprozesse zu initiieren und zu begleiten. Ein wichtiger Bestandteil sind
Coaching-Angebote für Schüler*innen in allen Schularten. Wo Coaching Teil des
Schulkonzepts ist, muss dies auch Teil des Lehrdeputats sein. Die Lehrkräfte
können den Kindern hier gezielt rückmelden, wo sie mit ihren schulischen und
sozialen Fähigkeiten stehen und Impulse für die weitere Entwicklung geben. Uns
ist es wichtig, Schüler*innen zu fördern und zu bestmöglichen Leistungen zu
ermutigen. Dazu müssen ihre Leistungen schon in der Orientierungsstufe auf dem
jeweiligen Niveau bewertet werden. Wir werden die Leistungsbewertung an
Werkrealschulen und an Realschulen entsprechend reformieren. Wir setzen uns für
eine zukunftsfähige Lernkultur und längeres gemeinsames Lernen ein. Dafür stehen
wir und dafür steht die Gemeinschaftsschule.
Sport, Musik, Kunst und Theater bereichern das Schulleben und stärken Kinder und
Jugendliche dabei, die eigene Persönlichkeit zu entwickeln. Als fester
Bestandteil des Unterrichts sowie als freiwillige Angebote sind sie
unverzichtbar – auch und vor allem in Zeiten einer Pandemie.
Den Weg zum Abitur weiterentwickeln
In Baden-Württemberg führen viele Wege zum Abitur. Berufliche Gymnasien sind
landesweit stark nachgefragt. Gleichzeitig stellen die ersten Oberstufen an
Gemeinschaftsschulen ihren Erfolg unter Beweis. Neben dem achtjährigen Gymnasium
G8 gibt es die Modellschulen G9. Schüler*innen, die in neun Jahren zum Abitur
wollen, haben schon jetzt vielfältige Möglichkeiten dazu.
Wir wollen das G8 pädagogisch weiterentwickeln. Das heißt: Die Potenziale aller
Schüler*innen sollen individuell bestmöglich gefördert werden. Wir wollen den
Teamgedanken unter den Lehrer*innen stärken, um die Förderung noch besser
abzustimmen und eine bestmögliche Lernumgebung zu schaffen. Wir wollen Schulen
auf dem Weg zu innovativen Konzepten gezielt unterstützen, u. a. indem wir dabei
Schulen miteinander, mit der Wissenschaft und anderen Einrichtungen
zusammenbringen. Die Oberstufen an den Gemeinschaftsschulen wollen wir weiter
ausbauen. Es gilt, die verschiedenen Möglichkeiten im Bereich der Sekundarstufe
II gut aufeinander abzustimmen. So können dauerhaft stabile Standorte entstehen.
Dabei werden wir die beruflichen Gymnasien weiter im Blick haben und
bedarfsgerecht ausbauen.
Berufliche Bildung stärken
Wir wollen die Empfehlungen der Enquetekommission „Fit fürs Leben in der
Wissensgesellschaft – berufliche Schulen, Aus- und Weiterbildung“ umsetzen.
Handwerkliche und soziale Berufe wollen wir gesellschaftlich aufwerten. Die
berufliche Bildung und Weiterbildung werden künftig noch wichtiger werden. Wir
brauchen ein Changemanagement, das den Veränderungen in der Berufswelt und der
Wirtschaft gerecht wird. Ausbildungsangebote und berufliche Bildung für
Jugendliche ohne Ausbildungsplatz müssen künftig wieder stärker in den Blick
genommen werden – Stichwort Ausbildungsgarantie. Wir wollen den inklusiven
Zugang zur beruflichen Bildung ermöglichen und den Übergang in das Berufsleben
aktiv gestalten. Berufsschulen wollen wir attraktiver machen und stärker
unterstützen, indem wir personelle und fachliche Ressourcen ausbauen und
Schulsozialarbeit stärken. Wir starten eine Imagekampagne und verbinden Betriebe
noch stärker mit Berufsschulen. Für geflüchtete Schüler*innen entwickeln wir
zusätzliche Angebote. Wir legen stärkeren Fokus auf die Fertigkeiten, die in
Zukunft gefragter sein werden, z.B. in den Bereichen Kommunikation,
Digitalisierung und Energieeffizienz. Dementsprechend fördern wir den Ausbau der
Infrastruktur an den Schulen.
Der digitale Wandel wird auch die Weiterbildung verändern. Dies bietet die
Chance, mit neuen Angeboten neue Zielgruppen zu erreichen. Im lebensbegleitenden
Lernen werden sich die gesellschaftlichen Entwicklungen widerspiegeln. Die
politische Bildung wird hier einen neuen Stellenwert erhalten. Wir sehen die
Weiterbildungsträger als wichtige Partner, um die unterschiedlichen
gesellschaftlichen Gruppen zu erreichen, und werden sie in ihrer Arbeit
politisch unterstützen.
Sprache als Schlüssel für gesellschaftliche Teilhabe
Um die gesellschaftliche Teilhabe zu sichern, wollen wir die Alphabetisierung
der Gesellschaft weiter in den Blick nehmen und die Grundbildung weiter
voranbringen.
Kinder mit Migrationsgeschichte sind dreimal häufiger armutsgefährdet. Die
soziale Herkunft, der Bildungshintergrund der Eltern sowie Sprachbarrieren
tragen in den meisten Fällen dazu bei, dass diese Schüler*innen sich nicht frei
in unserem Bildungssystem entfalten können und auf sich allein gestellt sind.
Dem möchten wir entgegenwirken.
Wir wollen die Sprachbildung an Grundschulen weiter ausbauen und den
sprachsensiblen Fachunterricht in allen Schulen verankern. Kinder und
Jugendliche mit Migrationshintergrund erhalten gezielten Unterricht in Deutsch
als Fremdsprache. Mentor*innenprogramme für Eltern, mit denen wir die Familien
begleiten, werden wir bedarfsgerecht weiter ausbauen. Wir möchten verschiedene
Lebenswelten besser in unseren Lehrinhalten wiedergeben, damit alle sich mit
Schulinhalten identifizieren können und Spaß am Lernen haben. Wir möchten
Schüler*innen mit Migrationsgeschichte unterstützen, indem wir ihre ausgeprägte
Fähigkeit zu Multiperspektiven und Mehrsprachigkeit fördern und wertschätzen.
Wir wollen Diversität und Repräsentation stärken, indem wir mehr Lehrkräfte mit
Migrationsgeschichte an unsere Schulen bringen. Den muttersprachlichen
Unterricht wollen wir nach dem Vorbild anderer Bundesländer in staatliche
Verantwortung übernehmen und den Konsulatsunterricht abschaffen.
Schulen mehr Freiräume geben, Lehrkräfte gewinnen
Die Akteur*innen vor Ort sind entscheidend dafür, dass gute Schule gelingt.
Schulleiter*innen, Lehrkräfte und auch Schulträger kennen die Verhältnisse vor
Ort und die Bedürfnisse ihrer Schüler*innen am besten. Wir wollen den einzelnen
Schulen deshalb mehr Verantwortung, Autonomie und Freiräume geben, sich
pädagogisch zu entwickeln und den Schulalltag zu gestalten. Den Teamgedanken
wollen wir in allen Dimensionen stärken. Die Schulen sollen sich – innerhalb
klarer Qualitätsstandards – eigenverantwortlicher entscheiden können, wie sie
sich pädagogisch profilieren, Schwerpunkte setzen, Budgets einsetzen und mit wem
sie Kooperationen eingehen wollen.
Schulen in freier Trägerschaft sind eine Bereicherung der Schullandschaft und
geben wichtige pädagogische Impulse. Wir stehen für eine auskömmliche
Finanzierung dieser Schulen.
Wir werden ein freiwilliges pädagogisches Bildungsjahr einführen, auch um junge
Menschen auf dem Weg in den Lehrberuf zu unterstützen.
Wir werden prüfen, wie Lehramtsstudierende in Schulen unterstützend auf
Honorarbasis zum Einsatz kommen können.
Gemeinsam mit den Gewerkschaften und Verbänden wollen wir das aktuelle
Arbeitszeitmodell überprüfen und modernisieren. Unser Ziel ist, auch die
Tätigkeiten realistisch abzubilden, die über den reinen Unterricht hinausgehen.
Neben den Lehrkräften leisten Schulsozialarbeiter*innen einen essenziellen
Beitrag für die Unterstützung unserer Schüler*innen. Wir streben an, die
Förderung der Schulsozialarbeit auszubauen. Das Lehramtsstudium soll
schulartenübergreifend verstärkt pädagogische und bildungswissenschaftliche
Kernpunkte aufgreifen und behandeln. Lehrkräfte, die in den ersten drei Monaten
eines Schuljahres einen befristeten Vertrag abschließen, sollen in den folgenden
Sommerferien ebenfalls ihre Bezahlung erhalten, wenn sie im kommenden Schuljahr
wieder eingestellt werden.
Moderne Schulträgerschaft gestalten
Egal ob Ganztag, Inklusion oder Digitalisierung – die Aufgaben von Land und
Trägern sind eng miteinander verwoben. Wir wollen mit den Kita- und Schulträgern
in einen offenen und strukturierten Prozess für eine moderne Trägerschaft
eintreten. Wir wollen dazu auch die interkommunale Zusammenarbeit intensivieren.
Dies gilt in besonderem Maß auch für die Gestaltung einer zukunftsfähigen
Schulstruktur.
Darum Grün!
Wer Grün wählt, stimmt für
- den qualitativen Ausbau der Kitas und der Sprachbildung sowie
einkommensabhängige Kita-Gebühren
- eine Fachkräfteoffensive
- starke Grundschulen mit multiprofessionellen Teams und
sozialindexbasierter Ressourcenzuweisung
- die Weiterentwicklung einer zukunftsfähigen, leistungsorientierten und
sozial gerechten Schulstruktur in der Sekundarstufe
- eine umfassende Digitalisierung der Schulen, inklusive guter technischer
Ausstattung und Angebote zur Medienbildung und politischen Bildung
- Inklusion als ein der frühkindlichen und schulischen Bildung zugrunde
liegendes Prinzip
- mehr Demokratiebildung in der Schule
- ein Bekenntnis zur Schule als Ort der Vielfalt und des gesellschaftlichen
Zusammenhalts