Kapitel: | Für beste Bildung von Anfang an |
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Antragsteller*in: | Landesmitgliederversammlung Grüne Jugend Baden-Württemberg (dort beschlossen am: 14.11.2020) |
Status: | Geprüft |
Verfahrensvorschlag: | Modifizierte Übernahme |
Eingereicht: | 20.11.2020, 20:54 |
K9-304: Für beste Bildung von Anfang an
Verfahrensvorschlag: Antragstext
Von Zeile 303 bis 305 einfügen:
erwerben. Die Schüler*innen sollen Demokratie an der Schule unmittelbar und selbstwirksam erleben, über tagespolitische Entscheidungen und Wirtschaftsprozesse diskutieren können. Wir wollen ihnen vermitteln: Die eigene Meinung zählt und Rechte und Verantwortung gehen Hand in Hand. An Pilotschulen jeder
Kapitel 9: Kita, Schule und Bildung
Für beste Bildung von Anfang an
Wir denken Bildungspolitik vom Kind aus. Jedes Kind ist eine einzigartige
Persönlichkeit mit eigenen Talenten und Fähigkeiten, mit individuellen Stärken
und Schwächen. Wir sind überzeugt: Egal ob Cleverle oder Träumerle, ob
Überflieger oder Spätstarter, ob aus einer bildungsnahen oder einer
bildungsfernen Familie, mit oder ohne Migrationshintergrund– jeder junge Mensch
soll das Beste aus seinem Leben machen können. Und das heißt: Er soll den für
ihn besten und passenden Bildungsabschluss erreichen können.
In Baden-Württemberg wollen wir allen durch gute Bildung die Chance geben, ihre
Talente und Fähigkeiten auszuschöpfen und so das eigene Leben selbstbestimmt in
die Hand zu nehmen. Deshalb verfolgen wir einen ganzheitlichen Ansatz – nämlich
die bestmögliche Förderung von der Kita bis zum Beruf und darüber hinaus durch
lebenslang begleitendes Lernen.
Auf diesem Weg sind wir in den vergangenen zehn Jahren schon ein gutes Stück
vorangekommen. 2011 haben wir als grün-geführte Landesregierung damit begonnen,
den jahrzehntelangen Reformstau aufzulösen.
Ein besonderes Herzensanliegen ist es uns, die Kleinsten in Krippe und Kita gut
zu betreuen und zu fördern. Hier war der Nachholbedarf am größten. Seit 2011
haben wir deshalb die Mittel für die Betreuung der Kinder unter drei Jahren
massiv gesteigert. Und das mit Erfolg: Heute gibt es über 80 Prozent mehr
Krippenplätze als damals. Die Zuschüsse für die Kindertageseinrichtungen für die
über Dreijährigen haben wir bedarfsgerecht angepasst. Und wir haben im Land den
besten Betreuungsschlüssel der Republik: Bei uns ist im Schnitt ein*e
Erzieher*in für drei Kinder unter drei Jahren verantwortlich. Auch mit dem
Ausbau der Sprachförderung an unseren Kindergärten haben wir begonnen – in
Quantität und Qualität. Denn ohne gute Deutschkenntnisse wird sich ein Kind in
der Schule immer schwertun.
Qualität in den Kitas gibt es nur, wenn gutes Personal in ausreichendem Umfang
zur Verfügung steht. Darauf haben wir mit PIA, der Praxisintegrierten
Ausbildung, reagiert – eine vergütete Ausbildungsmöglichkeit für angehende
Erzieher*innen. Dieses Erfolgsmodell haben wir auch über den Pakt für gute
Bildung und Betreuung weiter gestärkt.
Wir haben die Kindertagespflege auf eine solide Basis gestellt. Als zweite Säule
neben den Kindertageseinrichtungen spielt diese eine wichtige Rolle, um den
Rechtsanspruch sicherzustellen. Es war uns daher ein wichtiges Anliegen, die
Kindertagespflege qualitativ zu stärken und insbesondere die Tagespflegepersonen
finanziell zu stärken.
Bevor wir Grüne ab 2011 in Regierungsverantwortung waren, gab es in Baden-
Württemberg Ganztagsschulen nur als Schulversuche. Mit der gesetzlichen
Verankerung der Ganztagsschule haben wir verlässliche Rahmenbedingungen
geschaffen. Wir haben deutlich in den Ausbau der Ganztagsschule investiert.
Diesen Weg wollen wir weitergehen, weil dieses Schulmodell pädagogisch sinnvoll
ist: Hier lernen Kinder und Jugendliche mehr und besser. Die Ganztagsschule
sichert die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Mit der Gemeinschaftsschule haben wir 2012 erfolgreich eine neue Schulart
eingeführt, bei der die individuelle Förderung im Zentrum steht. Die
Schüler*innen lernen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit im jeweiligen Fach
auf unterschiedlichen Lernwegen – und entfalten so ihre Fähigkeiten optimal.
Davon profitieren die Leistungsstarken ebenso wie die Schwächeren. Das zeigen
auch die Abschlussergebnisse. Die Gemeinschaftsschule – ob mit oder ohne
Oberstufe – hat sich zu einem echten Erfolgsmodell entwickelt: Bereits nach
wenigen Jahren gibt es über 300 im ganzen Land. Regelmäßig werden
Gemeinschaftsschulen mit dem deutschen Schulpreis oder als Smart School
ausgezeichnet. Und es zeigt sich noch etwas: Die Schüler*innen lernen dort mit
höherer Motivation. 2021 werden in Tübingen und Konstanz die ersten
Schüler*innen ihr Abitur an einer Gemeinschaftsschule erwerben. Wir wollen dies
weiteren Gemeinschaftsschulen im Land ermöglichen.
An den Grundschulen haben wir vier zusätzliche Unterrichtsstunden für Lesen,
Schreiben und Rechnen eingeführt. Diese Grundfertigkeiten sind entscheidend für
den weiteren Bildungsweg eines Kindes.
Die Realschule haben wir in erheblichem Umfang mit zusätzlichen Stunden
ausgestattet. Sie sollen die individuelle Förderung stärken, um Schüler*innen
dort gleichermaßen auf den mittleren und den Hauptschulabschluss vorzubereiten.
Das Gymnasium haben wir ebenfalls mit zusätzlichen Stunden zur individuellen
Förderung ausgestattet und den Bildungsplan an die verkürzte Lernzeit angepasst.
Die Reform der Oberstufe ermöglicht es den Schüler*innen, ihre persönlichen
Interessen und Begabungen auf dem Weg zum Abitur noch besser zu vertiefen.
Außerdem gibt es heute mehr als doppelt so viele Schulsozialarbeiter*innen wie
vor dem Start der grün-geführten Regierung. Denn manchmal sind es Probleme in
der Familie oder auf dem Pausenhof, die Kinder in der Schule ausbremsen.
Kinder und Jugendliche mit Behinderung gehören in unsere Mitte. Deshalb haben
wir dafür gesorgt, dass Eltern selbst entscheiden können, ob ihr Kind eine
allgemeinbildende Schule oder ein sonderpädagogisches Bildungs- und
Beratungszentrum besucht. Kinder mit und ohne Behinderung lernen nun an vielen
Schulen im Land gemeinsam. Mit zusätzlichen Lehrkräften sorgen wir dafür, dass
jedes Kind die Förderung erhält, die es braucht.
An den beruflichen Schulen haben wir die beruflichen Gymnasien weiter ausgebaut,
die an unsere Realschulen und Gemeinschaftsschulen anschließen. Mit der
Ausbildungsvorbereitung dual erleichtern wir Jugendlichen den Berufseinstieg,
die zusätzliche Förderung benötigen. Und mit den Lernfabriken 4.0 führen wir die
berufliche Aus- und Weiterbildung gemeinsam mit der Industrie in das digitale
Zeitalter.
Egal ob die bewährte duale Ausbildung oder ein Studium: Nach der Schule sollen
junge Menschen unabhängig von ihrem Abschluss den Berufsweg finden, der zu ihnen
passt. Dafür haben wir die Berufs- und Studienorientierung an allen Schularten
gestärkt und durch die Leitperspektive Berufsorientierung flankiert.
Die Schulen in freier Trägerschaft ergänzen unsere Bildungslandschaft und sind
ein wichtiger Teil von Schulentwicklung. Hier entstehen oftmals pädagogische
Angebote, die auch für öffentliche Schulen beispielhaft sind. Daher war es uns
wichtig, die Finanzierung der freien Schulen auf eine auskömmliche Basis zu
stellen. Sie sollen grundsätzlich auch Schüler*innen aus sozial-schwächeren
Haushalten offenstehen. Daher haben wir das Sonderungsverbot konkretisiert und
entlasten Schulen, wenn sie auf Schulgeld verzichten.
Nach Schule, Ausbildung oder Studium hört das Lernen nicht auf: Wir leben in
einer Welt, die immer komplexer wird. Deshalb wird das lebensbegleitende Lernen
– beruflich und privat – immer wichtiger. Entsprechend haben wir die
Finanzierung der Weiterbildungsträger angehoben und an den Bundesdurchschnitt
angenähert.
Die Welt verändert sich – und mit ihr verändert sich unsere Gesellschaft. Daraus
ergeben sich neue Anforderungen an unsere Kitas und Schulen. Mit unseren
Bildungsreformen der vergangenen Jahre haben wir das beherzigt und wichtige
Schritte nach vorn gemacht. Aber wir wissen auch: Wir sind noch nicht am Ziel.
Uns ist bewusst: Der Schulerfolg eines Kindes hängt noch immer stark von der
Herkunft und dem Geldbeutel der Eltern ab. Das wollen wir ändern!
Auch in Baden-Württemberg nimmt die familiäre, soziale und kulturelle Vielfalt
der Schüler*innen in hohem Maße zu. Die einen können bei der Einschulung schon
lesen, andere verstehen noch nicht alles auf Deutsch. Manche Eltern unterstützen
ihre Kinder intensiv bei den Schulaufgaben, in anderen Familien sind die Kinder
dabei auf sich gestellt.
Die digitale Revolution fordert auch unsere Schulen fundamental heraus. Es geht
um weit mehr als schnelles Internet und ausreichend Tablets. Es geht ums Lernen
mit und über digitale Medien. Wir müssen die jungen Menschen befähigen, ihr
Leben in der digitalen Welt frei und selbstbestimmt in die Hand zu nehmen.
Die Corona-Krise hat all diese Herausforderungen weiter verschärft. Damit hat
sich auch die Kluft zwischen den Schüler*innen vergrößert: Die einen hatten
einen Computer zu Hause und Eltern, die ihnen beim Homeschooling helfen konnten.
Die anderen hatten das nicht. Viele Schulen sind in den vergangenen Monaten
engagiert neue digitale Wege gegangen. Die digitale Ausstattung der Schulen hat
Fahrt aufgenommen, um den Zugang zu digitalen Endgeräten für alle Schüler*innen
zu sichern. Gleichzeitig hat sich gezeigt: Beim digitalen Lernen gibt es großen
Nachholbedarf, sowohl technisch als auch pädagogisch. Hier können
Leuchtturmschulen wichtige Beispielgeber sein, wie die digitale Schule von
morgen aussehen kann.
Medienkompetenz als Teil des digitalen Lernens ist heutzutage auch Teil der
politischen Bildung. Nur wer sich in der immer komplexeren Medienlandschaft
kompetent bewegt, kann Fake News von Real News unterscheiden. Die Corona-Krise
hat uns nachdrücklich verdeutlicht: Demokratie lebt durch mündige Bürger*innen.
Deshalb brauchen wir an den Schulen politische Bildung – im Lehrplan genauso wie
im Schulalltag, wo Demokratie durch Beteiligung mit Leben gefüllt werden muss.
Faire Bildungschancen für alle Kinder
„Jeder junge Mensch hat ohne Rücksicht auf Herkunft oder wirtschaftliche Lage
das Recht auf eine seiner Begabung entsprechende Erziehung und Ausbildung.“ So
steht es in der baden-württembergischen Landesverfassung. Das ist für uns Grüne
Auftrag und Ansporn, für Bildungsgerechtigkeit und faire Bildungschancen für
alle Kinder und Jugendliche zu sorgen.
Wir Grüne sind überzeugt: Auf den Anfang kommt es an! Die ersten Jahre des
Lebens sind besonders wichtig. Nie wieder lernen wir so viel und so schnell wie
in dieser Zeit. Diese Phase ist entscheidend dafür, wie sich ein Kind persönlich
und sozial entwickelt. Hier werden die Weichen für den weiteren Bildungsweg
gestellt. Deshalb muss jedes Kind von Beginn an die Chance bekommen, seine
Potenziale zu entfalten und sich gut und frei zu entwickeln. Neben der Familie
sind unsere Krippen und Kindergärten die wichtigsten Orte, um ein Kind in seiner
Entwicklung zu begleiten und zu unterstützen. Die Kindertagespflege werden wir
als wichtige Säule der Kindertagesbetreuung auch in Zukunft in ihrer Arbeit
unterstützen.
Wir wollen den Bildungserfolg von der sozialen Herkunft entkoppeln. Dabei ist es
unser Anspruch, dass jedem Kind die gleichen Chancen zustehen, unabhängig vom
familiären Hintergrund.
Das bedeutet, dass wir Bildung ganzheitlich verstehen – als „Lernen mit Kopf,
Herz und Hand“. Es geht darum, Wissen und Kompetenzen zu erwerben, die
Persönlichkeit zu entwickeln, Kreativität und Motorik zu fördern. Wir streben
ein Recht auf Förderung an – damit kein junger Mensch die Schule verlässt, ohne
einen Mindeststandard beim Lesen, Schreiben und Rechnen zu erreichen. Außerdem
wollen wir besonders begabte Kinder und Jugendliche ihren Bedürfnissen
entsprechend fördern. Zugleich wollen wir den Leistungsbegriff im Bildungswesen
neu denken. Es ist unser Ziel, dass Schüler*innen eine breite Bildung erfahren,
die auf ihre individuellen Stärken aufbaut. Sie dürfen durch Misserfolge nicht
auf der Strecke bleiben. Leistung verstehen wir nicht allein als das Meistern
von Arbeiten, Aufgaben und Klausuren, sondern wir bedenken den Faktor Mensch.
Zwischenmenschliche, Charakter- und Persönlichkeitsmerkmale spielen dabei eine
entscheidende Rolle. So stärken wir Schüler*innen auf ihrem Weg, Teil einer
solidarischen Gesellschaft zu werden.
Es ist unser Ziel, den Weg für gute Leistungen freizumachen. Die einen finden
auf diesem Weg mehr Hindernisse, die anderen weniger. Nicht das Schicksal soll
über den persönlichen Lebensweg entscheiden, sondern Engagement, Talent und
Fleiß. Dazu brauchen wir ein Bildungssystem, das ermöglicht, ermutigt und
fördert. Alle Kinder sind von Natur aus neugierig und wollen etwas leisten. Die
Qualität der Schulen entscheidet mit darüber, ob sie es auch können. Wir wollen
nicht alle Kinder über einen Kamm scheren, sondern sie individuell fördern. Nur
so können sie ihr volles Leistungspotenzial entfalten. Gut ausgestattete Schulen
sind eine wichtige Grundlage. Aber am Ende entscheidet die richtige Pädagogik
und die Arbeit der Lehrkräfte, ob dies gelingt. Der Faktor Mensch ist auch in
einer technisierten Umwelt ausschlaggebend.
Für ein ganzheitliches Verständnis von Leistung und Bildung
Leistung bemisst sich für uns nicht in erster Linie daran, Faktenwissen
anzuhäufen und Erlerntes wiederzugeben. Leistung bedeutet für uns Grüne auch die
Fähigkeit, Verantwortung für sich und andere zu übernehmen. Leistung bedeutet,
in der digitalen Gesellschaft von morgen gemeinsam mit anderen Problemen zu
identifizieren und zu lösen. Leistung bedeutet, mit unvorhergesehenen
Situationen konstruktiv umzugehen – auch wenn es dafür noch keine Formel und
keinen Lehrsatz gibt.
Schwierigen Situationen mit Mut und Zuversicht begegnen: Resilienz ist wichtig
für jedes einzelne Kind, aber auch für uns als Gesellschaft. Wir alle müssen
lernen, in einer zunehmend unsicheren Welt zu leben. Selbstbewusste und
kompetente, starke und empathische Bürger*innen sind unser größter Trumpf. Der
Grundstein für die Persönlichkeit wird auch in der Schule gelegt. Deshalb sind
die Schulen nicht nur Orte, die für die Individuen große Bedeutung haben,
sondern auch für unser Gemeinwesen als Ganzes.
Grüne Bildungspolitik orientiert sich an international erfolgreichen
Bildungssystemen und nimmt wissenschaftliche Expertise auf. Im Dialog zwischen
Wissenschaft, Praxis und Gesellschaft werden Ideen, Perspektiven und Konzepte
für Baden-Württemberg entwickelt. Wir werden den wissenschaftlichen Beirat des
Kultusministeriums neu ausrichten, aufwerten und seine Empfehlungen
veröffentlichen.
In der „grünen Schulwelt“ von morgen arbeiten alle Beteiligten konstruktiv
zusammen: Schulleitung und Lehrer*innen, Eltern, multiprofessionelle Teams,
Sportvereine, Musikschulen und viele andere externe Akteur*innen. Das Schulleben
ist geprägt von Respekt, Vertrauen und demokratischer Beteiligung auf Augenhöhe.
Die Schulleitungen haben als Motoren der Innovation eine Schlüsselfunktion. Um
diese Aufgaben mit Leben füllen zu können, müssen sie mit den notwendigen
Ressourcen ausgestattet werden. Schulen leben „Vielfalt unter einem Dach“. Damit
ist Schule gemeint, die Diversität in all ihren Dimensionen gerecht wird. An den
Schulen findet rhythmisierter Ganztagsunterricht statt, der den Schüler*innen
auch flexible Zeiträume für Vereinsaktivitäten und Zeit mit den Eltern
ermöglicht.
Qualität in der Kita weiter verbessern, Sprachförderung ausbauen
Baden-Württemberg ist zum dritten Mal in Folge bundesweiter Spitzenreiter bei
der Qualität von Krippen und Kindergärten. Bei uns kommt im Schnitt ein*e
Erzieher*in auf drei Kinder unter drei Jahren. Das bedeutet: Die pädagogischen
Fachkräfte haben bei uns mehr Zeit, auf die Bedürfnisse jedes einzelnen Kindes
einzugehen, als in anderen Bundesländern. Wir werden alles dafür tun, um die
Qualität der frühkindlichen Bildung weiter zu verbessern und den Ausbau der
Kita-Plätze nach Kräften fördern.
Wir wollen die Qualitätskriterien des Orientierungsplans weiterentwickeln und an
die heutige Lebenswirklichkeit anpassen. In den Kindertagesstätten im ganzen
Land soll der Orientierungsplan verbindlich umgesetzt werden. Damit das gelingt,
streben wir eine Vereinbarung mit den Verbänden der Kita-Träger an.
Sprache ist der Schlüssel für eine gute Bildung und gesellschaftliche Teilhabe.
Wir werden die Sprachförderung im Kindergartenalltag entschlossen weiter
ausbauen und verbessern. Dabei werden wir uns am Bundesprogramm „Sprach-Kita“
orientieren.
Wir haben in Baden-Württemberg engagierte und qualifizierte Erzieher*innen. Um
die Kita-Plätze weiter ausbauen und den guten Betreuungsschlüssel halten zu
können, müssen wir noch mehr Fachpersonal gewinnen. Wir wollen den Beruf
attraktiver machen, indem wir die Arbeitsbedingungen verbessern und
Erzieher*innen besser bezahlen. Zudem werden wir eine weitere
Fachkräfteoffensive starten.
Viele Städte und Gemeinden erheben die Kita-Gebühren gestaffelt nach der
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Familie. Wir unterstützen das. Denn
starke Schultern können mehr tragen als schwache. Deshalb werden wir mit den
Kita-Trägern in Verhandlungen eintreten, um für sozial gestaffelte Gebühren im
ganzen Land zu sorgen. Eine komplette Gebührenfreiheit für Kitas und
Kindergärten halten wir zwar langfristig für erstrebenswert, aber derzeit noch
nicht für machbar. Denn sonst würde das notwendige Geld für den quantitativen
und qualitativen Ausbau der Kita-Plätze sowie für die Ausbildung neuer
Erzieher*innen fehlen.
Unsere Kinder sind das Wertvollste, was wir haben. Um Kinder bestmöglich zu
schützen, fordern wir ein verbindliches Präventions- und Kinderschutzkonzept für
alle Kitas und Schulen. Die Förderung und Achtung der Kinderrechte soll
verbindlicher Bestandteil der pädagogischen Konzeption werden.
Qualitätsentwicklung der Schule konsequent weiterverfolgen
Wir stehen für ein leistungsstarkes und leistungsgerechtes Bildungssystem, mit
dem wir im internationalen Vergleich an der Spitze mitspielen. Deswegen werden
wir die Schritte, die wir im Rahmen des Qualitätskonzepts begonnen haben,
konsequent fortsetzen. Zu Beginn der neuen Legislatur wollen wir die beiden
neuen Institute – das Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) und das
Institut für Bildungsanalysen (IBBW) – kritisch analysieren. Wir werden ihre
Kernaufgaben und Strukturen in den Blick nehmen und dort nachsteuern, wo es
Bedarf gibt. In diese Analyse werden wir alle Akteur*innen der Aus- und
Fortbildung von Lehrkräften einbeziehen. Sowohl die Neuausrichtung der
Fortbildung für Lehrkräfte als auch die datenbasierte Unterstützung der
Schulentwicklung müssen zukünftig ihre Wirkung entfalten. Schulen benötigen
passgenaue Fortbildungen. Es muss selbstverständlich werden, dass sich Schule
als System kontinuierlich weiterentwickelt. Ein besonderes Augenmerk wollen wir
auf die Stärkung und Unterstützung der Schulleitungen legen, die für den
Qualitätsprozess an Schulen zentral sind. Schon im Studium müssen
Führungskompetenzen vermitteln werden, damit angehende Lehrkräfte schon
frühzeitig eine Karriere als Schulleiter*in ins Auge fassen können.
Grundschulen stärken – mit multiprofessionellen Teams und gezielter finanzieller
Förderung
Wir werden eine Konzeption für multiprofessionelle Teams erarbeiten. In diesen
Teams, die zunächst an Grundschulen zum Einsatz kommen sollen, arbeiten die
Lehrkräfte mit weiteren Berufsgruppen zusammen. Dazu gehören zum Beispiel
Pädagogen, Psychologinnen, Logopäden, Ergo- und Lerntherapeutinnen. Gemeinsam
können sie die Kinder in ihrer ganzen Vielfalt an sozialen, kulturellen und
familiären Hintergründen ganzheitlich fördern.
Wir stehen für einen zielgerichteten und bedarfsgerechten Ressourceneinsatz.
Manche Schulen stehen vor größeren Herausforderungen als andere, weil sie mehr
Schüler*innen mit besonderem Förderbedarf haben. Diesen Schulen wollen wir mehr
Mittel zur Verfügung stellen. Mit dieser so genannten „sozialindexbasierten
Ressourcenzuweisung“ wollen wir finanzielle Unterschiede zwischen unseren
Schulen ausgleichen und Schulen mit besonderem Bedarf unterstützen, um
Chancengleichheit zu leben. Dabei richtet sich die sozialindexbasierte
Ressourcenzuweisung nicht nur nach dem Förderbedarf, sondern auch nach
sozioökonomischen Faktoren der einzelnen Schulen und deren Quartiere.
Mit dem Einstieg in multiprofessionelle Teams und eine sozialindexbasierte
Ressourcenzuweisung stärken wir die Grundschulen nachhaltig – und damit das
Fundament der Lernbiografie aller Schüler*innen. Um den langfristigen
Lehrkräftebedarf zu decken, werden wir die Zahl der Studienplätze für das
Grundschullehramt weiter erhöhen. Den Ethikunterricht werden wir konsequent bis
Klasse 1 ausbauen.
Wir bekennen uns zu wohnortnahen Grundschulstandorten und zum Prinzip „Kurze
Beine – kurze Wege“. Regionale Verbünde und freiwillige Zusammenschlüsse,
Grundschulen mit mehreren Standorten können dazu beitragen, die Qualität zu
erhöhen. So kann die Schulleitung gestärkt und fachfremder Unterricht verringert
werden. In Südtirol gelingt es auf diese Weise, auch kleine Schulstandorte mit
hoher Qualität zu erhalten. Im Rahmen der regionalen Schulentwicklung wollen wir
die Grundschullandschaft mit Anreizen zukunftsfähig machen. Wir setzen dabei –
wie im Bereich der Sekundarschulen – auf die Initiative der Grundschulen und der
Schulträger.
Schule funktioniert am besten, wenn Lehrkräfte, Eltern und Schüler*innen
vertrauensvoll und eng zusammenzuarbeiten und gemeinsam Verantwortung
übernehmen. Diese Bildungs- und Erziehungspartnerschaft wollen wir stärken.
Beim Wechsel auf die weiterführende Schule setzen wir weiterhin auf die bewährte
Kombination von qualifizierter Beratung durch die Schulen und Verantwortung der
Eltern. Um sie bestmöglich bei ihrer Entscheidung zu unterstützen, haben wir die
Beratung weiter ausgebaut. Eine verbindliche Grundschulempfehlung lehnen wir ab.
Demokratie im Unterricht erlebbar machen
Wir stärken die Demokratiebildung in allen Schularten. Sie soll altersgerecht
und in unterschiedlichen Facetten erfolgen. Es geht nicht nur darum, Wissen zu
erwerben. Die Schüler*innen sollen Demokratie an der Schule unmittelbar und
selbstwirksam erleben, über tagespolitische Entscheidungen und Wirtschaftsprozesse diskutieren können. Wir wollen ihnen vermitteln: Die eigene Meinung
zählt und Rechte und Verantwortung gehen Hand in Hand. An Pilotschulen jeder
Schulart wollen wir wertvolle Erfahrungen für eine Demokratisierung des
Bildungswesens sammeln, indem wir das Schulleben demokratisch organisieren und
selbstbestimmtes Lernen ermöglichen.
Wir stärken die gesellschaftswissenschaftlichen Fächer an allen Schularten und
werden die Einführung eines gesellschaftswissenschaftlichen Profilfachs
„Geschichte, Gemeinschaftskunde, Geografie“ prüfen.
Schulen und Schüler*innen fit machen für die digitale Gesellschaft
Wir wollen, dass die Schüler*innen in der digitalen Gesellschaft ihr Leben frei
und selbstbestimmt in die Hand nehmen können. Dazu sollen die Schulen sie
befähigen.
Gemeinsam mit den Schulträgern sorgen wir für eine leistungsfähige digitale
Infrastruktur: Die Schulen erhalten administrativen und technischen Support bei
der Verwaltung, Instandhaltung und Weiterentwicklung der Netzwerke und IT-
Strukturen.
Wir stellen aufeinander aufgebaute Lernmanagement- und Lernplattform-Module
sowie digitale Lernmaterialien bereit und passen diese kontinuierlich und
bedarfsorientiert an. Wir entwickeln die Leitperspektive Medienbildung weiter
und bauen Mediencurricula auf, die auf die verschiedenen Schularten und
Klassenstufen abgestimmt sind.
Wir sind überzeugt: Mit einer guten, digital gestützten Diagnostik kann das
Lernen individualisierter und zielgerichteter gestaltet werden. Mit den
regelmäßig erhobenen Daten wollen wir Fördersysteme entwickeln lassen und so
Schüler*innen und Lehrkräfte unterstützen.
Schulen, die sich auf den Weg machen und digitale Schulkonzepte entwickeln,
unterstützen wir durch ein zielgerichtetes Programm.
Auch in der digitalen Welt braucht es gut ausgebildete Lehrkräfte, damit
Schüler*innen erfolgreich lernen können. Deshalb stärken wir den pädagogischen
Überbau der digitalen Bildung – durch Module zur digitalen Didaktik in der
ersten und zweiten Phase der Lehrerbildung. Gleichzeitig entwickeln wir in der
dritten Phase des Lehrerberufs ein kohärentes Fortbildungskonzept im Einklang
mit den Mediencurricula und Medienentwicklungsplänen.
Wir schaffen schulübergreifende Möglichkeiten für digitale Lernerfahrungsräume.
Das Prinzip der Lernfabriken 4.0 weiten wir an den beruflichen Schulen aus und
machen Künstliche Intelligenz in Kooperation mit Ausbildungsbetrieben,
Hochschulen und Unis erfahrbar. In der Weiterbildung und beruflichen Bildung
nutzen wir die digitale Transformation als Chance, um Veränderungspotenziale
auszuschöpfen und Wandlungsprozesse voranzutreiben.
Wir stärken den wissenschaftlichen Überbau und schaffen eine vernetzte
Forschungsplattform unter dem Titel „Digitalität in der Pädagogik“. Ziel ist es,
die Chancen und Risiken abzuschätzen und die veränderten Lebensbedingungen durch
digitales Lernen kontinuierlich wissenschaftlich zu begleiten. Gleichzeitig
schaffen wir auf Landesebene einen interdisziplinären Beraterkreis „Schule
digital“. Er soll Bildungsakteure vernetzen, Erfahrungen sammeln und evaluieren
sowie Best-Practice-Bespiele austauschen. All dies soll als Grundlage dienen, um
die bestehenden Angebote fortlaufend weiterzuentwickeln.
Vorrang für das inklusive Lernen – mit verbesserten Rahmenbedingungen
Kinder mit und ohne Behinderung sollen gemeinsam aufwachsen können. Das ist uns
Grünen wichtig. Deshalb wollen wir Inklusion in den Krippen und Kindergärten
weiter ausbauen. Wir stehen für den Vorrang der inklusiven Beschulung. Wir
wollen die Rahmenbedingungen, die dafür im personellen, räumlichen und
administrativen Bereich notwendig sind, spürbar verbessern. In den nächsten
Jahren gilt es, mehr Lehrkräfte mit sonderpädagogischen Kompetenzen auszubilden
und einzustellen. Damit Inklusion auf Dauer gelingt, müssen sich alle Schulen
für inklusives Lernen öffnen und ihre Lehrkräfte für eine gelingende
individuelle Förderung weiterqualifizieren. An den Hochschulen haben wir
entsprechende Inhalte schon jetzt in die Lehramtsausbildung für alle Schularten
aufgenommen. Wir werden sie auch in die Fortbildungskonzepte für alle Lehrämter
integrieren.
Wir stärken die Qualität des rhythmisierten Ganztags
Ein qualitativ hochwertiges schulisches Ganztagsangebot kann Schüler*innen in
ihrer Entwicklung ganzheitlich fördern. Deshalb werden wir die Qualität des
rhythmisierten Ganztags stärken. Die Einbeziehung von außerschulischen Partnern
wie Vereinen oder Musikschulen stärkt dabei die Verankerung vor Ort und bietet
ein ganzheitliches Angebot. Gute schulische Ganztagsangebote sind nur in reinen
Ganztagsklassen möglich. Wir wollen den Schüler*innen und Eltern dabei dennoch
mehr Flexibilität geben. Im Dialog mit allen Beteiligten werden wir die
Betreuungsangebote an Grund- und weiterführenden Schulen weiterentwickeln und
dafür notwendige Qualitätsstandards einführen.
Junge Menschen individuell zum Schulabschluss begleiten
Egal ob Hauptschulabschluss, mittlerer Abschluss oder Abitur – unser Ziel ist
es, dass jede*r Schüler*in den für sich besten Schulabschluss erreichen kann. Es
wird darauf ankommen, dass Ressourcen gezielt und wirksam eingesetzt werden.
Alle Schularten benötigen für ihre jeweiligen Aufgaben die entsprechenden
Ressourcen. Kinder und Jugendliche individuell zu fördern, das ist und bleibt
die zentrale Aufgabe. Damit Schulen dies leisten können, braucht es
leistungsfähige und bestmöglich ausgestattete Standorte mit entsprechend
anspruchsvollen pädagogischen Konzepten. Wir werden Schulstandorte dabei
unterstützen, regional zu kooperieren und voneinander zu lernen.
Wir setzen uns für eine zukunftsfähige Lernkultur ein, die eigenständiges Lernen
unterstützt. Lehrkräfte benötigen Zeit, um individuelle Förderung und soziale
Lernprozesse zu initiieren und zu begleiten. Ein wichtiger Bestandteil sind
Coaching-Angebote für Schüler*innen in allen Schularten. Die Lehrkräfte können
den Kindern hier gezielt rückmelden, wo sie mit ihren schulischen und sozialen
Fähigkeiten stehen und Impulse für die weitere Entwicklung geben. Uns ist es
wichtig, Schüler*innen zu fördern und zu bestmöglichen Leistungen zu ermutigen.
Dazu müssen ihre Leistungen schon in der Orientierungsstufe auf dem jeweiligen
Niveau bewertet werden. Wir werden die Leistungsbewertung an Werkrealschulen und
an Realschulen entsprechend reformieren.
Sport, Musik, Kunst und Theater bereichern das Schulleben und stärken Kinder und
Jugendliche dabei, die eigene Persönlichkeit zu entwickeln. Als fester
Bestandteil des Unterrichts sowie als freiwillige Angebote sind sie
unverzichtbar – auch und vor allem in Zeiten einer Pandemie.
Den Weg zum Abitur weiterentwickeln
In Baden-Württemberg führen viele Wege zum Abitur. Berufliche Gymnasien sind
landesweit stark nachgefragt. Gleichzeitig stellen die ersten Oberstufen an
Gemeinschaftsschulen ihren Erfolg unter Beweis. Neben dem achtjährigen Gymnasium
G8 gibt es die Modellschulen G9. Schüler*innen, die in neun Jahren zum Abitur
wollen, haben schon jetzt vielfältige Möglichkeiten dazu.
Wir wollen das G8 pädagogisch weiterentwickeln. Das heißt: Die Potenziale aller
Schüler*innen sollen individuell bestmöglich gefördert werden. Wir wollen den
Teamgedanken unter den Lehrer*innen stärken, um die Förderung noch besser
abzustimmen und eine bestmögliche Lernumgebung zu schaffen. Wir wollen Schulen
auf dem Weg zu innovativen Konzepten gezielt unterstützen. Die Oberstufen an den
Gemeinschaftsschulen wollen wir weiter ausbauen. Es gilt, die verschiedenen
Möglichkeiten im Bereich der Sekundarstufe II gut aufeinander abzustimmen. So
können dauerhaft stabile Standorte entstehen. Die beruflichen Gymnasien werden
wir weiter im Blick haben und bedarfsgerecht ausbauen.
Berufliche Bildung und schulische Integrationsarbeit stärken
Wir wollen die Empfehlungen der Enquetekommission „Fit fürs Leben in der
Wissensgesellschaft – berufliche Schulen, Aus- und Weiterbildung“ umsetzen.
Handwerkliche und soziale Berufe wollen wir gesellschaftlich aufwerten. Die
berufliche Bildung und Weiterbildung wird künftig noch wichtiger werden. Wir
brauchen ein Changemanagement, das den Veränderungen in der Berufswelt und der
Wirtschaft gerecht wird. Ausbildungsangebote und berufliche Bildung für
Jugendliche ohne Ausbildungsplatz müssen künftig wieder stärker in den Blick
genommen werden – Stichwort Ausbildungsgarantie. Wir wollen den inklusiven
Zugang zur beruflichen Bildung ermöglichen und den Übergang in das Berufsleben
aktiv gestalten. Berufsschulen wollen wir attraktiver machen und stärker
unterstützen, indem wir personelle und fachliche Ressourcen ausbauen und
Schulsozialarbeit stärken. Wir starten eine Imagekampagne und verbinden Betriebe
noch stärker mit Berufsschulen. Für geflüchtete Schüler*innen entwickeln wir
zusätzliche Angebote. Wir legen stärkeren Fokus auf die Fertigkeiten, die in
Zukunft gefragter sein werden, z.B. in den Bereichen Kommunikation,
Digitalisierung und Energieeffizienz, und fördern dementsprechender den Ausbau
der Infrastruktur an den Schulen.
Der digitale Wandel wird auch die Weiterbildung verändern. Dies bietet die
Chance, mit neuen Angeboten neue Zielgruppen zu erreichen. Im lebensbegleitenden
Lernen werden sich die gesellschaftlichen Entwicklungen widerspiegeln, die
politische Bildung wird hier einen neuen Stellenwert erhalten. Wir sehen die
Weiterbildungsträger als wichtige Partner, um die unterschiedlichen
gesellschaftlichen Gruppen zu erreichen, und werden sie in ihrer Arbeit
politisch unterstützen.
Um die gesellschaftliche Teilhabe zu sichern, wollen wir die Alphabetisierung
der Gesellschaft weiter in den Blick nehmen und die Grundbildung weiter
voranbringen.
Wie gut gelingt die Integration von Menschen mit Migrationsgeschichte? Diese
Frage ist entscheidend für unseren künftigen Wohlstand und unseren
gesellschaftlichen Zusammenhalt. Etwa 40 Prozent der Menschen, die in Baden-
Württemberg leben und jünger als 25 Jahre sind, haben einen
Migrationshintergrund. Vier von fünf Kindern und Jugendlichen mit
Zuwanderungsgeschichte sind hier aufgewachsen. Schule als Lern- und Lebensort
ist – neben der Familie – besonders wichtig, um Sprachkompetenzen zu erlernen
und demokratische Werte und Einstellungen aufzubauen. Wir wollen den
sprachsensiblen Fachunterricht in allen Schulen verankern. Kinder und
Jugendliche, die zuwandern, erhalten gezielten Unterricht in Deutsch als
Fremdsprache. Mentor*innenprogramme für Eltern, mit denen wir die Familien
begleiten, werden wir bedarfsgerecht weiter ausbauen.
Schulen mehr Freiräume geben, Lehrkräfte gewinnen
Die Akteur*innen vor Ort sind entscheidend dafür, dass gute Schule gelingt.
Schulleiter*innen, Lehrkräfte und auch Schulträger kennen die Verhältnisse vor
Ort und die Bedürfnisse ihrer Schüler*innen am besten. Wir wollen den einzelnen
Schulen deshalb mehr Verantwortung, Autonomie und Freiräume geben, sich
pädagogisch zu entwickeln und den Schulalltag zu gestalten. Den Teamgedanken
wollen wir in allen Dimensionen stärken. Die Schulen sollen sich – innerhalb
klarer Qualitätsstandards – eigenverantwortlicher entscheiden können, wie sie
sich pädagogisch profilieren, Schwerpunkte setzen, Budgets einsetzen und mit wem
sie Kooperationen eingehen wollen.
Egal ob Ganztag, Inklusion oder Digitalisierung – die Aufgaben von Land und
Trägern sind eng miteinander verwoben. Wir wollen mit den Kita- und Schulträgern
in einen offenen und strukturierten Prozess für eine moderne Trägerschaft
eintreten. Wir wollen dazu auch die interkommunale Zusammenarbeit intensivieren.
Dies gilt in besonderem Maß auch für die Gestaltung einer zukunftsfähigen
Schulstruktur.
Schulen in freier Trägerschaft sind eine wichtige Bereicherung der
Schullandschaft und geben wichtige pädagogische Impulse. Wir stehen auch in
Zukunft für eine auskömmliche Finanzierung dieser Schulen.
Um junge Menschen auf dem Weg in den Lehrerberuf zu unterstützen, werden wir ein
freiwilliges pädagogisches Bildungsjahr einführen.
Gemeinsam mit den Gewerkschaften und Verbänden wollen wir das aktuelle
Arbeitszeitmodell überprüfen und modernisieren. Unser Ziel ist, auch die
Tätigkeiten realistisch abzubilden, die über den reinen Unterricht hinausgehen.
Lehrkräfte, die in den ersten drei Monaten eines Schuljahres einen befristeten
Vertrag abschließen, sollen in den folgenden Sommerferien ebenfalls ihre
Bezahlung erhalten, wenn sie im kommenden Schuljahr wieder eingestellt werden.
Darum Grün!
Wer Grün wählt, stimmt für
- den weiteren Ausbau der Sprachförderung in Kitas und einkommensabhängige
Kitagebühren
- eine Fachkräfteoffensive für den Erzieher*innenberuf
- starke Grundschulen mit multiprofessionellen Teams und
sozialindexbasierter Ressourcenzuweisung
- die Weiterentwicklung einer zukunftsfähigen, leistungsorientierten und
sozial gerechten Schulstruktur in der Sekundarstufe
- eine umfassende Digitalisierung der Schulen, inklusive guter technischer
Ausstattung und Angeboten zur Medienbildung
- mehr Inklusion in Kitas und Schulen
Antragstext
Von Zeile 303 bis 305 einfügen:
erwerben. Die Schüler*innen sollen Demokratie an der Schule unmittelbar und selbstwirksam erleben, über tagespolitische Entscheidungen diskutieren und Wirtschaftsprozesse neudenken können. Wir wollen ihnen vermitteln: Die eigene Meinung zählt und Rechte und Verantwortung gehen Hand in Hand. An Pilotschulen jeder
Kapitel 9: Kita, Schule und Bildung
Für beste Bildung von Anfang an
Wir denken Bildungspolitik vom Kind aus. Jedes Kind ist eine einzigartige
Persönlichkeit mit eigenen Talenten und Fähigkeiten, mit individuellen Stärken
und Schwächen. Wir sind überzeugt: Egal ob Cleverle oder Träumerle, ob
Überflieger oder Spätstarter, ob aus einer bildungsnahen oder einer
bildungsfernen Familie, mit oder ohne Migrationshintergrund– jeder junge Mensch
soll das Beste aus seinem Leben machen können. Und das heißt: Er soll den für
ihn besten und passenden Bildungsabschluss erreichen können.
In Baden-Württemberg wollen wir allen durch gute Bildung die Chance geben, ihre
Talente und Fähigkeiten auszuschöpfen und so das eigene Leben selbstbestimmt in
die Hand zu nehmen. Deshalb verfolgen wir einen ganzheitlichen Ansatz – nämlich
die bestmögliche Förderung von der Kita bis zum Beruf und darüber hinaus durch
lebenslang begleitendes Lernen.
Auf diesem Weg sind wir in den vergangenen zehn Jahren schon ein gutes Stück
vorangekommen. 2011 haben wir als grün-geführte Landesregierung damit begonnen,
den jahrzehntelangen Reformstau aufzulösen.
Ein besonderes Herzensanliegen ist es uns, die Kleinsten in Krippe und Kita gut
zu betreuen und zu fördern. Hier war der Nachholbedarf am größten. Seit 2011
haben wir deshalb die Mittel für die Betreuung der Kinder unter drei Jahren
massiv gesteigert. Und das mit Erfolg: Heute gibt es über 80 Prozent mehr
Krippenplätze als damals. Die Zuschüsse für die Kindertageseinrichtungen für die
über Dreijährigen haben wir bedarfsgerecht angepasst. Und wir haben im Land den
besten Betreuungsschlüssel der Republik: Bei uns ist im Schnitt ein*e
Erzieher*in für drei Kinder unter drei Jahren verantwortlich. Auch mit dem
Ausbau der Sprachförderung an unseren Kindergärten haben wir begonnen – in
Quantität und Qualität. Denn ohne gute Deutschkenntnisse wird sich ein Kind in
der Schule immer schwertun.
Qualität in den Kitas gibt es nur, wenn gutes Personal in ausreichendem Umfang
zur Verfügung steht. Darauf haben wir mit PIA, der Praxisintegrierten
Ausbildung, reagiert – eine vergütete Ausbildungsmöglichkeit für angehende
Erzieher*innen. Dieses Erfolgsmodell haben wir auch über den Pakt für gute
Bildung und Betreuung weiter gestärkt.
Wir haben die Kindertagespflege auf eine solide Basis gestellt. Als zweite Säule
neben den Kindertageseinrichtungen spielt diese eine wichtige Rolle, um den
Rechtsanspruch sicherzustellen. Es war uns daher ein wichtiges Anliegen, die
Kindertagespflege qualitativ zu stärken und insbesondere die Tagespflegepersonen
finanziell zu stärken.
Bevor wir Grüne ab 2011 in Regierungsverantwortung waren, gab es in Baden-
Württemberg Ganztagsschulen nur als Schulversuche. Mit der gesetzlichen
Verankerung der Ganztagsschule haben wir verlässliche Rahmenbedingungen
geschaffen. Wir haben deutlich in den Ausbau der Ganztagsschule investiert.
Diesen Weg wollen wir weitergehen, weil dieses Schulmodell pädagogisch sinnvoll
ist: Hier lernen Kinder und Jugendliche mehr und besser. Die Ganztagsschule
sichert die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Mit der Gemeinschaftsschule haben wir 2012 erfolgreich eine neue Schulart
eingeführt, bei der die individuelle Förderung im Zentrum steht. Die
Schüler*innen lernen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit im jeweiligen Fach
auf unterschiedlichen Lernwegen – und entfalten so ihre Fähigkeiten optimal.
Davon profitieren die Leistungsstarken ebenso wie die Schwächeren. Das zeigen
auch die Abschlussergebnisse. Die Gemeinschaftsschule – ob mit oder ohne
Oberstufe – hat sich zu einem echten Erfolgsmodell entwickelt: Bereits nach
wenigen Jahren gibt es über 300 im ganzen Land. Regelmäßig werden
Gemeinschaftsschulen mit dem deutschen Schulpreis oder als Smart School
ausgezeichnet. Und es zeigt sich noch etwas: Die Schüler*innen lernen dort mit
höherer Motivation. 2021 werden in Tübingen und Konstanz die ersten
Schüler*innen ihr Abitur an einer Gemeinschaftsschule erwerben. Wir wollen dies
weiteren Gemeinschaftsschulen im Land ermöglichen.
An den Grundschulen haben wir vier zusätzliche Unterrichtsstunden für Lesen,
Schreiben und Rechnen eingeführt. Diese Grundfertigkeiten sind entscheidend für
den weiteren Bildungsweg eines Kindes.
Die Realschule haben wir in erheblichem Umfang mit zusätzlichen Stunden
ausgestattet. Sie sollen die individuelle Förderung stärken, um Schüler*innen
dort gleichermaßen auf den mittleren und den Hauptschulabschluss vorzubereiten.
Das Gymnasium haben wir ebenfalls mit zusätzlichen Stunden zur individuellen
Förderung ausgestattet und den Bildungsplan an die verkürzte Lernzeit angepasst.
Die Reform der Oberstufe ermöglicht es den Schüler*innen, ihre persönlichen
Interessen und Begabungen auf dem Weg zum Abitur noch besser zu vertiefen.
Außerdem gibt es heute mehr als doppelt so viele Schulsozialarbeiter*innen wie
vor dem Start der grün-geführten Regierung. Denn manchmal sind es Probleme in
der Familie oder auf dem Pausenhof, die Kinder in der Schule ausbremsen.
Kinder und Jugendliche mit Behinderung gehören in unsere Mitte. Deshalb haben
wir dafür gesorgt, dass Eltern selbst entscheiden können, ob ihr Kind eine
allgemeinbildende Schule oder ein sonderpädagogisches Bildungs- und
Beratungszentrum besucht. Kinder mit und ohne Behinderung lernen nun an vielen
Schulen im Land gemeinsam. Mit zusätzlichen Lehrkräften sorgen wir dafür, dass
jedes Kind die Förderung erhält, die es braucht.
An den beruflichen Schulen haben wir die beruflichen Gymnasien weiter ausgebaut,
die an unsere Realschulen und Gemeinschaftsschulen anschließen. Mit der
Ausbildungsvorbereitung dual erleichtern wir Jugendlichen den Berufseinstieg,
die zusätzliche Förderung benötigen. Und mit den Lernfabriken 4.0 führen wir die
berufliche Aus- und Weiterbildung gemeinsam mit der Industrie in das digitale
Zeitalter.
Egal ob die bewährte duale Ausbildung oder ein Studium: Nach der Schule sollen
junge Menschen unabhängig von ihrem Abschluss den Berufsweg finden, der zu ihnen
passt. Dafür haben wir die Berufs- und Studienorientierung an allen Schularten
gestärkt und durch die Leitperspektive Berufsorientierung flankiert.
Die Schulen in freier Trägerschaft ergänzen unsere Bildungslandschaft und sind
ein wichtiger Teil von Schulentwicklung. Hier entstehen oftmals pädagogische
Angebote, die auch für öffentliche Schulen beispielhaft sind. Daher war es uns
wichtig, die Finanzierung der freien Schulen auf eine auskömmliche Basis zu
stellen. Sie sollen grundsätzlich auch Schüler*innen aus sozial-schwächeren
Haushalten offenstehen. Daher haben wir das Sonderungsverbot konkretisiert und
entlasten Schulen, wenn sie auf Schulgeld verzichten.
Nach Schule, Ausbildung oder Studium hört das Lernen nicht auf: Wir leben in
einer Welt, die immer komplexer wird. Deshalb wird das lebensbegleitende Lernen
– beruflich und privat – immer wichtiger. Entsprechend haben wir die
Finanzierung der Weiterbildungsträger angehoben und an den Bundesdurchschnitt
angenähert.
Die Welt verändert sich – und mit ihr verändert sich unsere Gesellschaft. Daraus
ergeben sich neue Anforderungen an unsere Kitas und Schulen. Mit unseren
Bildungsreformen der vergangenen Jahre haben wir das beherzigt und wichtige
Schritte nach vorn gemacht. Aber wir wissen auch: Wir sind noch nicht am Ziel.
Uns ist bewusst: Der Schulerfolg eines Kindes hängt noch immer stark von der
Herkunft und dem Geldbeutel der Eltern ab. Das wollen wir ändern!
Auch in Baden-Württemberg nimmt die familiäre, soziale und kulturelle Vielfalt
der Schüler*innen in hohem Maße zu. Die einen können bei der Einschulung schon
lesen, andere verstehen noch nicht alles auf Deutsch. Manche Eltern unterstützen
ihre Kinder intensiv bei den Schulaufgaben, in anderen Familien sind die Kinder
dabei auf sich gestellt.
Die digitale Revolution fordert auch unsere Schulen fundamental heraus. Es geht
um weit mehr als schnelles Internet und ausreichend Tablets. Es geht ums Lernen
mit und über digitale Medien. Wir müssen die jungen Menschen befähigen, ihr
Leben in der digitalen Welt frei und selbstbestimmt in die Hand zu nehmen.
Die Corona-Krise hat all diese Herausforderungen weiter verschärft. Damit hat
sich auch die Kluft zwischen den Schüler*innen vergrößert: Die einen hatten
einen Computer zu Hause und Eltern, die ihnen beim Homeschooling helfen konnten.
Die anderen hatten das nicht. Viele Schulen sind in den vergangenen Monaten
engagiert neue digitale Wege gegangen. Die digitale Ausstattung der Schulen hat
Fahrt aufgenommen, um den Zugang zu digitalen Endgeräten für alle Schüler*innen
zu sichern. Gleichzeitig hat sich gezeigt: Beim digitalen Lernen gibt es großen
Nachholbedarf, sowohl technisch als auch pädagogisch. Hier können
Leuchtturmschulen wichtige Beispielgeber sein, wie die digitale Schule von
morgen aussehen kann.
Medienkompetenz als Teil des digitalen Lernens ist heutzutage auch Teil der
politischen Bildung. Nur wer sich in der immer komplexeren Medienlandschaft
kompetent bewegt, kann Fake News von Real News unterscheiden. Die Corona-Krise
hat uns nachdrücklich verdeutlicht: Demokratie lebt durch mündige Bürger*innen.
Deshalb brauchen wir an den Schulen politische Bildung – im Lehrplan genauso wie
im Schulalltag, wo Demokratie durch Beteiligung mit Leben gefüllt werden muss.
Faire Bildungschancen für alle Kinder
„Jeder junge Mensch hat ohne Rücksicht auf Herkunft oder wirtschaftliche Lage
das Recht auf eine seiner Begabung entsprechende Erziehung und Ausbildung.“ So
steht es in der baden-württembergischen Landesverfassung. Das ist für uns Grüne
Auftrag und Ansporn, für Bildungsgerechtigkeit und faire Bildungschancen für
alle Kinder und Jugendliche zu sorgen.
Wir Grüne sind überzeugt: Auf den Anfang kommt es an! Die ersten Jahre des
Lebens sind besonders wichtig. Nie wieder lernen wir so viel und so schnell wie
in dieser Zeit. Diese Phase ist entscheidend dafür, wie sich ein Kind persönlich
und sozial entwickelt. Hier werden die Weichen für den weiteren Bildungsweg
gestellt. Deshalb muss jedes Kind von Beginn an die Chance bekommen, seine
Potenziale zu entfalten und sich gut und frei zu entwickeln. Neben der Familie
sind unsere Krippen und Kindergärten die wichtigsten Orte, um ein Kind in seiner
Entwicklung zu begleiten und zu unterstützen. Die Kindertagespflege werden wir
als wichtige Säule der Kindertagesbetreuung auch in Zukunft in ihrer Arbeit
unterstützen.
Wir wollen den Bildungserfolg von der sozialen Herkunft entkoppeln. Dabei ist es
unser Anspruch, dass jedem Kind die gleichen Chancen zustehen, unabhängig vom
familiären Hintergrund.
Das bedeutet, dass wir Bildung ganzheitlich verstehen – als „Lernen mit Kopf,
Herz und Hand“. Es geht darum, Wissen und Kompetenzen zu erwerben, die
Persönlichkeit zu entwickeln, Kreativität und Motorik zu fördern. Wir streben
ein Recht auf Förderung an – damit kein junger Mensch die Schule verlässt, ohne
einen Mindeststandard beim Lesen, Schreiben und Rechnen zu erreichen. Außerdem
wollen wir besonders begabte Kinder und Jugendliche ihren Bedürfnissen
entsprechend fördern. Zugleich wollen wir den Leistungsbegriff im Bildungswesen
neu denken. Es ist unser Ziel, dass Schüler*innen eine breite Bildung erfahren,
die auf ihre individuellen Stärken aufbaut. Sie dürfen durch Misserfolge nicht
auf der Strecke bleiben. Leistung verstehen wir nicht allein als das Meistern
von Arbeiten, Aufgaben und Klausuren, sondern wir bedenken den Faktor Mensch.
Zwischenmenschliche, Charakter- und Persönlichkeitsmerkmale spielen dabei eine
entscheidende Rolle. So stärken wir Schüler*innen auf ihrem Weg, Teil einer
solidarischen Gesellschaft zu werden.
Es ist unser Ziel, den Weg für gute Leistungen freizumachen. Die einen finden
auf diesem Weg mehr Hindernisse, die anderen weniger. Nicht das Schicksal soll
über den persönlichen Lebensweg entscheiden, sondern Engagement, Talent und
Fleiß. Dazu brauchen wir ein Bildungssystem, das ermöglicht, ermutigt und
fördert. Alle Kinder sind von Natur aus neugierig und wollen etwas leisten. Die
Qualität der Schulen entscheidet mit darüber, ob sie es auch können. Wir wollen
nicht alle Kinder über einen Kamm scheren, sondern sie individuell fördern. Nur
so können sie ihr volles Leistungspotenzial entfalten. Gut ausgestattete Schulen
sind eine wichtige Grundlage. Aber am Ende entscheidet die richtige Pädagogik
und die Arbeit der Lehrkräfte, ob dies gelingt. Der Faktor Mensch ist auch in
einer technisierten Umwelt ausschlaggebend.
Für ein ganzheitliches Verständnis von Leistung und Bildung
Leistung bemisst sich für uns nicht in erster Linie daran, Faktenwissen
anzuhäufen und Erlerntes wiederzugeben. Leistung bedeutet für uns Grüne auch die
Fähigkeit, Verantwortung für sich und andere zu übernehmen. Leistung bedeutet,
in der digitalen Gesellschaft von morgen gemeinsam mit anderen Problemen zu
identifizieren und zu lösen. Leistung bedeutet, mit unvorhergesehenen
Situationen konstruktiv umzugehen – auch wenn es dafür noch keine Formel und
keinen Lehrsatz gibt.
Schwierigen Situationen mit Mut und Zuversicht begegnen: Resilienz ist wichtig
für jedes einzelne Kind, aber auch für uns als Gesellschaft. Wir alle müssen
lernen, in einer zunehmend unsicheren Welt zu leben. Selbstbewusste und
kompetente, starke und empathische Bürger*innen sind unser größter Trumpf. Der
Grundstein für die Persönlichkeit wird auch in der Schule gelegt. Deshalb sind
die Schulen nicht nur Orte, die für die Individuen große Bedeutung haben,
sondern auch für unser Gemeinwesen als Ganzes.
Grüne Bildungspolitik orientiert sich an international erfolgreichen
Bildungssystemen und nimmt wissenschaftliche Expertise auf. Im Dialog zwischen
Wissenschaft, Praxis und Gesellschaft werden Ideen, Perspektiven und Konzepte
für Baden-Württemberg entwickelt. Wir werden den wissenschaftlichen Beirat des
Kultusministeriums neu ausrichten, aufwerten und seine Empfehlungen
veröffentlichen.
In der „grünen Schulwelt“ von morgen arbeiten alle Beteiligten konstruktiv
zusammen: Schulleitung und Lehrer*innen, Eltern, multiprofessionelle Teams,
Sportvereine, Musikschulen und viele andere externe Akteur*innen. Das Schulleben
ist geprägt von Respekt, Vertrauen und demokratischer Beteiligung auf Augenhöhe.
Die Schulleitungen haben als Motoren der Innovation eine Schlüsselfunktion. Um
diese Aufgaben mit Leben füllen zu können, müssen sie mit den notwendigen
Ressourcen ausgestattet werden. Schulen leben „Vielfalt unter einem Dach“. Damit
ist Schule gemeint, die Diversität in all ihren Dimensionen gerecht wird. An den
Schulen findet rhythmisierter Ganztagsunterricht statt, der den Schüler*innen
auch flexible Zeiträume für Vereinsaktivitäten und Zeit mit den Eltern
ermöglicht.
Qualität in der Kita weiter verbessern, Sprachförderung ausbauen
Baden-Württemberg ist zum dritten Mal in Folge bundesweiter Spitzenreiter bei
der Qualität von Krippen und Kindergärten. Bei uns kommt im Schnitt ein*e
Erzieher*in auf drei Kinder unter drei Jahren. Das bedeutet: Die pädagogischen
Fachkräfte haben bei uns mehr Zeit, auf die Bedürfnisse jedes einzelnen Kindes
einzugehen, als in anderen Bundesländern. Wir werden alles dafür tun, um die
Qualität der frühkindlichen Bildung weiter zu verbessern und den Ausbau der
Kita-Plätze nach Kräften fördern.
Wir wollen die Qualitätskriterien des Orientierungsplans weiterentwickeln und an
die heutige Lebenswirklichkeit anpassen. In den Kindertagesstätten im ganzen
Land soll der Orientierungsplan verbindlich umgesetzt werden. Damit das gelingt,
streben wir eine Vereinbarung mit den Verbänden der Kita-Träger an.
Sprache ist der Schlüssel für eine gute Bildung und gesellschaftliche Teilhabe.
Wir werden die Sprachförderung im Kindergartenalltag entschlossen weiter
ausbauen und verbessern. Dabei werden wir uns am Bundesprogramm „Sprach-Kita“
orientieren.
Wir haben in Baden-Württemberg engagierte und qualifizierte Erzieher*innen. Um
die Kita-Plätze weiter ausbauen und den guten Betreuungsschlüssel halten zu
können, müssen wir noch mehr Fachpersonal gewinnen. Wir wollen den Beruf
attraktiver machen, indem wir die Arbeitsbedingungen verbessern und
Erzieher*innen besser bezahlen. Zudem werden wir eine weitere
Fachkräfteoffensive starten.
Viele Städte und Gemeinden erheben die Kita-Gebühren gestaffelt nach der
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Familie. Wir unterstützen das. Denn
starke Schultern können mehr tragen als schwache. Deshalb werden wir mit den
Kita-Trägern in Verhandlungen eintreten, um für sozial gestaffelte Gebühren im
ganzen Land zu sorgen. Eine komplette Gebührenfreiheit für Kitas und
Kindergärten halten wir zwar langfristig für erstrebenswert, aber derzeit noch
nicht für machbar. Denn sonst würde das notwendige Geld für den quantitativen
und qualitativen Ausbau der Kita-Plätze sowie für die Ausbildung neuer
Erzieher*innen fehlen.
Unsere Kinder sind das Wertvollste, was wir haben. Um Kinder bestmöglich zu
schützen, fordern wir ein verbindliches Präventions- und Kinderschutzkonzept für
alle Kitas und Schulen. Die Förderung und Achtung der Kinderrechte soll
verbindlicher Bestandteil der pädagogischen Konzeption werden.
Qualitätsentwicklung der Schule konsequent weiterverfolgen
Wir stehen für ein leistungsstarkes und leistungsgerechtes Bildungssystem, mit
dem wir im internationalen Vergleich an der Spitze mitspielen. Deswegen werden
wir die Schritte, die wir im Rahmen des Qualitätskonzepts begonnen haben,
konsequent fortsetzen. Zu Beginn der neuen Legislatur wollen wir die beiden
neuen Institute – das Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) und das
Institut für Bildungsanalysen (IBBW) – kritisch analysieren. Wir werden ihre
Kernaufgaben und Strukturen in den Blick nehmen und dort nachsteuern, wo es
Bedarf gibt. In diese Analyse werden wir alle Akteur*innen der Aus- und
Fortbildung von Lehrkräften einbeziehen. Sowohl die Neuausrichtung der
Fortbildung für Lehrkräfte als auch die datenbasierte Unterstützung der
Schulentwicklung müssen zukünftig ihre Wirkung entfalten. Schulen benötigen
passgenaue Fortbildungen. Es muss selbstverständlich werden, dass sich Schule
als System kontinuierlich weiterentwickelt. Ein besonderes Augenmerk wollen wir
auf die Stärkung und Unterstützung der Schulleitungen legen, die für den
Qualitätsprozess an Schulen zentral sind. Schon im Studium müssen
Führungskompetenzen vermitteln werden, damit angehende Lehrkräfte schon
frühzeitig eine Karriere als Schulleiter*in ins Auge fassen können.
Grundschulen stärken – mit multiprofessionellen Teams und gezielter finanzieller
Förderung
Wir werden eine Konzeption für multiprofessionelle Teams erarbeiten. In diesen
Teams, die zunächst an Grundschulen zum Einsatz kommen sollen, arbeiten die
Lehrkräfte mit weiteren Berufsgruppen zusammen. Dazu gehören zum Beispiel
Pädagogen, Psychologinnen, Logopäden, Ergo- und Lerntherapeutinnen. Gemeinsam
können sie die Kinder in ihrer ganzen Vielfalt an sozialen, kulturellen und
familiären Hintergründen ganzheitlich fördern.
Wir stehen für einen zielgerichteten und bedarfsgerechten Ressourceneinsatz.
Manche Schulen stehen vor größeren Herausforderungen als andere, weil sie mehr
Schüler*innen mit besonderem Förderbedarf haben. Diesen Schulen wollen wir mehr
Mittel zur Verfügung stellen. Mit dieser so genannten „sozialindexbasierten
Ressourcenzuweisung“ wollen wir finanzielle Unterschiede zwischen unseren
Schulen ausgleichen und Schulen mit besonderem Bedarf unterstützen, um
Chancengleichheit zu leben. Dabei richtet sich die sozialindexbasierte
Ressourcenzuweisung nicht nur nach dem Förderbedarf, sondern auch nach
sozioökonomischen Faktoren der einzelnen Schulen und deren Quartiere.
Mit dem Einstieg in multiprofessionelle Teams und eine sozialindexbasierte
Ressourcenzuweisung stärken wir die Grundschulen nachhaltig – und damit das
Fundament der Lernbiografie aller Schüler*innen. Um den langfristigen
Lehrkräftebedarf zu decken, werden wir die Zahl der Studienplätze für das
Grundschullehramt weiter erhöhen. Den Ethikunterricht werden wir konsequent bis
Klasse 1 ausbauen.
Wir bekennen uns zu wohnortnahen Grundschulstandorten und zum Prinzip „Kurze
Beine – kurze Wege“. Regionale Verbünde und freiwillige Zusammenschlüsse,
Grundschulen mit mehreren Standorten können dazu beitragen, die Qualität zu
erhöhen. So kann die Schulleitung gestärkt und fachfremder Unterricht verringert
werden. In Südtirol gelingt es auf diese Weise, auch kleine Schulstandorte mit
hoher Qualität zu erhalten. Im Rahmen der regionalen Schulentwicklung wollen wir
die Grundschullandschaft mit Anreizen zukunftsfähig machen. Wir setzen dabei –
wie im Bereich der Sekundarschulen – auf die Initiative der Grundschulen und der
Schulträger.
Schule funktioniert am besten, wenn Lehrkräfte, Eltern und Schüler*innen
vertrauensvoll und eng zusammenzuarbeiten und gemeinsam Verantwortung
übernehmen. Diese Bildungs- und Erziehungspartnerschaft wollen wir stärken.
Beim Wechsel auf die weiterführende Schule setzen wir weiterhin auf die bewährte
Kombination von qualifizierter Beratung durch die Schulen und Verantwortung der
Eltern. Um sie bestmöglich bei ihrer Entscheidung zu unterstützen, haben wir die
Beratung weiter ausgebaut. Eine verbindliche Grundschulempfehlung lehnen wir ab.
Demokratie im Unterricht erlebbar machen
Wir stärken die Demokratiebildung in allen Schularten. Sie soll altersgerecht
und in unterschiedlichen Facetten erfolgen. Es geht nicht nur darum, Wissen zu
erwerben. Die Schüler*innen sollen Demokratie an der Schule unmittelbar und
selbstwirksam erleben, über tagespolitische Entscheidungen diskutieren und Wirtschaftsprozesse neudenken können. Wir wollen ihnen vermitteln: Die eigene Meinung
zählt und Rechte und Verantwortung gehen Hand in Hand. An Pilotschulen jeder
Schulart wollen wir wertvolle Erfahrungen für eine Demokratisierung des
Bildungswesens sammeln, indem wir das Schulleben demokratisch organisieren und
selbstbestimmtes Lernen ermöglichen.
Wir stärken die gesellschaftswissenschaftlichen Fächer an allen Schularten und
werden die Einführung eines gesellschaftswissenschaftlichen Profilfachs
„Geschichte, Gemeinschaftskunde, Geografie“ prüfen.
Schulen und Schüler*innen fit machen für die digitale Gesellschaft
Wir wollen, dass die Schüler*innen in der digitalen Gesellschaft ihr Leben frei
und selbstbestimmt in die Hand nehmen können. Dazu sollen die Schulen sie
befähigen.
Gemeinsam mit den Schulträgern sorgen wir für eine leistungsfähige digitale
Infrastruktur: Die Schulen erhalten administrativen und technischen Support bei
der Verwaltung, Instandhaltung und Weiterentwicklung der Netzwerke und IT-
Strukturen.
Wir stellen aufeinander aufgebaute Lernmanagement- und Lernplattform-Module
sowie digitale Lernmaterialien bereit und passen diese kontinuierlich und
bedarfsorientiert an. Wir entwickeln die Leitperspektive Medienbildung weiter
und bauen Mediencurricula auf, die auf die verschiedenen Schularten und
Klassenstufen abgestimmt sind.
Wir sind überzeugt: Mit einer guten, digital gestützten Diagnostik kann das
Lernen individualisierter und zielgerichteter gestaltet werden. Mit den
regelmäßig erhobenen Daten wollen wir Fördersysteme entwickeln lassen und so
Schüler*innen und Lehrkräfte unterstützen.
Schulen, die sich auf den Weg machen und digitale Schulkonzepte entwickeln,
unterstützen wir durch ein zielgerichtetes Programm.
Auch in der digitalen Welt braucht es gut ausgebildete Lehrkräfte, damit
Schüler*innen erfolgreich lernen können. Deshalb stärken wir den pädagogischen
Überbau der digitalen Bildung – durch Module zur digitalen Didaktik in der
ersten und zweiten Phase der Lehrerbildung. Gleichzeitig entwickeln wir in der
dritten Phase des Lehrerberufs ein kohärentes Fortbildungskonzept im Einklang
mit den Mediencurricula und Medienentwicklungsplänen.
Wir schaffen schulübergreifende Möglichkeiten für digitale Lernerfahrungsräume.
Das Prinzip der Lernfabriken 4.0 weiten wir an den beruflichen Schulen aus und
machen Künstliche Intelligenz in Kooperation mit Ausbildungsbetrieben,
Hochschulen und Unis erfahrbar. In der Weiterbildung und beruflichen Bildung
nutzen wir die digitale Transformation als Chance, um Veränderungspotenziale
auszuschöpfen und Wandlungsprozesse voranzutreiben.
Wir stärken den wissenschaftlichen Überbau und schaffen eine vernetzte
Forschungsplattform unter dem Titel „Digitalität in der Pädagogik“. Ziel ist es,
die Chancen und Risiken abzuschätzen und die veränderten Lebensbedingungen durch
digitales Lernen kontinuierlich wissenschaftlich zu begleiten. Gleichzeitig
schaffen wir auf Landesebene einen interdisziplinären Beraterkreis „Schule
digital“. Er soll Bildungsakteure vernetzen, Erfahrungen sammeln und evaluieren
sowie Best-Practice-Bespiele austauschen. All dies soll als Grundlage dienen, um
die bestehenden Angebote fortlaufend weiterzuentwickeln.
Vorrang für das inklusive Lernen – mit verbesserten Rahmenbedingungen
Kinder mit und ohne Behinderung sollen gemeinsam aufwachsen können. Das ist uns
Grünen wichtig. Deshalb wollen wir Inklusion in den Krippen und Kindergärten
weiter ausbauen. Wir stehen für den Vorrang der inklusiven Beschulung. Wir
wollen die Rahmenbedingungen, die dafür im personellen, räumlichen und
administrativen Bereich notwendig sind, spürbar verbessern. In den nächsten
Jahren gilt es, mehr Lehrkräfte mit sonderpädagogischen Kompetenzen auszubilden
und einzustellen. Damit Inklusion auf Dauer gelingt, müssen sich alle Schulen
für inklusives Lernen öffnen und ihre Lehrkräfte für eine gelingende
individuelle Förderung weiterqualifizieren. An den Hochschulen haben wir
entsprechende Inhalte schon jetzt in die Lehramtsausbildung für alle Schularten
aufgenommen. Wir werden sie auch in die Fortbildungskonzepte für alle Lehrämter
integrieren.
Wir stärken die Qualität des rhythmisierten Ganztags
Ein qualitativ hochwertiges schulisches Ganztagsangebot kann Schüler*innen in
ihrer Entwicklung ganzheitlich fördern. Deshalb werden wir die Qualität des
rhythmisierten Ganztags stärken. Die Einbeziehung von außerschulischen Partnern
wie Vereinen oder Musikschulen stärkt dabei die Verankerung vor Ort und bietet
ein ganzheitliches Angebot. Gute schulische Ganztagsangebote sind nur in reinen
Ganztagsklassen möglich. Wir wollen den Schüler*innen und Eltern dabei dennoch
mehr Flexibilität geben. Im Dialog mit allen Beteiligten werden wir die
Betreuungsangebote an Grund- und weiterführenden Schulen weiterentwickeln und
dafür notwendige Qualitätsstandards einführen.
Junge Menschen individuell zum Schulabschluss begleiten
Egal ob Hauptschulabschluss, mittlerer Abschluss oder Abitur – unser Ziel ist
es, dass jede*r Schüler*in den für sich besten Schulabschluss erreichen kann. Es
wird darauf ankommen, dass Ressourcen gezielt und wirksam eingesetzt werden.
Alle Schularten benötigen für ihre jeweiligen Aufgaben die entsprechenden
Ressourcen. Kinder und Jugendliche individuell zu fördern, das ist und bleibt
die zentrale Aufgabe. Damit Schulen dies leisten können, braucht es
leistungsfähige und bestmöglich ausgestattete Standorte mit entsprechend
anspruchsvollen pädagogischen Konzepten. Wir werden Schulstandorte dabei
unterstützen, regional zu kooperieren und voneinander zu lernen.
Wir setzen uns für eine zukunftsfähige Lernkultur ein, die eigenständiges Lernen
unterstützt. Lehrkräfte benötigen Zeit, um individuelle Förderung und soziale
Lernprozesse zu initiieren und zu begleiten. Ein wichtiger Bestandteil sind
Coaching-Angebote für Schüler*innen in allen Schularten. Die Lehrkräfte können
den Kindern hier gezielt rückmelden, wo sie mit ihren schulischen und sozialen
Fähigkeiten stehen und Impulse für die weitere Entwicklung geben. Uns ist es
wichtig, Schüler*innen zu fördern und zu bestmöglichen Leistungen zu ermutigen.
Dazu müssen ihre Leistungen schon in der Orientierungsstufe auf dem jeweiligen
Niveau bewertet werden. Wir werden die Leistungsbewertung an Werkrealschulen und
an Realschulen entsprechend reformieren.
Sport, Musik, Kunst und Theater bereichern das Schulleben und stärken Kinder und
Jugendliche dabei, die eigene Persönlichkeit zu entwickeln. Als fester
Bestandteil des Unterrichts sowie als freiwillige Angebote sind sie
unverzichtbar – auch und vor allem in Zeiten einer Pandemie.
Den Weg zum Abitur weiterentwickeln
In Baden-Württemberg führen viele Wege zum Abitur. Berufliche Gymnasien sind
landesweit stark nachgefragt. Gleichzeitig stellen die ersten Oberstufen an
Gemeinschaftsschulen ihren Erfolg unter Beweis. Neben dem achtjährigen Gymnasium
G8 gibt es die Modellschulen G9. Schüler*innen, die in neun Jahren zum Abitur
wollen, haben schon jetzt vielfältige Möglichkeiten dazu.
Wir wollen das G8 pädagogisch weiterentwickeln. Das heißt: Die Potenziale aller
Schüler*innen sollen individuell bestmöglich gefördert werden. Wir wollen den
Teamgedanken unter den Lehrer*innen stärken, um die Förderung noch besser
abzustimmen und eine bestmögliche Lernumgebung zu schaffen. Wir wollen Schulen
auf dem Weg zu innovativen Konzepten gezielt unterstützen. Die Oberstufen an den
Gemeinschaftsschulen wollen wir weiter ausbauen. Es gilt, die verschiedenen
Möglichkeiten im Bereich der Sekundarstufe II gut aufeinander abzustimmen. So
können dauerhaft stabile Standorte entstehen. Die beruflichen Gymnasien werden
wir weiter im Blick haben und bedarfsgerecht ausbauen.
Berufliche Bildung und schulische Integrationsarbeit stärken
Wir wollen die Empfehlungen der Enquetekommission „Fit fürs Leben in der
Wissensgesellschaft – berufliche Schulen, Aus- und Weiterbildung“ umsetzen.
Handwerkliche und soziale Berufe wollen wir gesellschaftlich aufwerten. Die
berufliche Bildung und Weiterbildung wird künftig noch wichtiger werden. Wir
brauchen ein Changemanagement, das den Veränderungen in der Berufswelt und der
Wirtschaft gerecht wird. Ausbildungsangebote und berufliche Bildung für
Jugendliche ohne Ausbildungsplatz müssen künftig wieder stärker in den Blick
genommen werden – Stichwort Ausbildungsgarantie. Wir wollen den inklusiven
Zugang zur beruflichen Bildung ermöglichen und den Übergang in das Berufsleben
aktiv gestalten. Berufsschulen wollen wir attraktiver machen und stärker
unterstützen, indem wir personelle und fachliche Ressourcen ausbauen und
Schulsozialarbeit stärken. Wir starten eine Imagekampagne und verbinden Betriebe
noch stärker mit Berufsschulen. Für geflüchtete Schüler*innen entwickeln wir
zusätzliche Angebote. Wir legen stärkeren Fokus auf die Fertigkeiten, die in
Zukunft gefragter sein werden, z.B. in den Bereichen Kommunikation,
Digitalisierung und Energieeffizienz, und fördern dementsprechender den Ausbau
der Infrastruktur an den Schulen.
Der digitale Wandel wird auch die Weiterbildung verändern. Dies bietet die
Chance, mit neuen Angeboten neue Zielgruppen zu erreichen. Im lebensbegleitenden
Lernen werden sich die gesellschaftlichen Entwicklungen widerspiegeln, die
politische Bildung wird hier einen neuen Stellenwert erhalten. Wir sehen die
Weiterbildungsträger als wichtige Partner, um die unterschiedlichen
gesellschaftlichen Gruppen zu erreichen, und werden sie in ihrer Arbeit
politisch unterstützen.
Um die gesellschaftliche Teilhabe zu sichern, wollen wir die Alphabetisierung
der Gesellschaft weiter in den Blick nehmen und die Grundbildung weiter
voranbringen.
Wie gut gelingt die Integration von Menschen mit Migrationsgeschichte? Diese
Frage ist entscheidend für unseren künftigen Wohlstand und unseren
gesellschaftlichen Zusammenhalt. Etwa 40 Prozent der Menschen, die in Baden-
Württemberg leben und jünger als 25 Jahre sind, haben einen
Migrationshintergrund. Vier von fünf Kindern und Jugendlichen mit
Zuwanderungsgeschichte sind hier aufgewachsen. Schule als Lern- und Lebensort
ist – neben der Familie – besonders wichtig, um Sprachkompetenzen zu erlernen
und demokratische Werte und Einstellungen aufzubauen. Wir wollen den
sprachsensiblen Fachunterricht in allen Schulen verankern. Kinder und
Jugendliche, die zuwandern, erhalten gezielten Unterricht in Deutsch als
Fremdsprache. Mentor*innenprogramme für Eltern, mit denen wir die Familien
begleiten, werden wir bedarfsgerecht weiter ausbauen.
Schulen mehr Freiräume geben, Lehrkräfte gewinnen
Die Akteur*innen vor Ort sind entscheidend dafür, dass gute Schule gelingt.
Schulleiter*innen, Lehrkräfte und auch Schulträger kennen die Verhältnisse vor
Ort und die Bedürfnisse ihrer Schüler*innen am besten. Wir wollen den einzelnen
Schulen deshalb mehr Verantwortung, Autonomie und Freiräume geben, sich
pädagogisch zu entwickeln und den Schulalltag zu gestalten. Den Teamgedanken
wollen wir in allen Dimensionen stärken. Die Schulen sollen sich – innerhalb
klarer Qualitätsstandards – eigenverantwortlicher entscheiden können, wie sie
sich pädagogisch profilieren, Schwerpunkte setzen, Budgets einsetzen und mit wem
sie Kooperationen eingehen wollen.
Egal ob Ganztag, Inklusion oder Digitalisierung – die Aufgaben von Land und
Trägern sind eng miteinander verwoben. Wir wollen mit den Kita- und Schulträgern
in einen offenen und strukturierten Prozess für eine moderne Trägerschaft
eintreten. Wir wollen dazu auch die interkommunale Zusammenarbeit intensivieren.
Dies gilt in besonderem Maß auch für die Gestaltung einer zukunftsfähigen
Schulstruktur.
Schulen in freier Trägerschaft sind eine wichtige Bereicherung der
Schullandschaft und geben wichtige pädagogische Impulse. Wir stehen auch in
Zukunft für eine auskömmliche Finanzierung dieser Schulen.
Um junge Menschen auf dem Weg in den Lehrerberuf zu unterstützen, werden wir ein
freiwilliges pädagogisches Bildungsjahr einführen.
Gemeinsam mit den Gewerkschaften und Verbänden wollen wir das aktuelle
Arbeitszeitmodell überprüfen und modernisieren. Unser Ziel ist, auch die
Tätigkeiten realistisch abzubilden, die über den reinen Unterricht hinausgehen.
Lehrkräfte, die in den ersten drei Monaten eines Schuljahres einen befristeten
Vertrag abschließen, sollen in den folgenden Sommerferien ebenfalls ihre
Bezahlung erhalten, wenn sie im kommenden Schuljahr wieder eingestellt werden.
Darum Grün!
Wer Grün wählt, stimmt für
- den weiteren Ausbau der Sprachförderung in Kitas und einkommensabhängige
Kitagebühren
- eine Fachkräfteoffensive für den Erzieher*innenberuf
- starke Grundschulen mit multiprofessionellen Teams und
sozialindexbasierter Ressourcenzuweisung
- die Weiterentwicklung einer zukunftsfähigen, leistungsorientierten und
sozial gerechten Schulstruktur in der Sekundarstufe
- eine umfassende Digitalisierung der Schulen, inklusive guter technischer
Ausstattung und Angeboten zur Medienbildung
- mehr Inklusion in Kitas und Schulen
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erwerben. Die Schüler*innen sollen Demokratie an der Schule unmittelbar und selbstwirksam erleben, über tagespolitische Entscheidungen und Wirtschaftsprozesse diskutieren können. Wir wollen ihnen vermitteln: Die eigene Meinung zählt und Rechte und Verantwortung gehen Hand in Hand. An Pilotschulen jeder
Kapitel 9: Kita, Schule und Bildung
Für beste Bildung von Anfang an
Wir denken Bildungspolitik vom Kind aus. Jedes Kind ist eine einzigartige
Persönlichkeit mit eigenen Talenten und Fähigkeiten, mit individuellen Stärken
und Schwächen. Wir sind überzeugt: Egal ob Cleverle oder Träumerle, ob
Überflieger oder Spätstarter, ob aus einer bildungsnahen oder einer
bildungsfernen Familie, mit oder ohne Migrationshintergrund– jeder junge Mensch
soll das Beste aus seinem Leben machen können. Und das heißt: Er soll den für
ihn besten und passenden Bildungsabschluss erreichen können.
In Baden-Württemberg wollen wir allen durch gute Bildung die Chance geben, ihre
Talente und Fähigkeiten auszuschöpfen und so das eigene Leben selbstbestimmt in
die Hand zu nehmen. Deshalb verfolgen wir einen ganzheitlichen Ansatz – nämlich
die bestmögliche Förderung von der Kita bis zum Beruf und darüber hinaus durch
lebenslang begleitendes Lernen.
Auf diesem Weg sind wir in den vergangenen zehn Jahren schon ein gutes Stück
vorangekommen. 2011 haben wir als grün-geführte Landesregierung damit begonnen,
den jahrzehntelangen Reformstau aufzulösen.
Ein besonderes Herzensanliegen ist es uns, die Kleinsten in Krippe und Kita gut
zu betreuen und zu fördern. Hier war der Nachholbedarf am größten. Seit 2011
haben wir deshalb die Mittel für die Betreuung der Kinder unter drei Jahren
massiv gesteigert. Und das mit Erfolg: Heute gibt es über 80 Prozent mehr
Krippenplätze als damals. Die Zuschüsse für die Kindertageseinrichtungen für die
über Dreijährigen haben wir bedarfsgerecht angepasst. Und wir haben im Land den
besten Betreuungsschlüssel der Republik: Bei uns ist im Schnitt ein*e
Erzieher*in für drei Kinder unter drei Jahren verantwortlich. Auch mit dem
Ausbau der Sprachförderung an unseren Kindergärten haben wir begonnen – in
Quantität und Qualität. Denn ohne gute Deutschkenntnisse wird sich ein Kind in
der Schule immer schwertun.
Qualität in den Kitas gibt es nur, wenn gutes Personal in ausreichendem Umfang
zur Verfügung steht. Darauf haben wir mit PIA, der Praxisintegrierten
Ausbildung, reagiert – eine vergütete Ausbildungsmöglichkeit für angehende
Erzieher*innen. Dieses Erfolgsmodell haben wir auch über den Pakt für gute
Bildung und Betreuung weiter gestärkt.
Wir haben die Kindertagespflege auf eine solide Basis gestellt. Als zweite Säule
neben den Kindertageseinrichtungen spielt diese eine wichtige Rolle, um den
Rechtsanspruch sicherzustellen. Es war uns daher ein wichtiges Anliegen, die
Kindertagespflege qualitativ zu stärken und insbesondere die Tagespflegepersonen
finanziell zu stärken.
Bevor wir Grüne ab 2011 in Regierungsverantwortung waren, gab es in Baden-
Württemberg Ganztagsschulen nur als Schulversuche. Mit der gesetzlichen
Verankerung der Ganztagsschule haben wir verlässliche Rahmenbedingungen
geschaffen. Wir haben deutlich in den Ausbau der Ganztagsschule investiert.
Diesen Weg wollen wir weitergehen, weil dieses Schulmodell pädagogisch sinnvoll
ist: Hier lernen Kinder und Jugendliche mehr und besser. Die Ganztagsschule
sichert die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Mit der Gemeinschaftsschule haben wir 2012 erfolgreich eine neue Schulart
eingeführt, bei der die individuelle Förderung im Zentrum steht. Die
Schüler*innen lernen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit im jeweiligen Fach
auf unterschiedlichen Lernwegen – und entfalten so ihre Fähigkeiten optimal.
Davon profitieren die Leistungsstarken ebenso wie die Schwächeren. Das zeigen
auch die Abschlussergebnisse. Die Gemeinschaftsschule – ob mit oder ohne
Oberstufe – hat sich zu einem echten Erfolgsmodell entwickelt: Bereits nach
wenigen Jahren gibt es über 300 im ganzen Land. Regelmäßig werden
Gemeinschaftsschulen mit dem deutschen Schulpreis oder als Smart School
ausgezeichnet. Und es zeigt sich noch etwas: Die Schüler*innen lernen dort mit
höherer Motivation. 2021 werden in Tübingen und Konstanz die ersten
Schüler*innen ihr Abitur an einer Gemeinschaftsschule erwerben. Wir wollen dies
weiteren Gemeinschaftsschulen im Land ermöglichen.
An den Grundschulen haben wir vier zusätzliche Unterrichtsstunden für Lesen,
Schreiben und Rechnen eingeführt. Diese Grundfertigkeiten sind entscheidend für
den weiteren Bildungsweg eines Kindes.
Die Realschule haben wir in erheblichem Umfang mit zusätzlichen Stunden
ausgestattet. Sie sollen die individuelle Förderung stärken, um Schüler*innen
dort gleichermaßen auf den mittleren und den Hauptschulabschluss vorzubereiten.
Das Gymnasium haben wir ebenfalls mit zusätzlichen Stunden zur individuellen
Förderung ausgestattet und den Bildungsplan an die verkürzte Lernzeit angepasst.
Die Reform der Oberstufe ermöglicht es den Schüler*innen, ihre persönlichen
Interessen und Begabungen auf dem Weg zum Abitur noch besser zu vertiefen.
Außerdem gibt es heute mehr als doppelt so viele Schulsozialarbeiter*innen wie
vor dem Start der grün-geführten Regierung. Denn manchmal sind es Probleme in
der Familie oder auf dem Pausenhof, die Kinder in der Schule ausbremsen.
Kinder und Jugendliche mit Behinderung gehören in unsere Mitte. Deshalb haben
wir dafür gesorgt, dass Eltern selbst entscheiden können, ob ihr Kind eine
allgemeinbildende Schule oder ein sonderpädagogisches Bildungs- und
Beratungszentrum besucht. Kinder mit und ohne Behinderung lernen nun an vielen
Schulen im Land gemeinsam. Mit zusätzlichen Lehrkräften sorgen wir dafür, dass
jedes Kind die Förderung erhält, die es braucht.
An den beruflichen Schulen haben wir die beruflichen Gymnasien weiter ausgebaut,
die an unsere Realschulen und Gemeinschaftsschulen anschließen. Mit der
Ausbildungsvorbereitung dual erleichtern wir Jugendlichen den Berufseinstieg,
die zusätzliche Förderung benötigen. Und mit den Lernfabriken 4.0 führen wir die
berufliche Aus- und Weiterbildung gemeinsam mit der Industrie in das digitale
Zeitalter.
Egal ob die bewährte duale Ausbildung oder ein Studium: Nach der Schule sollen
junge Menschen unabhängig von ihrem Abschluss den Berufsweg finden, der zu ihnen
passt. Dafür haben wir die Berufs- und Studienorientierung an allen Schularten
gestärkt und durch die Leitperspektive Berufsorientierung flankiert.
Die Schulen in freier Trägerschaft ergänzen unsere Bildungslandschaft und sind
ein wichtiger Teil von Schulentwicklung. Hier entstehen oftmals pädagogische
Angebote, die auch für öffentliche Schulen beispielhaft sind. Daher war es uns
wichtig, die Finanzierung der freien Schulen auf eine auskömmliche Basis zu
stellen. Sie sollen grundsätzlich auch Schüler*innen aus sozial-schwächeren
Haushalten offenstehen. Daher haben wir das Sonderungsverbot konkretisiert und
entlasten Schulen, wenn sie auf Schulgeld verzichten.
Nach Schule, Ausbildung oder Studium hört das Lernen nicht auf: Wir leben in
einer Welt, die immer komplexer wird. Deshalb wird das lebensbegleitende Lernen
– beruflich und privat – immer wichtiger. Entsprechend haben wir die
Finanzierung der Weiterbildungsträger angehoben und an den Bundesdurchschnitt
angenähert.
Die Welt verändert sich – und mit ihr verändert sich unsere Gesellschaft. Daraus
ergeben sich neue Anforderungen an unsere Kitas und Schulen. Mit unseren
Bildungsreformen der vergangenen Jahre haben wir das beherzigt und wichtige
Schritte nach vorn gemacht. Aber wir wissen auch: Wir sind noch nicht am Ziel.
Uns ist bewusst: Der Schulerfolg eines Kindes hängt noch immer stark von der
Herkunft und dem Geldbeutel der Eltern ab. Das wollen wir ändern!
Auch in Baden-Württemberg nimmt die familiäre, soziale und kulturelle Vielfalt
der Schüler*innen in hohem Maße zu. Die einen können bei der Einschulung schon
lesen, andere verstehen noch nicht alles auf Deutsch. Manche Eltern unterstützen
ihre Kinder intensiv bei den Schulaufgaben, in anderen Familien sind die Kinder
dabei auf sich gestellt.
Die digitale Revolution fordert auch unsere Schulen fundamental heraus. Es geht
um weit mehr als schnelles Internet und ausreichend Tablets. Es geht ums Lernen
mit und über digitale Medien. Wir müssen die jungen Menschen befähigen, ihr
Leben in der digitalen Welt frei und selbstbestimmt in die Hand zu nehmen.
Die Corona-Krise hat all diese Herausforderungen weiter verschärft. Damit hat
sich auch die Kluft zwischen den Schüler*innen vergrößert: Die einen hatten
einen Computer zu Hause und Eltern, die ihnen beim Homeschooling helfen konnten.
Die anderen hatten das nicht. Viele Schulen sind in den vergangenen Monaten
engagiert neue digitale Wege gegangen. Die digitale Ausstattung der Schulen hat
Fahrt aufgenommen, um den Zugang zu digitalen Endgeräten für alle Schüler*innen
zu sichern. Gleichzeitig hat sich gezeigt: Beim digitalen Lernen gibt es großen
Nachholbedarf, sowohl technisch als auch pädagogisch. Hier können
Leuchtturmschulen wichtige Beispielgeber sein, wie die digitale Schule von
morgen aussehen kann.
Medienkompetenz als Teil des digitalen Lernens ist heutzutage auch Teil der
politischen Bildung. Nur wer sich in der immer komplexeren Medienlandschaft
kompetent bewegt, kann Fake News von Real News unterscheiden. Die Corona-Krise
hat uns nachdrücklich verdeutlicht: Demokratie lebt durch mündige Bürger*innen.
Deshalb brauchen wir an den Schulen politische Bildung – im Lehrplan genauso wie
im Schulalltag, wo Demokratie durch Beteiligung mit Leben gefüllt werden muss.
Faire Bildungschancen für alle Kinder
„Jeder junge Mensch hat ohne Rücksicht auf Herkunft oder wirtschaftliche Lage
das Recht auf eine seiner Begabung entsprechende Erziehung und Ausbildung.“ So
steht es in der baden-württembergischen Landesverfassung. Das ist für uns Grüne
Auftrag und Ansporn, für Bildungsgerechtigkeit und faire Bildungschancen für
alle Kinder und Jugendliche zu sorgen.
Wir Grüne sind überzeugt: Auf den Anfang kommt es an! Die ersten Jahre des
Lebens sind besonders wichtig. Nie wieder lernen wir so viel und so schnell wie
in dieser Zeit. Diese Phase ist entscheidend dafür, wie sich ein Kind persönlich
und sozial entwickelt. Hier werden die Weichen für den weiteren Bildungsweg
gestellt. Deshalb muss jedes Kind von Beginn an die Chance bekommen, seine
Potenziale zu entfalten und sich gut und frei zu entwickeln. Neben der Familie
sind unsere Krippen und Kindergärten die wichtigsten Orte, um ein Kind in seiner
Entwicklung zu begleiten und zu unterstützen. Die Kindertagespflege werden wir
als wichtige Säule der Kindertagesbetreuung auch in Zukunft in ihrer Arbeit
unterstützen.
Wir wollen den Bildungserfolg von der sozialen Herkunft entkoppeln. Dabei ist es
unser Anspruch, dass jedem Kind die gleichen Chancen zustehen, unabhängig vom
familiären Hintergrund.
Das bedeutet, dass wir Bildung ganzheitlich verstehen – als „Lernen mit Kopf,
Herz und Hand“. Es geht darum, Wissen und Kompetenzen zu erwerben, die
Persönlichkeit zu entwickeln, Kreativität und Motorik zu fördern. Wir streben
ein Recht auf Förderung an – damit kein junger Mensch die Schule verlässt, ohne
einen Mindeststandard beim Lesen, Schreiben und Rechnen zu erreichen. Außerdem
wollen wir besonders begabte Kinder und Jugendliche ihren Bedürfnissen
entsprechend fördern. Zugleich wollen wir den Leistungsbegriff im Bildungswesen
neu denken. Es ist unser Ziel, dass Schüler*innen eine breite Bildung erfahren,
die auf ihre individuellen Stärken aufbaut. Sie dürfen durch Misserfolge nicht
auf der Strecke bleiben. Leistung verstehen wir nicht allein als das Meistern
von Arbeiten, Aufgaben und Klausuren, sondern wir bedenken den Faktor Mensch.
Zwischenmenschliche, Charakter- und Persönlichkeitsmerkmale spielen dabei eine
entscheidende Rolle. So stärken wir Schüler*innen auf ihrem Weg, Teil einer
solidarischen Gesellschaft zu werden.
Es ist unser Ziel, den Weg für gute Leistungen freizumachen. Die einen finden
auf diesem Weg mehr Hindernisse, die anderen weniger. Nicht das Schicksal soll
über den persönlichen Lebensweg entscheiden, sondern Engagement, Talent und
Fleiß. Dazu brauchen wir ein Bildungssystem, das ermöglicht, ermutigt und
fördert. Alle Kinder sind von Natur aus neugierig und wollen etwas leisten. Die
Qualität der Schulen entscheidet mit darüber, ob sie es auch können. Wir wollen
nicht alle Kinder über einen Kamm scheren, sondern sie individuell fördern. Nur
so können sie ihr volles Leistungspotenzial entfalten. Gut ausgestattete Schulen
sind eine wichtige Grundlage. Aber am Ende entscheidet die richtige Pädagogik
und die Arbeit der Lehrkräfte, ob dies gelingt. Der Faktor Mensch ist auch in
einer technisierten Umwelt ausschlaggebend.
Für ein ganzheitliches Verständnis von Leistung und Bildung
Leistung bemisst sich für uns nicht in erster Linie daran, Faktenwissen
anzuhäufen und Erlerntes wiederzugeben. Leistung bedeutet für uns Grüne auch die
Fähigkeit, Verantwortung für sich und andere zu übernehmen. Leistung bedeutet,
in der digitalen Gesellschaft von morgen gemeinsam mit anderen Problemen zu
identifizieren und zu lösen. Leistung bedeutet, mit unvorhergesehenen
Situationen konstruktiv umzugehen – auch wenn es dafür noch keine Formel und
keinen Lehrsatz gibt.
Schwierigen Situationen mit Mut und Zuversicht begegnen: Resilienz ist wichtig
für jedes einzelne Kind, aber auch für uns als Gesellschaft. Wir alle müssen
lernen, in einer zunehmend unsicheren Welt zu leben. Selbstbewusste und
kompetente, starke und empathische Bürger*innen sind unser größter Trumpf. Der
Grundstein für die Persönlichkeit wird auch in der Schule gelegt. Deshalb sind
die Schulen nicht nur Orte, die für die Individuen große Bedeutung haben,
sondern auch für unser Gemeinwesen als Ganzes.
Grüne Bildungspolitik orientiert sich an international erfolgreichen
Bildungssystemen und nimmt wissenschaftliche Expertise auf. Im Dialog zwischen
Wissenschaft, Praxis und Gesellschaft werden Ideen, Perspektiven und Konzepte
für Baden-Württemberg entwickelt. Wir werden den wissenschaftlichen Beirat des
Kultusministeriums neu ausrichten, aufwerten und seine Empfehlungen
veröffentlichen.
In der „grünen Schulwelt“ von morgen arbeiten alle Beteiligten konstruktiv
zusammen: Schulleitung und Lehrer*innen, Eltern, multiprofessionelle Teams,
Sportvereine, Musikschulen und viele andere externe Akteur*innen. Das Schulleben
ist geprägt von Respekt, Vertrauen und demokratischer Beteiligung auf Augenhöhe.
Die Schulleitungen haben als Motoren der Innovation eine Schlüsselfunktion. Um
diese Aufgaben mit Leben füllen zu können, müssen sie mit den notwendigen
Ressourcen ausgestattet werden. Schulen leben „Vielfalt unter einem Dach“. Damit
ist Schule gemeint, die Diversität in all ihren Dimensionen gerecht wird. An den
Schulen findet rhythmisierter Ganztagsunterricht statt, der den Schüler*innen
auch flexible Zeiträume für Vereinsaktivitäten und Zeit mit den Eltern
ermöglicht.
Qualität in der Kita weiter verbessern, Sprachförderung ausbauen
Baden-Württemberg ist zum dritten Mal in Folge bundesweiter Spitzenreiter bei
der Qualität von Krippen und Kindergärten. Bei uns kommt im Schnitt ein*e
Erzieher*in auf drei Kinder unter drei Jahren. Das bedeutet: Die pädagogischen
Fachkräfte haben bei uns mehr Zeit, auf die Bedürfnisse jedes einzelnen Kindes
einzugehen, als in anderen Bundesländern. Wir werden alles dafür tun, um die
Qualität der frühkindlichen Bildung weiter zu verbessern und den Ausbau der
Kita-Plätze nach Kräften fördern.
Wir wollen die Qualitätskriterien des Orientierungsplans weiterentwickeln und an
die heutige Lebenswirklichkeit anpassen. In den Kindertagesstätten im ganzen
Land soll der Orientierungsplan verbindlich umgesetzt werden. Damit das gelingt,
streben wir eine Vereinbarung mit den Verbänden der Kita-Träger an.
Sprache ist der Schlüssel für eine gute Bildung und gesellschaftliche Teilhabe.
Wir werden die Sprachförderung im Kindergartenalltag entschlossen weiter
ausbauen und verbessern. Dabei werden wir uns am Bundesprogramm „Sprach-Kita“
orientieren.
Wir haben in Baden-Württemberg engagierte und qualifizierte Erzieher*innen. Um
die Kita-Plätze weiter ausbauen und den guten Betreuungsschlüssel halten zu
können, müssen wir noch mehr Fachpersonal gewinnen. Wir wollen den Beruf
attraktiver machen, indem wir die Arbeitsbedingungen verbessern und
Erzieher*innen besser bezahlen. Zudem werden wir eine weitere
Fachkräfteoffensive starten.
Viele Städte und Gemeinden erheben die Kita-Gebühren gestaffelt nach der
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Familie. Wir unterstützen das. Denn
starke Schultern können mehr tragen als schwache. Deshalb werden wir mit den
Kita-Trägern in Verhandlungen eintreten, um für sozial gestaffelte Gebühren im
ganzen Land zu sorgen. Eine komplette Gebührenfreiheit für Kitas und
Kindergärten halten wir zwar langfristig für erstrebenswert, aber derzeit noch
nicht für machbar. Denn sonst würde das notwendige Geld für den quantitativen
und qualitativen Ausbau der Kita-Plätze sowie für die Ausbildung neuer
Erzieher*innen fehlen.
Unsere Kinder sind das Wertvollste, was wir haben. Um Kinder bestmöglich zu
schützen, fordern wir ein verbindliches Präventions- und Kinderschutzkonzept für
alle Kitas und Schulen. Die Förderung und Achtung der Kinderrechte soll
verbindlicher Bestandteil der pädagogischen Konzeption werden.
Qualitätsentwicklung der Schule konsequent weiterverfolgen
Wir stehen für ein leistungsstarkes und leistungsgerechtes Bildungssystem, mit
dem wir im internationalen Vergleich an der Spitze mitspielen. Deswegen werden
wir die Schritte, die wir im Rahmen des Qualitätskonzepts begonnen haben,
konsequent fortsetzen. Zu Beginn der neuen Legislatur wollen wir die beiden
neuen Institute – das Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) und das
Institut für Bildungsanalysen (IBBW) – kritisch analysieren. Wir werden ihre
Kernaufgaben und Strukturen in den Blick nehmen und dort nachsteuern, wo es
Bedarf gibt. In diese Analyse werden wir alle Akteur*innen der Aus- und
Fortbildung von Lehrkräften einbeziehen. Sowohl die Neuausrichtung der
Fortbildung für Lehrkräfte als auch die datenbasierte Unterstützung der
Schulentwicklung müssen zukünftig ihre Wirkung entfalten. Schulen benötigen
passgenaue Fortbildungen. Es muss selbstverständlich werden, dass sich Schule
als System kontinuierlich weiterentwickelt. Ein besonderes Augenmerk wollen wir
auf die Stärkung und Unterstützung der Schulleitungen legen, die für den
Qualitätsprozess an Schulen zentral sind. Schon im Studium müssen
Führungskompetenzen vermitteln werden, damit angehende Lehrkräfte schon
frühzeitig eine Karriere als Schulleiter*in ins Auge fassen können.
Grundschulen stärken – mit multiprofessionellen Teams und gezielter finanzieller
Förderung
Wir werden eine Konzeption für multiprofessionelle Teams erarbeiten. In diesen
Teams, die zunächst an Grundschulen zum Einsatz kommen sollen, arbeiten die
Lehrkräfte mit weiteren Berufsgruppen zusammen. Dazu gehören zum Beispiel
Pädagogen, Psychologinnen, Logopäden, Ergo- und Lerntherapeutinnen. Gemeinsam
können sie die Kinder in ihrer ganzen Vielfalt an sozialen, kulturellen und
familiären Hintergründen ganzheitlich fördern.
Wir stehen für einen zielgerichteten und bedarfsgerechten Ressourceneinsatz.
Manche Schulen stehen vor größeren Herausforderungen als andere, weil sie mehr
Schüler*innen mit besonderem Förderbedarf haben. Diesen Schulen wollen wir mehr
Mittel zur Verfügung stellen. Mit dieser so genannten „sozialindexbasierten
Ressourcenzuweisung“ wollen wir finanzielle Unterschiede zwischen unseren
Schulen ausgleichen und Schulen mit besonderem Bedarf unterstützen, um
Chancengleichheit zu leben. Dabei richtet sich die sozialindexbasierte
Ressourcenzuweisung nicht nur nach dem Förderbedarf, sondern auch nach
sozioökonomischen Faktoren der einzelnen Schulen und deren Quartiere.
Mit dem Einstieg in multiprofessionelle Teams und eine sozialindexbasierte
Ressourcenzuweisung stärken wir die Grundschulen nachhaltig – und damit das
Fundament der Lernbiografie aller Schüler*innen. Um den langfristigen
Lehrkräftebedarf zu decken, werden wir die Zahl der Studienplätze für das
Grundschullehramt weiter erhöhen. Den Ethikunterricht werden wir konsequent bis
Klasse 1 ausbauen.
Wir bekennen uns zu wohnortnahen Grundschulstandorten und zum Prinzip „Kurze
Beine – kurze Wege“. Regionale Verbünde und freiwillige Zusammenschlüsse,
Grundschulen mit mehreren Standorten können dazu beitragen, die Qualität zu
erhöhen. So kann die Schulleitung gestärkt und fachfremder Unterricht verringert
werden. In Südtirol gelingt es auf diese Weise, auch kleine Schulstandorte mit
hoher Qualität zu erhalten. Im Rahmen der regionalen Schulentwicklung wollen wir
die Grundschullandschaft mit Anreizen zukunftsfähig machen. Wir setzen dabei –
wie im Bereich der Sekundarschulen – auf die Initiative der Grundschulen und der
Schulträger.
Schule funktioniert am besten, wenn Lehrkräfte, Eltern und Schüler*innen
vertrauensvoll und eng zusammenzuarbeiten und gemeinsam Verantwortung
übernehmen. Diese Bildungs- und Erziehungspartnerschaft wollen wir stärken.
Beim Wechsel auf die weiterführende Schule setzen wir weiterhin auf die bewährte
Kombination von qualifizierter Beratung durch die Schulen und Verantwortung der
Eltern. Um sie bestmöglich bei ihrer Entscheidung zu unterstützen, haben wir die
Beratung weiter ausgebaut. Eine verbindliche Grundschulempfehlung lehnen wir ab.
Demokratie im Unterricht erlebbar machen
Wir stärken die Demokratiebildung in allen Schularten. Sie soll altersgerecht
und in unterschiedlichen Facetten erfolgen. Es geht nicht nur darum, Wissen zu
erwerben. Die Schüler*innen sollen Demokratie an der Schule unmittelbar und
selbstwirksam erleben, über tagespolitische Entscheidungen und Wirtschaftsprozesse diskutieren können. Wir wollen ihnen vermitteln: Die eigene Meinung
zählt und Rechte und Verantwortung gehen Hand in Hand. An Pilotschulen jeder
Schulart wollen wir wertvolle Erfahrungen für eine Demokratisierung des
Bildungswesens sammeln, indem wir das Schulleben demokratisch organisieren und
selbstbestimmtes Lernen ermöglichen.
Wir stärken die gesellschaftswissenschaftlichen Fächer an allen Schularten und
werden die Einführung eines gesellschaftswissenschaftlichen Profilfachs
„Geschichte, Gemeinschaftskunde, Geografie“ prüfen.
Schulen und Schüler*innen fit machen für die digitale Gesellschaft
Wir wollen, dass die Schüler*innen in der digitalen Gesellschaft ihr Leben frei
und selbstbestimmt in die Hand nehmen können. Dazu sollen die Schulen sie
befähigen.
Gemeinsam mit den Schulträgern sorgen wir für eine leistungsfähige digitale
Infrastruktur: Die Schulen erhalten administrativen und technischen Support bei
der Verwaltung, Instandhaltung und Weiterentwicklung der Netzwerke und IT-
Strukturen.
Wir stellen aufeinander aufgebaute Lernmanagement- und Lernplattform-Module
sowie digitale Lernmaterialien bereit und passen diese kontinuierlich und
bedarfsorientiert an. Wir entwickeln die Leitperspektive Medienbildung weiter
und bauen Mediencurricula auf, die auf die verschiedenen Schularten und
Klassenstufen abgestimmt sind.
Wir sind überzeugt: Mit einer guten, digital gestützten Diagnostik kann das
Lernen individualisierter und zielgerichteter gestaltet werden. Mit den
regelmäßig erhobenen Daten wollen wir Fördersysteme entwickeln lassen und so
Schüler*innen und Lehrkräfte unterstützen.
Schulen, die sich auf den Weg machen und digitale Schulkonzepte entwickeln,
unterstützen wir durch ein zielgerichtetes Programm.
Auch in der digitalen Welt braucht es gut ausgebildete Lehrkräfte, damit
Schüler*innen erfolgreich lernen können. Deshalb stärken wir den pädagogischen
Überbau der digitalen Bildung – durch Module zur digitalen Didaktik in der
ersten und zweiten Phase der Lehrerbildung. Gleichzeitig entwickeln wir in der
dritten Phase des Lehrerberufs ein kohärentes Fortbildungskonzept im Einklang
mit den Mediencurricula und Medienentwicklungsplänen.
Wir schaffen schulübergreifende Möglichkeiten für digitale Lernerfahrungsräume.
Das Prinzip der Lernfabriken 4.0 weiten wir an den beruflichen Schulen aus und
machen Künstliche Intelligenz in Kooperation mit Ausbildungsbetrieben,
Hochschulen und Unis erfahrbar. In der Weiterbildung und beruflichen Bildung
nutzen wir die digitale Transformation als Chance, um Veränderungspotenziale
auszuschöpfen und Wandlungsprozesse voranzutreiben.
Wir stärken den wissenschaftlichen Überbau und schaffen eine vernetzte
Forschungsplattform unter dem Titel „Digitalität in der Pädagogik“. Ziel ist es,
die Chancen und Risiken abzuschätzen und die veränderten Lebensbedingungen durch
digitales Lernen kontinuierlich wissenschaftlich zu begleiten. Gleichzeitig
schaffen wir auf Landesebene einen interdisziplinären Beraterkreis „Schule
digital“. Er soll Bildungsakteure vernetzen, Erfahrungen sammeln und evaluieren
sowie Best-Practice-Bespiele austauschen. All dies soll als Grundlage dienen, um
die bestehenden Angebote fortlaufend weiterzuentwickeln.
Vorrang für das inklusive Lernen – mit verbesserten Rahmenbedingungen
Kinder mit und ohne Behinderung sollen gemeinsam aufwachsen können. Das ist uns
Grünen wichtig. Deshalb wollen wir Inklusion in den Krippen und Kindergärten
weiter ausbauen. Wir stehen für den Vorrang der inklusiven Beschulung. Wir
wollen die Rahmenbedingungen, die dafür im personellen, räumlichen und
administrativen Bereich notwendig sind, spürbar verbessern. In den nächsten
Jahren gilt es, mehr Lehrkräfte mit sonderpädagogischen Kompetenzen auszubilden
und einzustellen. Damit Inklusion auf Dauer gelingt, müssen sich alle Schulen
für inklusives Lernen öffnen und ihre Lehrkräfte für eine gelingende
individuelle Förderung weiterqualifizieren. An den Hochschulen haben wir
entsprechende Inhalte schon jetzt in die Lehramtsausbildung für alle Schularten
aufgenommen. Wir werden sie auch in die Fortbildungskonzepte für alle Lehrämter
integrieren.
Wir stärken die Qualität des rhythmisierten Ganztags
Ein qualitativ hochwertiges schulisches Ganztagsangebot kann Schüler*innen in
ihrer Entwicklung ganzheitlich fördern. Deshalb werden wir die Qualität des
rhythmisierten Ganztags stärken. Die Einbeziehung von außerschulischen Partnern
wie Vereinen oder Musikschulen stärkt dabei die Verankerung vor Ort und bietet
ein ganzheitliches Angebot. Gute schulische Ganztagsangebote sind nur in reinen
Ganztagsklassen möglich. Wir wollen den Schüler*innen und Eltern dabei dennoch
mehr Flexibilität geben. Im Dialog mit allen Beteiligten werden wir die
Betreuungsangebote an Grund- und weiterführenden Schulen weiterentwickeln und
dafür notwendige Qualitätsstandards einführen.
Junge Menschen individuell zum Schulabschluss begleiten
Egal ob Hauptschulabschluss, mittlerer Abschluss oder Abitur – unser Ziel ist
es, dass jede*r Schüler*in den für sich besten Schulabschluss erreichen kann. Es
wird darauf ankommen, dass Ressourcen gezielt und wirksam eingesetzt werden.
Alle Schularten benötigen für ihre jeweiligen Aufgaben die entsprechenden
Ressourcen. Kinder und Jugendliche individuell zu fördern, das ist und bleibt
die zentrale Aufgabe. Damit Schulen dies leisten können, braucht es
leistungsfähige und bestmöglich ausgestattete Standorte mit entsprechend
anspruchsvollen pädagogischen Konzepten. Wir werden Schulstandorte dabei
unterstützen, regional zu kooperieren und voneinander zu lernen.
Wir setzen uns für eine zukunftsfähige Lernkultur ein, die eigenständiges Lernen
unterstützt. Lehrkräfte benötigen Zeit, um individuelle Förderung und soziale
Lernprozesse zu initiieren und zu begleiten. Ein wichtiger Bestandteil sind
Coaching-Angebote für Schüler*innen in allen Schularten. Die Lehrkräfte können
den Kindern hier gezielt rückmelden, wo sie mit ihren schulischen und sozialen
Fähigkeiten stehen und Impulse für die weitere Entwicklung geben. Uns ist es
wichtig, Schüler*innen zu fördern und zu bestmöglichen Leistungen zu ermutigen.
Dazu müssen ihre Leistungen schon in der Orientierungsstufe auf dem jeweiligen
Niveau bewertet werden. Wir werden die Leistungsbewertung an Werkrealschulen und
an Realschulen entsprechend reformieren.
Sport, Musik, Kunst und Theater bereichern das Schulleben und stärken Kinder und
Jugendliche dabei, die eigene Persönlichkeit zu entwickeln. Als fester
Bestandteil des Unterrichts sowie als freiwillige Angebote sind sie
unverzichtbar – auch und vor allem in Zeiten einer Pandemie.
Den Weg zum Abitur weiterentwickeln
In Baden-Württemberg führen viele Wege zum Abitur. Berufliche Gymnasien sind
landesweit stark nachgefragt. Gleichzeitig stellen die ersten Oberstufen an
Gemeinschaftsschulen ihren Erfolg unter Beweis. Neben dem achtjährigen Gymnasium
G8 gibt es die Modellschulen G9. Schüler*innen, die in neun Jahren zum Abitur
wollen, haben schon jetzt vielfältige Möglichkeiten dazu.
Wir wollen das G8 pädagogisch weiterentwickeln. Das heißt: Die Potenziale aller
Schüler*innen sollen individuell bestmöglich gefördert werden. Wir wollen den
Teamgedanken unter den Lehrer*innen stärken, um die Förderung noch besser
abzustimmen und eine bestmögliche Lernumgebung zu schaffen. Wir wollen Schulen
auf dem Weg zu innovativen Konzepten gezielt unterstützen. Die Oberstufen an den
Gemeinschaftsschulen wollen wir weiter ausbauen. Es gilt, die verschiedenen
Möglichkeiten im Bereich der Sekundarstufe II gut aufeinander abzustimmen. So
können dauerhaft stabile Standorte entstehen. Die beruflichen Gymnasien werden
wir weiter im Blick haben und bedarfsgerecht ausbauen.
Berufliche Bildung und schulische Integrationsarbeit stärken
Wir wollen die Empfehlungen der Enquetekommission „Fit fürs Leben in der
Wissensgesellschaft – berufliche Schulen, Aus- und Weiterbildung“ umsetzen.
Handwerkliche und soziale Berufe wollen wir gesellschaftlich aufwerten. Die
berufliche Bildung und Weiterbildung wird künftig noch wichtiger werden. Wir
brauchen ein Changemanagement, das den Veränderungen in der Berufswelt und der
Wirtschaft gerecht wird. Ausbildungsangebote und berufliche Bildung für
Jugendliche ohne Ausbildungsplatz müssen künftig wieder stärker in den Blick
genommen werden – Stichwort Ausbildungsgarantie. Wir wollen den inklusiven
Zugang zur beruflichen Bildung ermöglichen und den Übergang in das Berufsleben
aktiv gestalten. Berufsschulen wollen wir attraktiver machen und stärker
unterstützen, indem wir personelle und fachliche Ressourcen ausbauen und
Schulsozialarbeit stärken. Wir starten eine Imagekampagne und verbinden Betriebe
noch stärker mit Berufsschulen. Für geflüchtete Schüler*innen entwickeln wir
zusätzliche Angebote. Wir legen stärkeren Fokus auf die Fertigkeiten, die in
Zukunft gefragter sein werden, z.B. in den Bereichen Kommunikation,
Digitalisierung und Energieeffizienz, und fördern dementsprechender den Ausbau
der Infrastruktur an den Schulen.
Der digitale Wandel wird auch die Weiterbildung verändern. Dies bietet die
Chance, mit neuen Angeboten neue Zielgruppen zu erreichen. Im lebensbegleitenden
Lernen werden sich die gesellschaftlichen Entwicklungen widerspiegeln, die
politische Bildung wird hier einen neuen Stellenwert erhalten. Wir sehen die
Weiterbildungsträger als wichtige Partner, um die unterschiedlichen
gesellschaftlichen Gruppen zu erreichen, und werden sie in ihrer Arbeit
politisch unterstützen.
Um die gesellschaftliche Teilhabe zu sichern, wollen wir die Alphabetisierung
der Gesellschaft weiter in den Blick nehmen und die Grundbildung weiter
voranbringen.
Wie gut gelingt die Integration von Menschen mit Migrationsgeschichte? Diese
Frage ist entscheidend für unseren künftigen Wohlstand und unseren
gesellschaftlichen Zusammenhalt. Etwa 40 Prozent der Menschen, die in Baden-
Württemberg leben und jünger als 25 Jahre sind, haben einen
Migrationshintergrund. Vier von fünf Kindern und Jugendlichen mit
Zuwanderungsgeschichte sind hier aufgewachsen. Schule als Lern- und Lebensort
ist – neben der Familie – besonders wichtig, um Sprachkompetenzen zu erlernen
und demokratische Werte und Einstellungen aufzubauen. Wir wollen den
sprachsensiblen Fachunterricht in allen Schulen verankern. Kinder und
Jugendliche, die zuwandern, erhalten gezielten Unterricht in Deutsch als
Fremdsprache. Mentor*innenprogramme für Eltern, mit denen wir die Familien
begleiten, werden wir bedarfsgerecht weiter ausbauen.
Schulen mehr Freiräume geben, Lehrkräfte gewinnen
Die Akteur*innen vor Ort sind entscheidend dafür, dass gute Schule gelingt.
Schulleiter*innen, Lehrkräfte und auch Schulträger kennen die Verhältnisse vor
Ort und die Bedürfnisse ihrer Schüler*innen am besten. Wir wollen den einzelnen
Schulen deshalb mehr Verantwortung, Autonomie und Freiräume geben, sich
pädagogisch zu entwickeln und den Schulalltag zu gestalten. Den Teamgedanken
wollen wir in allen Dimensionen stärken. Die Schulen sollen sich – innerhalb
klarer Qualitätsstandards – eigenverantwortlicher entscheiden können, wie sie
sich pädagogisch profilieren, Schwerpunkte setzen, Budgets einsetzen und mit wem
sie Kooperationen eingehen wollen.
Egal ob Ganztag, Inklusion oder Digitalisierung – die Aufgaben von Land und
Trägern sind eng miteinander verwoben. Wir wollen mit den Kita- und Schulträgern
in einen offenen und strukturierten Prozess für eine moderne Trägerschaft
eintreten. Wir wollen dazu auch die interkommunale Zusammenarbeit intensivieren.
Dies gilt in besonderem Maß auch für die Gestaltung einer zukunftsfähigen
Schulstruktur.
Schulen in freier Trägerschaft sind eine wichtige Bereicherung der
Schullandschaft und geben wichtige pädagogische Impulse. Wir stehen auch in
Zukunft für eine auskömmliche Finanzierung dieser Schulen.
Um junge Menschen auf dem Weg in den Lehrerberuf zu unterstützen, werden wir ein
freiwilliges pädagogisches Bildungsjahr einführen.
Gemeinsam mit den Gewerkschaften und Verbänden wollen wir das aktuelle
Arbeitszeitmodell überprüfen und modernisieren. Unser Ziel ist, auch die
Tätigkeiten realistisch abzubilden, die über den reinen Unterricht hinausgehen.
Lehrkräfte, die in den ersten drei Monaten eines Schuljahres einen befristeten
Vertrag abschließen, sollen in den folgenden Sommerferien ebenfalls ihre
Bezahlung erhalten, wenn sie im kommenden Schuljahr wieder eingestellt werden.
Darum Grün!
Wer Grün wählt, stimmt für
- den weiteren Ausbau der Sprachförderung in Kitas und einkommensabhängige
Kitagebühren
- eine Fachkräfteoffensive für den Erzieher*innenberuf
- starke Grundschulen mit multiprofessionellen Teams und
sozialindexbasierter Ressourcenzuweisung
- die Weiterentwicklung einer zukunftsfähigen, leistungsorientierten und
sozial gerechten Schulstruktur in der Sekundarstufe
- eine umfassende Digitalisierung der Schulen, inklusive guter technischer
Ausstattung und Angeboten zur Medienbildung
- mehr Inklusion in Kitas und Schulen
Antragstext
Von Zeile 303 bis 305 einfügen:
erwerben. Die Schüler*innen sollen Demokratie an der Schule unmittelbar und selbstwirksam erleben, über tagespolitische Entscheidungen diskutieren und Wirtschaftsprozesse neudenken können. Wir wollen ihnen vermitteln: Die eigene Meinung zählt und Rechte und Verantwortung gehen Hand in Hand. An Pilotschulen jeder
Kapitel 9: Kita, Schule und Bildung
Für beste Bildung von Anfang an
Wir denken Bildungspolitik vom Kind aus. Jedes Kind ist eine einzigartige
Persönlichkeit mit eigenen Talenten und Fähigkeiten, mit individuellen Stärken
und Schwächen. Wir sind überzeugt: Egal ob Cleverle oder Träumerle, ob
Überflieger oder Spätstarter, ob aus einer bildungsnahen oder einer
bildungsfernen Familie, mit oder ohne Migrationshintergrund– jeder junge Mensch
soll das Beste aus seinem Leben machen können. Und das heißt: Er soll den für
ihn besten und passenden Bildungsabschluss erreichen können.
In Baden-Württemberg wollen wir allen durch gute Bildung die Chance geben, ihre
Talente und Fähigkeiten auszuschöpfen und so das eigene Leben selbstbestimmt in
die Hand zu nehmen. Deshalb verfolgen wir einen ganzheitlichen Ansatz – nämlich
die bestmögliche Förderung von der Kita bis zum Beruf und darüber hinaus durch
lebenslang begleitendes Lernen.
Auf diesem Weg sind wir in den vergangenen zehn Jahren schon ein gutes Stück
vorangekommen. 2011 haben wir als grün-geführte Landesregierung damit begonnen,
den jahrzehntelangen Reformstau aufzulösen.
Ein besonderes Herzensanliegen ist es uns, die Kleinsten in Krippe und Kita gut
zu betreuen und zu fördern. Hier war der Nachholbedarf am größten. Seit 2011
haben wir deshalb die Mittel für die Betreuung der Kinder unter drei Jahren
massiv gesteigert. Und das mit Erfolg: Heute gibt es über 80 Prozent mehr
Krippenplätze als damals. Die Zuschüsse für die Kindertageseinrichtungen für die
über Dreijährigen haben wir bedarfsgerecht angepasst. Und wir haben im Land den
besten Betreuungsschlüssel der Republik: Bei uns ist im Schnitt ein*e
Erzieher*in für drei Kinder unter drei Jahren verantwortlich. Auch mit dem
Ausbau der Sprachförderung an unseren Kindergärten haben wir begonnen – in
Quantität und Qualität. Denn ohne gute Deutschkenntnisse wird sich ein Kind in
der Schule immer schwertun.
Qualität in den Kitas gibt es nur, wenn gutes Personal in ausreichendem Umfang
zur Verfügung steht. Darauf haben wir mit PIA, der Praxisintegrierten
Ausbildung, reagiert – eine vergütete Ausbildungsmöglichkeit für angehende
Erzieher*innen. Dieses Erfolgsmodell haben wir auch über den Pakt für gute
Bildung und Betreuung weiter gestärkt.
Wir haben die Kindertagespflege auf eine solide Basis gestellt. Als zweite Säule
neben den Kindertageseinrichtungen spielt diese eine wichtige Rolle, um den
Rechtsanspruch sicherzustellen. Es war uns daher ein wichtiges Anliegen, die
Kindertagespflege qualitativ zu stärken und insbesondere die Tagespflegepersonen
finanziell zu stärken.
Bevor wir Grüne ab 2011 in Regierungsverantwortung waren, gab es in Baden-
Württemberg Ganztagsschulen nur als Schulversuche. Mit der gesetzlichen
Verankerung der Ganztagsschule haben wir verlässliche Rahmenbedingungen
geschaffen. Wir haben deutlich in den Ausbau der Ganztagsschule investiert.
Diesen Weg wollen wir weitergehen, weil dieses Schulmodell pädagogisch sinnvoll
ist: Hier lernen Kinder und Jugendliche mehr und besser. Die Ganztagsschule
sichert die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Mit der Gemeinschaftsschule haben wir 2012 erfolgreich eine neue Schulart
eingeführt, bei der die individuelle Förderung im Zentrum steht. Die
Schüler*innen lernen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit im jeweiligen Fach
auf unterschiedlichen Lernwegen – und entfalten so ihre Fähigkeiten optimal.
Davon profitieren die Leistungsstarken ebenso wie die Schwächeren. Das zeigen
auch die Abschlussergebnisse. Die Gemeinschaftsschule – ob mit oder ohne
Oberstufe – hat sich zu einem echten Erfolgsmodell entwickelt: Bereits nach
wenigen Jahren gibt es über 300 im ganzen Land. Regelmäßig werden
Gemeinschaftsschulen mit dem deutschen Schulpreis oder als Smart School
ausgezeichnet. Und es zeigt sich noch etwas: Die Schüler*innen lernen dort mit
höherer Motivation. 2021 werden in Tübingen und Konstanz die ersten
Schüler*innen ihr Abitur an einer Gemeinschaftsschule erwerben. Wir wollen dies
weiteren Gemeinschaftsschulen im Land ermöglichen.
An den Grundschulen haben wir vier zusätzliche Unterrichtsstunden für Lesen,
Schreiben und Rechnen eingeführt. Diese Grundfertigkeiten sind entscheidend für
den weiteren Bildungsweg eines Kindes.
Die Realschule haben wir in erheblichem Umfang mit zusätzlichen Stunden
ausgestattet. Sie sollen die individuelle Förderung stärken, um Schüler*innen
dort gleichermaßen auf den mittleren und den Hauptschulabschluss vorzubereiten.
Das Gymnasium haben wir ebenfalls mit zusätzlichen Stunden zur individuellen
Förderung ausgestattet und den Bildungsplan an die verkürzte Lernzeit angepasst.
Die Reform der Oberstufe ermöglicht es den Schüler*innen, ihre persönlichen
Interessen und Begabungen auf dem Weg zum Abitur noch besser zu vertiefen.
Außerdem gibt es heute mehr als doppelt so viele Schulsozialarbeiter*innen wie
vor dem Start der grün-geführten Regierung. Denn manchmal sind es Probleme in
der Familie oder auf dem Pausenhof, die Kinder in der Schule ausbremsen.
Kinder und Jugendliche mit Behinderung gehören in unsere Mitte. Deshalb haben
wir dafür gesorgt, dass Eltern selbst entscheiden können, ob ihr Kind eine
allgemeinbildende Schule oder ein sonderpädagogisches Bildungs- und
Beratungszentrum besucht. Kinder mit und ohne Behinderung lernen nun an vielen
Schulen im Land gemeinsam. Mit zusätzlichen Lehrkräften sorgen wir dafür, dass
jedes Kind die Förderung erhält, die es braucht.
An den beruflichen Schulen haben wir die beruflichen Gymnasien weiter ausgebaut,
die an unsere Realschulen und Gemeinschaftsschulen anschließen. Mit der
Ausbildungsvorbereitung dual erleichtern wir Jugendlichen den Berufseinstieg,
die zusätzliche Förderung benötigen. Und mit den Lernfabriken 4.0 führen wir die
berufliche Aus- und Weiterbildung gemeinsam mit der Industrie in das digitale
Zeitalter.
Egal ob die bewährte duale Ausbildung oder ein Studium: Nach der Schule sollen
junge Menschen unabhängig von ihrem Abschluss den Berufsweg finden, der zu ihnen
passt. Dafür haben wir die Berufs- und Studienorientierung an allen Schularten
gestärkt und durch die Leitperspektive Berufsorientierung flankiert.
Die Schulen in freier Trägerschaft ergänzen unsere Bildungslandschaft und sind
ein wichtiger Teil von Schulentwicklung. Hier entstehen oftmals pädagogische
Angebote, die auch für öffentliche Schulen beispielhaft sind. Daher war es uns
wichtig, die Finanzierung der freien Schulen auf eine auskömmliche Basis zu
stellen. Sie sollen grundsätzlich auch Schüler*innen aus sozial-schwächeren
Haushalten offenstehen. Daher haben wir das Sonderungsverbot konkretisiert und
entlasten Schulen, wenn sie auf Schulgeld verzichten.
Nach Schule, Ausbildung oder Studium hört das Lernen nicht auf: Wir leben in
einer Welt, die immer komplexer wird. Deshalb wird das lebensbegleitende Lernen
– beruflich und privat – immer wichtiger. Entsprechend haben wir die
Finanzierung der Weiterbildungsträger angehoben und an den Bundesdurchschnitt
angenähert.
Die Welt verändert sich – und mit ihr verändert sich unsere Gesellschaft. Daraus
ergeben sich neue Anforderungen an unsere Kitas und Schulen. Mit unseren
Bildungsreformen der vergangenen Jahre haben wir das beherzigt und wichtige
Schritte nach vorn gemacht. Aber wir wissen auch: Wir sind noch nicht am Ziel.
Uns ist bewusst: Der Schulerfolg eines Kindes hängt noch immer stark von der
Herkunft und dem Geldbeutel der Eltern ab. Das wollen wir ändern!
Auch in Baden-Württemberg nimmt die familiäre, soziale und kulturelle Vielfalt
der Schüler*innen in hohem Maße zu. Die einen können bei der Einschulung schon
lesen, andere verstehen noch nicht alles auf Deutsch. Manche Eltern unterstützen
ihre Kinder intensiv bei den Schulaufgaben, in anderen Familien sind die Kinder
dabei auf sich gestellt.
Die digitale Revolution fordert auch unsere Schulen fundamental heraus. Es geht
um weit mehr als schnelles Internet und ausreichend Tablets. Es geht ums Lernen
mit und über digitale Medien. Wir müssen die jungen Menschen befähigen, ihr
Leben in der digitalen Welt frei und selbstbestimmt in die Hand zu nehmen.
Die Corona-Krise hat all diese Herausforderungen weiter verschärft. Damit hat
sich auch die Kluft zwischen den Schüler*innen vergrößert: Die einen hatten
einen Computer zu Hause und Eltern, die ihnen beim Homeschooling helfen konnten.
Die anderen hatten das nicht. Viele Schulen sind in den vergangenen Monaten
engagiert neue digitale Wege gegangen. Die digitale Ausstattung der Schulen hat
Fahrt aufgenommen, um den Zugang zu digitalen Endgeräten für alle Schüler*innen
zu sichern. Gleichzeitig hat sich gezeigt: Beim digitalen Lernen gibt es großen
Nachholbedarf, sowohl technisch als auch pädagogisch. Hier können
Leuchtturmschulen wichtige Beispielgeber sein, wie die digitale Schule von
morgen aussehen kann.
Medienkompetenz als Teil des digitalen Lernens ist heutzutage auch Teil der
politischen Bildung. Nur wer sich in der immer komplexeren Medienlandschaft
kompetent bewegt, kann Fake News von Real News unterscheiden. Die Corona-Krise
hat uns nachdrücklich verdeutlicht: Demokratie lebt durch mündige Bürger*innen.
Deshalb brauchen wir an den Schulen politische Bildung – im Lehrplan genauso wie
im Schulalltag, wo Demokratie durch Beteiligung mit Leben gefüllt werden muss.
Faire Bildungschancen für alle Kinder
„Jeder junge Mensch hat ohne Rücksicht auf Herkunft oder wirtschaftliche Lage
das Recht auf eine seiner Begabung entsprechende Erziehung und Ausbildung.“ So
steht es in der baden-württembergischen Landesverfassung. Das ist für uns Grüne
Auftrag und Ansporn, für Bildungsgerechtigkeit und faire Bildungschancen für
alle Kinder und Jugendliche zu sorgen.
Wir Grüne sind überzeugt: Auf den Anfang kommt es an! Die ersten Jahre des
Lebens sind besonders wichtig. Nie wieder lernen wir so viel und so schnell wie
in dieser Zeit. Diese Phase ist entscheidend dafür, wie sich ein Kind persönlich
und sozial entwickelt. Hier werden die Weichen für den weiteren Bildungsweg
gestellt. Deshalb muss jedes Kind von Beginn an die Chance bekommen, seine
Potenziale zu entfalten und sich gut und frei zu entwickeln. Neben der Familie
sind unsere Krippen und Kindergärten die wichtigsten Orte, um ein Kind in seiner
Entwicklung zu begleiten und zu unterstützen. Die Kindertagespflege werden wir
als wichtige Säule der Kindertagesbetreuung auch in Zukunft in ihrer Arbeit
unterstützen.
Wir wollen den Bildungserfolg von der sozialen Herkunft entkoppeln. Dabei ist es
unser Anspruch, dass jedem Kind die gleichen Chancen zustehen, unabhängig vom
familiären Hintergrund.
Das bedeutet, dass wir Bildung ganzheitlich verstehen – als „Lernen mit Kopf,
Herz und Hand“. Es geht darum, Wissen und Kompetenzen zu erwerben, die
Persönlichkeit zu entwickeln, Kreativität und Motorik zu fördern. Wir streben
ein Recht auf Förderung an – damit kein junger Mensch die Schule verlässt, ohne
einen Mindeststandard beim Lesen, Schreiben und Rechnen zu erreichen. Außerdem
wollen wir besonders begabte Kinder und Jugendliche ihren Bedürfnissen
entsprechend fördern. Zugleich wollen wir den Leistungsbegriff im Bildungswesen
neu denken. Es ist unser Ziel, dass Schüler*innen eine breite Bildung erfahren,
die auf ihre individuellen Stärken aufbaut. Sie dürfen durch Misserfolge nicht
auf der Strecke bleiben. Leistung verstehen wir nicht allein als das Meistern
von Arbeiten, Aufgaben und Klausuren, sondern wir bedenken den Faktor Mensch.
Zwischenmenschliche, Charakter- und Persönlichkeitsmerkmale spielen dabei eine
entscheidende Rolle. So stärken wir Schüler*innen auf ihrem Weg, Teil einer
solidarischen Gesellschaft zu werden.
Es ist unser Ziel, den Weg für gute Leistungen freizumachen. Die einen finden
auf diesem Weg mehr Hindernisse, die anderen weniger. Nicht das Schicksal soll
über den persönlichen Lebensweg entscheiden, sondern Engagement, Talent und
Fleiß. Dazu brauchen wir ein Bildungssystem, das ermöglicht, ermutigt und
fördert. Alle Kinder sind von Natur aus neugierig und wollen etwas leisten. Die
Qualität der Schulen entscheidet mit darüber, ob sie es auch können. Wir wollen
nicht alle Kinder über einen Kamm scheren, sondern sie individuell fördern. Nur
so können sie ihr volles Leistungspotenzial entfalten. Gut ausgestattete Schulen
sind eine wichtige Grundlage. Aber am Ende entscheidet die richtige Pädagogik
und die Arbeit der Lehrkräfte, ob dies gelingt. Der Faktor Mensch ist auch in
einer technisierten Umwelt ausschlaggebend.
Für ein ganzheitliches Verständnis von Leistung und Bildung
Leistung bemisst sich für uns nicht in erster Linie daran, Faktenwissen
anzuhäufen und Erlerntes wiederzugeben. Leistung bedeutet für uns Grüne auch die
Fähigkeit, Verantwortung für sich und andere zu übernehmen. Leistung bedeutet,
in der digitalen Gesellschaft von morgen gemeinsam mit anderen Problemen zu
identifizieren und zu lösen. Leistung bedeutet, mit unvorhergesehenen
Situationen konstruktiv umzugehen – auch wenn es dafür noch keine Formel und
keinen Lehrsatz gibt.
Schwierigen Situationen mit Mut und Zuversicht begegnen: Resilienz ist wichtig
für jedes einzelne Kind, aber auch für uns als Gesellschaft. Wir alle müssen
lernen, in einer zunehmend unsicheren Welt zu leben. Selbstbewusste und
kompetente, starke und empathische Bürger*innen sind unser größter Trumpf. Der
Grundstein für die Persönlichkeit wird auch in der Schule gelegt. Deshalb sind
die Schulen nicht nur Orte, die für die Individuen große Bedeutung haben,
sondern auch für unser Gemeinwesen als Ganzes.
Grüne Bildungspolitik orientiert sich an international erfolgreichen
Bildungssystemen und nimmt wissenschaftliche Expertise auf. Im Dialog zwischen
Wissenschaft, Praxis und Gesellschaft werden Ideen, Perspektiven und Konzepte
für Baden-Württemberg entwickelt. Wir werden den wissenschaftlichen Beirat des
Kultusministeriums neu ausrichten, aufwerten und seine Empfehlungen
veröffentlichen.
In der „grünen Schulwelt“ von morgen arbeiten alle Beteiligten konstruktiv
zusammen: Schulleitung und Lehrer*innen, Eltern, multiprofessionelle Teams,
Sportvereine, Musikschulen und viele andere externe Akteur*innen. Das Schulleben
ist geprägt von Respekt, Vertrauen und demokratischer Beteiligung auf Augenhöhe.
Die Schulleitungen haben als Motoren der Innovation eine Schlüsselfunktion. Um
diese Aufgaben mit Leben füllen zu können, müssen sie mit den notwendigen
Ressourcen ausgestattet werden. Schulen leben „Vielfalt unter einem Dach“. Damit
ist Schule gemeint, die Diversität in all ihren Dimensionen gerecht wird. An den
Schulen findet rhythmisierter Ganztagsunterricht statt, der den Schüler*innen
auch flexible Zeiträume für Vereinsaktivitäten und Zeit mit den Eltern
ermöglicht.
Qualität in der Kita weiter verbessern, Sprachförderung ausbauen
Baden-Württemberg ist zum dritten Mal in Folge bundesweiter Spitzenreiter bei
der Qualität von Krippen und Kindergärten. Bei uns kommt im Schnitt ein*e
Erzieher*in auf drei Kinder unter drei Jahren. Das bedeutet: Die pädagogischen
Fachkräfte haben bei uns mehr Zeit, auf die Bedürfnisse jedes einzelnen Kindes
einzugehen, als in anderen Bundesländern. Wir werden alles dafür tun, um die
Qualität der frühkindlichen Bildung weiter zu verbessern und den Ausbau der
Kita-Plätze nach Kräften fördern.
Wir wollen die Qualitätskriterien des Orientierungsplans weiterentwickeln und an
die heutige Lebenswirklichkeit anpassen. In den Kindertagesstätten im ganzen
Land soll der Orientierungsplan verbindlich umgesetzt werden. Damit das gelingt,
streben wir eine Vereinbarung mit den Verbänden der Kita-Träger an.
Sprache ist der Schlüssel für eine gute Bildung und gesellschaftliche Teilhabe.
Wir werden die Sprachförderung im Kindergartenalltag entschlossen weiter
ausbauen und verbessern. Dabei werden wir uns am Bundesprogramm „Sprach-Kita“
orientieren.
Wir haben in Baden-Württemberg engagierte und qualifizierte Erzieher*innen. Um
die Kita-Plätze weiter ausbauen und den guten Betreuungsschlüssel halten zu
können, müssen wir noch mehr Fachpersonal gewinnen. Wir wollen den Beruf
attraktiver machen, indem wir die Arbeitsbedingungen verbessern und
Erzieher*innen besser bezahlen. Zudem werden wir eine weitere
Fachkräfteoffensive starten.
Viele Städte und Gemeinden erheben die Kita-Gebühren gestaffelt nach der
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Familie. Wir unterstützen das. Denn
starke Schultern können mehr tragen als schwache. Deshalb werden wir mit den
Kita-Trägern in Verhandlungen eintreten, um für sozial gestaffelte Gebühren im
ganzen Land zu sorgen. Eine komplette Gebührenfreiheit für Kitas und
Kindergärten halten wir zwar langfristig für erstrebenswert, aber derzeit noch
nicht für machbar. Denn sonst würde das notwendige Geld für den quantitativen
und qualitativen Ausbau der Kita-Plätze sowie für die Ausbildung neuer
Erzieher*innen fehlen.
Unsere Kinder sind das Wertvollste, was wir haben. Um Kinder bestmöglich zu
schützen, fordern wir ein verbindliches Präventions- und Kinderschutzkonzept für
alle Kitas und Schulen. Die Förderung und Achtung der Kinderrechte soll
verbindlicher Bestandteil der pädagogischen Konzeption werden.
Qualitätsentwicklung der Schule konsequent weiterverfolgen
Wir stehen für ein leistungsstarkes und leistungsgerechtes Bildungssystem, mit
dem wir im internationalen Vergleich an der Spitze mitspielen. Deswegen werden
wir die Schritte, die wir im Rahmen des Qualitätskonzepts begonnen haben,
konsequent fortsetzen. Zu Beginn der neuen Legislatur wollen wir die beiden
neuen Institute – das Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) und das
Institut für Bildungsanalysen (IBBW) – kritisch analysieren. Wir werden ihre
Kernaufgaben und Strukturen in den Blick nehmen und dort nachsteuern, wo es
Bedarf gibt. In diese Analyse werden wir alle Akteur*innen der Aus- und
Fortbildung von Lehrkräften einbeziehen. Sowohl die Neuausrichtung der
Fortbildung für Lehrkräfte als auch die datenbasierte Unterstützung der
Schulentwicklung müssen zukünftig ihre Wirkung entfalten. Schulen benötigen
passgenaue Fortbildungen. Es muss selbstverständlich werden, dass sich Schule
als System kontinuierlich weiterentwickelt. Ein besonderes Augenmerk wollen wir
auf die Stärkung und Unterstützung der Schulleitungen legen, die für den
Qualitätsprozess an Schulen zentral sind. Schon im Studium müssen
Führungskompetenzen vermitteln werden, damit angehende Lehrkräfte schon
frühzeitig eine Karriere als Schulleiter*in ins Auge fassen können.
Grundschulen stärken – mit multiprofessionellen Teams und gezielter finanzieller
Förderung
Wir werden eine Konzeption für multiprofessionelle Teams erarbeiten. In diesen
Teams, die zunächst an Grundschulen zum Einsatz kommen sollen, arbeiten die
Lehrkräfte mit weiteren Berufsgruppen zusammen. Dazu gehören zum Beispiel
Pädagogen, Psychologinnen, Logopäden, Ergo- und Lerntherapeutinnen. Gemeinsam
können sie die Kinder in ihrer ganzen Vielfalt an sozialen, kulturellen und
familiären Hintergründen ganzheitlich fördern.
Wir stehen für einen zielgerichteten und bedarfsgerechten Ressourceneinsatz.
Manche Schulen stehen vor größeren Herausforderungen als andere, weil sie mehr
Schüler*innen mit besonderem Förderbedarf haben. Diesen Schulen wollen wir mehr
Mittel zur Verfügung stellen. Mit dieser so genannten „sozialindexbasierten
Ressourcenzuweisung“ wollen wir finanzielle Unterschiede zwischen unseren
Schulen ausgleichen und Schulen mit besonderem Bedarf unterstützen, um
Chancengleichheit zu leben. Dabei richtet sich die sozialindexbasierte
Ressourcenzuweisung nicht nur nach dem Förderbedarf, sondern auch nach
sozioökonomischen Faktoren der einzelnen Schulen und deren Quartiere.
Mit dem Einstieg in multiprofessionelle Teams und eine sozialindexbasierte
Ressourcenzuweisung stärken wir die Grundschulen nachhaltig – und damit das
Fundament der Lernbiografie aller Schüler*innen. Um den langfristigen
Lehrkräftebedarf zu decken, werden wir die Zahl der Studienplätze für das
Grundschullehramt weiter erhöhen. Den Ethikunterricht werden wir konsequent bis
Klasse 1 ausbauen.
Wir bekennen uns zu wohnortnahen Grundschulstandorten und zum Prinzip „Kurze
Beine – kurze Wege“. Regionale Verbünde und freiwillige Zusammenschlüsse,
Grundschulen mit mehreren Standorten können dazu beitragen, die Qualität zu
erhöhen. So kann die Schulleitung gestärkt und fachfremder Unterricht verringert
werden. In Südtirol gelingt es auf diese Weise, auch kleine Schulstandorte mit
hoher Qualität zu erhalten. Im Rahmen der regionalen Schulentwicklung wollen wir
die Grundschullandschaft mit Anreizen zukunftsfähig machen. Wir setzen dabei –
wie im Bereich der Sekundarschulen – auf die Initiative der Grundschulen und der
Schulträger.
Schule funktioniert am besten, wenn Lehrkräfte, Eltern und Schüler*innen
vertrauensvoll und eng zusammenzuarbeiten und gemeinsam Verantwortung
übernehmen. Diese Bildungs- und Erziehungspartnerschaft wollen wir stärken.
Beim Wechsel auf die weiterführende Schule setzen wir weiterhin auf die bewährte
Kombination von qualifizierter Beratung durch die Schulen und Verantwortung der
Eltern. Um sie bestmöglich bei ihrer Entscheidung zu unterstützen, haben wir die
Beratung weiter ausgebaut. Eine verbindliche Grundschulempfehlung lehnen wir ab.
Demokratie im Unterricht erlebbar machen
Wir stärken die Demokratiebildung in allen Schularten. Sie soll altersgerecht
und in unterschiedlichen Facetten erfolgen. Es geht nicht nur darum, Wissen zu
erwerben. Die Schüler*innen sollen Demokratie an der Schule unmittelbar und
selbstwirksam erleben, über tagespolitische Entscheidungen diskutieren und Wirtschaftsprozesse neudenken können. Wir wollen ihnen vermitteln: Die eigene Meinung
zählt und Rechte und Verantwortung gehen Hand in Hand. An Pilotschulen jeder
Schulart wollen wir wertvolle Erfahrungen für eine Demokratisierung des
Bildungswesens sammeln, indem wir das Schulleben demokratisch organisieren und
selbstbestimmtes Lernen ermöglichen.
Wir stärken die gesellschaftswissenschaftlichen Fächer an allen Schularten und
werden die Einführung eines gesellschaftswissenschaftlichen Profilfachs
„Geschichte, Gemeinschaftskunde, Geografie“ prüfen.
Schulen und Schüler*innen fit machen für die digitale Gesellschaft
Wir wollen, dass die Schüler*innen in der digitalen Gesellschaft ihr Leben frei
und selbstbestimmt in die Hand nehmen können. Dazu sollen die Schulen sie
befähigen.
Gemeinsam mit den Schulträgern sorgen wir für eine leistungsfähige digitale
Infrastruktur: Die Schulen erhalten administrativen und technischen Support bei
der Verwaltung, Instandhaltung und Weiterentwicklung der Netzwerke und IT-
Strukturen.
Wir stellen aufeinander aufgebaute Lernmanagement- und Lernplattform-Module
sowie digitale Lernmaterialien bereit und passen diese kontinuierlich und
bedarfsorientiert an. Wir entwickeln die Leitperspektive Medienbildung weiter
und bauen Mediencurricula auf, die auf die verschiedenen Schularten und
Klassenstufen abgestimmt sind.
Wir sind überzeugt: Mit einer guten, digital gestützten Diagnostik kann das
Lernen individualisierter und zielgerichteter gestaltet werden. Mit den
regelmäßig erhobenen Daten wollen wir Fördersysteme entwickeln lassen und so
Schüler*innen und Lehrkräfte unterstützen.
Schulen, die sich auf den Weg machen und digitale Schulkonzepte entwickeln,
unterstützen wir durch ein zielgerichtetes Programm.
Auch in der digitalen Welt braucht es gut ausgebildete Lehrkräfte, damit
Schüler*innen erfolgreich lernen können. Deshalb stärken wir den pädagogischen
Überbau der digitalen Bildung – durch Module zur digitalen Didaktik in der
ersten und zweiten Phase der Lehrerbildung. Gleichzeitig entwickeln wir in der
dritten Phase des Lehrerberufs ein kohärentes Fortbildungskonzept im Einklang
mit den Mediencurricula und Medienentwicklungsplänen.
Wir schaffen schulübergreifende Möglichkeiten für digitale Lernerfahrungsräume.
Das Prinzip der Lernfabriken 4.0 weiten wir an den beruflichen Schulen aus und
machen Künstliche Intelligenz in Kooperation mit Ausbildungsbetrieben,
Hochschulen und Unis erfahrbar. In der Weiterbildung und beruflichen Bildung
nutzen wir die digitale Transformation als Chance, um Veränderungspotenziale
auszuschöpfen und Wandlungsprozesse voranzutreiben.
Wir stärken den wissenschaftlichen Überbau und schaffen eine vernetzte
Forschungsplattform unter dem Titel „Digitalität in der Pädagogik“. Ziel ist es,
die Chancen und Risiken abzuschätzen und die veränderten Lebensbedingungen durch
digitales Lernen kontinuierlich wissenschaftlich zu begleiten. Gleichzeitig
schaffen wir auf Landesebene einen interdisziplinären Beraterkreis „Schule
digital“. Er soll Bildungsakteure vernetzen, Erfahrungen sammeln und evaluieren
sowie Best-Practice-Bespiele austauschen. All dies soll als Grundlage dienen, um
die bestehenden Angebote fortlaufend weiterzuentwickeln.
Vorrang für das inklusive Lernen – mit verbesserten Rahmenbedingungen
Kinder mit und ohne Behinderung sollen gemeinsam aufwachsen können. Das ist uns
Grünen wichtig. Deshalb wollen wir Inklusion in den Krippen und Kindergärten
weiter ausbauen. Wir stehen für den Vorrang der inklusiven Beschulung. Wir
wollen die Rahmenbedingungen, die dafür im personellen, räumlichen und
administrativen Bereich notwendig sind, spürbar verbessern. In den nächsten
Jahren gilt es, mehr Lehrkräfte mit sonderpädagogischen Kompetenzen auszubilden
und einzustellen. Damit Inklusion auf Dauer gelingt, müssen sich alle Schulen
für inklusives Lernen öffnen und ihre Lehrkräfte für eine gelingende
individuelle Förderung weiterqualifizieren. An den Hochschulen haben wir
entsprechende Inhalte schon jetzt in die Lehramtsausbildung für alle Schularten
aufgenommen. Wir werden sie auch in die Fortbildungskonzepte für alle Lehrämter
integrieren.
Wir stärken die Qualität des rhythmisierten Ganztags
Ein qualitativ hochwertiges schulisches Ganztagsangebot kann Schüler*innen in
ihrer Entwicklung ganzheitlich fördern. Deshalb werden wir die Qualität des
rhythmisierten Ganztags stärken. Die Einbeziehung von außerschulischen Partnern
wie Vereinen oder Musikschulen stärkt dabei die Verankerung vor Ort und bietet
ein ganzheitliches Angebot. Gute schulische Ganztagsangebote sind nur in reinen
Ganztagsklassen möglich. Wir wollen den Schüler*innen und Eltern dabei dennoch
mehr Flexibilität geben. Im Dialog mit allen Beteiligten werden wir die
Betreuungsangebote an Grund- und weiterführenden Schulen weiterentwickeln und
dafür notwendige Qualitätsstandards einführen.
Junge Menschen individuell zum Schulabschluss begleiten
Egal ob Hauptschulabschluss, mittlerer Abschluss oder Abitur – unser Ziel ist
es, dass jede*r Schüler*in den für sich besten Schulabschluss erreichen kann. Es
wird darauf ankommen, dass Ressourcen gezielt und wirksam eingesetzt werden.
Alle Schularten benötigen für ihre jeweiligen Aufgaben die entsprechenden
Ressourcen. Kinder und Jugendliche individuell zu fördern, das ist und bleibt
die zentrale Aufgabe. Damit Schulen dies leisten können, braucht es
leistungsfähige und bestmöglich ausgestattete Standorte mit entsprechend
anspruchsvollen pädagogischen Konzepten. Wir werden Schulstandorte dabei
unterstützen, regional zu kooperieren und voneinander zu lernen.
Wir setzen uns für eine zukunftsfähige Lernkultur ein, die eigenständiges Lernen
unterstützt. Lehrkräfte benötigen Zeit, um individuelle Förderung und soziale
Lernprozesse zu initiieren und zu begleiten. Ein wichtiger Bestandteil sind
Coaching-Angebote für Schüler*innen in allen Schularten. Die Lehrkräfte können
den Kindern hier gezielt rückmelden, wo sie mit ihren schulischen und sozialen
Fähigkeiten stehen und Impulse für die weitere Entwicklung geben. Uns ist es
wichtig, Schüler*innen zu fördern und zu bestmöglichen Leistungen zu ermutigen.
Dazu müssen ihre Leistungen schon in der Orientierungsstufe auf dem jeweiligen
Niveau bewertet werden. Wir werden die Leistungsbewertung an Werkrealschulen und
an Realschulen entsprechend reformieren.
Sport, Musik, Kunst und Theater bereichern das Schulleben und stärken Kinder und
Jugendliche dabei, die eigene Persönlichkeit zu entwickeln. Als fester
Bestandteil des Unterrichts sowie als freiwillige Angebote sind sie
unverzichtbar – auch und vor allem in Zeiten einer Pandemie.
Den Weg zum Abitur weiterentwickeln
In Baden-Württemberg führen viele Wege zum Abitur. Berufliche Gymnasien sind
landesweit stark nachgefragt. Gleichzeitig stellen die ersten Oberstufen an
Gemeinschaftsschulen ihren Erfolg unter Beweis. Neben dem achtjährigen Gymnasium
G8 gibt es die Modellschulen G9. Schüler*innen, die in neun Jahren zum Abitur
wollen, haben schon jetzt vielfältige Möglichkeiten dazu.
Wir wollen das G8 pädagogisch weiterentwickeln. Das heißt: Die Potenziale aller
Schüler*innen sollen individuell bestmöglich gefördert werden. Wir wollen den
Teamgedanken unter den Lehrer*innen stärken, um die Förderung noch besser
abzustimmen und eine bestmögliche Lernumgebung zu schaffen. Wir wollen Schulen
auf dem Weg zu innovativen Konzepten gezielt unterstützen. Die Oberstufen an den
Gemeinschaftsschulen wollen wir weiter ausbauen. Es gilt, die verschiedenen
Möglichkeiten im Bereich der Sekundarstufe II gut aufeinander abzustimmen. So
können dauerhaft stabile Standorte entstehen. Die beruflichen Gymnasien werden
wir weiter im Blick haben und bedarfsgerecht ausbauen.
Berufliche Bildung und schulische Integrationsarbeit stärken
Wir wollen die Empfehlungen der Enquetekommission „Fit fürs Leben in der
Wissensgesellschaft – berufliche Schulen, Aus- und Weiterbildung“ umsetzen.
Handwerkliche und soziale Berufe wollen wir gesellschaftlich aufwerten. Die
berufliche Bildung und Weiterbildung wird künftig noch wichtiger werden. Wir
brauchen ein Changemanagement, das den Veränderungen in der Berufswelt und der
Wirtschaft gerecht wird. Ausbildungsangebote und berufliche Bildung für
Jugendliche ohne Ausbildungsplatz müssen künftig wieder stärker in den Blick
genommen werden – Stichwort Ausbildungsgarantie. Wir wollen den inklusiven
Zugang zur beruflichen Bildung ermöglichen und den Übergang in das Berufsleben
aktiv gestalten. Berufsschulen wollen wir attraktiver machen und stärker
unterstützen, indem wir personelle und fachliche Ressourcen ausbauen und
Schulsozialarbeit stärken. Wir starten eine Imagekampagne und verbinden Betriebe
noch stärker mit Berufsschulen. Für geflüchtete Schüler*innen entwickeln wir
zusätzliche Angebote. Wir legen stärkeren Fokus auf die Fertigkeiten, die in
Zukunft gefragter sein werden, z.B. in den Bereichen Kommunikation,
Digitalisierung und Energieeffizienz, und fördern dementsprechender den Ausbau
der Infrastruktur an den Schulen.
Der digitale Wandel wird auch die Weiterbildung verändern. Dies bietet die
Chance, mit neuen Angeboten neue Zielgruppen zu erreichen. Im lebensbegleitenden
Lernen werden sich die gesellschaftlichen Entwicklungen widerspiegeln, die
politische Bildung wird hier einen neuen Stellenwert erhalten. Wir sehen die
Weiterbildungsträger als wichtige Partner, um die unterschiedlichen
gesellschaftlichen Gruppen zu erreichen, und werden sie in ihrer Arbeit
politisch unterstützen.
Um die gesellschaftliche Teilhabe zu sichern, wollen wir die Alphabetisierung
der Gesellschaft weiter in den Blick nehmen und die Grundbildung weiter
voranbringen.
Wie gut gelingt die Integration von Menschen mit Migrationsgeschichte? Diese
Frage ist entscheidend für unseren künftigen Wohlstand und unseren
gesellschaftlichen Zusammenhalt. Etwa 40 Prozent der Menschen, die in Baden-
Württemberg leben und jünger als 25 Jahre sind, haben einen
Migrationshintergrund. Vier von fünf Kindern und Jugendlichen mit
Zuwanderungsgeschichte sind hier aufgewachsen. Schule als Lern- und Lebensort
ist – neben der Familie – besonders wichtig, um Sprachkompetenzen zu erlernen
und demokratische Werte und Einstellungen aufzubauen. Wir wollen den
sprachsensiblen Fachunterricht in allen Schulen verankern. Kinder und
Jugendliche, die zuwandern, erhalten gezielten Unterricht in Deutsch als
Fremdsprache. Mentor*innenprogramme für Eltern, mit denen wir die Familien
begleiten, werden wir bedarfsgerecht weiter ausbauen.
Schulen mehr Freiräume geben, Lehrkräfte gewinnen
Die Akteur*innen vor Ort sind entscheidend dafür, dass gute Schule gelingt.
Schulleiter*innen, Lehrkräfte und auch Schulträger kennen die Verhältnisse vor
Ort und die Bedürfnisse ihrer Schüler*innen am besten. Wir wollen den einzelnen
Schulen deshalb mehr Verantwortung, Autonomie und Freiräume geben, sich
pädagogisch zu entwickeln und den Schulalltag zu gestalten. Den Teamgedanken
wollen wir in allen Dimensionen stärken. Die Schulen sollen sich – innerhalb
klarer Qualitätsstandards – eigenverantwortlicher entscheiden können, wie sie
sich pädagogisch profilieren, Schwerpunkte setzen, Budgets einsetzen und mit wem
sie Kooperationen eingehen wollen.
Egal ob Ganztag, Inklusion oder Digitalisierung – die Aufgaben von Land und
Trägern sind eng miteinander verwoben. Wir wollen mit den Kita- und Schulträgern
in einen offenen und strukturierten Prozess für eine moderne Trägerschaft
eintreten. Wir wollen dazu auch die interkommunale Zusammenarbeit intensivieren.
Dies gilt in besonderem Maß auch für die Gestaltung einer zukunftsfähigen
Schulstruktur.
Schulen in freier Trägerschaft sind eine wichtige Bereicherung der
Schullandschaft und geben wichtige pädagogische Impulse. Wir stehen auch in
Zukunft für eine auskömmliche Finanzierung dieser Schulen.
Um junge Menschen auf dem Weg in den Lehrerberuf zu unterstützen, werden wir ein
freiwilliges pädagogisches Bildungsjahr einführen.
Gemeinsam mit den Gewerkschaften und Verbänden wollen wir das aktuelle
Arbeitszeitmodell überprüfen und modernisieren. Unser Ziel ist, auch die
Tätigkeiten realistisch abzubilden, die über den reinen Unterricht hinausgehen.
Lehrkräfte, die in den ersten drei Monaten eines Schuljahres einen befristeten
Vertrag abschließen, sollen in den folgenden Sommerferien ebenfalls ihre
Bezahlung erhalten, wenn sie im kommenden Schuljahr wieder eingestellt werden.
Darum Grün!
Wer Grün wählt, stimmt für
- den weiteren Ausbau der Sprachförderung in Kitas und einkommensabhängige
Kitagebühren
- eine Fachkräfteoffensive für den Erzieher*innenberuf
- starke Grundschulen mit multiprofessionellen Teams und
sozialindexbasierter Ressourcenzuweisung
- die Weiterentwicklung einer zukunftsfähigen, leistungsorientierten und
sozial gerechten Schulstruktur in der Sekundarstufe
- eine umfassende Digitalisierung der Schulen, inklusive guter technischer
Ausstattung und Angeboten zur Medienbildung
- mehr Inklusion in Kitas und Schulen
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erwerben. Die Schüler*innen sollen Demokratie an der Schule unmittelbar und selbstwirksam erleben, über tagespolitische Entscheidungen diskutieren und Wirtschaftsprozesse neudenken können. Wir wollen ihnen vermitteln: Die eigene Meinung zählt und Rechte und Verantwortung gehen Hand in Hand. An Pilotschulen jeder
Kapitel 9: Kita, Schule und Bildung
Für beste Bildung von Anfang an
Wir denken Bildungspolitik vom Kind aus. Jedes Kind ist eine einzigartige
Persönlichkeit mit eigenen Talenten und Fähigkeiten, mit individuellen Stärken
und Schwächen. Wir sind überzeugt: Egal ob Cleverle oder Träumerle, ob
Überflieger oder Spätstarter, ob aus einer bildungsnahen oder einer
bildungsfernen Familie, mit oder ohne Migrationshintergrund– jeder junge Mensch
soll das Beste aus seinem Leben machen können. Und das heißt: Er soll den für
ihn besten und passenden Bildungsabschluss erreichen können.
In Baden-Württemberg wollen wir allen durch gute Bildung die Chance geben, ihre
Talente und Fähigkeiten auszuschöpfen und so das eigene Leben selbstbestimmt in
die Hand zu nehmen. Deshalb verfolgen wir einen ganzheitlichen Ansatz – nämlich
die bestmögliche Förderung von der Kita bis zum Beruf und darüber hinaus durch
lebenslang begleitendes Lernen.
Auf diesem Weg sind wir in den vergangenen zehn Jahren schon ein gutes Stück
vorangekommen. 2011 haben wir als grün-geführte Landesregierung damit begonnen,
den jahrzehntelangen Reformstau aufzulösen.
Ein besonderes Herzensanliegen ist es uns, die Kleinsten in Krippe und Kita gut
zu betreuen und zu fördern. Hier war der Nachholbedarf am größten. Seit 2011
haben wir deshalb die Mittel für die Betreuung der Kinder unter drei Jahren
massiv gesteigert. Und das mit Erfolg: Heute gibt es über 80 Prozent mehr
Krippenplätze als damals. Die Zuschüsse für die Kindertageseinrichtungen für die
über Dreijährigen haben wir bedarfsgerecht angepasst. Und wir haben im Land den
besten Betreuungsschlüssel der Republik: Bei uns ist im Schnitt ein*e
Erzieher*in für drei Kinder unter drei Jahren verantwortlich. Auch mit dem
Ausbau der Sprachförderung an unseren Kindergärten haben wir begonnen – in
Quantität und Qualität. Denn ohne gute Deutschkenntnisse wird sich ein Kind in
der Schule immer schwertun.
Qualität in den Kitas gibt es nur, wenn gutes Personal in ausreichendem Umfang
zur Verfügung steht. Darauf haben wir mit PIA, der Praxisintegrierten
Ausbildung, reagiert – eine vergütete Ausbildungsmöglichkeit für angehende
Erzieher*innen. Dieses Erfolgsmodell haben wir auch über den Pakt für gute
Bildung und Betreuung weiter gestärkt.
Wir haben die Kindertagespflege auf eine solide Basis gestellt. Als zweite Säule
neben den Kindertageseinrichtungen spielt diese eine wichtige Rolle, um den
Rechtsanspruch sicherzustellen. Es war uns daher ein wichtiges Anliegen, die
Kindertagespflege qualitativ zu stärken und insbesondere die Tagespflegepersonen
finanziell zu stärken.
Bevor wir Grüne ab 2011 in Regierungsverantwortung waren, gab es in Baden-
Württemberg Ganztagsschulen nur als Schulversuche. Mit der gesetzlichen
Verankerung der Ganztagsschule haben wir verlässliche Rahmenbedingungen
geschaffen. Wir haben deutlich in den Ausbau der Ganztagsschule investiert.
Diesen Weg wollen wir weitergehen, weil dieses Schulmodell pädagogisch sinnvoll
ist: Hier lernen Kinder und Jugendliche mehr und besser. Die Ganztagsschule
sichert die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Mit der Gemeinschaftsschule haben wir 2012 erfolgreich eine neue Schulart
eingeführt, bei der die individuelle Förderung im Zentrum steht. Die
Schüler*innen lernen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit im jeweiligen Fach
auf unterschiedlichen Lernwegen – und entfalten so ihre Fähigkeiten optimal.
Davon profitieren die Leistungsstarken ebenso wie die Schwächeren. Das zeigen
auch die Abschlussergebnisse. Die Gemeinschaftsschule – ob mit oder ohne
Oberstufe – hat sich zu einem echten Erfolgsmodell entwickelt: Bereits nach
wenigen Jahren gibt es über 300 im ganzen Land. Regelmäßig werden
Gemeinschaftsschulen mit dem deutschen Schulpreis oder als Smart School
ausgezeichnet. Und es zeigt sich noch etwas: Die Schüler*innen lernen dort mit
höherer Motivation. 2021 werden in Tübingen und Konstanz die ersten
Schüler*innen ihr Abitur an einer Gemeinschaftsschule erwerben. Wir wollen dies
weiteren Gemeinschaftsschulen im Land ermöglichen.
An den Grundschulen haben wir vier zusätzliche Unterrichtsstunden für Lesen,
Schreiben und Rechnen eingeführt. Diese Grundfertigkeiten sind entscheidend für
den weiteren Bildungsweg eines Kindes.
Die Realschule haben wir in erheblichem Umfang mit zusätzlichen Stunden
ausgestattet. Sie sollen die individuelle Förderung stärken, um Schüler*innen
dort gleichermaßen auf den mittleren und den Hauptschulabschluss vorzubereiten.
Das Gymnasium haben wir ebenfalls mit zusätzlichen Stunden zur individuellen
Förderung ausgestattet und den Bildungsplan an die verkürzte Lernzeit angepasst.
Die Reform der Oberstufe ermöglicht es den Schüler*innen, ihre persönlichen
Interessen und Begabungen auf dem Weg zum Abitur noch besser zu vertiefen.
Außerdem gibt es heute mehr als doppelt so viele Schulsozialarbeiter*innen wie
vor dem Start der grün-geführten Regierung. Denn manchmal sind es Probleme in
der Familie oder auf dem Pausenhof, die Kinder in der Schule ausbremsen.
Kinder und Jugendliche mit Behinderung gehören in unsere Mitte. Deshalb haben
wir dafür gesorgt, dass Eltern selbst entscheiden können, ob ihr Kind eine
allgemeinbildende Schule oder ein sonderpädagogisches Bildungs- und
Beratungszentrum besucht. Kinder mit und ohne Behinderung lernen nun an vielen
Schulen im Land gemeinsam. Mit zusätzlichen Lehrkräften sorgen wir dafür, dass
jedes Kind die Förderung erhält, die es braucht.
An den beruflichen Schulen haben wir die beruflichen Gymnasien weiter ausgebaut,
die an unsere Realschulen und Gemeinschaftsschulen anschließen. Mit der
Ausbildungsvorbereitung dual erleichtern wir Jugendlichen den Berufseinstieg,
die zusätzliche Förderung benötigen. Und mit den Lernfabriken 4.0 führen wir die
berufliche Aus- und Weiterbildung gemeinsam mit der Industrie in das digitale
Zeitalter.
Egal ob die bewährte duale Ausbildung oder ein Studium: Nach der Schule sollen
junge Menschen unabhängig von ihrem Abschluss den Berufsweg finden, der zu ihnen
passt. Dafür haben wir die Berufs- und Studienorientierung an allen Schularten
gestärkt und durch die Leitperspektive Berufsorientierung flankiert.
Die Schulen in freier Trägerschaft ergänzen unsere Bildungslandschaft und sind
ein wichtiger Teil von Schulentwicklung. Hier entstehen oftmals pädagogische
Angebote, die auch für öffentliche Schulen beispielhaft sind. Daher war es uns
wichtig, die Finanzierung der freien Schulen auf eine auskömmliche Basis zu
stellen. Sie sollen grundsätzlich auch Schüler*innen aus sozial-schwächeren
Haushalten offenstehen. Daher haben wir das Sonderungsverbot konkretisiert und
entlasten Schulen, wenn sie auf Schulgeld verzichten.
Nach Schule, Ausbildung oder Studium hört das Lernen nicht auf: Wir leben in
einer Welt, die immer komplexer wird. Deshalb wird das lebensbegleitende Lernen
– beruflich und privat – immer wichtiger. Entsprechend haben wir die
Finanzierung der Weiterbildungsträger angehoben und an den Bundesdurchschnitt
angenähert.
Die Welt verändert sich – und mit ihr verändert sich unsere Gesellschaft. Daraus
ergeben sich neue Anforderungen an unsere Kitas und Schulen. Mit unseren
Bildungsreformen der vergangenen Jahre haben wir das beherzigt und wichtige
Schritte nach vorn gemacht. Aber wir wissen auch: Wir sind noch nicht am Ziel.
Uns ist bewusst: Der Schulerfolg eines Kindes hängt noch immer stark von der
Herkunft und dem Geldbeutel der Eltern ab. Das wollen wir ändern!
Auch in Baden-Württemberg nimmt die familiäre, soziale und kulturelle Vielfalt
der Schüler*innen in hohem Maße zu. Die einen können bei der Einschulung schon
lesen, andere verstehen noch nicht alles auf Deutsch. Manche Eltern unterstützen
ihre Kinder intensiv bei den Schulaufgaben, in anderen Familien sind die Kinder
dabei auf sich gestellt.
Die digitale Revolution fordert auch unsere Schulen fundamental heraus. Es geht
um weit mehr als schnelles Internet und ausreichend Tablets. Es geht ums Lernen
mit und über digitale Medien. Wir müssen die jungen Menschen befähigen, ihr
Leben in der digitalen Welt frei und selbstbestimmt in die Hand zu nehmen.
Die Corona-Krise hat all diese Herausforderungen weiter verschärft. Damit hat
sich auch die Kluft zwischen den Schüler*innen vergrößert: Die einen hatten
einen Computer zu Hause und Eltern, die ihnen beim Homeschooling helfen konnten.
Die anderen hatten das nicht. Viele Schulen sind in den vergangenen Monaten
engagiert neue digitale Wege gegangen. Die digitale Ausstattung der Schulen hat
Fahrt aufgenommen, um den Zugang zu digitalen Endgeräten für alle Schüler*innen
zu sichern. Gleichzeitig hat sich gezeigt: Beim digitalen Lernen gibt es großen
Nachholbedarf, sowohl technisch als auch pädagogisch. Hier können
Leuchtturmschulen wichtige Beispielgeber sein, wie die digitale Schule von
morgen aussehen kann.
Medienkompetenz als Teil des digitalen Lernens ist heutzutage auch Teil der
politischen Bildung. Nur wer sich in der immer komplexeren Medienlandschaft
kompetent bewegt, kann Fake News von Real News unterscheiden. Die Corona-Krise
hat uns nachdrücklich verdeutlicht: Demokratie lebt durch mündige Bürger*innen.
Deshalb brauchen wir an den Schulen politische Bildung – im Lehrplan genauso wie
im Schulalltag, wo Demokratie durch Beteiligung mit Leben gefüllt werden muss.
Faire Bildungschancen für alle Kinder
„Jeder junge Mensch hat ohne Rücksicht auf Herkunft oder wirtschaftliche Lage
das Recht auf eine seiner Begabung entsprechende Erziehung und Ausbildung.“ So
steht es in der baden-württembergischen Landesverfassung. Das ist für uns Grüne
Auftrag und Ansporn, für Bildungsgerechtigkeit und faire Bildungschancen für
alle Kinder und Jugendliche zu sorgen.
Wir Grüne sind überzeugt: Auf den Anfang kommt es an! Die ersten Jahre des
Lebens sind besonders wichtig. Nie wieder lernen wir so viel und so schnell wie
in dieser Zeit. Diese Phase ist entscheidend dafür, wie sich ein Kind persönlich
und sozial entwickelt. Hier werden die Weichen für den weiteren Bildungsweg
gestellt. Deshalb muss jedes Kind von Beginn an die Chance bekommen, seine
Potenziale zu entfalten und sich gut und frei zu entwickeln. Neben der Familie
sind unsere Krippen und Kindergärten die wichtigsten Orte, um ein Kind in seiner
Entwicklung zu begleiten und zu unterstützen. Die Kindertagespflege werden wir
als wichtige Säule der Kindertagesbetreuung auch in Zukunft in ihrer Arbeit
unterstützen.
Wir wollen den Bildungserfolg von der sozialen Herkunft entkoppeln. Dabei ist es
unser Anspruch, dass jedem Kind die gleichen Chancen zustehen, unabhängig vom
familiären Hintergrund.
Das bedeutet, dass wir Bildung ganzheitlich verstehen – als „Lernen mit Kopf,
Herz und Hand“. Es geht darum, Wissen und Kompetenzen zu erwerben, die
Persönlichkeit zu entwickeln, Kreativität und Motorik zu fördern. Wir streben
ein Recht auf Förderung an – damit kein junger Mensch die Schule verlässt, ohne
einen Mindeststandard beim Lesen, Schreiben und Rechnen zu erreichen. Außerdem
wollen wir besonders begabte Kinder und Jugendliche ihren Bedürfnissen
entsprechend fördern. Zugleich wollen wir den Leistungsbegriff im Bildungswesen
neu denken. Es ist unser Ziel, dass Schüler*innen eine breite Bildung erfahren,
die auf ihre individuellen Stärken aufbaut. Sie dürfen durch Misserfolge nicht
auf der Strecke bleiben. Leistung verstehen wir nicht allein als das Meistern
von Arbeiten, Aufgaben und Klausuren, sondern wir bedenken den Faktor Mensch.
Zwischenmenschliche, Charakter- und Persönlichkeitsmerkmale spielen dabei eine
entscheidende Rolle. So stärken wir Schüler*innen auf ihrem Weg, Teil einer
solidarischen Gesellschaft zu werden.
Es ist unser Ziel, den Weg für gute Leistungen freizumachen. Die einen finden
auf diesem Weg mehr Hindernisse, die anderen weniger. Nicht das Schicksal soll
über den persönlichen Lebensweg entscheiden, sondern Engagement, Talent und
Fleiß. Dazu brauchen wir ein Bildungssystem, das ermöglicht, ermutigt und
fördert. Alle Kinder sind von Natur aus neugierig und wollen etwas leisten. Die
Qualität der Schulen entscheidet mit darüber, ob sie es auch können. Wir wollen
nicht alle Kinder über einen Kamm scheren, sondern sie individuell fördern. Nur
so können sie ihr volles Leistungspotenzial entfalten. Gut ausgestattete Schulen
sind eine wichtige Grundlage. Aber am Ende entscheidet die richtige Pädagogik
und die Arbeit der Lehrkräfte, ob dies gelingt. Der Faktor Mensch ist auch in
einer technisierten Umwelt ausschlaggebend.
Für ein ganzheitliches Verständnis von Leistung und Bildung
Leistung bemisst sich für uns nicht in erster Linie daran, Faktenwissen
anzuhäufen und Erlerntes wiederzugeben. Leistung bedeutet für uns Grüne auch die
Fähigkeit, Verantwortung für sich und andere zu übernehmen. Leistung bedeutet,
in der digitalen Gesellschaft von morgen gemeinsam mit anderen Problemen zu
identifizieren und zu lösen. Leistung bedeutet, mit unvorhergesehenen
Situationen konstruktiv umzugehen – auch wenn es dafür noch keine Formel und
keinen Lehrsatz gibt.
Schwierigen Situationen mit Mut und Zuversicht begegnen: Resilienz ist wichtig
für jedes einzelne Kind, aber auch für uns als Gesellschaft. Wir alle müssen
lernen, in einer zunehmend unsicheren Welt zu leben. Selbstbewusste und
kompetente, starke und empathische Bürger*innen sind unser größter Trumpf. Der
Grundstein für die Persönlichkeit wird auch in der Schule gelegt. Deshalb sind
die Schulen nicht nur Orte, die für die Individuen große Bedeutung haben,
sondern auch für unser Gemeinwesen als Ganzes.
Grüne Bildungspolitik orientiert sich an international erfolgreichen
Bildungssystemen und nimmt wissenschaftliche Expertise auf. Im Dialog zwischen
Wissenschaft, Praxis und Gesellschaft werden Ideen, Perspektiven und Konzepte
für Baden-Württemberg entwickelt. Wir werden den wissenschaftlichen Beirat des
Kultusministeriums neu ausrichten, aufwerten und seine Empfehlungen
veröffentlichen.
In der „grünen Schulwelt“ von morgen arbeiten alle Beteiligten konstruktiv
zusammen: Schulleitung und Lehrer*innen, Eltern, multiprofessionelle Teams,
Sportvereine, Musikschulen und viele andere externe Akteur*innen. Das Schulleben
ist geprägt von Respekt, Vertrauen und demokratischer Beteiligung auf Augenhöhe.
Die Schulleitungen haben als Motoren der Innovation eine Schlüsselfunktion. Um
diese Aufgaben mit Leben füllen zu können, müssen sie mit den notwendigen
Ressourcen ausgestattet werden. Schulen leben „Vielfalt unter einem Dach“. Damit
ist Schule gemeint, die Diversität in all ihren Dimensionen gerecht wird. An den
Schulen findet rhythmisierter Ganztagsunterricht statt, der den Schüler*innen
auch flexible Zeiträume für Vereinsaktivitäten und Zeit mit den Eltern
ermöglicht.
Qualität in der Kita weiter verbessern, Sprachförderung ausbauen
Baden-Württemberg ist zum dritten Mal in Folge bundesweiter Spitzenreiter bei
der Qualität von Krippen und Kindergärten. Bei uns kommt im Schnitt ein*e
Erzieher*in auf drei Kinder unter drei Jahren. Das bedeutet: Die pädagogischen
Fachkräfte haben bei uns mehr Zeit, auf die Bedürfnisse jedes einzelnen Kindes
einzugehen, als in anderen Bundesländern. Wir werden alles dafür tun, um die
Qualität der frühkindlichen Bildung weiter zu verbessern und den Ausbau der
Kita-Plätze nach Kräften fördern.
Wir wollen die Qualitätskriterien des Orientierungsplans weiterentwickeln und an
die heutige Lebenswirklichkeit anpassen. In den Kindertagesstätten im ganzen
Land soll der Orientierungsplan verbindlich umgesetzt werden. Damit das gelingt,
streben wir eine Vereinbarung mit den Verbänden der Kita-Träger an.
Sprache ist der Schlüssel für eine gute Bildung und gesellschaftliche Teilhabe.
Wir werden die Sprachförderung im Kindergartenalltag entschlossen weiter
ausbauen und verbessern. Dabei werden wir uns am Bundesprogramm „Sprach-Kita“
orientieren.
Wir haben in Baden-Württemberg engagierte und qualifizierte Erzieher*innen. Um
die Kita-Plätze weiter ausbauen und den guten Betreuungsschlüssel halten zu
können, müssen wir noch mehr Fachpersonal gewinnen. Wir wollen den Beruf
attraktiver machen, indem wir die Arbeitsbedingungen verbessern und
Erzieher*innen besser bezahlen. Zudem werden wir eine weitere
Fachkräfteoffensive starten.
Viele Städte und Gemeinden erheben die Kita-Gebühren gestaffelt nach der
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Familie. Wir unterstützen das. Denn
starke Schultern können mehr tragen als schwache. Deshalb werden wir mit den
Kita-Trägern in Verhandlungen eintreten, um für sozial gestaffelte Gebühren im
ganzen Land zu sorgen. Eine komplette Gebührenfreiheit für Kitas und
Kindergärten halten wir zwar langfristig für erstrebenswert, aber derzeit noch
nicht für machbar. Denn sonst würde das notwendige Geld für den quantitativen
und qualitativen Ausbau der Kita-Plätze sowie für die Ausbildung neuer
Erzieher*innen fehlen.
Unsere Kinder sind das Wertvollste, was wir haben. Um Kinder bestmöglich zu
schützen, fordern wir ein verbindliches Präventions- und Kinderschutzkonzept für
alle Kitas und Schulen. Die Förderung und Achtung der Kinderrechte soll
verbindlicher Bestandteil der pädagogischen Konzeption werden.
Qualitätsentwicklung der Schule konsequent weiterverfolgen
Wir stehen für ein leistungsstarkes und leistungsgerechtes Bildungssystem, mit
dem wir im internationalen Vergleich an der Spitze mitspielen. Deswegen werden
wir die Schritte, die wir im Rahmen des Qualitätskonzepts begonnen haben,
konsequent fortsetzen. Zu Beginn der neuen Legislatur wollen wir die beiden
neuen Institute – das Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) und das
Institut für Bildungsanalysen (IBBW) – kritisch analysieren. Wir werden ihre
Kernaufgaben und Strukturen in den Blick nehmen und dort nachsteuern, wo es
Bedarf gibt. In diese Analyse werden wir alle Akteur*innen der Aus- und
Fortbildung von Lehrkräften einbeziehen. Sowohl die Neuausrichtung der
Fortbildung für Lehrkräfte als auch die datenbasierte Unterstützung der
Schulentwicklung müssen zukünftig ihre Wirkung entfalten. Schulen benötigen
passgenaue Fortbildungen. Es muss selbstverständlich werden, dass sich Schule
als System kontinuierlich weiterentwickelt. Ein besonderes Augenmerk wollen wir
auf die Stärkung und Unterstützung der Schulleitungen legen, die für den
Qualitätsprozess an Schulen zentral sind. Schon im Studium müssen
Führungskompetenzen vermitteln werden, damit angehende Lehrkräfte schon
frühzeitig eine Karriere als Schulleiter*in ins Auge fassen können.
Grundschulen stärken – mit multiprofessionellen Teams und gezielter finanzieller
Förderung
Wir werden eine Konzeption für multiprofessionelle Teams erarbeiten. In diesen
Teams, die zunächst an Grundschulen zum Einsatz kommen sollen, arbeiten die
Lehrkräfte mit weiteren Berufsgruppen zusammen. Dazu gehören zum Beispiel
Pädagogen, Psychologinnen, Logopäden, Ergo- und Lerntherapeutinnen. Gemeinsam
können sie die Kinder in ihrer ganzen Vielfalt an sozialen, kulturellen und
familiären Hintergründen ganzheitlich fördern.
Wir stehen für einen zielgerichteten und bedarfsgerechten Ressourceneinsatz.
Manche Schulen stehen vor größeren Herausforderungen als andere, weil sie mehr
Schüler*innen mit besonderem Förderbedarf haben. Diesen Schulen wollen wir mehr
Mittel zur Verfügung stellen. Mit dieser so genannten „sozialindexbasierten
Ressourcenzuweisung“ wollen wir finanzielle Unterschiede zwischen unseren
Schulen ausgleichen und Schulen mit besonderem Bedarf unterstützen, um
Chancengleichheit zu leben. Dabei richtet sich die sozialindexbasierte
Ressourcenzuweisung nicht nur nach dem Förderbedarf, sondern auch nach
sozioökonomischen Faktoren der einzelnen Schulen und deren Quartiere.
Mit dem Einstieg in multiprofessionelle Teams und eine sozialindexbasierte
Ressourcenzuweisung stärken wir die Grundschulen nachhaltig – und damit das
Fundament der Lernbiografie aller Schüler*innen. Um den langfristigen
Lehrkräftebedarf zu decken, werden wir die Zahl der Studienplätze für das
Grundschullehramt weiter erhöhen. Den Ethikunterricht werden wir konsequent bis
Klasse 1 ausbauen.
Wir bekennen uns zu wohnortnahen Grundschulstandorten und zum Prinzip „Kurze
Beine – kurze Wege“. Regionale Verbünde und freiwillige Zusammenschlüsse,
Grundschulen mit mehreren Standorten können dazu beitragen, die Qualität zu
erhöhen. So kann die Schulleitung gestärkt und fachfremder Unterricht verringert
werden. In Südtirol gelingt es auf diese Weise, auch kleine Schulstandorte mit
hoher Qualität zu erhalten. Im Rahmen der regionalen Schulentwicklung wollen wir
die Grundschullandschaft mit Anreizen zukunftsfähig machen. Wir setzen dabei –
wie im Bereich der Sekundarschulen – auf die Initiative der Grundschulen und der
Schulträger.
Schule funktioniert am besten, wenn Lehrkräfte, Eltern und Schüler*innen
vertrauensvoll und eng zusammenzuarbeiten und gemeinsam Verantwortung
übernehmen. Diese Bildungs- und Erziehungspartnerschaft wollen wir stärken.
Beim Wechsel auf die weiterführende Schule setzen wir weiterhin auf die bewährte
Kombination von qualifizierter Beratung durch die Schulen und Verantwortung der
Eltern. Um sie bestmöglich bei ihrer Entscheidung zu unterstützen, haben wir die
Beratung weiter ausgebaut. Eine verbindliche Grundschulempfehlung lehnen wir ab.
Demokratie im Unterricht erlebbar machen
Wir stärken die Demokratiebildung in allen Schularten. Sie soll altersgerecht
und in unterschiedlichen Facetten erfolgen. Es geht nicht nur darum, Wissen zu
erwerben. Die Schüler*innen sollen Demokratie an der Schule unmittelbar und
selbstwirksam erleben, über tagespolitische Entscheidungen diskutieren und Wirtschaftsprozesse neudenken können. Wir wollen ihnen vermitteln: Die eigene Meinung
zählt und Rechte und Verantwortung gehen Hand in Hand. An Pilotschulen jeder
Schulart wollen wir wertvolle Erfahrungen für eine Demokratisierung des
Bildungswesens sammeln, indem wir das Schulleben demokratisch organisieren und
selbstbestimmtes Lernen ermöglichen.
Wir stärken die gesellschaftswissenschaftlichen Fächer an allen Schularten und
werden die Einführung eines gesellschaftswissenschaftlichen Profilfachs
„Geschichte, Gemeinschaftskunde, Geografie“ prüfen.
Schulen und Schüler*innen fit machen für die digitale Gesellschaft
Wir wollen, dass die Schüler*innen in der digitalen Gesellschaft ihr Leben frei
und selbstbestimmt in die Hand nehmen können. Dazu sollen die Schulen sie
befähigen.
Gemeinsam mit den Schulträgern sorgen wir für eine leistungsfähige digitale
Infrastruktur: Die Schulen erhalten administrativen und technischen Support bei
der Verwaltung, Instandhaltung und Weiterentwicklung der Netzwerke und IT-
Strukturen.
Wir stellen aufeinander aufgebaute Lernmanagement- und Lernplattform-Module
sowie digitale Lernmaterialien bereit und passen diese kontinuierlich und
bedarfsorientiert an. Wir entwickeln die Leitperspektive Medienbildung weiter
und bauen Mediencurricula auf, die auf die verschiedenen Schularten und
Klassenstufen abgestimmt sind.
Wir sind überzeugt: Mit einer guten, digital gestützten Diagnostik kann das
Lernen individualisierter und zielgerichteter gestaltet werden. Mit den
regelmäßig erhobenen Daten wollen wir Fördersysteme entwickeln lassen und so
Schüler*innen und Lehrkräfte unterstützen.
Schulen, die sich auf den Weg machen und digitale Schulkonzepte entwickeln,
unterstützen wir durch ein zielgerichtetes Programm.
Auch in der digitalen Welt braucht es gut ausgebildete Lehrkräfte, damit
Schüler*innen erfolgreich lernen können. Deshalb stärken wir den pädagogischen
Überbau der digitalen Bildung – durch Module zur digitalen Didaktik in der
ersten und zweiten Phase der Lehrerbildung. Gleichzeitig entwickeln wir in der
dritten Phase des Lehrerberufs ein kohärentes Fortbildungskonzept im Einklang
mit den Mediencurricula und Medienentwicklungsplänen.
Wir schaffen schulübergreifende Möglichkeiten für digitale Lernerfahrungsräume.
Das Prinzip der Lernfabriken 4.0 weiten wir an den beruflichen Schulen aus und
machen Künstliche Intelligenz in Kooperation mit Ausbildungsbetrieben,
Hochschulen und Unis erfahrbar. In der Weiterbildung und beruflichen Bildung
nutzen wir die digitale Transformation als Chance, um Veränderungspotenziale
auszuschöpfen und Wandlungsprozesse voranzutreiben.
Wir stärken den wissenschaftlichen Überbau und schaffen eine vernetzte
Forschungsplattform unter dem Titel „Digitalität in der Pädagogik“. Ziel ist es,
die Chancen und Risiken abzuschätzen und die veränderten Lebensbedingungen durch
digitales Lernen kontinuierlich wissenschaftlich zu begleiten. Gleichzeitig
schaffen wir auf Landesebene einen interdisziplinären Beraterkreis „Schule
digital“. Er soll Bildungsakteure vernetzen, Erfahrungen sammeln und evaluieren
sowie Best-Practice-Bespiele austauschen. All dies soll als Grundlage dienen, um
die bestehenden Angebote fortlaufend weiterzuentwickeln.
Vorrang für das inklusive Lernen – mit verbesserten Rahmenbedingungen
Kinder mit und ohne Behinderung sollen gemeinsam aufwachsen können. Das ist uns
Grünen wichtig. Deshalb wollen wir Inklusion in den Krippen und Kindergärten
weiter ausbauen. Wir stehen für den Vorrang der inklusiven Beschulung. Wir
wollen die Rahmenbedingungen, die dafür im personellen, räumlichen und
administrativen Bereich notwendig sind, spürbar verbessern. In den nächsten
Jahren gilt es, mehr Lehrkräfte mit sonderpädagogischen Kompetenzen auszubilden
und einzustellen. Damit Inklusion auf Dauer gelingt, müssen sich alle Schulen
für inklusives Lernen öffnen und ihre Lehrkräfte für eine gelingende
individuelle Förderung weiterqualifizieren. An den Hochschulen haben wir
entsprechende Inhalte schon jetzt in die Lehramtsausbildung für alle Schularten
aufgenommen. Wir werden sie auch in die Fortbildungskonzepte für alle Lehrämter
integrieren.
Wir stärken die Qualität des rhythmisierten Ganztags
Ein qualitativ hochwertiges schulisches Ganztagsangebot kann Schüler*innen in
ihrer Entwicklung ganzheitlich fördern. Deshalb werden wir die Qualität des
rhythmisierten Ganztags stärken. Die Einbeziehung von außerschulischen Partnern
wie Vereinen oder Musikschulen stärkt dabei die Verankerung vor Ort und bietet
ein ganzheitliches Angebot. Gute schulische Ganztagsangebote sind nur in reinen
Ganztagsklassen möglich. Wir wollen den Schüler*innen und Eltern dabei dennoch
mehr Flexibilität geben. Im Dialog mit allen Beteiligten werden wir die
Betreuungsangebote an Grund- und weiterführenden Schulen weiterentwickeln und
dafür notwendige Qualitätsstandards einführen.
Junge Menschen individuell zum Schulabschluss begleiten
Egal ob Hauptschulabschluss, mittlerer Abschluss oder Abitur – unser Ziel ist
es, dass jede*r Schüler*in den für sich besten Schulabschluss erreichen kann. Es
wird darauf ankommen, dass Ressourcen gezielt und wirksam eingesetzt werden.
Alle Schularten benötigen für ihre jeweiligen Aufgaben die entsprechenden
Ressourcen. Kinder und Jugendliche individuell zu fördern, das ist und bleibt
die zentrale Aufgabe. Damit Schulen dies leisten können, braucht es
leistungsfähige und bestmöglich ausgestattete Standorte mit entsprechend
anspruchsvollen pädagogischen Konzepten. Wir werden Schulstandorte dabei
unterstützen, regional zu kooperieren und voneinander zu lernen.
Wir setzen uns für eine zukunftsfähige Lernkultur ein, die eigenständiges Lernen
unterstützt. Lehrkräfte benötigen Zeit, um individuelle Förderung und soziale
Lernprozesse zu initiieren und zu begleiten. Ein wichtiger Bestandteil sind
Coaching-Angebote für Schüler*innen in allen Schularten. Die Lehrkräfte können
den Kindern hier gezielt rückmelden, wo sie mit ihren schulischen und sozialen
Fähigkeiten stehen und Impulse für die weitere Entwicklung geben. Uns ist es
wichtig, Schüler*innen zu fördern und zu bestmöglichen Leistungen zu ermutigen.
Dazu müssen ihre Leistungen schon in der Orientierungsstufe auf dem jeweiligen
Niveau bewertet werden. Wir werden die Leistungsbewertung an Werkrealschulen und
an Realschulen entsprechend reformieren.
Sport, Musik, Kunst und Theater bereichern das Schulleben und stärken Kinder und
Jugendliche dabei, die eigene Persönlichkeit zu entwickeln. Als fester
Bestandteil des Unterrichts sowie als freiwillige Angebote sind sie
unverzichtbar – auch und vor allem in Zeiten einer Pandemie.
Den Weg zum Abitur weiterentwickeln
In Baden-Württemberg führen viele Wege zum Abitur. Berufliche Gymnasien sind
landesweit stark nachgefragt. Gleichzeitig stellen die ersten Oberstufen an
Gemeinschaftsschulen ihren Erfolg unter Beweis. Neben dem achtjährigen Gymnasium
G8 gibt es die Modellschulen G9. Schüler*innen, die in neun Jahren zum Abitur
wollen, haben schon jetzt vielfältige Möglichkeiten dazu.
Wir wollen das G8 pädagogisch weiterentwickeln. Das heißt: Die Potenziale aller
Schüler*innen sollen individuell bestmöglich gefördert werden. Wir wollen den
Teamgedanken unter den Lehrer*innen stärken, um die Förderung noch besser
abzustimmen und eine bestmögliche Lernumgebung zu schaffen. Wir wollen Schulen
auf dem Weg zu innovativen Konzepten gezielt unterstützen. Die Oberstufen an den
Gemeinschaftsschulen wollen wir weiter ausbauen. Es gilt, die verschiedenen
Möglichkeiten im Bereich der Sekundarstufe II gut aufeinander abzustimmen. So
können dauerhaft stabile Standorte entstehen. Die beruflichen Gymnasien werden
wir weiter im Blick haben und bedarfsgerecht ausbauen.
Berufliche Bildung und schulische Integrationsarbeit stärken
Wir wollen die Empfehlungen der Enquetekommission „Fit fürs Leben in der
Wissensgesellschaft – berufliche Schulen, Aus- und Weiterbildung“ umsetzen.
Handwerkliche und soziale Berufe wollen wir gesellschaftlich aufwerten. Die
berufliche Bildung und Weiterbildung wird künftig noch wichtiger werden. Wir
brauchen ein Changemanagement, das den Veränderungen in der Berufswelt und der
Wirtschaft gerecht wird. Ausbildungsangebote und berufliche Bildung für
Jugendliche ohne Ausbildungsplatz müssen künftig wieder stärker in den Blick
genommen werden – Stichwort Ausbildungsgarantie. Wir wollen den inklusiven
Zugang zur beruflichen Bildung ermöglichen und den Übergang in das Berufsleben
aktiv gestalten. Berufsschulen wollen wir attraktiver machen und stärker
unterstützen, indem wir personelle und fachliche Ressourcen ausbauen und
Schulsozialarbeit stärken. Wir starten eine Imagekampagne und verbinden Betriebe
noch stärker mit Berufsschulen. Für geflüchtete Schüler*innen entwickeln wir
zusätzliche Angebote. Wir legen stärkeren Fokus auf die Fertigkeiten, die in
Zukunft gefragter sein werden, z.B. in den Bereichen Kommunikation,
Digitalisierung und Energieeffizienz, und fördern dementsprechender den Ausbau
der Infrastruktur an den Schulen.
Der digitale Wandel wird auch die Weiterbildung verändern. Dies bietet die
Chance, mit neuen Angeboten neue Zielgruppen zu erreichen. Im lebensbegleitenden
Lernen werden sich die gesellschaftlichen Entwicklungen widerspiegeln, die
politische Bildung wird hier einen neuen Stellenwert erhalten. Wir sehen die
Weiterbildungsträger als wichtige Partner, um die unterschiedlichen
gesellschaftlichen Gruppen zu erreichen, und werden sie in ihrer Arbeit
politisch unterstützen.
Um die gesellschaftliche Teilhabe zu sichern, wollen wir die Alphabetisierung
der Gesellschaft weiter in den Blick nehmen und die Grundbildung weiter
voranbringen.
Wie gut gelingt die Integration von Menschen mit Migrationsgeschichte? Diese
Frage ist entscheidend für unseren künftigen Wohlstand und unseren
gesellschaftlichen Zusammenhalt. Etwa 40 Prozent der Menschen, die in Baden-
Württemberg leben und jünger als 25 Jahre sind, haben einen
Migrationshintergrund. Vier von fünf Kindern und Jugendlichen mit
Zuwanderungsgeschichte sind hier aufgewachsen. Schule als Lern- und Lebensort
ist – neben der Familie – besonders wichtig, um Sprachkompetenzen zu erlernen
und demokratische Werte und Einstellungen aufzubauen. Wir wollen den
sprachsensiblen Fachunterricht in allen Schulen verankern. Kinder und
Jugendliche, die zuwandern, erhalten gezielten Unterricht in Deutsch als
Fremdsprache. Mentor*innenprogramme für Eltern, mit denen wir die Familien
begleiten, werden wir bedarfsgerecht weiter ausbauen.
Schulen mehr Freiräume geben, Lehrkräfte gewinnen
Die Akteur*innen vor Ort sind entscheidend dafür, dass gute Schule gelingt.
Schulleiter*innen, Lehrkräfte und auch Schulträger kennen die Verhältnisse vor
Ort und die Bedürfnisse ihrer Schüler*innen am besten. Wir wollen den einzelnen
Schulen deshalb mehr Verantwortung, Autonomie und Freiräume geben, sich
pädagogisch zu entwickeln und den Schulalltag zu gestalten. Den Teamgedanken
wollen wir in allen Dimensionen stärken. Die Schulen sollen sich – innerhalb
klarer Qualitätsstandards – eigenverantwortlicher entscheiden können, wie sie
sich pädagogisch profilieren, Schwerpunkte setzen, Budgets einsetzen und mit wem
sie Kooperationen eingehen wollen.
Egal ob Ganztag, Inklusion oder Digitalisierung – die Aufgaben von Land und
Trägern sind eng miteinander verwoben. Wir wollen mit den Kita- und Schulträgern
in einen offenen und strukturierten Prozess für eine moderne Trägerschaft
eintreten. Wir wollen dazu auch die interkommunale Zusammenarbeit intensivieren.
Dies gilt in besonderem Maß auch für die Gestaltung einer zukunftsfähigen
Schulstruktur.
Schulen in freier Trägerschaft sind eine wichtige Bereicherung der
Schullandschaft und geben wichtige pädagogische Impulse. Wir stehen auch in
Zukunft für eine auskömmliche Finanzierung dieser Schulen.
Um junge Menschen auf dem Weg in den Lehrerberuf zu unterstützen, werden wir ein
freiwilliges pädagogisches Bildungsjahr einführen.
Gemeinsam mit den Gewerkschaften und Verbänden wollen wir das aktuelle
Arbeitszeitmodell überprüfen und modernisieren. Unser Ziel ist, auch die
Tätigkeiten realistisch abzubilden, die über den reinen Unterricht hinausgehen.
Lehrkräfte, die in den ersten drei Monaten eines Schuljahres einen befristeten
Vertrag abschließen, sollen in den folgenden Sommerferien ebenfalls ihre
Bezahlung erhalten, wenn sie im kommenden Schuljahr wieder eingestellt werden.
Darum Grün!
Wer Grün wählt, stimmt für
- den weiteren Ausbau der Sprachförderung in Kitas und einkommensabhängige
Kitagebühren
- eine Fachkräfteoffensive für den Erzieher*innenberuf
- starke Grundschulen mit multiprofessionellen Teams und
sozialindexbasierter Ressourcenzuweisung
- die Weiterentwicklung einer zukunftsfähigen, leistungsorientierten und
sozial gerechten Schulstruktur in der Sekundarstufe
- eine umfassende Digitalisierung der Schulen, inklusive guter technischer
Ausstattung und Angeboten zur Medienbildung
- mehr Inklusion in Kitas und Schulen
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Martin Mai: