Kapitel: | Ein humaner Rechtsstaat ist der Garant für Freiheit und Demokratie |
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Antragsteller*in: | Landesmitgliederversammlung Grüne Jugend Baden-Württemberg (dort beschlossen am: 14.11.2020) |
Status: | Geprüft |
Verfahrensvorschlag: | Erledigt durch: K12-126 |
Eingereicht: | 21.11.2020, 10:31 |
K13-284: Ein humaner Rechtsstaat ist der Garant für Freiheit und Demokratie
Verfahrensvorschlag zu K12-126: Antragstext
Von Zeile 125 bis 127 einfügen (K12: Vielfalt und Zusammenhalt gelingen nur gemeinsam):
zivilgesellschaftlichen Organisationen Workshops zur Antidiskriminierungsarbeit in der Fläche anbieten. Auch von staatlicher Seite dürfen keine Diskriminierungen erfolgen. Darum fordern wir ein Antidiskriminierungsgesetz, das nach dem Vorbild des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ausgestaltet sein soll. Besonders wichtig ist es uns auch, die Themen Antirassismus und Antidiskriminierung in die Schulen zu bringen.
Kapitel 12: Gesellschaft, Integration und Gleichstellung
Vielfalt und Zusammenhalt gelingen nur gemeinsam
Baden-Württemberg ist ein Land mit einzigartigen Menschen und einer lebendigen
und vielfältigen Gesellschaft. Wir alle leben gerne hier. Wir schätzen den
Zusammenhalt, dass man füreinander da ist und sich gegenseitig hilft. Nirgendwo
sonst in Deutschland engagieren sich so viele Menschen ehrenamtlich im
Sportverein, in der Flüchtlingshilfe, in einer Bürgerinitiative oder
Kirchengemeinde.
In der Corona-Krise haben wir bewiesen, dass wir als Gesellschaft auch mit
Abstand zusammenhalten. Viele haben mit angepackt und anderen geholfen: Jüngere
haben für Ältere eingekauft, Ältere haben für ihre Nachbarschaft Alltagsmasken
genäht, Sportvereine haben Training fürs Wohnzimmer angeboten und Künstler*innen
haben Konzerte im Internet gegeben oder vor Krankenhäusern gesungen, um den
Patient*innen Mut zu machen. Das war eine große Gemeinschaftsleistung, die
einmal mehr gezeigt hat, was wir zusammen alles schaffen können.
Auch wenn das Miteinander bei uns in Baden-Württemberg stärker ist als anderswo,
nehmen auch bei uns die Fliehkräfte in der Gesellschaft zu. Die liberale
Demokratie steht weltweit unter Druck. Die fundamentalen Umbrüche – von der
digitalen Revolution, über die Globalisierung und die Klimakrise bis hin zur
Migration – verunsichern viele Menschen. Der Ton der öffentlichen Debatte wird
rauer und brutaler. Der soziale Kitt, der unsere Gesellschaft zusammenhält,
bröckelt.
Wir Grüne stehen für eine Politik, die Orientierung und Sicherheit im Wandel
gibt und das Vertrauen in unser Gemeinwesen stärkt. Wir wollen unser
Zusammenleben so gestalten, dass alle Menschen am gesellschaftlichen Leben
teilhaben können, wahrgenommen werden und den Respekt erfahren, den jede*r
einzelne verdient. Uns geht es darum, das Miteinander und Füreinander in unserer
offenen Gesellschaft zu fördern und Diskriminierung und Ausgrenzung zu
überwinden. Unser Ziel heißt Zusammenhalt in Vielfalt. Deshalb haben wir bereits
in den vergangenen Jahren den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu einem
politischen Schwerpunkt der grün-geführten Landesregierungen gemacht. Diesen Weg
wollen wir in den kommenden Jahren beherzt weitergehen. Wir wollen die
Abwehrkräfte unserer Gesellschaft gegen Populismus und Polarisierung stärken.
Denn miteinander erreichen wir so viel mehr als gegeneinander.
Ein starkes Ehrenamt bringt Menschen zusammen
Baden-Württemberg ist das Land des bürgerschaftlichen Engagements. Fast die
Hälfte aller Menschen in unserem Bundesland engagiert sich freiwillig. Was bei
uns viele Menschen ehrenamtlich in den Sport- und Musikvereinen, bei der
Freiwilligen Feuerwehr, in Bürgerinitiativen, Kirchen, Gewerkschaften und
Parteien leisten, ist unbezahlbar.
Wir Grüne fördern und stärken ehrenamtliches Engagement. Mit der
Engagementstrategie Baden-Württemberg hat die grün-geführte Landesregierung eine
Strategie zur Stärkung der Bürgergesellschaft auf den Weg gebracht. Wir Grüne
wollen erreichen, dass sich alle Menschen engagieren können – unabhängig von
Alter, Herkunft, einer Behinderung, Einkommen, Bildung, Religion, Geschlecht
oder sexueller Orientierung. Wir wollen noch mehr Menschen für das Ehrenamt
begeistern und das bürgerschaftliche Engagement noch besser würdigen. Dafür
werden wir eine Ehrenamtsoffensive starten. Denn das Ehrenamt braucht gute
Rahmenbedingungen. Wir werden unnötige bürokratische Hürden, die viel Zeit und
Verwaltungsarbeit auffressen, abbauen. Die Vernetzung der Ehrenamtlichen soll
gestärkt werden, um die Möglichkeiten für den Austausch von Wissen und Erfahrung
zu verbessern. Wir werden mehr Weiterbildungsmöglichkeiten für Engagierte
schaffen und zudem eine Ehrenamtskarte einführen. Im Bund werden wir uns für
eine höhere steuerfreie Aufwandspauschale einsetzen.
Viele junge Menschen im Land bringen sich aktiv in die Gesellschaft ein: auf der
Straße, in zahlreichen Vereinen oder auch im Rahmen von Freiwilligendiensten.
Diese Erfahrung wollen wir noch mehr jungen Menschen ermöglichen und ihr
Engagement belohnen. Deshalb werden wir die Landesmittel für das Freiwillige
Soziale Jahr erhöhen. Wir wollen darüber hinaus erreichen, dass soziales
Engagement verstärkt beim Hochschulzugang berücksichtigt wird. Außerdem wollen
wir ein Landesticket einführen, mit dem jede*r FSJ-Leistende den Nahverkehr im
Land kostenlos nutzen kann. Mit einem FSJ-Pass wollen wir ermöglichen, dass die
FSJ-Leistenden künftig ermäßigte Eintrittspreise beispielsweise in Freibädern
und anderen Einrichtungen erhalten.
Mit Sport verbinden, mit Sport gewinnen
Der Sport spielt für den gesellschaftlichen Zusammenhalt eine zentrale Rolle,
denn Sport verbindet: Alte und Junge, Menschen verschiedener Herkunft, mit
verschiedenen Erfahrungen. Im Sport werden die Werte einer offenen und
solidarischen Gesellschaft gelebt und vermittelt: Fairness, Toleranz, Teamgeist
und Verantwortung. Und Sport hält uns fit und fördert unsere Gesundheit. Wir
Grüne unterstützen deshalb den Sport im Land aus voller Überzeugung.
Sportler*innen wollen wir besser unterstützen und ihnen mit einem
Sportler*innenticket für den ÖPNV den kostenlosen Weg zum Wettkampf ermöglichen.
Wir Grüne werden den Breitensport weiterhin partnerschaftlich und verlässlich
unterstützen, denn er vermittelt Werte und Bildung und schafft Zusammenhalt.
Sportvereine und Verbände benötigen für die Bewältigung ihrer Aufgaben Rückhalt.
Deshalb wollen wir den Solidarpakt Sport verlängern, um die Sportvereine auch
weiterhin unterstützen zu können. Vielerorts sind Sportstätten die einzigen
Orte, an denen Menschen unterschiedlichster Herkunft und Milieus zusammenkommen
und gemeinsam ihre Mannschaft unterstützen oder zusammen Sport treiben. Wir
Grüne wollen diese Orte nachhaltig sichern und verbessern. Mit dem Solidarpakt
Sport III hat die grün-geführte Landesregierung die ehrenamtlichen
Übungsleiter*innen besser ausgestattet und die Fördermittel für den Bau von
Sportstätten, insbesondere durch ein Sonderprogramm, deutlich erhöht. Wir Grüne
wollen beim Bau von Sportstätten einen Schwerpunkt auf Klimaschutz und
Nachhaltigkeit legen.
Wir Grüne unterstützen die Initiative „Spitzensportland Baden-Württemberg“, um
vielen Sportler*innen die Möglichkeit zu geben, sich zu Spitzenathlet*innen
entwickeln zu können. Wir machen uns für eine transparente Sportförderung stark,
die die Athlet*innen in den Mittelpunkt stellt und duale Karrieren ermöglicht
und fördert.
Wie unsere Gesellschaft ist auch der Sport stets im Wandel. Wir Grüne machen uns
dafür stark, dass auch der Sport diesem Wandel standhält. Wir zeigen uns offen
für neue Formen des Sports: Millionen Menschen begeistern sich für eSport. Wir
Grüne wollen gute Rahmenbedingungen für den eSport in Baden-Württemberg schaffen
– vor allem für Amateur-Vereine. Deshalb sollen eSport-Vereine genauso von der
Gemeinnützigkeit profitieren können wie andere Sportvereine. Einen Wandel im
Sport wollen wir Grüne auch beim Thema Auflösung der strikten
Geschlechtertrennung vorantreiben. Dafür wollen wir Projekte und Vereine
besonders unterstützen, die Pionierarbeit leisten und den geschlechtergemischten
Mannschaftssport normalisieren.
Nach der Corona-Pandemie können viele hunderttausend sportbegeisterte Menschen
hoffentlich wieder die Spiele ihrer Mannschaften in unserem Land besuchen. Damit
diese Veranstaltungen sicher und für jede*n zugänglich bleiben, hat die grün-
geführte Landesregierung mit den Stadionpartnerschaften ein Konzept vorgelegt,
das Sportveranstaltungen zu dem macht, was sie sein sollten: ein Ereignis, an
dem die ganze Familie teilnehmen kann. Wir Grüne unterstützen darüber hinaus
präventive Fanprojekte und Fanbeauftragte. Gewalt, Diskriminierung und
Ausgrenzung dürfen im Sport ebenso wenig wie in anderen Bereichen der
Gesellschaft geduldet werden.
Ja zu Vielfalt – Nein zu Hass und Hetze
Wir Grüne stehen fest zu den Werten unseres Grundgesetzes und verteidigen unsere
Gesellschaft gegen rassistisches, rechtsextremes und menschenverachtendes
Gedankengut. Deshalb werden wir einen Aktionsplan gegen Hasskriminalität
auflegen. Mit Herz und Haltung wollen wir Hass und Hetze entgegentreten – online
und offline. Wir wollen Betroffene besser unterstützen, Polizei und Justiz
stärker sensibilisieren und die Strafverfolgung effektiver gestalten. Die
Entwicklung der Hasskriminalität in Baden-Württemberg muss Eingang in den
Sicherheitsbericht des Landes finden. Wir ermutigen die Opfer von rechter
Gewalt: Zeigt Hasskriminalität konsequent an!
Wir Grüne wollen, dass es gar nicht erst zu Hassverbrechen kommt. Deshalb setzen
wir auf Prävention. Wir werden die Landesantidiskriminierungsstelle finanziell
stärken und personell ausbauen. Sie soll flächendeckende Informationskampagnen
gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit erarbeiten und gemeinsam mit
zivilgesellschaftlichen Organisationen Workshops zur Antidiskriminierungsarbeit
in der Fläche anbieten. Auch von staatlicher Seite dürfen keine Diskriminierungen erfolgen. Darum fordern wir ein Antidiskriminierungsgesetz, das nach dem Vorbild des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ausgestaltet sein soll. Besonders wichtig ist es uns auch, die Themen
Antirassismus und Antidiskriminierung in die Schulen zu bringen.
Menschlichkeit und Verantwortung – für ein weltoffenes Baden-Württemberg
Weltweit sind so viele Menschen auf der Flucht wie seit dem Zweiten Weltkrieg
nicht mehr. Sie fliehen vor Krieg, Gewalt, Terror, Perspektivlosigkeit und der
Zerstörung ihrer Heimat durch die Klimakrise. Viele von ihnen suchen Schutz in
Europa, Deutschland und auch bei uns in Baden-Württemberg. Unser Land hat
bereits vielen Menschen eine neue Heimat geben können. Menschlichkeit und
Verantwortung bilden den Kern unserer flüchtlings- und asylpolitischen
Überzeugungen: Wir sind stark genug, um Menschen in Not zu helfen. Wir sorgen
dafür, dass Geflüchtete bei uns ein neues Zuhause finden und schaffen
langfristige Integrations- und Bleibeperspektiven. Heimat wird nicht weniger,
wenn man sie teilt.
In den vergangenen Jahren hat die grün-geführte Landesregierung in einer
Verantwortungsgemeinschaft mit den Kommunen und der Zivilgesellschaft vielen
Menschen geholfen und mit verschiedene Maßnahmen für eine bessere Unterbringung
und Versorgung der Menschen, die zu uns gekommen sind, gesorgt. Durch
kraftvolles und koordiniertes Handeln haben wir neben der Erhöhung des
Wohnraumes in der Flüchtlingsaufnahme auch eine erfolgreiche
Bundesratsinitiative für Geflüchtete in Arbeit gestartet, um Bleibeperspektiven
zu verbessern. Wir haben außerdem ein Sonderprogramm zur Aufnahme von 1000
traumatisierten jesidischen Frauen und Kindern aufgelegt, die der grausamen
Verfolgung durch den sogenannten Islamischen Staat entkommen konnten. Wir bieten
ihnen hier Schutz und Sicherheit. In der nächsten Legislaturperiode wollen wir
ein zweites Sonderprogramm für besonders Schutzbedürftige auflegen.
Wir Grüne sind dankbar, dass sich so viele Menschen in unserem Land in der
ehrenamtlichen Flüchtlingshilfe engagieren. Egal, ob es die Landfrauen sind, die
Wollsocken für Flüchtlingskinder stricken. Der Fußballtrainer, der neue
Kicker*innen aus aller Welt in seinem Team mit offenen Armen empfängt. Die
Deutschlehrerin, die ehrenamtlich an ihren Nachmittagen den Neuankömmlingen
erste Sprachkenntnisse vermittelt. Oder die vielen Ehrenamtlichen in den
Freundeskreisen, die sich um die kleinen und großen Alltagsprobleme kümmern. Wir
Grüne bringen diesem Engagement große Wertschätzung entgegen und werden es
weiter gezielt unterstützen.
Viele Städte und Gemeinden in Baden-Württemberg unterstützen die Initiative
„Sichere Häfen“ und zeigen damit Bereitschaft, Geflüchtete aufzunehmen, die aus
Seenot gerettet worden sind oder in Flüchtlingslagern vor den Toren Europas
leben. Wir Grüne unterstützen diese Initiative und machen uns auf Bundesebene
dafür stark, dass Bundesländer und Kommunen mehr Möglichkeiten bei der Aufnahme
von Menschen in Notsituationen erhalten. Auf europäischer Ebene setzen wir uns
außerdem dafür ein, dass ein ziviles Seenotrettungssystem aufgebaut wird, das
europäisch organisiert und finanziert ist. Das Sterben im Mittelmeer muss
beendet werden!
Die beste Flüchtlingspolitik bewahrt die Menschen davor, ihre Heimat überhaupt
erst verlassen zu müssen. Das Bekämpfen von Fluchtursachen heißt, die Gründe der
Flucht und nicht die Menschen auf der Flucht zu bekämpfen. Dafür müssen wir in
Europa und im Bund noch viel mehr tun, indem wir unseren Beitrag zu
Fluchtursachen erkennen, dafür Verantwortung übernehmen und Maßnahmen ergreifen,
wie beispielsweise die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit erhöhen. Die grün-
geführte Landesregierung hat mitgeholfen, die wirtschaftliche Situation im
Balkan zu stabilisieren. Sie hat im Nordirak wichtige Programme zur
Gesundheitsvorsoge und Bildung ins Leben gerufen und wird auch weiterhin im
Rahmen ihrer Möglichkeiten einen Beitrag zur Fluchtursachenbekämpfung leisten.
Wer bei uns Asyl beantragt, verdient ein rechtsstaatliches, faires und schnelles
Asylverfahren. Nicht alle, die zu uns kommen, werden auch dauerhaft hierbleiben
können. Wird ein Asylantrag abgelehnt und gibt es keine weiteren Gründe, die
eine Rückkehr ausschließen, hat für uns die freiwillige Rückkehr Vorrang vor
Abschiebungen. Wir setzen dabei auf aktive Rückkehrberatung und gezielte
Rückkehrhilfen. Die Leitlinien für die Rückkehr- und Abschiebepraxis in Baden-
Württemberg müssen eine rechtsstaatliche, faire und humanitär verantwortliche
Rückkehr- und Abschiebepraxis gewährleisten. Für Menschen ohne Aufenthaltsrecht
ist die Härtefallkommission eine wichtige Anlaufstelle. Diese Kommission kümmert
sich um die Schicksale, die durch das Raster unseres Systems fallen. Wir wollen,
dass die Härtefallkommission unabhängige und transparente Entscheidungen trifft.
Dazu werden wir die Härtefallkommission strukturell und personell ausbauen.
Mit Integration beginnen – neue Mitbürger*innen gewinnen
Integration ist eine der größten Herausforderungen und zugleich eine der größten
Chancen für unser Land. Grüne Integrationspolitik richtet sich an die ganze
Gesellschaft: An alle, die zu uns kommen, aber auch an alle, die schon länger
hier leben. Integration ist ein wechselseitiger Prozess, der die Bereitschaft
aller Beteiligter voraussetzt, in unserer Gesellschaft zusammenzuleben.
Diejenigen, die zu uns kommen, brauchen bestimmte Voraussetzungen, damit
Integration gelingt: Sie müssen die deutsche Sprache lernen, sie brauchen Zugang
zu guter Bildung und zum Arbeitsmarkt sowie die Chance, am politischen und
gesellschaftlichen Leben auf der Grundlage unserer demokratischen Werteordnung
teilzuhaben. Für die, die schon länger hier leben, bedeutet gelingende
Integration: offen zu sein für eine kulturelle Bereicherung und Unterschiede als
Chance, nicht als Bedrohung zu begreifen. Ziel unserer Integrationspolitik ist
ein starker gesellschaftlicher Zusammenhalt bei einer wachsenden
Bevölkerungsvielfalt. Das Band, das unsere Gesellschaft dabei zusammenhält, ist
unser Grundgesetz.
Wenn Menschen zu uns kommen, wollen wir ab dem ersten Tag mit der
Integrationsarbeit beginnen. Wir wollen keine Zeit verlieren, indem wir warten,
bis der Aufenthaltsstatus endgültig geklärt ist. Oft dauert es Monate, bis die
Bundesbehörden Klarheit geschaffen haben. Jeder Tag, an dem Geflüchtete und
Migrant*innen an unserem gesellschaftlichen Leben teilhaben können, ist ein Tag
gelungener Integration.
Als Land gestalten wir Integration maßgeblich mit. Deshalb haben wir als grün-
geführte Landesregierung 2016 gemeinsam mit den Kommunen den Pakt für
Integration auf den Weg gebracht. Kernstück war ein neu geschaffenes
Integrationsmanagement. Heute stehen rund 1000 Integrationsmanager*innen den
Geflüchteten im Alltag zur Seite und unterstützen sie mit Integrationsplänen
dabei, ein selbstständiges Leben zu führen. Zusätzlich unterstützt der Pakt
junge Geflüchtete in Schulen auf ihrem Weg ins Berufsleben und fördert
ehrenamtliche und bürgerschaftliche Strukturen in der Flüchtlingshilfe. Wir
Grüne werden die Finanzierung des Paktes für Integration auch in der nächsten
Legislaturperiode sicherstellen und die Rahmenbedingungen für gute Integration
schaffen.
Integration findet dort statt, wo sich Menschen begegnen – in Kitas, Schulen,
Vereinen, Nachbarschaften und am Arbeitsplatz. Für uns Grüne haben vor allem
Familien als Ort der Sicherheit und Vertrautheit einen hohen Stellenwert für
eine gelingende Integration. Gerade nach einer traumatisierenden Flucht
benötigen Menschen die Gewissheit, dass auch ihre Familie in Sicherheit ist. Nur
dann können sie sich mit Herz und Verstand auf die Integration in der Schule,
der Ausbildung und am Arbeitsplatz konzentrieren. Wir Grüne wollen deshalb den
Familiennachzug erleichtern.
Wir setzen uns entschlossen für einfache und unbürokratische Möglichkeiten ein,
einen dauerhaften Aufenthaltstitel für Migrant*innen zu bekommen, die hier
arbeiten. Sie sollen zeitnah nach Abschluss ihres Asylverfahrens eine
Bleibeperspektive erhalten. Hierfür werden wir die Ermessensduldung im Sinne des
öffentlichen Interesses konsequent nutzen.
Mit dem Beitritt zur „Charta der Vielfalt“ hat Baden-Württemberg bekräftigt,
dass es eine Kultur der Vielfalt und des Respekts pflegt und fortentwickeln
will. Wir unterstützen die interkulturelle Öffnung der Landesverwaltung und
wollen mehr Menschen mit Migrationshintergrund für den öffentlichen Dienst
gewinnen. Dazu wollen wir die Kampagne „Vielfalt macht bei uns Karriere –
Willkommen im öffentlichen Dienst“ wieder aufgreifen. Als grün-geführte
Landesregierung haben wir auch das Programm „Chancen gestalten – Wege der
Integration in den Arbeitsmarkt öffnen“ auf den Weg gebracht. Wir werden nun ein
landesweites kommunales Netzwerk aufbauen, um Geflüchtete schnellstmöglich ins
Arbeitsleben zu integrieren. Bildung und Sprache sind für Integration, Teilhabe
und Chancengerechtigkeit von zentraler Bedeutung. Wir werden deshalb die
Angebote für Sprachkurse ausbauen und währenddessen die Kinderbetreuung für
Geflüchtete mit Kindern sicherstellen.
Wir Grüne stehen für eine bunte Gesellschaft. Wir wollen, dass Menschen ohne
deutsche Staatsbürgerschaft schneller und unbürokratischer eingebürgert werden
können. Wir wissen auch: Integration ist ein Prozess, den die
Mehrheitsgesellschaft und die Menschen, die zu uns kommen, gemeinsam gestalten
müssen. Dieser Integrationsprozess kann nur gelingen, wenn beide Seiten offen
und tolerant gegenüber unterschiedlichen Lebensentwürfen sind. Wir werden die
Antirassismus- und Antidiskriminierungsarbeit stärken und ein positives Bild von
Diversität vermitteln.
Die Hälfte der Macht den Frauen – überall!
Feminismus ist ein Kernanliegen grüner Politik. Wenn Geschlechtergerechtigkeit
selbstverständlich gelebt wird, sichert das die Stabilität unserer Gesellschaft,
schafft wirtschaftliche Chancen und stärkt unsere Demokratie.
Wir Grüne sorgen dafür, dass Frauen und Männer endlich die gleichen Chancen
haben. Die Gleichstellung der Geschlechter ist für uns eine
Selbstverständlichkeit. Doch leider ist sie noch keine gesellschaftliche
Realität. Frauen und Männer sind zwar vor dem Gesetz gleich, aber wir alle haben
Rollenbilder im Kopf. Es gibt immer noch Berufe, die als typisch für Frauen oder
Männer gelten. Immer noch ist Frauen der Zugang zu Führungspositionen erschwert.
Wir wollen diese Rollenbilder auflösen und einen gesellschaftlichen Aufbruch für
Frauenrechte initiieren. Wir Grüne werden nicht nachgeben, bis Frauen wirklich
überall die gleichen Rechte, Möglichkeiten und Lebenschancen haben wie Männer!
Als grün-geführte Landesregierung haben wir 2016 mit dem
Chancengleichheitsgesetz in Baden-Württemberg einen großen Sprung nach vorne
gemacht. Darin haben wir festgehalten: Alle Gremien, für die das Land ein
Vorschlagsrecht hat, werden zur Hälfte mit Frauen besetzt. Wir haben darin auch
festgeschrieben, hauptamtliche Gleichstellungsbeauftragte in Städten mit über
50.000 Einwohner*innen einzuführen. Sie treiben die Frauenförderung in den
großen Städten entscheidend voran. Jetzt wollen wir den nächsten Schritt gehen
und hauptamtliche Gleichstellungsbeauftragte in den großen Kreisstädten
einführen. Wir wollen Ansprechpartner*innen vor Ort einsetzen, um gleiche
Chancen für alle zu ermöglichen. Um die Gleichstellung in Baden-Württemberg auch
in der Landesregierung verpflichtend und kontinuierlich zu verankern, wollen wir
eine Landesbeauftragte für Gleichstellung und Diversity etablieren.
Für uns Grüne ist klar: Auch in den Führungsebenen von Politik müssen Männer und
Frauen zu gleichen Teilen repräsentiert sein. Denn nur, wenn alle
gesellschaftlichen Gruppen in Entscheidungen eingebunden sind, kann Politik
tragfähige Entscheidungen treffen. Baden-Württemberg hat deutschlandweit einen
der niedrigsten Frauenanteile im Parlament. Deshalb fordern wir schon lange die
Änderung des Landtagswahlrechts. Damit der Landtag zu dem wird, was er sein
soll: ein Spiegelbild unserer Gesellschaft.
Gleichberechtigung und Feminismus sind keine reine Frauensache. Um die Bedeutung
dieses politischen Ziels zu untermauern, wollen wir den Internationalen
Frauentag am 8. März zu einem gesetzlichen Feiertag machen. Wir wollen einen
lebendigen Feiertag einführen, der uns an gesellschaftliche Kämpfe vergangener
Tage erinnert und aufzeigt: Wir müssen noch weitere Anstrengungen unternehmen,
um echte Gleichberechtigung zu erreichen.
Wir Grüne zeigen null Toleranz bei Gewalt gegen Frauen. Wie ein Brennglas hat
die Corona-Krise verdeutlicht: Häusliche Gewalt gegen Frauen ist heute immer
noch ein massives Problem. Als Landesregierung haben wir begonnen, die Vorgaben
der Istanbul-Konvention umzusetzen und verbindliche Rechtsnormen gegen Gewalt an
Frauen und häusliche Gewalt zu schaffen. Wir werden diese Arbeit fortführen, bis
die Konvention lückenlos verwirklicht ist. Dafür werden wir den
Landesaktionsplan „Baden-Württemberg gegen Gewalt an Frauen“ fortschreiben. Wir
werden verstärkt in die Gewaltprävention investieren und Menschen verstärkt
dafür sensibilisieren, Gewalttaten zu erkennen. Gleichzeitig werden wir die
Opfer noch besser unterstützen. Wir werden Frauen- und Kinderschutzhäuser sowie
Beratungsstellen für Opfer von sexualisierter Gewalt flächendeckend ausbauen und
finanziell gut ausstatten. Im Einklang mit der Istanbul-Konvention möchten wir
auf Landesebene eine Koordinationsstelle schaffen, die die verschiedenen
Hilfsangebote zusammenbringt. Sie soll den Austausch und die Kooperation der
Beratungsstellen fördern und die regionale Versorgungslage im Blick behalten.
Wie lange sie in Frauenhäusern bleiben, darüber können nur die Frauen selbst
entscheiden. Eine pauschale Begrenzung der Wohnzeit lehnen wir ab. Wir setzen
uns dafür ein, dass Frauen nach ihrem Aufenthalt in einem Frauenhaus leichteren
Zugang zu bezahlbarem Wohnraum bekommen, um ein neues Leben beginnen zu können.
Für Opfer von sexualisierter Gewalt schaffen wir eine bessere Notfallversorgung
einschließlich einer anonymen Spurensicherung. Dafür wollen wir eine
Gewaltambulanz nach Heidelberger Vorbild in jedem Regierungspräsidium aufbauen.
Gewalt gegen Frauen entsteht durch Frauenhass, durch gefährliche
Männlichkeitsvorstellungen und Überlegenheitsfantasien. Hass gegen Frauen ist
eine Form der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit. Wir wollen
Präventionsarbeit gegen Frauenfeindlichkeit fördern, die auch die
Überschneidungen mit anderen Formen der Menschenfeindlichkeit wie Rassismus in
den Blick nimmt. Gleichzeitig werden wir Programme in der Schule und in der
Kinder- und Jugendarbeit fördern, die Heranwachsende dabei unterstützen, für
ihre Rechte und körperliche Selbstbestimmung einzutreten.
Frau zu sein ist eines der größten Armutsrisiken in Deutschland. Frauen leisten
immer noch den Großteil der unbezahlten Sorge- und Pflegearbeit in Familie und
Haushalt. Wir wollen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessern, damit
Erziehungs- und Familienarbeit endlich gleichberechtigt verteilt werden kann.
Wir setzen uns dafür ein, dass Frauen für die gleiche Arbeit den gleichen Lohn
erhalten. Berufe, in denen überproportional oft Frauen beschäftig sind, sind
weiterhin strukturell schlechter bezahlt als andere Branchen. Unser Ziel ist es,
diese Berufe aufzuwerten. Junge Frauen wollen wir für Berufe in der Technik, den
Naturwissenschaften und der IT begeistern. Damit das gelingt, müssen wir
überholte Rollenbilder überwinden. Alle Lehrmaterialien müssen entsprechend
überprüft und überarbeitet werden.
Für ein vielfältiges und buntes Baden-Württemberg
Wir Grüne haben Baden-Württemberg ein neues und tolerantes Gesicht gegeben. Wir
stehen für eine offene und vielfältige Gesellschaft, in der jede*r
selbstbestimmt und diskriminierungsfrei leben kann. Dafür schaffen wir Grüne die
politischen Rahmenbedingungen. Seitdem wir in Baden-Württemberg regieren, hat
sich die rechtliche und gesellschaftliche Gleichstellung von lesbischen,
schwulen, bisexuellen, transsexuellen, transgender, intersexuellen und queeren
Menschen (kurz: LSBTTIQ) deutlich verbessert. Wir haben außerdem damit begonnen,
die Verfolgungsgeschichte homosexueller Menschen im Nationalsozialismus und in
der Nachkriegszeit historisch aufzuarbeiten.
Mit dem Aktionsplan „Für Akzeptanz und gleiche Rechte Baden-Württemberg“ hat die
grün-geführte Landesregierung 2015 bundesweit einen Meilenstein in Sachen
Sichtbarkeit von Vielfalt gesetzt. Damit verbunden war die Gründung des
Landesnetzwerkes LSBTTIQ Baden-Württemberg. Mit seinen über 100
Mitgliedsorganisationen ist das Netzwerk ein starker zivilgesellschaftlicher
Ansprechpartner für die Politik. Diesen Weg wollen wir Grüne weitergehen und die
queere Netzwerkarbeit weiterentwickeln. Angebote und Beratungen, die in Städten
vielfach von engagierten Institutionen angeboten werden, fehlen an vielen
Stellen im ländlichen Raum. Wir werden deshalb ortsnahe Beratungs- und
Unterstützungsangebote für Kinder, Jugendliche und Erwachsene ausbauen. Wo dies
nicht möglich ist, wollen wir Hotlines und Online-Beratungen installieren.
Unsere Gesellschaft wird vielfältiger. Deshalb haben wir im Bildungsplan 2016
die Leitperspektive „Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt“ verankert.
Wir Grüne wollen diese Leitperspektive weiter stärken und die Sichtbarkeit
sexueller und geschlechtlicher Vielfalt in den Lehrplänen Baden-Württembergs
erhöhen. Dazu gehört auch, dass wir unser pädagogisches und psychologisches
Personal konsequent aus- und weiterbilden. Wir wollen, dass an jeder Schule eine
Lehrperson das Diversity-Management koordiniert und Ansprechpartner*in ist, um
diese Leitperspektive umzusetzen. Aber auch außerhalb der Schule wollen wir
queere Jugendliche besser unterstützen. Wir werden mehr Qualifizierungsangebote
in der offenen Kinder- und Jugendarbeit schaffen und die strukturellen
Beratungs- und Gruppenangebote für LSBTTIQ-Jugendliche im ländlichen Raum
ausbauen.
Menschen fliehen auf der ganzen Welt aus unterschiedlichen Gründen. In vielen
Ländern werden Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder ihrer
geschlechtlichen Identität verfolgt. Viele von ihnen suchen Schutz in Europa,
Deutschland und auch bei uns in Baden-Württemberg. Wir Grüne werden deshalb
verstärkt Konzepte für Geflüchtete mit besonderem Schutzbedarf in den
Landeserstaufnahmestellen erarbeiten.
Auch Dank grüner Politik können LSBTTIQ-Menschen heute so offen leben wie noch
nie. Wir freuen uns, dass immer mehr queere Menschen eine Familie gründen. Wir
wollen für Regenbogenfamilien und queere Gruppen einen festen Anlaufpunkt
schaffen, an dem sie sich in Vertrautheit austauschen können. Wir werden deshalb
die Gründung von Regenbogenhäusern in Baden-Württemberg unterstützen.
Weil unsere Gesellschaft immer älter wird, gibt es auch immer mehr offen lebende
queere Menschen, die Pflegeleistungen in Anspruch nehmen. Gerade ältere queere
Menschen haben in ihrem langen Leben vielfach Diskriminierung erlebt. Ebenso
steigt die Zahl der Menschen mit Migrations- oder Fluchtgeschichte, die in
unseren Pflegeeinrichtungen leben. Auch sie haben besondere Bedürfnisse. Wir
Grüne wollen deshalb die kultursensible Pflege stärken und besser auf die
individuellen Belange der zu pflegenden Menschen eingehen. Insbesondere bei der
Versorgung transsexueller, transgender und intersexueller Menschen bedeutet
dies, einen sensiblen Umgang mit der Körperlichkeit der Bewohner*innen zu
entwickeln. Dazu wollen wir das Thema kultursensible Pflege in der Aus- und
Weiterbildung von Pflegekräften stärken und Pflegeeinrichtungen für das
Qualitätssiegel „Diversitycheck“ gewinnen. Einrichtungen erhalten den
„Diversitycheck“, wenn sie eine offene Willkommenspolitik und Kommunikation
umsetzen sowie kultursensible Standards in der Wohn- und Lebenswelt schaffen. So
bietet das Siegel Pflegebedürftigen Orientierung und schafft Vertrauen.
Nur wenn wir Grüne regieren, geht es mit der Gleichstellung voran. Wir haben die
Gleichstellung im Landesrecht umfassend verwirklicht. Wir werden auch weiterhin
eine starke Stimme für Vielfalt, Akzeptanz und gleiche Rechte im Bundesrat sein.
Durch die Aufnahme der sexuellen Identität in Artikel 3 des Grundgesetzes wollen
wir den Diskriminierungsschutz stärken. Wir Grüne unterstützen Nicht-binäre,
Trans- und Inter-Personen bei ihrem Kampf für ihre Menschenrechte und ihr Recht
auf körperliche Selbstbestimmung. Wir fordern die Überarbeitung der Richtlinie
zur Blutspende, um den praktischen Ausschluss von homo- und bisexuellen Männern
zu beenden und die diskriminierende Regelung in Bezug auf transgeschlechtliche
Menschen abzuschaffen.
Religion und Weltanschauung: gemeinsam in den Dialog treten
Die Werteordnung des Grundgesetzes bildet das gemeinsame Fundament, das unsere
Gesellschaft verbindet und zusammenhält. Niemand darf wegen seines Glaubens oder
Nicht-Glaubens bevorzugt oder benachteiligt werden. Wir Grüne treten für die
religiöse und weltanschauliche Gleichberechtigung aller Menschen auf der
Grundlage unserer Verfassung ein. Wir sehen alle Religionen in unserem Land als
gleichberechtigt an und fördern den interreligiösen und kulturellen Austausch.
Als Grüne bekennen wir uns fest zum grundgesetzlichen Schutz der Sonn- und
Feiertage. Sie sind ein zentrales Moment in der Zeitorganisation von Staat und
Gesellschaft und verschaffen allen Menschen eine Zeit der Erholung, der
Besinnung und der Begegnung.
Wir Grüne stehen im regelmäßigen konstruktiv-kritischen Austausch mit den
christlichen Kirchen. Die unzähligen Ehrenamtlichen in den Kirchengemeinden
schaffen Orte der Begegnung und stärken in vielen Städten und Dörfern das
soziale Klima und ein wertschätzendes Miteinander. Die vielen karitativen
Einrichtungen, die Unterstützung von Geflüchteten und die
Entwicklungszusammenarbeit im Globalen Süden wären ohne kirchliches Engagement
kaum denkbar. Gleichzeitig wollen wir mit den Kirchen weiter auch einen
kritischen Dialog pflegen, weil wir beispielsweise ihre Sonderstellung im
Arbeitsrecht für nicht mehr zeitgemäß halten.
Nicht erst seit dem schrecklichen Anschlag auf die Synagoge in Halle beobachten
wir mit großer Sorge die Zunahme von Judenhass und Antisemitismus auch bei uns
im Land. Wir Grüne stellen uns entschieden gegen jede Form von Antisemitismus.
Der Schutz des jüdischen Lebens in unserem Land ist eine gesamtgesellschaftliche
Aufgabe. Wir wollen die Israelitischen Religionsgemeinschaften in Baden-
Württemberg deshalb weiter unterstützen und das Verständnis für jüdische
Geschichte und Traditionen in unserem Land stärken. Die grün-geführte
Landesregierung hat dazu bereits als erstes Bundesland einen
Antisemitismusbeauftragen ernannt, der wertvolle und wichtige Arbeit leistet.
Wir Grüne bekennen uns klar zum Existenzrecht und zur Sicherheit Israels und
positionieren uns gegen die BDS-Kampagne, die Israel durch Boykottaufrufe
politisch, wirtschaftlich und kulturell angreifen und isolieren will.
Der Dialog mit den muslimischen Bürger*innen ist uns wichtig. Bisher gibt es auf
Landesebene keine gemeinsame Organisation, die alle hier lebenden Musliminnen
und Muslime vertritt. Deshalb wollen wir ein institutionalisiertes
Kooperationsverhältnis mit dem Land schaffen. Dadurch stärken wir die rechtliche
Gleichstellung der Musliminnen und Muslime mit anderen Glaubensgemeinschaften
und schaffen auslandsunabhängige Ansprechpartner*innen auch für
zivilgesellschaftliche Akteur*innen. An zahlreichen Schulen im Land haben wir
islamischen Religionsunterricht eingeführt. So können Kinder und Jugendliche in
ihre Glaubenstradition hineinwachsen und religiöse Bildung erfahren. Das führt
zu mehr Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt und trägt damit zur religiösen und
kulturellen Verständigung bei. Wir möchten die Ausbildung von Imamen fördern,
die den Islam auf der Basis der freiheitlich-demokratischen Grundordnung
vermittelt. Darüber hinaus wollen wir die islamische Seelsorge in staatlichen
Einrichtungen wie Krankenhäusern und Gefängnissen durch qualifiziertes und
geeignetes Personal gewährleisten.
Die Zahl der konfessionsfreien Menschen steigt in Baden-Württemberg jährlich.
Wir werden daher dafür sorgen, dass die Perspektiven von konfessionsfreien
Menschen in gesellschaftlichen und ethischen Debatten mitgedacht werden und
wollen unter anderem die humanistischen Verbände besser in Dialogprozesse
einbinden. Zur Religionsfreiheit gehört auch, sich ohne Hindernisse dafür
entscheiden zu können, einer Religion nicht mehr anzugehören oder an einer
Tradition nicht teilhaben zu wollen. Die Kommunen erheben unterschiedliche
Gebühren für den Kirchenaustritt. Wir halten deshalb eine grundsätzliche
Neuordnung der Gebühren für notwendig.
Wir Grüne sind davon überzeugt, dass wir mehr über die Gemeinsamkeiten lernen
müssen, die unsere Gesellschaft zusammenhalten. Ein wichtiger Aspekt ist deshalb
ein Angebot für Ethik- und Werteunterricht in der Grundschule ab der ersten
Klasse. Hier lernen alle Kinder von Anfang an, friedlich mit der Vielfalt an
Religionen und Weltanschauungen umzugehen. Um den friedlichen Dialog auch im
späteren Leben zu verbessern, werden wir die Servicestelle Friedensbildung in
Baden-Württemberg finanziell stärken und personell ausbauen.
Darum Grün!
Wer Grün wählt, stimmt für
- eine Ehrenamtsoffensive, mit der wir das bürgerliche Engagement in unserem
Land noch besser unterstützen
- eine Politik, die den Sport und seine zusammenführende Kraft stärkt
- eine Flüchtlingspolitik, die sich an Menschlichkeit und Verantwortung
orientiert
- Gleichstellungsbeauftragte, die Chancengleichheit für alle Geschlechter
verwirklichen
- eine ambitionierte Frauenpolitik, die Gewalt gegen Frauen entschieden
entgegentritt
- ein Diversity-Management an Schulen, das Kinder lehrt, mit der Vielfalt
unserer Gesellschaft umzugehen
Antragstext
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und strukturell bedingte Diskriminierung. Diese Erfahrungen sind für viele Betroffene häufig am prägendsten, weil sie Tag für Tag damit konfrontiert sind. Deshalb setzen wir uns für die Schaffung eines Landesantidiskriminierungsgesetz nach Berliner Vorbild ein. Wir stehen an der Seite der Black-Lives-Matter-Bewegung.
Kapitel 13: Inneres, Recht und Verfassung
Ein humaner Rechtsstaat ist der Garant für Freiheit und Demokratie
Ein Leben in einer freien und offenen Gesellschaft – das zu garantieren ist für
uns Grüne elementare Aufgabe des Rechtstaates. Wir wollen einen selbstbewussten
Staat, der sein Handeln erklärt, begründet und überprüfbar macht. Der das
Vertrauen in staatliche Institutionen stärkt, indem er Kontrollinstrumente
bereitstellt und die Entscheidungen der Justiz nachvollziehbar macht. Menschen,
die Unrecht begangen haben, führt der Rechtsstaat wieder in die Mitte der
Gesellschaft zurück. Seine Sicherheitspolitik ist vorausschauend und basiert auf
Erkenntnissen, die wissenschaftlich belegt sind.
Das Fundament unseres Gemeinweisens sind Bürger*innen, die sich einmischen!
Grundlage dafür ist: Alle haben umfassende Möglichkeiten, direkt an
Entscheidungsprozessen und Veränderungen mitzuwirken. Damit wir gut
zusammenleben können, ist Vertrauen unerlässlich. Die Bürger*innen müssen von
der Integrität demokratischer Institutionen überzeugt sein und sich alle
gleichermaßen gesehen und gehört fühlen. Dann ist unsere Gesellschaft stabil und
für Herausforderungen gut gerüstet.
Wir Grüne stehen für eine Politik des Gehörtwerdens und der Transparenz. Diese
Politik haben wir als grün-geführte Landesregierung erfolgreich mit Leben
gefüllt: Mit dem Amt der Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung
haben wir eine in Deutschland einmalige Stelle geschaffen. Baden-Württemberg ist
bundesweite Spitze in Sachen Bürgerbeteiligung und hat bei der direkten
Demokratie sehr stark aufgeholt.
Unsere Bürger*innen haben vielfältige Möglichkeiten, ihre Meinungen zu äußern.
Auf unserem Online-Beteiligungsportal können sie zu Gesetzesvorhaben Stellung
nehmen und ihre Interessen deutlich machen. Sie wollen bei Großprojekten
umfassend beteiligt werden – der Planungsleitfaden verpflichtet die
Landesverwaltung dazu. Wir haben die gesetzlichen Grundlagen für
Volksabstimmungen verbessert und die informelle Bürgerbeteiligung bei der
Planung von Infrastrukturprojekten eingeführt. Die Bürger*innen können nun in
den Städten und Gemeinden auch über die Bauleitplanung abstimmen – und damit
über das wichtigste Planungswerkzeug der städtebaulichen Entwicklung einer
Kommune. In zahlreichen Projekten haben wir Bürgerbeteiligungen umgesetzt – und
damit beispielsweise Konflikte bei der Planung des Nationalparks Schwarzwald
oder der neuen Justizvollzugsanstalt Rottweil gelöst. Wir fördern lokale
Projekte und bringen so die Bürgerbeteiligung zu konkreten Themen ins Land.
Politik des Gehörtwerdens: Beteiligungsmöglichkeiten weiter ausbauen
Wir werden unseren Weg der Politik des Gehörtwerdens beherzt weitergehen. Wir
wollen die Bürgerbeteiligung auf Landesebene und vor Ort in den Kommunen weiter
stärken und den Bürger*innen näherbringen. Dazu gehört auch die Einführung von
direktdemokratischen Elementen auf Landkreisebene. Wir wollen zukünftig bei
wichtigen Gesetzen und politischen Vorhaben Bürger*innenräte aus zufällig
ausgewählten Bürger*innen beteiligen. Um die Ideen, Anliegen und Sorgen der
Bürger*innen noch besser einbeziehen zu können, wollen wir zu Beginn der
kommenden Legislaturperiode ein landesweites Bürgerbeteiligungsverfahren ähnlich
der Grand Débat in Frankreich durchführen. Dabei wollen wir mit den Bürger*innen
über ihre Vision für Baden-Württemberg 2030 ins Gespräch kommen. Wir wollen
darüber diskutieren, wie wir gemeinsam die großen Herausforderungen der Zeit
gestalten – vom Klimawandel über die Digitalisierung bis hin zum
wirtschaftlichen Strukturwandel.
Den Gemeinden wollen wir es ermöglichen, sich eine Beteiligungssatzung zu geben.
Zudem sollen informelle Beteiligungsverfahren in die Gemeindeordnung aufgenommen
und der Einwohnerantrag vereinfacht werden. Wir wollen das
Volksabstimmungsgesetz weiterentwickeln und prüfen, wie wir Hürden von
Volksbegehren und Volksabstimmungen weiter senken können. Den Volksantrag wollen
wir so ausbauen, dass Beteiligungsprozesse aktiv eingefordert werden können.
Auch Internet-Formate der Beteiligung werden wir erweitern und ein Online-
Vorschlagswesen entwickeln, in dem Bürger*innen mit wenigen Klicks Vorschläge zu
Themen der Landespolitik einbringen können.
Unmittelbare Demokratie und kollektive Willensbildung drücken sich aber auch in
Formen des sozialen Protests aus. Das Versammlungsgesetz stammt noch aus den
1970er Jahren und ist auf Bundesebene verankert. Wir machen uns für ein modernes
und demokratieförderndes Landesversammlungsgesetz stark.
Für ein modernes Wahlrecht
Wir Grüne setzen uns für ein modernes Wahlrecht ein, das das ganze Land in den
Blick nimmt: Unsere ländlichen Wahlkreise ebenso wie unsere Städte, Frauen wie
Männer, Alte wie Junge, Alteingesessene wie Migrant*innen. Wir streiten deshalb
seit Jahren für eine Modernisierung des Landtagswahlrechts und wollen ein
personalisiertes Verhältniswahlrecht mit einer geschlossenen Landesliste
einführen. 2019 haben wir 100 Jahre Frauen-Wahlrecht gefeiert. Jetzt ist der
richtige Zeitpunkt für die strukturelle Stärkung von Frauen, jungen Menschen und
Migrantinnen und Migranten, damit der Landtag zu einem echten Abbild unserer
Gesellschaft wird.
Junge Menschen sind die Zukunft unseres Landes. Was heute entschieden wird,
betrifft sie morgen! Darum wollen wir ihrer Stimme mehr Geltung verschaffen.
Jede*r dritte Jugendliche in Baden-Württemberg engagiert sich ehrenamtlich. Und
auch die weltweiten Klimastreiks belegen: Junge Menschen möchten sich einbringen
und ihre Zukunft aktiv mitgestalten. Bei den Kommunalwahlen haben wir das
Wahlalter bereits auf 16 Jahre gesenkt, damit sie mitentscheiden können. Nun
wollen wir das auch bei Landtagswahlen erreichen! Außerdem sollen sich 16- und
17-Jährige bei Kommunalwahlen selbst zur Wahl stellen können, also das passive
Wahlrecht erhalten. Die kommunale Ebene ist der richtige Ort, um Jugendlichen
noch mehr Mitspracherechte zu geben. Denn hier, vor Ort, leben sie und können
ihr Bewusstsein für die „große“ Politik trainieren. Das Mindestalter bei
Kandidat*innen für Bürgermeister*innenwahlen wollen wir auf 18 senken und die
Höchstaltersgrenzen abschaffen. Unsere Gesellschaft in Baden-Württemberg ist
vielfältig. Auch Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit gehören zu uns
dazu. Wer hier lebt, soll auch mitentscheiden können. Deswegen möchten wir ihre
Möglichkeiten der politischen Teilhabe weiter ausbauen: Wir fordern das
Wahlrecht für EU-Bürger*innen bei Landtagswahlen und das Wahlrecht für
Drittstaatsangehörige auf kommunaler Ebene! Auch das Wahlrecht von Wohnsitzlosen
wollen wir uneingeschränkt ermöglichen. Um die Einflussmöglichkeiten der
Bürger*innen zu stärken, werden wir die Direktwahl von Landrät*innen einführen
und ihre Amtszeit an die Kommunalwahlperiode koppeln.
Für Transparenz, Unabhängigkeit und Datenschutz
Bürger*innen haben Anspruch darauf, Zugang zu Informationen der öffentlichen
Verwaltung zu bekommen. Dafür haben wir als grün-geführte Landesregierung mit
dem Informationsfreiheitsgesetz gesorgt. Dieses Gesetz wollen wir zu einem
modernen Transparenzgesetz weiterentwickeln, etwa indem wir Auskunftsrechte
ausweiten. Die grünen Landtagsabgeordneten geben schon seit vielen Jahren
freiwillig an, welche mandatsbezogenen Nebeneinkünfte sie haben. Dazu wollen wir
zukünftig alle Abgeordneten verpflichten! Wir wollen ein Lobbyregister, das
transparent macht, welche Interessenvertreter*innen mit dem Landtag in Kontakt
sind. Jedes Gesetz wird zudem mit einem legislativen Fußabdruck versehen – also
einer Liste mit allen Lobbyist*innen, zu denen es im Zuge der Gesetzes-
Erarbeitung Kontakt gab. Zusätzlich wollen wir in Konfliktfällen eine mindestens
18-monatige Karenzzeit, bevor Mitglieder der Landesregierung in die
Privatwirtschaft wechseln dürfen. Auch Geschäftsführer*innen kommunaler
Unternehmen sollen ihre Einkünfte offenlegen müssen.
Bei uns gilt schon lange: „Datenschutz ist Bürger*innenrecht.“ Das Recht auf
informationelle Selbstbestimmung ist ein elementares Gut in unserer Demokratie.
Deswegen haben wir den Landesbeauftragten für Datenschutz und
Informationsfreiheit in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestärkt. Diesen
Weg gehen wir weiter. Unser Fokus liegt auf Datensparsamkeit und
Datensicherheit. Daten müssen an sicheren Orten gespeichert werden, die strengen
Datenschutz- und Zugriffsregelungen unterliegen.
In Freiheit und Sicherheit zusammenleben
Mit uns als grün-geführter Landesregierung ist Baden-Württemberg so sicher wie
nie zuvor! In den vergangenen Jahren ist die Zahl der klassischen
Kriminalitätsdelikte deutlich zurückgegangen – insbesondere die
Wohnungseinbrüche. Wir haben unsere Sicherheitsbehörden sowie Spezialeinheiten
für die Terrorismusabwehr gestärkt. Mit Städten, die besonders durch
Kriminalität belastet sind, haben wir erfolgreich Sicherheitspartnerschaften
abgeschlossen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Die Kriminalität ist auf dem
niedrigsten Stand seit über 30 Jahren. Unser besonderer Dank und unser ganzer
Respekt gilt den Polizist*innen sowie den Mitarbeitenden der Feuerwehr und der
Rettungsdienste. Leider erfahren sie immer häufiger gewalttätige Übergriffe und
Respektlosigkeit. Dem stellen wir uns entschieden entgegen. Die grün-geführte
Landesregierung hat die Rechtsgrundlagen dafür geschaffen, dass das Land
Schmerzensgeldansprüche von Beamt*innen übernimmt, die Opfer von Gewalttaten
wurden.
Sicherheit ist kein Selbstzweck, sondern Grundvoraussetzung für ein
freiheitliches Leben. Allerdings bringen gesetzgeberische Maßnahmen und
planvolles Regierungshandeln allein nicht mehr Sicherheit: Dafür braucht es
hochmotivierte und gut ausgebildete Polizist*innen.
Wir sind überzeugt: Ein starker und handlungsfähiger Rechtsstaat ist der
entscheidende Garant für ein Zusammenleben in Freiheit und Sicherheit. Es ist
ein gefährlicher Irrweg, auf Gefährdungen der inneren Sicherheit mit immer
weitergehenden Einschränkungen unserer Freiheits- und Bürger*innenrechte zu
reagieren. Wir stehen dafür, die bestehenden Gesetze konsequent anzuwenden. Wir
setzen auf Sicherheitsbehörden, die rechtsstaatlich handeln und gut ausgestattet
sind. Deshalb haben wir die Polizei mit der größten Einstellungsoffensive in der
Geschichte der Landespolizei gestärkt. Diesen Weg führen wir weiter. Gut
ausgestattet heißt auch: Die Polizei muss aus technischer Sicht auf Höhe der
Zeit sein. In der nächsten Legislaturperiode werden wir daher die
Digitalisierung der Polizei weiter voranbringen. Zudem wollen wir die
zweigeteilte Laufbahn einführen.
Um die Polizeireform zu evaluieren, haben wir die Mitarbeiter*innen der Polizei
befragt. Diese umfassende Basisbefragung war in dieser Form bislang einmalig und
hat gezeigt: Basisbeteiligung ist unsere grüne Kernkompetenz. Die Rückmeldungen
haben wir zum Anlass für Verbesserungen genommen. Im nächsten Schritt wollen wir
einen Sicherheitsplan 3 auflegen, um die polizeilichen Einsatzkräfte
entsprechend der Bevölkerungs- und Kriminalitätsschwerpunkte gerecht zu
verteilen.
Eine bürgernahe Polizei ist auch Spiegelbild unserer vielfältigen und diversen
Gesellschaft. Schon jetzt gehört Baden-Württemberg zu den Bundesländern, die im
Vergleich besonders viele Frauen im Polizeidienst haben. Wir haben viel dafür
getan, dass auch mehr Menschen mit Zuwanderungsgeschichte in den Polizeidienst
eintreten. Diesen Weg wollen wir weitergehen. Wir setzen uns dafür ein, dass
sich die gesellschaftliche Vielfalt bis in die Führungspositionen widerspiegelt.
Zu einem sicheren Baden-Württemberg gehören auch die vielen Haupt- und
Ehrenamtlichen in den Feuerwehren, Rettungsdiensten und Hilfsorganisationen. Wir
werden sie weiterhin bei der Modernisierung und Beschaffung ihrer Ausstattung
sowie bei einer hochwertigen Aus- und Weiterbildung unterstützen. Wir werden das
freiwillige Engagement dieser Gruppe, aber auch vieler anderer Ehrenamtlicher
mit einer Ehrenamtskarte honorieren. Als amtliches Dankeschön bekommen die
Inhaber*innen einer solchen Karte Vergünstigungen, zum Beispiel beim Eintritt in
Schwimmbäder oder Museen.
Vertrauen in den Rechtsstaat stärken
Zu einem souveränen Staat gehört eine funktionierende Fehlerkultur: Die
staatlichen Vertreter*innen sind ansprechbar, reflektieren und handeln mit
offenem Visier. Damit stärken wir das Vertrauen in staatliche Strukturen.
Das Petitionsrecht ist ein elementarer Bestandteil unserer Politik des
Gehörtwerdens. Es stellt sicher, dass der Landtag für alle Bürger*innen
ansprechbar ist. Dieses Recht gilt es weiterhin zu schützen und auszubauen.
Insbesondere wollen wir die Erkenntnisse der einzelnen Petitionsverfahren noch
stärker systematisch erfassen und in das zukünftige Handeln des Landtages und
der Landesregierung einfließen lassen.
Mit dem Amt der*des Bürgerbeauftragten haben wir als grün-geführte
Landesregierung eine neutrale Stelle geschaffen, die Menschen im Umgang mit der
Landesverwaltung unterstützt. Bürger*innen können sich auch an sie wenden, wenn
sie den Eindruck haben, dass sich Angehörige der öffentlichen Verwaltung und der
Landespolizei nicht richtig verhalten haben. Damit stärken wir das
partnerschaftliche Verhältnis zwischen Bürgerschaft, Polizei und Staat und
unterstützen eine dialogorientierte Polizei- und Verwaltungskultur. Wir werden
dieses Amt stärken, indem wir es personell ausbauen und mit weiteren Befugnissen
ausstatten. Der*die Bürgerbeauftragte soll u.a. das Recht auf Auskunft und
Akteneinsicht gegenüber der Polizei bekommen.
Die individualisierte und anonyme Kennzeichnungspflicht von Polizist*innen wird
zunehmend zum europäischen Standard. Wir wollen diese für Großlagen wie
Demonstrationen einführen. Die Regelungen zum Einsatz von Bodycams wollen wir so
weiterentwickeln, dass sie auch die Bürger*innenrechte schützt.
Mit dem Parlamentarischen Kontrollgremium (PKG) kann die Arbeit des Landesamts
für Verfassungsschutz regelmäßig überprüft werden. Wir haben das Gremium mit
erweiterten Kontrollbefugnissen wie Akteneinsichts- und Zugangsrechten
ausgestattet. Bedienstete des Landesamtes für Verfassungsschutz können sich nun
zudem direkt an das Kontrollgremium wenden, ohne den Dienstweg einzuhalten. Wir
wollen das PKG weiter stärken, denn Demokratie lebt von Kontrolle:
Beispielsweise soll der Landesdatenschutzbeauftragte künftig an allen Sitzungen
teilnehmen. Das PKG soll auch öffentlich tagen und sich mit den
Parlamentarischen Kontrollgremien anderer Bundesländer noch besser vernetzen
können.
Die Polizei verfügt zunehmend über Befugnisse zur heimlichen Überwachung. Wer
überwacht wird, kann im Nachhinein nicht gerichtlich überprüfen lassen, ob dabei
die rechtlichen Vorgaben eingehalten wurden. Denn da die Überwachung heimlich
erfolgt, kann die betroffene Person gar nichts davon wissen. Dieses
Kontrolldefizit wollen wir abfedern. Wir fordern ein parlamentarisches
Kontrollgremium, das sich mit geheimen Maßnahmen der Polizei befasst.
Für eine moderne, bürgerrechtsorientierte und evidenzbasierte Sicherheitspolitik
Eine erfolgreiche Sicherheitspolitik stützt sich auf wissenschaftliche
Erkenntnis. Wir lehnen es ab, nach Gewalttaten die Sicherheitsgesetze reflexhaft
zu verschärfen. Ziel sollte vielmehr sein, Straftaten zu verhindern. Daran
wollen wir unsere Sicherheitsarchitektur ausrichten.
Sicherheit heißt für uns nicht nur klassische polizeiliche Kriminalprävention.
Auch städtebauliche und sozialarbeiterische Belange gehören für uns dazu. Mit
dem Gesamtkonzept „Sichere öffentliche Räume“ haben wir umfangreiche und vor
allem interdisziplinäre Maßnahmen für mehr Sicherheit im öffentlichen Raum
vorgelegt: Wir vernetzen damit Akteure, entwickeln die kommunale
Kriminalprävention weiter, bauen Hilfs- und Beratungsangebote aus, stärken die
Straßensozialarbeit und nehmen städtebauliche Aspekte in den Blick. Dieses
Konzept werden wir umsetzen und ausbauen. Wir wollen den Kommunen dabei mehr
Handlungsspielräume geben. Dafür wollen wir die landesweiten Sperrzeiten
abschaffen. Wir Grüne wollen rechtsstaatlich, effektiv und wirkungsvoll für
Sicherheit in Baden-Württemberg sorgen – mit Instrumenten, die einen
sicherheitspolitischen Mehrwert bieten. Konkret schlagen wir deshalb eine Task
Force im Innenministerium vor. Sie soll intensiv daran arbeiten, offene
Haftbefehle in Baden-Württemberg schnell zu vollstrecken. Im Bund machen wir uns
für eine Verschärfung des Waffenrechts stark.
Wir wollen einen modernen Sicherheitsbericht, der das Dunkelfeld intensiver
wissenschaftlich auswertet – also die Straftaten, die nicht amtlich registriert
werden. Auf diese Weise erhalten wir die Grundlage für eine evidenzbasierte
Sicherheitspolitik. In den vergangenen 20 Jahren wurden die Sicherheitsgesetze
deutlich verschärft. Wir glauben: Es ist Zeit, dies unter bürgerrechtlicher
Perspektive zu überprüfen. Insbesondere die intelligente Videoüberwachung wollen
wir kritisch auswerten. Die konventionelle Videoüberwachung findet vor allem im
öffentlichen Nahverkehr und bei privaten und öffentlichen Liegenschaften statt:
Wir machen uns dafür stark, diese regelmäßig unter Einbindung des
Landesdatenschutzbeauftragten zu evaluieren. Die polizeiliche Videoüberwachung
muss weiterhin auf besondere Kriminalitätsschwerpunkte beschränkt bleiben. Wir
stellen uns entschieden gegen Versuche, die biometrische Überwachung
einzuführen. Wir bleiben bei unserem „Nein“ zur Vorratsdatenspeicherung.
Der Sinn von Strafen liegt vor allem darin, Täter*innen wieder in die
Gesellschaft einzugliedern und künftige Straftaten zu verhindern. Das Strafrecht
anzuwenden, ist nach Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Ultima
Ratio. Und das soll auch so bleiben! Wir unterstützen daher Maßnahmen und
Reformen zur Haft- und Strafvermeidung. Wir wollen Ersatzfreiheitsstrafen
einschränken. Programme wie „Schwitzen statt Sitzen“ wollen wir stärken und
veraltete Strafvorschriften überprüfen. Bagatelldelikte wie das Containern
sollen entkriminalisiert werden. Gleichzeitig wollen wir Wirtschaftskriminalität
effektiv verfolgen. Es darf nicht sein, dass Kleinstkriminalität geahndet wird –
für schwere Wirtschaftskriminalität aber keine Kapazitäten zur Verfügung stehen.
Wir wollen den Kleinkriminalitäts-Erlass für Schäden bis 25 Euro wieder
einführen.
Wir stellen uns jeder Aufweichung des Trennungsgebotes von Polizei und
Verfassungsschutz entgegen und machen uns für einen bundesweiten Reformprozess
der Landesämter für Verfassungsschutz stark. Wir wollen ein Institut schaffen,
das offen zugängliche Quellen auswertet und so verfassungsfeindliche
Bestrebungen wissenschaftlich analysiert. Nachrichtendienstliche Mittel sollen
nur bei gewaltbereiten Organisationen eingesetzt werden. Wir stützen uns auf die
Handlungsempfehlungen des NSU-Untersuchungsausschusses und wollen den Einsatz
von V-Leuten drastisch einschränken. Sie sollen nur in absoluten Ausnahmefällen
aktiv werden, wenn das Innenleben äußert gefährlicher, verfassungsfeindlicher
Organisationen nicht anders ausgeleuchtet werden kann. V-Leute dürfen selbst
keine Straftaten begehen. Wenn sie Hinweise auf Straftaten geben, müssen diese
uneingeschränkt verfolgt werden. Wir wollen den Landesverfassungsschutz dazu
verpflichten, dem Landtag über den Einsatz von V-Leuten proaktiv und regelmäßig
Bericht zu erstatten.
Konsequent gegen Rassismus, Rechtsextremismus und Hasskriminalität
Wir Grüne stellen uns konsequent gegen jeglichen gewaltbereiten Extremismus. Die
rechtsterroristischen Attentate der vergangenen Jahre zeigen auf schmerzliche
Weise: Insbesondere Rechtsextremismus und Hasskriminalität bedrohen unsere freie
und offene Gesellschaft ganz massiv. Traurige Beispiele aus jüngster Zeit: der
Anschlag in Hanau, das versuchte Attentat auf eine Synagoge in Halle sowie die
Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke. In den vergangenen
Jahren haben wir daher einen Paradigmenwechsel eingeleitet und ein Antiterror-
Paket Rechtsextremismus geschnürt: Wir haben unsere Sicherheitsbehörden mit
weiteren Stellen und Mitteln ausgestattet und im Landesamt für Verfassungsschutz
eine spezielle Abteilung eingerichtet.
Rassismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit äußern sich aber nicht nur
in physischer Gewalt, Beleidigungen und Bedrohungen. Es gibt Alltagsrassismus
und strukturell bedingte Diskriminierung. Diese Erfahrungen sind für viele
Betroffene häufig am prägendsten, weil sie Tag für Tag damit konfrontiert sind. Deshalb setzen wir uns für die Schaffung eines Landesantidiskriminierungsgesetz nach Berliner Vorbild ein.
Wir stehen an der Seite der Black-Lives-Matter-Bewegung.
Wir Grüne wollen mit Herz und Haltung gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit
entgegentreten – mit einem ressortübergreifenden Aktionsplan gegen Rassismus,
Rechtsextremismus und Hasskriminalität. Die einzelnen Maßnahmen betreffen sowohl
Polizei und Justiz als auch die Zivilgesellschaft:
Wir wollen die Mitarbeitenden in Sicherheitsbehörden und Justiz besser darin
ausbilden, politisch motivierte Hasskriminalität zu bekämpfen und mit den
Betroffenen sensibel umzugehen. Mit mehr Pflichtfortbildungen werden wir dieses
Ziel erreichen. Landesweit wollen wir an jeder Dienststelle des polizeilichen
Staatsschutzes eine Kontaktperson benennen, die für die Bekämpfung von
Hasskriminalität zuständig ist. Eine Schwerpunkt-Staatsanwaltschaft soll diese
Fälle dann mit Entschlossenheit und Expertise verfolgen. An diese soll die
Empfehlung ergehen: Wenn ein Fall von Hasskriminalität vorliegt, sollte
regelmäßig das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung bejaht
werden.
Die überwältigende Mehrheit der Mitarbeitenden in den Sicherheitsbehörden steht
zu unseren demokratischen Werten. Es ist deshalb nicht angebracht, sie alle
unter Generalverdacht zu stellen. Aber rechtsextreme Vorfälle dürfen auch nicht
als Einzelfälle verharmlost werden. Um ein besseres Lagebild zu erhalten, müssen
der Informationsaustausch und die Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden
auf der bestehenden Gesetzeslage verstärkt werden. Nur so kann es eine
umfassende Analyse von möglichen Netzwerkstrukturen geben. Wir wollen konsequent
gegen rechtsextreme Bestrebungen und Vorfälle in Sicherheitsbehörden vorgehen,
denn sie stellen ein immenses Sicherheitsrisiko dar. Wer unsere Demokratie in
Frage stellt und andere bedroht, darf nicht Teil der Sicherheitsbehörden unseres
Staates sein. Strukturen und Instrumente des „Whistleblower-Schutzes“ werden wir
implementieren und ausbauen. Damit weiten wir auch die EU-Whistleblower-
Richtlinie auf Verstöße gegen nationales Recht aus. Wir wollen das Ombudswesen
weiter stärken und die Stelle der Bürger- und Polizeibeauftragten aufwerten.
Mit einer wissenschaftlichen Studie wollen wir Erkenntnisse darüber gewinnen,
welche Erfahrungen Bürger*innen mit öffentlichen Stellen gemacht haben. Dabei
soll es um verschiedene Formen der Diskriminierungen gehen, wie zum Beispiel das
Racial Profiling. Gleichzeitig wollen wir mit der Studie auch die Haltung der
Mitarbeiter*innen in den Sicherheitsbehörden in Erfahrung bringen. Damit können
wir uns ein Bild verschaffen und auf Grundlage einer validen Datenbasis mögliche
Gegenmaßnamen ergreifen.
Zivilgesellschaftliches Engagement, Forschung und politische Bildung sind unsere
wichtigsten Instrumente im Kampf gegen rechts. Darum werden wir die
Landeszentrale für Politische Bildung stärken. Mit einem
Landesdemokratiefördergesetz wollen wir Projekte und Träger unterstützen, die
sich gegen Rassismus und für eine plurale Demokratie einsetzen – mit einer
stetigen und ausgebauten Strukturförderung. Wir werden Meldemöglichkeiten für
Hetze im Netz verlässlich fördern und bedarfsgerecht ausweiten. Das gleiche gilt
für Beratungsangebote für Menschen, die von rechter Gewalt betroffen sind, wie
zum Beispiel die Fachstelle "Leuchtlinie". Mit einem Forschungsprojekt wollen
wir untersuchen, welche individuellen und gesellschaftlichen Auswirkungen
Hasskriminalität in Baden-Württemberg hat. Wir werden das Projekt #RespektBW der
Landesregierung und die begleitende Informationskampagne „Bitte Was?! Kontern
gegen Fake und Hass“ fortführen. Wir setzen uns für eine Anlaufstelle zur
Erforschung und Dokumentation rechtsextremistischer Strukturen ein. Sie soll an
einer Hochschule in Baden-Württemberg verankert werden. Die Zentrale Stelle der
Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in
Ludwigsburg wollen wir nach Abschluss der Strafverfolgungsaufgaben am
bestehenden Standort weiterentwickeln. Sie soll zu einem Zentrum für Forschung,
Information, Erinnerungskultur und Begegnung werden. Ihr Ziel soll es sein,
Rechtsstaatlichkeit und Demokratie zu fördern.
Für eine starke, leistungsfähige und humane Justiz
Eine leistungsfähige und humane Justiz ist das Fundament unseres Rechtstaates.
Kriminelles Fehlverhalten muss zeitnah sanktioniert werden. Neben der Polizei
wollen wir den Weg der Stärkung auch bei der Justiz weitergehen. Wir haben daher
in der vergangenen Legislaturperiode über 1000 neue Stellen in der Justiz
geschaffen – und wir werden hier weitermachen!
Denn nur dann können Gerichtsverfahren – von Zivilrechtsstreitigkeiten über
Strafprozesse bis hin zu Asylverfahren – schnellstmöglich durchgeführt werden.
Und nur dann kann die Justiz auch bei besonderen Lagen wie Großverfahren
kurzfristig reagieren. Schneller, effektiver Rechtsschutz und Strafen, die der
Tat auf dem Fuße folgen, sind für den Rechtsfrieden unerlässlich. Ein baden-
württembergisches Erfolgsmodell sind die Häuser des Jugendrechts, in denen
Sozialarbeit und Jugendhilfe mit Polizei und Staatsanwaltschaft
zusammenarbeiten. Hier helfen wir jungen Menschen, anstatt sie auszugrenzen.
Andere Bundesländer haben das Konzept bereits übernommen. Wir wollen den
flächendeckenden Ausbau in Baden-Württemberg weiter voranbringen.
Die Digitalisierung verändert unsere Justiz grundlegend. Baden-Württemberg ist
hier in Deutschland Vorreiter. Dies eröffnet Chancen auf mehr Bürgernähe durch
direkte, digitale Zugangsmöglichkeiten und auf eine effektivere Organisation der
Gerichte. Wir wollen diese Chancen nutzen – nicht zuletzt, damit der
gerichtliche Rechtsschutz auch in Zeiten einer Pandemie sichergestellt bleibt.
Gesetzlich sind beispielsweise auch Videoverhandlungen möglich. Sie dürfen nicht
daran scheitern, dass es den Gerichten an der technischen Ausstattung fehlt.
Zudem wollen wir möglichst vielen Beschäftigen ein mobiles Arbeiten ermöglichen,
das umwelt- und familienfreundlich ist.
Die Justiz soll möglichst viele Erfahrungswelten widerspiegeln. Nur so sind
sachgerechte Entscheidungen möglich. Und nur so ist sichergestellt, dass sich
alle Menschen unserer vielfältigen Gesellschaft von der Justiz repräsentiert
fühlen. Das erhöht die Akzeptanz gerichtlicher Entscheidungen bei den
Bürger*innen. Deshalb wollen wir mehr Menschen mit Zuwanderungsgeschichte in der
Justiz. Obwohl Frauen mittlerweile über die Hälfte der neu eingestellten
Richter*innen und Staatsanwält*innen stellen, sind sie in Führungspositionen
noch immer stark unterrepräsentiert. Das wollen wir ändern! Dafür wollen wir
beispielsweise Funktionsämter auch in Teilzeit ermöglichen. Die Einstellung
neuer Richter*innen sollte transparent, die jeweilige Gerichtsbarkeit und der
Präsidialrat sollten miteinbezogen sein. Wir wollen die Entscheidungen, wer
warum eingestellt und befördert wird, nachvollziehbarer machen. Gleiches gilt
auch für die dienstrechtlichen Beurteilungen. Wir wollen evaluieren, an welchen
Stellen die Prüfungsordnungen der Juristischen Staatsprüfungen und das
Referendariat modernisiert werden müssen. Unter anderem wollen wir ein
Referendariat in Teilzeit ermöglichen und Prüfungskommissionen künftig möglichst
immer auch mit Frauen besetzen.
Die Justiz muss für die Bürger*innen nahbar und nachvollziehbar sein. Eine
Möglichkeit dazu bietet das Güterichterverfahren. Es hilft den Parteien zum
Beispiel durch Mediation, ihren Konflikt eigenverantwortlich zu lösen. Wir
wollen dieses alternative Verfahren flächendeckend durch dafür ausgebildetes
Personal anbieten. Die Öffentlichkeitsarbeit der Justiz muss ausgebaut werden.
Sie ist ein wichtiges Element, um Gerichtsverfahren und Entscheidungen auch über
die herkömmlichen Medien hinaus nachvollziehbar und verständlich zu
kommunizieren. Wir befürworten eine stärkere Selbstverwaltung der Justiz. Die
Gerichtsorganisation muss stärker als bisher bei den Gerichten selbst liegen und
demokratisch strukturiert sein. Wir wollen das ministerielle Einzelweisungsrecht
von Justiz- und Innenministerium einschränken, um unabhängige Ermittlungen zu
garantieren.
Für nachhaltigen Opferschutz und einen humanen Strafvollzug
Die Justizvollzugsbeauftragten beider Regierungsfraktionen haben auf unsere
Initiative hin die AG „Moderner Strafvollzug“ eingerichtet, die
fraktionsübergreifend tätig ist. Ihre wichtigen Handlungsempfehlungen werden wir
umsetzen. Resozialisierung und Wiedergutmachung bzw. Opferorientierung – auf
diese Ziele wollen wir bestehende Regeln des Justizvollzugs ausrichten.
Ein Rechtstaat zeichnet sich dadurch aus, dass er den Menschen in seiner Obhut
humane Haftbedingungen gewährt und menschenrechtliche Vorgaben berücksichtigt.
Hier wollen wir ansetzen, beispielsweise mit einem Bauprogramm zur
Modernisierung von Justizvollzugsanstalten, mit Spezialabteilungen für ältere
Gefangene und Online-Zugängen. Die Gefangenenseelsorge wollen wir für alle
Glaubensrichtungen, bei denen Ausbaubedarf besteht, ausweiten. Menschen in
staatlichem Gewahrsam brauchen eine Person, der sie sich anvertrauen können und
die ihnen eine Stimme gibt. Deswegen wollen wir die Stelle einer*s
Justizvollzugsbeauftragten am Landtag einrichten, die*der im Jahres-Turnus an
den Landtag und an die Landesregierung berichtet. Der Zuständigkeitsbereich wird
sich am Vorbild der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter orientieren. Er
soll alle Formen freiheitsentziehender Maßnahmen in Einrichtungen des Landes
umfassen. Dazu gehören auch die Abschiebehaft, der polizeiliche Gewahrsam und
die psychiatrische Unterbringung.
Eine humane Justiz gibt dem Opferschutz höchste Priorität. Wir haben aus diesem
Grund die Opferentschädigungen verdoppelt und die Stelle einer*s
Opferschutzbeauftragten geschaffen. An diese Stelle können sich Betroffene von
Gewalttaten wenden, um passende Unterstützungsangebote zu finden. Wir wollen die
Strukturen des Opferschutzes weiterentwickeln. Dazu gehört insbesondere der
Ausbau der verfahrensunabhängigen pseudonymisierten Spurensicherung und der
Traumaambulanzen. Wir wollen unter Leitung des Landesopferschutzbeauftragten
zentrale Lotsen an jedem Landgericht installieren und den Täter-Opfer-Ausgleich
stärken.
In bestimmten Verfahren – beispielsweise zu Kinderschutzsachen – sollen
nachgewiesene Fortbildungen bzw. Vorkenntnisse Voraussetzung der
Stellenübertragung sein. Auch die Verfahren selbst wollen wir mit Blick auf den
Opferschutz überprüfen und verbessern. Wir wollen es zum Beispiel den Opfern
sexualisierter Gewalt ersparen, in der Strafverhandlung auf ihren Peiniger zu
treffen. Dazu werden wir der Videobefragung noch mehr Geltung verschaffen.
Darum Grün!
Wer Grün wählt, stimmt für
- mehr Mitbestimmung und Transparenz: Wir setzen auf einen bürgernahen Staat
und aktive, aufgeklärte Bürger*innen, die sich einmischen
- Vielfalt: Wir setzen uns auf allen Ebenen für eine offene Gesellschaft ein
- Sicherheit und Freiheit, die Hand in Hand gehen: Sicherheit ist kein
Selbstzweck, sondern eine Voraussetzung für ein freiheitliches Leben
Unterstützer*innen
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Von Zeile 125 bis 127 einfügen (K12: Vielfalt und Zusammenhalt gelingen nur gemeinsam):
zivilgesellschaftlichen Organisationen Workshops zur Antidiskriminierungsarbeit in der Fläche anbieten. Auch von staatlicher Seite dürfen keine Diskriminierungen erfolgen. Darum fordern wir ein Antidiskriminierungsgesetz, das nach dem Vorbild des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ausgestaltet sein soll. Besonders wichtig ist es uns auch, die Themen Antirassismus und Antidiskriminierung in die Schulen zu bringen.
Kapitel 12: Gesellschaft, Integration und Gleichstellung
Vielfalt und Zusammenhalt gelingen nur gemeinsam
Baden-Württemberg ist ein Land mit einzigartigen Menschen und einer lebendigen
und vielfältigen Gesellschaft. Wir alle leben gerne hier. Wir schätzen den
Zusammenhalt, dass man füreinander da ist und sich gegenseitig hilft. Nirgendwo
sonst in Deutschland engagieren sich so viele Menschen ehrenamtlich im
Sportverein, in der Flüchtlingshilfe, in einer Bürgerinitiative oder
Kirchengemeinde.
In der Corona-Krise haben wir bewiesen, dass wir als Gesellschaft auch mit
Abstand zusammenhalten. Viele haben mit angepackt und anderen geholfen: Jüngere
haben für Ältere eingekauft, Ältere haben für ihre Nachbarschaft Alltagsmasken
genäht, Sportvereine haben Training fürs Wohnzimmer angeboten und Künstler*innen
haben Konzerte im Internet gegeben oder vor Krankenhäusern gesungen, um den
Patient*innen Mut zu machen. Das war eine große Gemeinschaftsleistung, die
einmal mehr gezeigt hat, was wir zusammen alles schaffen können.
Auch wenn das Miteinander bei uns in Baden-Württemberg stärker ist als anderswo,
nehmen auch bei uns die Fliehkräfte in der Gesellschaft zu. Die liberale
Demokratie steht weltweit unter Druck. Die fundamentalen Umbrüche – von der
digitalen Revolution, über die Globalisierung und die Klimakrise bis hin zur
Migration – verunsichern viele Menschen. Der Ton der öffentlichen Debatte wird
rauer und brutaler. Der soziale Kitt, der unsere Gesellschaft zusammenhält,
bröckelt.
Wir Grüne stehen für eine Politik, die Orientierung und Sicherheit im Wandel
gibt und das Vertrauen in unser Gemeinwesen stärkt. Wir wollen unser
Zusammenleben so gestalten, dass alle Menschen am gesellschaftlichen Leben
teilhaben können, wahrgenommen werden und den Respekt erfahren, den jede*r
einzelne verdient. Uns geht es darum, das Miteinander und Füreinander in unserer
offenen Gesellschaft zu fördern und Diskriminierung und Ausgrenzung zu
überwinden. Unser Ziel heißt Zusammenhalt in Vielfalt. Deshalb haben wir bereits
in den vergangenen Jahren den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu einem
politischen Schwerpunkt der grün-geführten Landesregierungen gemacht. Diesen Weg
wollen wir in den kommenden Jahren beherzt weitergehen. Wir wollen die
Abwehrkräfte unserer Gesellschaft gegen Populismus und Polarisierung stärken.
Denn miteinander erreichen wir so viel mehr als gegeneinander.
Ein starkes Ehrenamt bringt Menschen zusammen
Baden-Württemberg ist das Land des bürgerschaftlichen Engagements. Fast die
Hälfte aller Menschen in unserem Bundesland engagiert sich freiwillig. Was bei
uns viele Menschen ehrenamtlich in den Sport- und Musikvereinen, bei der
Freiwilligen Feuerwehr, in Bürgerinitiativen, Kirchen, Gewerkschaften und
Parteien leisten, ist unbezahlbar.
Wir Grüne fördern und stärken ehrenamtliches Engagement. Mit der
Engagementstrategie Baden-Württemberg hat die grün-geführte Landesregierung eine
Strategie zur Stärkung der Bürgergesellschaft auf den Weg gebracht. Wir Grüne
wollen erreichen, dass sich alle Menschen engagieren können – unabhängig von
Alter, Herkunft, einer Behinderung, Einkommen, Bildung, Religion, Geschlecht
oder sexueller Orientierung. Wir wollen noch mehr Menschen für das Ehrenamt
begeistern und das bürgerschaftliche Engagement noch besser würdigen. Dafür
werden wir eine Ehrenamtsoffensive starten. Denn das Ehrenamt braucht gute
Rahmenbedingungen. Wir werden unnötige bürokratische Hürden, die viel Zeit und
Verwaltungsarbeit auffressen, abbauen. Die Vernetzung der Ehrenamtlichen soll
gestärkt werden, um die Möglichkeiten für den Austausch von Wissen und Erfahrung
zu verbessern. Wir werden mehr Weiterbildungsmöglichkeiten für Engagierte
schaffen und zudem eine Ehrenamtskarte einführen. Im Bund werden wir uns für
eine höhere steuerfreie Aufwandspauschale einsetzen.
Viele junge Menschen im Land bringen sich aktiv in die Gesellschaft ein: auf der
Straße, in zahlreichen Vereinen oder auch im Rahmen von Freiwilligendiensten.
Diese Erfahrung wollen wir noch mehr jungen Menschen ermöglichen und ihr
Engagement belohnen. Deshalb werden wir die Landesmittel für das Freiwillige
Soziale Jahr erhöhen. Wir wollen darüber hinaus erreichen, dass soziales
Engagement verstärkt beim Hochschulzugang berücksichtigt wird. Außerdem wollen
wir ein Landesticket einführen, mit dem jede*r FSJ-Leistende den Nahverkehr im
Land kostenlos nutzen kann. Mit einem FSJ-Pass wollen wir ermöglichen, dass die
FSJ-Leistenden künftig ermäßigte Eintrittspreise beispielsweise in Freibädern
und anderen Einrichtungen erhalten.
Mit Sport verbinden, mit Sport gewinnen
Der Sport spielt für den gesellschaftlichen Zusammenhalt eine zentrale Rolle,
denn Sport verbindet: Alte und Junge, Menschen verschiedener Herkunft, mit
verschiedenen Erfahrungen. Im Sport werden die Werte einer offenen und
solidarischen Gesellschaft gelebt und vermittelt: Fairness, Toleranz, Teamgeist
und Verantwortung. Und Sport hält uns fit und fördert unsere Gesundheit. Wir
Grüne unterstützen deshalb den Sport im Land aus voller Überzeugung.
Sportler*innen wollen wir besser unterstützen und ihnen mit einem
Sportler*innenticket für den ÖPNV den kostenlosen Weg zum Wettkampf ermöglichen.
Wir Grüne werden den Breitensport weiterhin partnerschaftlich und verlässlich
unterstützen, denn er vermittelt Werte und Bildung und schafft Zusammenhalt.
Sportvereine und Verbände benötigen für die Bewältigung ihrer Aufgaben Rückhalt.
Deshalb wollen wir den Solidarpakt Sport verlängern, um die Sportvereine auch
weiterhin unterstützen zu können. Vielerorts sind Sportstätten die einzigen
Orte, an denen Menschen unterschiedlichster Herkunft und Milieus zusammenkommen
und gemeinsam ihre Mannschaft unterstützen oder zusammen Sport treiben. Wir
Grüne wollen diese Orte nachhaltig sichern und verbessern. Mit dem Solidarpakt
Sport III hat die grün-geführte Landesregierung die ehrenamtlichen
Übungsleiter*innen besser ausgestattet und die Fördermittel für den Bau von
Sportstätten, insbesondere durch ein Sonderprogramm, deutlich erhöht. Wir Grüne
wollen beim Bau von Sportstätten einen Schwerpunkt auf Klimaschutz und
Nachhaltigkeit legen.
Wir Grüne unterstützen die Initiative „Spitzensportland Baden-Württemberg“, um
vielen Sportler*innen die Möglichkeit zu geben, sich zu Spitzenathlet*innen
entwickeln zu können. Wir machen uns für eine transparente Sportförderung stark,
die die Athlet*innen in den Mittelpunkt stellt und duale Karrieren ermöglicht
und fördert.
Wie unsere Gesellschaft ist auch der Sport stets im Wandel. Wir Grüne machen uns
dafür stark, dass auch der Sport diesem Wandel standhält. Wir zeigen uns offen
für neue Formen des Sports: Millionen Menschen begeistern sich für eSport. Wir
Grüne wollen gute Rahmenbedingungen für den eSport in Baden-Württemberg schaffen
– vor allem für Amateur-Vereine. Deshalb sollen eSport-Vereine genauso von der
Gemeinnützigkeit profitieren können wie andere Sportvereine. Einen Wandel im
Sport wollen wir Grüne auch beim Thema Auflösung der strikten
Geschlechtertrennung vorantreiben. Dafür wollen wir Projekte und Vereine
besonders unterstützen, die Pionierarbeit leisten und den geschlechtergemischten
Mannschaftssport normalisieren.
Nach der Corona-Pandemie können viele hunderttausend sportbegeisterte Menschen
hoffentlich wieder die Spiele ihrer Mannschaften in unserem Land besuchen. Damit
diese Veranstaltungen sicher und für jede*n zugänglich bleiben, hat die grün-
geführte Landesregierung mit den Stadionpartnerschaften ein Konzept vorgelegt,
das Sportveranstaltungen zu dem macht, was sie sein sollten: ein Ereignis, an
dem die ganze Familie teilnehmen kann. Wir Grüne unterstützen darüber hinaus
präventive Fanprojekte und Fanbeauftragte. Gewalt, Diskriminierung und
Ausgrenzung dürfen im Sport ebenso wenig wie in anderen Bereichen der
Gesellschaft geduldet werden.
Ja zu Vielfalt – Nein zu Hass und Hetze
Wir Grüne stehen fest zu den Werten unseres Grundgesetzes und verteidigen unsere
Gesellschaft gegen rassistisches, rechtsextremes und menschenverachtendes
Gedankengut. Deshalb werden wir einen Aktionsplan gegen Hasskriminalität
auflegen. Mit Herz und Haltung wollen wir Hass und Hetze entgegentreten – online
und offline. Wir wollen Betroffene besser unterstützen, Polizei und Justiz
stärker sensibilisieren und die Strafverfolgung effektiver gestalten. Die
Entwicklung der Hasskriminalität in Baden-Württemberg muss Eingang in den
Sicherheitsbericht des Landes finden. Wir ermutigen die Opfer von rechter
Gewalt: Zeigt Hasskriminalität konsequent an!
Wir Grüne wollen, dass es gar nicht erst zu Hassverbrechen kommt. Deshalb setzen
wir auf Prävention. Wir werden die Landesantidiskriminierungsstelle finanziell
stärken und personell ausbauen. Sie soll flächendeckende Informationskampagnen
gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit erarbeiten und gemeinsam mit
zivilgesellschaftlichen Organisationen Workshops zur Antidiskriminierungsarbeit
in der Fläche anbieten. Auch von staatlicher Seite dürfen keine Diskriminierungen erfolgen. Darum fordern wir ein Antidiskriminierungsgesetz, das nach dem Vorbild des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ausgestaltet sein soll. Besonders wichtig ist es uns auch, die Themen
Antirassismus und Antidiskriminierung in die Schulen zu bringen.
Menschlichkeit und Verantwortung – für ein weltoffenes Baden-Württemberg
Weltweit sind so viele Menschen auf der Flucht wie seit dem Zweiten Weltkrieg
nicht mehr. Sie fliehen vor Krieg, Gewalt, Terror, Perspektivlosigkeit und der
Zerstörung ihrer Heimat durch die Klimakrise. Viele von ihnen suchen Schutz in
Europa, Deutschland und auch bei uns in Baden-Württemberg. Unser Land hat
bereits vielen Menschen eine neue Heimat geben können. Menschlichkeit und
Verantwortung bilden den Kern unserer flüchtlings- und asylpolitischen
Überzeugungen: Wir sind stark genug, um Menschen in Not zu helfen. Wir sorgen
dafür, dass Geflüchtete bei uns ein neues Zuhause finden und schaffen
langfristige Integrations- und Bleibeperspektiven. Heimat wird nicht weniger,
wenn man sie teilt.
In den vergangenen Jahren hat die grün-geführte Landesregierung in einer
Verantwortungsgemeinschaft mit den Kommunen und der Zivilgesellschaft vielen
Menschen geholfen und mit verschiedene Maßnahmen für eine bessere Unterbringung
und Versorgung der Menschen, die zu uns gekommen sind, gesorgt. Durch
kraftvolles und koordiniertes Handeln haben wir neben der Erhöhung des
Wohnraumes in der Flüchtlingsaufnahme auch eine erfolgreiche
Bundesratsinitiative für Geflüchtete in Arbeit gestartet, um Bleibeperspektiven
zu verbessern. Wir haben außerdem ein Sonderprogramm zur Aufnahme von 1000
traumatisierten jesidischen Frauen und Kindern aufgelegt, die der grausamen
Verfolgung durch den sogenannten Islamischen Staat entkommen konnten. Wir bieten
ihnen hier Schutz und Sicherheit. In der nächsten Legislaturperiode wollen wir
ein zweites Sonderprogramm für besonders Schutzbedürftige auflegen.
Wir Grüne sind dankbar, dass sich so viele Menschen in unserem Land in der
ehrenamtlichen Flüchtlingshilfe engagieren. Egal, ob es die Landfrauen sind, die
Wollsocken für Flüchtlingskinder stricken. Der Fußballtrainer, der neue
Kicker*innen aus aller Welt in seinem Team mit offenen Armen empfängt. Die
Deutschlehrerin, die ehrenamtlich an ihren Nachmittagen den Neuankömmlingen
erste Sprachkenntnisse vermittelt. Oder die vielen Ehrenamtlichen in den
Freundeskreisen, die sich um die kleinen und großen Alltagsprobleme kümmern. Wir
Grüne bringen diesem Engagement große Wertschätzung entgegen und werden es
weiter gezielt unterstützen.
Viele Städte und Gemeinden in Baden-Württemberg unterstützen die Initiative
„Sichere Häfen“ und zeigen damit Bereitschaft, Geflüchtete aufzunehmen, die aus
Seenot gerettet worden sind oder in Flüchtlingslagern vor den Toren Europas
leben. Wir Grüne unterstützen diese Initiative und machen uns auf Bundesebene
dafür stark, dass Bundesländer und Kommunen mehr Möglichkeiten bei der Aufnahme
von Menschen in Notsituationen erhalten. Auf europäischer Ebene setzen wir uns
außerdem dafür ein, dass ein ziviles Seenotrettungssystem aufgebaut wird, das
europäisch organisiert und finanziert ist. Das Sterben im Mittelmeer muss
beendet werden!
Die beste Flüchtlingspolitik bewahrt die Menschen davor, ihre Heimat überhaupt
erst verlassen zu müssen. Das Bekämpfen von Fluchtursachen heißt, die Gründe der
Flucht und nicht die Menschen auf der Flucht zu bekämpfen. Dafür müssen wir in
Europa und im Bund noch viel mehr tun, indem wir unseren Beitrag zu
Fluchtursachen erkennen, dafür Verantwortung übernehmen und Maßnahmen ergreifen,
wie beispielsweise die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit erhöhen. Die grün-
geführte Landesregierung hat mitgeholfen, die wirtschaftliche Situation im
Balkan zu stabilisieren. Sie hat im Nordirak wichtige Programme zur
Gesundheitsvorsoge und Bildung ins Leben gerufen und wird auch weiterhin im
Rahmen ihrer Möglichkeiten einen Beitrag zur Fluchtursachenbekämpfung leisten.
Wer bei uns Asyl beantragt, verdient ein rechtsstaatliches, faires und schnelles
Asylverfahren. Nicht alle, die zu uns kommen, werden auch dauerhaft hierbleiben
können. Wird ein Asylantrag abgelehnt und gibt es keine weiteren Gründe, die
eine Rückkehr ausschließen, hat für uns die freiwillige Rückkehr Vorrang vor
Abschiebungen. Wir setzen dabei auf aktive Rückkehrberatung und gezielte
Rückkehrhilfen. Die Leitlinien für die Rückkehr- und Abschiebepraxis in Baden-
Württemberg müssen eine rechtsstaatliche, faire und humanitär verantwortliche
Rückkehr- und Abschiebepraxis gewährleisten. Für Menschen ohne Aufenthaltsrecht
ist die Härtefallkommission eine wichtige Anlaufstelle. Diese Kommission kümmert
sich um die Schicksale, die durch das Raster unseres Systems fallen. Wir wollen,
dass die Härtefallkommission unabhängige und transparente Entscheidungen trifft.
Dazu werden wir die Härtefallkommission strukturell und personell ausbauen.
Mit Integration beginnen – neue Mitbürger*innen gewinnen
Integration ist eine der größten Herausforderungen und zugleich eine der größten
Chancen für unser Land. Grüne Integrationspolitik richtet sich an die ganze
Gesellschaft: An alle, die zu uns kommen, aber auch an alle, die schon länger
hier leben. Integration ist ein wechselseitiger Prozess, der die Bereitschaft
aller Beteiligter voraussetzt, in unserer Gesellschaft zusammenzuleben.
Diejenigen, die zu uns kommen, brauchen bestimmte Voraussetzungen, damit
Integration gelingt: Sie müssen die deutsche Sprache lernen, sie brauchen Zugang
zu guter Bildung und zum Arbeitsmarkt sowie die Chance, am politischen und
gesellschaftlichen Leben auf der Grundlage unserer demokratischen Werteordnung
teilzuhaben. Für die, die schon länger hier leben, bedeutet gelingende
Integration: offen zu sein für eine kulturelle Bereicherung und Unterschiede als
Chance, nicht als Bedrohung zu begreifen. Ziel unserer Integrationspolitik ist
ein starker gesellschaftlicher Zusammenhalt bei einer wachsenden
Bevölkerungsvielfalt. Das Band, das unsere Gesellschaft dabei zusammenhält, ist
unser Grundgesetz.
Wenn Menschen zu uns kommen, wollen wir ab dem ersten Tag mit der
Integrationsarbeit beginnen. Wir wollen keine Zeit verlieren, indem wir warten,
bis der Aufenthaltsstatus endgültig geklärt ist. Oft dauert es Monate, bis die
Bundesbehörden Klarheit geschaffen haben. Jeder Tag, an dem Geflüchtete und
Migrant*innen an unserem gesellschaftlichen Leben teilhaben können, ist ein Tag
gelungener Integration.
Als Land gestalten wir Integration maßgeblich mit. Deshalb haben wir als grün-
geführte Landesregierung 2016 gemeinsam mit den Kommunen den Pakt für
Integration auf den Weg gebracht. Kernstück war ein neu geschaffenes
Integrationsmanagement. Heute stehen rund 1000 Integrationsmanager*innen den
Geflüchteten im Alltag zur Seite und unterstützen sie mit Integrationsplänen
dabei, ein selbstständiges Leben zu führen. Zusätzlich unterstützt der Pakt
junge Geflüchtete in Schulen auf ihrem Weg ins Berufsleben und fördert
ehrenamtliche und bürgerschaftliche Strukturen in der Flüchtlingshilfe. Wir
Grüne werden die Finanzierung des Paktes für Integration auch in der nächsten
Legislaturperiode sicherstellen und die Rahmenbedingungen für gute Integration
schaffen.
Integration findet dort statt, wo sich Menschen begegnen – in Kitas, Schulen,
Vereinen, Nachbarschaften und am Arbeitsplatz. Für uns Grüne haben vor allem
Familien als Ort der Sicherheit und Vertrautheit einen hohen Stellenwert für
eine gelingende Integration. Gerade nach einer traumatisierenden Flucht
benötigen Menschen die Gewissheit, dass auch ihre Familie in Sicherheit ist. Nur
dann können sie sich mit Herz und Verstand auf die Integration in der Schule,
der Ausbildung und am Arbeitsplatz konzentrieren. Wir Grüne wollen deshalb den
Familiennachzug erleichtern.
Wir setzen uns entschlossen für einfache und unbürokratische Möglichkeiten ein,
einen dauerhaften Aufenthaltstitel für Migrant*innen zu bekommen, die hier
arbeiten. Sie sollen zeitnah nach Abschluss ihres Asylverfahrens eine
Bleibeperspektive erhalten. Hierfür werden wir die Ermessensduldung im Sinne des
öffentlichen Interesses konsequent nutzen.
Mit dem Beitritt zur „Charta der Vielfalt“ hat Baden-Württemberg bekräftigt,
dass es eine Kultur der Vielfalt und des Respekts pflegt und fortentwickeln
will. Wir unterstützen die interkulturelle Öffnung der Landesverwaltung und
wollen mehr Menschen mit Migrationshintergrund für den öffentlichen Dienst
gewinnen. Dazu wollen wir die Kampagne „Vielfalt macht bei uns Karriere –
Willkommen im öffentlichen Dienst“ wieder aufgreifen. Als grün-geführte
Landesregierung haben wir auch das Programm „Chancen gestalten – Wege der
Integration in den Arbeitsmarkt öffnen“ auf den Weg gebracht. Wir werden nun ein
landesweites kommunales Netzwerk aufbauen, um Geflüchtete schnellstmöglich ins
Arbeitsleben zu integrieren. Bildung und Sprache sind für Integration, Teilhabe
und Chancengerechtigkeit von zentraler Bedeutung. Wir werden deshalb die
Angebote für Sprachkurse ausbauen und währenddessen die Kinderbetreuung für
Geflüchtete mit Kindern sicherstellen.
Wir Grüne stehen für eine bunte Gesellschaft. Wir wollen, dass Menschen ohne
deutsche Staatsbürgerschaft schneller und unbürokratischer eingebürgert werden
können. Wir wissen auch: Integration ist ein Prozess, den die
Mehrheitsgesellschaft und die Menschen, die zu uns kommen, gemeinsam gestalten
müssen. Dieser Integrationsprozess kann nur gelingen, wenn beide Seiten offen
und tolerant gegenüber unterschiedlichen Lebensentwürfen sind. Wir werden die
Antirassismus- und Antidiskriminierungsarbeit stärken und ein positives Bild von
Diversität vermitteln.
Die Hälfte der Macht den Frauen – überall!
Feminismus ist ein Kernanliegen grüner Politik. Wenn Geschlechtergerechtigkeit
selbstverständlich gelebt wird, sichert das die Stabilität unserer Gesellschaft,
schafft wirtschaftliche Chancen und stärkt unsere Demokratie.
Wir Grüne sorgen dafür, dass Frauen und Männer endlich die gleichen Chancen
haben. Die Gleichstellung der Geschlechter ist für uns eine
Selbstverständlichkeit. Doch leider ist sie noch keine gesellschaftliche
Realität. Frauen und Männer sind zwar vor dem Gesetz gleich, aber wir alle haben
Rollenbilder im Kopf. Es gibt immer noch Berufe, die als typisch für Frauen oder
Männer gelten. Immer noch ist Frauen der Zugang zu Führungspositionen erschwert.
Wir wollen diese Rollenbilder auflösen und einen gesellschaftlichen Aufbruch für
Frauenrechte initiieren. Wir Grüne werden nicht nachgeben, bis Frauen wirklich
überall die gleichen Rechte, Möglichkeiten und Lebenschancen haben wie Männer!
Als grün-geführte Landesregierung haben wir 2016 mit dem
Chancengleichheitsgesetz in Baden-Württemberg einen großen Sprung nach vorne
gemacht. Darin haben wir festgehalten: Alle Gremien, für die das Land ein
Vorschlagsrecht hat, werden zur Hälfte mit Frauen besetzt. Wir haben darin auch
festgeschrieben, hauptamtliche Gleichstellungsbeauftragte in Städten mit über
50.000 Einwohner*innen einzuführen. Sie treiben die Frauenförderung in den
großen Städten entscheidend voran. Jetzt wollen wir den nächsten Schritt gehen
und hauptamtliche Gleichstellungsbeauftragte in den großen Kreisstädten
einführen. Wir wollen Ansprechpartner*innen vor Ort einsetzen, um gleiche
Chancen für alle zu ermöglichen. Um die Gleichstellung in Baden-Württemberg auch
in der Landesregierung verpflichtend und kontinuierlich zu verankern, wollen wir
eine Landesbeauftragte für Gleichstellung und Diversity etablieren.
Für uns Grüne ist klar: Auch in den Führungsebenen von Politik müssen Männer und
Frauen zu gleichen Teilen repräsentiert sein. Denn nur, wenn alle
gesellschaftlichen Gruppen in Entscheidungen eingebunden sind, kann Politik
tragfähige Entscheidungen treffen. Baden-Württemberg hat deutschlandweit einen
der niedrigsten Frauenanteile im Parlament. Deshalb fordern wir schon lange die
Änderung des Landtagswahlrechts. Damit der Landtag zu dem wird, was er sein
soll: ein Spiegelbild unserer Gesellschaft.
Gleichberechtigung und Feminismus sind keine reine Frauensache. Um die Bedeutung
dieses politischen Ziels zu untermauern, wollen wir den Internationalen
Frauentag am 8. März zu einem gesetzlichen Feiertag machen. Wir wollen einen
lebendigen Feiertag einführen, der uns an gesellschaftliche Kämpfe vergangener
Tage erinnert und aufzeigt: Wir müssen noch weitere Anstrengungen unternehmen,
um echte Gleichberechtigung zu erreichen.
Wir Grüne zeigen null Toleranz bei Gewalt gegen Frauen. Wie ein Brennglas hat
die Corona-Krise verdeutlicht: Häusliche Gewalt gegen Frauen ist heute immer
noch ein massives Problem. Als Landesregierung haben wir begonnen, die Vorgaben
der Istanbul-Konvention umzusetzen und verbindliche Rechtsnormen gegen Gewalt an
Frauen und häusliche Gewalt zu schaffen. Wir werden diese Arbeit fortführen, bis
die Konvention lückenlos verwirklicht ist. Dafür werden wir den
Landesaktionsplan „Baden-Württemberg gegen Gewalt an Frauen“ fortschreiben. Wir
werden verstärkt in die Gewaltprävention investieren und Menschen verstärkt
dafür sensibilisieren, Gewalttaten zu erkennen. Gleichzeitig werden wir die
Opfer noch besser unterstützen. Wir werden Frauen- und Kinderschutzhäuser sowie
Beratungsstellen für Opfer von sexualisierter Gewalt flächendeckend ausbauen und
finanziell gut ausstatten. Im Einklang mit der Istanbul-Konvention möchten wir
auf Landesebene eine Koordinationsstelle schaffen, die die verschiedenen
Hilfsangebote zusammenbringt. Sie soll den Austausch und die Kooperation der
Beratungsstellen fördern und die regionale Versorgungslage im Blick behalten.
Wie lange sie in Frauenhäusern bleiben, darüber können nur die Frauen selbst
entscheiden. Eine pauschale Begrenzung der Wohnzeit lehnen wir ab. Wir setzen
uns dafür ein, dass Frauen nach ihrem Aufenthalt in einem Frauenhaus leichteren
Zugang zu bezahlbarem Wohnraum bekommen, um ein neues Leben beginnen zu können.
Für Opfer von sexualisierter Gewalt schaffen wir eine bessere Notfallversorgung
einschließlich einer anonymen Spurensicherung. Dafür wollen wir eine
Gewaltambulanz nach Heidelberger Vorbild in jedem Regierungspräsidium aufbauen.
Gewalt gegen Frauen entsteht durch Frauenhass, durch gefährliche
Männlichkeitsvorstellungen und Überlegenheitsfantasien. Hass gegen Frauen ist
eine Form der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit. Wir wollen
Präventionsarbeit gegen Frauenfeindlichkeit fördern, die auch die
Überschneidungen mit anderen Formen der Menschenfeindlichkeit wie Rassismus in
den Blick nimmt. Gleichzeitig werden wir Programme in der Schule und in der
Kinder- und Jugendarbeit fördern, die Heranwachsende dabei unterstützen, für
ihre Rechte und körperliche Selbstbestimmung einzutreten.
Frau zu sein ist eines der größten Armutsrisiken in Deutschland. Frauen leisten
immer noch den Großteil der unbezahlten Sorge- und Pflegearbeit in Familie und
Haushalt. Wir wollen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessern, damit
Erziehungs- und Familienarbeit endlich gleichberechtigt verteilt werden kann.
Wir setzen uns dafür ein, dass Frauen für die gleiche Arbeit den gleichen Lohn
erhalten. Berufe, in denen überproportional oft Frauen beschäftig sind, sind
weiterhin strukturell schlechter bezahlt als andere Branchen. Unser Ziel ist es,
diese Berufe aufzuwerten. Junge Frauen wollen wir für Berufe in der Technik, den
Naturwissenschaften und der IT begeistern. Damit das gelingt, müssen wir
überholte Rollenbilder überwinden. Alle Lehrmaterialien müssen entsprechend
überprüft und überarbeitet werden.
Für ein vielfältiges und buntes Baden-Württemberg
Wir Grüne haben Baden-Württemberg ein neues und tolerantes Gesicht gegeben. Wir
stehen für eine offene und vielfältige Gesellschaft, in der jede*r
selbstbestimmt und diskriminierungsfrei leben kann. Dafür schaffen wir Grüne die
politischen Rahmenbedingungen. Seitdem wir in Baden-Württemberg regieren, hat
sich die rechtliche und gesellschaftliche Gleichstellung von lesbischen,
schwulen, bisexuellen, transsexuellen, transgender, intersexuellen und queeren
Menschen (kurz: LSBTTIQ) deutlich verbessert. Wir haben außerdem damit begonnen,
die Verfolgungsgeschichte homosexueller Menschen im Nationalsozialismus und in
der Nachkriegszeit historisch aufzuarbeiten.
Mit dem Aktionsplan „Für Akzeptanz und gleiche Rechte Baden-Württemberg“ hat die
grün-geführte Landesregierung 2015 bundesweit einen Meilenstein in Sachen
Sichtbarkeit von Vielfalt gesetzt. Damit verbunden war die Gründung des
Landesnetzwerkes LSBTTIQ Baden-Württemberg. Mit seinen über 100
Mitgliedsorganisationen ist das Netzwerk ein starker zivilgesellschaftlicher
Ansprechpartner für die Politik. Diesen Weg wollen wir Grüne weitergehen und die
queere Netzwerkarbeit weiterentwickeln. Angebote und Beratungen, die in Städten
vielfach von engagierten Institutionen angeboten werden, fehlen an vielen
Stellen im ländlichen Raum. Wir werden deshalb ortsnahe Beratungs- und
Unterstützungsangebote für Kinder, Jugendliche und Erwachsene ausbauen. Wo dies
nicht möglich ist, wollen wir Hotlines und Online-Beratungen installieren.
Unsere Gesellschaft wird vielfältiger. Deshalb haben wir im Bildungsplan 2016
die Leitperspektive „Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt“ verankert.
Wir Grüne wollen diese Leitperspektive weiter stärken und die Sichtbarkeit
sexueller und geschlechtlicher Vielfalt in den Lehrplänen Baden-Württembergs
erhöhen. Dazu gehört auch, dass wir unser pädagogisches und psychologisches
Personal konsequent aus- und weiterbilden. Wir wollen, dass an jeder Schule eine
Lehrperson das Diversity-Management koordiniert und Ansprechpartner*in ist, um
diese Leitperspektive umzusetzen. Aber auch außerhalb der Schule wollen wir
queere Jugendliche besser unterstützen. Wir werden mehr Qualifizierungsangebote
in der offenen Kinder- und Jugendarbeit schaffen und die strukturellen
Beratungs- und Gruppenangebote für LSBTTIQ-Jugendliche im ländlichen Raum
ausbauen.
Menschen fliehen auf der ganzen Welt aus unterschiedlichen Gründen. In vielen
Ländern werden Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder ihrer
geschlechtlichen Identität verfolgt. Viele von ihnen suchen Schutz in Europa,
Deutschland und auch bei uns in Baden-Württemberg. Wir Grüne werden deshalb
verstärkt Konzepte für Geflüchtete mit besonderem Schutzbedarf in den
Landeserstaufnahmestellen erarbeiten.
Auch Dank grüner Politik können LSBTTIQ-Menschen heute so offen leben wie noch
nie. Wir freuen uns, dass immer mehr queere Menschen eine Familie gründen. Wir
wollen für Regenbogenfamilien und queere Gruppen einen festen Anlaufpunkt
schaffen, an dem sie sich in Vertrautheit austauschen können. Wir werden deshalb
die Gründung von Regenbogenhäusern in Baden-Württemberg unterstützen.
Weil unsere Gesellschaft immer älter wird, gibt es auch immer mehr offen lebende
queere Menschen, die Pflegeleistungen in Anspruch nehmen. Gerade ältere queere
Menschen haben in ihrem langen Leben vielfach Diskriminierung erlebt. Ebenso
steigt die Zahl der Menschen mit Migrations- oder Fluchtgeschichte, die in
unseren Pflegeeinrichtungen leben. Auch sie haben besondere Bedürfnisse. Wir
Grüne wollen deshalb die kultursensible Pflege stärken und besser auf die
individuellen Belange der zu pflegenden Menschen eingehen. Insbesondere bei der
Versorgung transsexueller, transgender und intersexueller Menschen bedeutet
dies, einen sensiblen Umgang mit der Körperlichkeit der Bewohner*innen zu
entwickeln. Dazu wollen wir das Thema kultursensible Pflege in der Aus- und
Weiterbildung von Pflegekräften stärken und Pflegeeinrichtungen für das
Qualitätssiegel „Diversitycheck“ gewinnen. Einrichtungen erhalten den
„Diversitycheck“, wenn sie eine offene Willkommenspolitik und Kommunikation
umsetzen sowie kultursensible Standards in der Wohn- und Lebenswelt schaffen. So
bietet das Siegel Pflegebedürftigen Orientierung und schafft Vertrauen.
Nur wenn wir Grüne regieren, geht es mit der Gleichstellung voran. Wir haben die
Gleichstellung im Landesrecht umfassend verwirklicht. Wir werden auch weiterhin
eine starke Stimme für Vielfalt, Akzeptanz und gleiche Rechte im Bundesrat sein.
Durch die Aufnahme der sexuellen Identität in Artikel 3 des Grundgesetzes wollen
wir den Diskriminierungsschutz stärken. Wir Grüne unterstützen Nicht-binäre,
Trans- und Inter-Personen bei ihrem Kampf für ihre Menschenrechte und ihr Recht
auf körperliche Selbstbestimmung. Wir fordern die Überarbeitung der Richtlinie
zur Blutspende, um den praktischen Ausschluss von homo- und bisexuellen Männern
zu beenden und die diskriminierende Regelung in Bezug auf transgeschlechtliche
Menschen abzuschaffen.
Religion und Weltanschauung: gemeinsam in den Dialog treten
Die Werteordnung des Grundgesetzes bildet das gemeinsame Fundament, das unsere
Gesellschaft verbindet und zusammenhält. Niemand darf wegen seines Glaubens oder
Nicht-Glaubens bevorzugt oder benachteiligt werden. Wir Grüne treten für die
religiöse und weltanschauliche Gleichberechtigung aller Menschen auf der
Grundlage unserer Verfassung ein. Wir sehen alle Religionen in unserem Land als
gleichberechtigt an und fördern den interreligiösen und kulturellen Austausch.
Als Grüne bekennen wir uns fest zum grundgesetzlichen Schutz der Sonn- und
Feiertage. Sie sind ein zentrales Moment in der Zeitorganisation von Staat und
Gesellschaft und verschaffen allen Menschen eine Zeit der Erholung, der
Besinnung und der Begegnung.
Wir Grüne stehen im regelmäßigen konstruktiv-kritischen Austausch mit den
christlichen Kirchen. Die unzähligen Ehrenamtlichen in den Kirchengemeinden
schaffen Orte der Begegnung und stärken in vielen Städten und Dörfern das
soziale Klima und ein wertschätzendes Miteinander. Die vielen karitativen
Einrichtungen, die Unterstützung von Geflüchteten und die
Entwicklungszusammenarbeit im Globalen Süden wären ohne kirchliches Engagement
kaum denkbar. Gleichzeitig wollen wir mit den Kirchen weiter auch einen
kritischen Dialog pflegen, weil wir beispielsweise ihre Sonderstellung im
Arbeitsrecht für nicht mehr zeitgemäß halten.
Nicht erst seit dem schrecklichen Anschlag auf die Synagoge in Halle beobachten
wir mit großer Sorge die Zunahme von Judenhass und Antisemitismus auch bei uns
im Land. Wir Grüne stellen uns entschieden gegen jede Form von Antisemitismus.
Der Schutz des jüdischen Lebens in unserem Land ist eine gesamtgesellschaftliche
Aufgabe. Wir wollen die Israelitischen Religionsgemeinschaften in Baden-
Württemberg deshalb weiter unterstützen und das Verständnis für jüdische
Geschichte und Traditionen in unserem Land stärken. Die grün-geführte
Landesregierung hat dazu bereits als erstes Bundesland einen
Antisemitismusbeauftragen ernannt, der wertvolle und wichtige Arbeit leistet.
Wir Grüne bekennen uns klar zum Existenzrecht und zur Sicherheit Israels und
positionieren uns gegen die BDS-Kampagne, die Israel durch Boykottaufrufe
politisch, wirtschaftlich und kulturell angreifen und isolieren will.
Der Dialog mit den muslimischen Bürger*innen ist uns wichtig. Bisher gibt es auf
Landesebene keine gemeinsame Organisation, die alle hier lebenden Musliminnen
und Muslime vertritt. Deshalb wollen wir ein institutionalisiertes
Kooperationsverhältnis mit dem Land schaffen. Dadurch stärken wir die rechtliche
Gleichstellung der Musliminnen und Muslime mit anderen Glaubensgemeinschaften
und schaffen auslandsunabhängige Ansprechpartner*innen auch für
zivilgesellschaftliche Akteur*innen. An zahlreichen Schulen im Land haben wir
islamischen Religionsunterricht eingeführt. So können Kinder und Jugendliche in
ihre Glaubenstradition hineinwachsen und religiöse Bildung erfahren. Das führt
zu mehr Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt und trägt damit zur religiösen und
kulturellen Verständigung bei. Wir möchten die Ausbildung von Imamen fördern,
die den Islam auf der Basis der freiheitlich-demokratischen Grundordnung
vermittelt. Darüber hinaus wollen wir die islamische Seelsorge in staatlichen
Einrichtungen wie Krankenhäusern und Gefängnissen durch qualifiziertes und
geeignetes Personal gewährleisten.
Die Zahl der konfessionsfreien Menschen steigt in Baden-Württemberg jährlich.
Wir werden daher dafür sorgen, dass die Perspektiven von konfessionsfreien
Menschen in gesellschaftlichen und ethischen Debatten mitgedacht werden und
wollen unter anderem die humanistischen Verbände besser in Dialogprozesse
einbinden. Zur Religionsfreiheit gehört auch, sich ohne Hindernisse dafür
entscheiden zu können, einer Religion nicht mehr anzugehören oder an einer
Tradition nicht teilhaben zu wollen. Die Kommunen erheben unterschiedliche
Gebühren für den Kirchenaustritt. Wir halten deshalb eine grundsätzliche
Neuordnung der Gebühren für notwendig.
Wir Grüne sind davon überzeugt, dass wir mehr über die Gemeinsamkeiten lernen
müssen, die unsere Gesellschaft zusammenhalten. Ein wichtiger Aspekt ist deshalb
ein Angebot für Ethik- und Werteunterricht in der Grundschule ab der ersten
Klasse. Hier lernen alle Kinder von Anfang an, friedlich mit der Vielfalt an
Religionen und Weltanschauungen umzugehen. Um den friedlichen Dialog auch im
späteren Leben zu verbessern, werden wir die Servicestelle Friedensbildung in
Baden-Württemberg finanziell stärken und personell ausbauen.
Darum Grün!
Wer Grün wählt, stimmt für
- eine Ehrenamtsoffensive, mit der wir das bürgerliche Engagement in unserem
Land noch besser unterstützen
- eine Politik, die den Sport und seine zusammenführende Kraft stärkt
- eine Flüchtlingspolitik, die sich an Menschlichkeit und Verantwortung
orientiert
- Gleichstellungsbeauftragte, die Chancengleichheit für alle Geschlechter
verwirklichen
- eine ambitionierte Frauenpolitik, die Gewalt gegen Frauen entschieden
entgegentritt
- ein Diversity-Management an Schulen, das Kinder lehrt, mit der Vielfalt
unserer Gesellschaft umzugehen
Antragstext
Von Zeile 283 bis 285 einfügen:
und strukturell bedingte Diskriminierung. Diese Erfahrungen sind für viele Betroffene häufig am prägendsten, weil sie Tag für Tag damit konfrontiert sind. Deshalb setzen wir uns für die Schaffung eines Landesantidiskriminierungsgesetz nach Berliner Vorbild ein. Wir stehen an der Seite der Black-Lives-Matter-Bewegung.
Kapitel 13: Inneres, Recht und Verfassung
Ein humaner Rechtsstaat ist der Garant für Freiheit und Demokratie
Ein Leben in einer freien und offenen Gesellschaft – das zu garantieren ist für
uns Grüne elementare Aufgabe des Rechtstaates. Wir wollen einen selbstbewussten
Staat, der sein Handeln erklärt, begründet und überprüfbar macht. Der das
Vertrauen in staatliche Institutionen stärkt, indem er Kontrollinstrumente
bereitstellt und die Entscheidungen der Justiz nachvollziehbar macht. Menschen,
die Unrecht begangen haben, führt der Rechtsstaat wieder in die Mitte der
Gesellschaft zurück. Seine Sicherheitspolitik ist vorausschauend und basiert auf
Erkenntnissen, die wissenschaftlich belegt sind.
Das Fundament unseres Gemeinweisens sind Bürger*innen, die sich einmischen!
Grundlage dafür ist: Alle haben umfassende Möglichkeiten, direkt an
Entscheidungsprozessen und Veränderungen mitzuwirken. Damit wir gut
zusammenleben können, ist Vertrauen unerlässlich. Die Bürger*innen müssen von
der Integrität demokratischer Institutionen überzeugt sein und sich alle
gleichermaßen gesehen und gehört fühlen. Dann ist unsere Gesellschaft stabil und
für Herausforderungen gut gerüstet.
Wir Grüne stehen für eine Politik des Gehörtwerdens und der Transparenz. Diese
Politik haben wir als grün-geführte Landesregierung erfolgreich mit Leben
gefüllt: Mit dem Amt der Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung
haben wir eine in Deutschland einmalige Stelle geschaffen. Baden-Württemberg ist
bundesweite Spitze in Sachen Bürgerbeteiligung und hat bei der direkten
Demokratie sehr stark aufgeholt.
Unsere Bürger*innen haben vielfältige Möglichkeiten, ihre Meinungen zu äußern.
Auf unserem Online-Beteiligungsportal können sie zu Gesetzesvorhaben Stellung
nehmen und ihre Interessen deutlich machen. Sie wollen bei Großprojekten
umfassend beteiligt werden – der Planungsleitfaden verpflichtet die
Landesverwaltung dazu. Wir haben die gesetzlichen Grundlagen für
Volksabstimmungen verbessert und die informelle Bürgerbeteiligung bei der
Planung von Infrastrukturprojekten eingeführt. Die Bürger*innen können nun in
den Städten und Gemeinden auch über die Bauleitplanung abstimmen – und damit
über das wichtigste Planungswerkzeug der städtebaulichen Entwicklung einer
Kommune. In zahlreichen Projekten haben wir Bürgerbeteiligungen umgesetzt – und
damit beispielsweise Konflikte bei der Planung des Nationalparks Schwarzwald
oder der neuen Justizvollzugsanstalt Rottweil gelöst. Wir fördern lokale
Projekte und bringen so die Bürgerbeteiligung zu konkreten Themen ins Land.
Politik des Gehörtwerdens: Beteiligungsmöglichkeiten weiter ausbauen
Wir werden unseren Weg der Politik des Gehörtwerdens beherzt weitergehen. Wir
wollen die Bürgerbeteiligung auf Landesebene und vor Ort in den Kommunen weiter
stärken und den Bürger*innen näherbringen. Dazu gehört auch die Einführung von
direktdemokratischen Elementen auf Landkreisebene. Wir wollen zukünftig bei
wichtigen Gesetzen und politischen Vorhaben Bürger*innenräte aus zufällig
ausgewählten Bürger*innen beteiligen. Um die Ideen, Anliegen und Sorgen der
Bürger*innen noch besser einbeziehen zu können, wollen wir zu Beginn der
kommenden Legislaturperiode ein landesweites Bürgerbeteiligungsverfahren ähnlich
der Grand Débat in Frankreich durchführen. Dabei wollen wir mit den Bürger*innen
über ihre Vision für Baden-Württemberg 2030 ins Gespräch kommen. Wir wollen
darüber diskutieren, wie wir gemeinsam die großen Herausforderungen der Zeit
gestalten – vom Klimawandel über die Digitalisierung bis hin zum
wirtschaftlichen Strukturwandel.
Den Gemeinden wollen wir es ermöglichen, sich eine Beteiligungssatzung zu geben.
Zudem sollen informelle Beteiligungsverfahren in die Gemeindeordnung aufgenommen
und der Einwohnerantrag vereinfacht werden. Wir wollen das
Volksabstimmungsgesetz weiterentwickeln und prüfen, wie wir Hürden von
Volksbegehren und Volksabstimmungen weiter senken können. Den Volksantrag wollen
wir so ausbauen, dass Beteiligungsprozesse aktiv eingefordert werden können.
Auch Internet-Formate der Beteiligung werden wir erweitern und ein Online-
Vorschlagswesen entwickeln, in dem Bürger*innen mit wenigen Klicks Vorschläge zu
Themen der Landespolitik einbringen können.
Unmittelbare Demokratie und kollektive Willensbildung drücken sich aber auch in
Formen des sozialen Protests aus. Das Versammlungsgesetz stammt noch aus den
1970er Jahren und ist auf Bundesebene verankert. Wir machen uns für ein modernes
und demokratieförderndes Landesversammlungsgesetz stark.
Für ein modernes Wahlrecht
Wir Grüne setzen uns für ein modernes Wahlrecht ein, das das ganze Land in den
Blick nimmt: Unsere ländlichen Wahlkreise ebenso wie unsere Städte, Frauen wie
Männer, Alte wie Junge, Alteingesessene wie Migrant*innen. Wir streiten deshalb
seit Jahren für eine Modernisierung des Landtagswahlrechts und wollen ein
personalisiertes Verhältniswahlrecht mit einer geschlossenen Landesliste
einführen. 2019 haben wir 100 Jahre Frauen-Wahlrecht gefeiert. Jetzt ist der
richtige Zeitpunkt für die strukturelle Stärkung von Frauen, jungen Menschen und
Migrantinnen und Migranten, damit der Landtag zu einem echten Abbild unserer
Gesellschaft wird.
Junge Menschen sind die Zukunft unseres Landes. Was heute entschieden wird,
betrifft sie morgen! Darum wollen wir ihrer Stimme mehr Geltung verschaffen.
Jede*r dritte Jugendliche in Baden-Württemberg engagiert sich ehrenamtlich. Und
auch die weltweiten Klimastreiks belegen: Junge Menschen möchten sich einbringen
und ihre Zukunft aktiv mitgestalten. Bei den Kommunalwahlen haben wir das
Wahlalter bereits auf 16 Jahre gesenkt, damit sie mitentscheiden können. Nun
wollen wir das auch bei Landtagswahlen erreichen! Außerdem sollen sich 16- und
17-Jährige bei Kommunalwahlen selbst zur Wahl stellen können, also das passive
Wahlrecht erhalten. Die kommunale Ebene ist der richtige Ort, um Jugendlichen
noch mehr Mitspracherechte zu geben. Denn hier, vor Ort, leben sie und können
ihr Bewusstsein für die „große“ Politik trainieren. Das Mindestalter bei
Kandidat*innen für Bürgermeister*innenwahlen wollen wir auf 18 senken und die
Höchstaltersgrenzen abschaffen. Unsere Gesellschaft in Baden-Württemberg ist
vielfältig. Auch Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit gehören zu uns
dazu. Wer hier lebt, soll auch mitentscheiden können. Deswegen möchten wir ihre
Möglichkeiten der politischen Teilhabe weiter ausbauen: Wir fordern das
Wahlrecht für EU-Bürger*innen bei Landtagswahlen und das Wahlrecht für
Drittstaatsangehörige auf kommunaler Ebene! Auch das Wahlrecht von Wohnsitzlosen
wollen wir uneingeschränkt ermöglichen. Um die Einflussmöglichkeiten der
Bürger*innen zu stärken, werden wir die Direktwahl von Landrät*innen einführen
und ihre Amtszeit an die Kommunalwahlperiode koppeln.
Für Transparenz, Unabhängigkeit und Datenschutz
Bürger*innen haben Anspruch darauf, Zugang zu Informationen der öffentlichen
Verwaltung zu bekommen. Dafür haben wir als grün-geführte Landesregierung mit
dem Informationsfreiheitsgesetz gesorgt. Dieses Gesetz wollen wir zu einem
modernen Transparenzgesetz weiterentwickeln, etwa indem wir Auskunftsrechte
ausweiten. Die grünen Landtagsabgeordneten geben schon seit vielen Jahren
freiwillig an, welche mandatsbezogenen Nebeneinkünfte sie haben. Dazu wollen wir
zukünftig alle Abgeordneten verpflichten! Wir wollen ein Lobbyregister, das
transparent macht, welche Interessenvertreter*innen mit dem Landtag in Kontakt
sind. Jedes Gesetz wird zudem mit einem legislativen Fußabdruck versehen – also
einer Liste mit allen Lobbyist*innen, zu denen es im Zuge der Gesetzes-
Erarbeitung Kontakt gab. Zusätzlich wollen wir in Konfliktfällen eine mindestens
18-monatige Karenzzeit, bevor Mitglieder der Landesregierung in die
Privatwirtschaft wechseln dürfen. Auch Geschäftsführer*innen kommunaler
Unternehmen sollen ihre Einkünfte offenlegen müssen.
Bei uns gilt schon lange: „Datenschutz ist Bürger*innenrecht.“ Das Recht auf
informationelle Selbstbestimmung ist ein elementares Gut in unserer Demokratie.
Deswegen haben wir den Landesbeauftragten für Datenschutz und
Informationsfreiheit in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestärkt. Diesen
Weg gehen wir weiter. Unser Fokus liegt auf Datensparsamkeit und
Datensicherheit. Daten müssen an sicheren Orten gespeichert werden, die strengen
Datenschutz- und Zugriffsregelungen unterliegen.
In Freiheit und Sicherheit zusammenleben
Mit uns als grün-geführter Landesregierung ist Baden-Württemberg so sicher wie
nie zuvor! In den vergangenen Jahren ist die Zahl der klassischen
Kriminalitätsdelikte deutlich zurückgegangen – insbesondere die
Wohnungseinbrüche. Wir haben unsere Sicherheitsbehörden sowie Spezialeinheiten
für die Terrorismusabwehr gestärkt. Mit Städten, die besonders durch
Kriminalität belastet sind, haben wir erfolgreich Sicherheitspartnerschaften
abgeschlossen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Die Kriminalität ist auf dem
niedrigsten Stand seit über 30 Jahren. Unser besonderer Dank und unser ganzer
Respekt gilt den Polizist*innen sowie den Mitarbeitenden der Feuerwehr und der
Rettungsdienste. Leider erfahren sie immer häufiger gewalttätige Übergriffe und
Respektlosigkeit. Dem stellen wir uns entschieden entgegen. Die grün-geführte
Landesregierung hat die Rechtsgrundlagen dafür geschaffen, dass das Land
Schmerzensgeldansprüche von Beamt*innen übernimmt, die Opfer von Gewalttaten
wurden.
Sicherheit ist kein Selbstzweck, sondern Grundvoraussetzung für ein
freiheitliches Leben. Allerdings bringen gesetzgeberische Maßnahmen und
planvolles Regierungshandeln allein nicht mehr Sicherheit: Dafür braucht es
hochmotivierte und gut ausgebildete Polizist*innen.
Wir sind überzeugt: Ein starker und handlungsfähiger Rechtsstaat ist der
entscheidende Garant für ein Zusammenleben in Freiheit und Sicherheit. Es ist
ein gefährlicher Irrweg, auf Gefährdungen der inneren Sicherheit mit immer
weitergehenden Einschränkungen unserer Freiheits- und Bürger*innenrechte zu
reagieren. Wir stehen dafür, die bestehenden Gesetze konsequent anzuwenden. Wir
setzen auf Sicherheitsbehörden, die rechtsstaatlich handeln und gut ausgestattet
sind. Deshalb haben wir die Polizei mit der größten Einstellungsoffensive in der
Geschichte der Landespolizei gestärkt. Diesen Weg führen wir weiter. Gut
ausgestattet heißt auch: Die Polizei muss aus technischer Sicht auf Höhe der
Zeit sein. In der nächsten Legislaturperiode werden wir daher die
Digitalisierung der Polizei weiter voranbringen. Zudem wollen wir die
zweigeteilte Laufbahn einführen.
Um die Polizeireform zu evaluieren, haben wir die Mitarbeiter*innen der Polizei
befragt. Diese umfassende Basisbefragung war in dieser Form bislang einmalig und
hat gezeigt: Basisbeteiligung ist unsere grüne Kernkompetenz. Die Rückmeldungen
haben wir zum Anlass für Verbesserungen genommen. Im nächsten Schritt wollen wir
einen Sicherheitsplan 3 auflegen, um die polizeilichen Einsatzkräfte
entsprechend der Bevölkerungs- und Kriminalitätsschwerpunkte gerecht zu
verteilen.
Eine bürgernahe Polizei ist auch Spiegelbild unserer vielfältigen und diversen
Gesellschaft. Schon jetzt gehört Baden-Württemberg zu den Bundesländern, die im
Vergleich besonders viele Frauen im Polizeidienst haben. Wir haben viel dafür
getan, dass auch mehr Menschen mit Zuwanderungsgeschichte in den Polizeidienst
eintreten. Diesen Weg wollen wir weitergehen. Wir setzen uns dafür ein, dass
sich die gesellschaftliche Vielfalt bis in die Führungspositionen widerspiegelt.
Zu einem sicheren Baden-Württemberg gehören auch die vielen Haupt- und
Ehrenamtlichen in den Feuerwehren, Rettungsdiensten und Hilfsorganisationen. Wir
werden sie weiterhin bei der Modernisierung und Beschaffung ihrer Ausstattung
sowie bei einer hochwertigen Aus- und Weiterbildung unterstützen. Wir werden das
freiwillige Engagement dieser Gruppe, aber auch vieler anderer Ehrenamtlicher
mit einer Ehrenamtskarte honorieren. Als amtliches Dankeschön bekommen die
Inhaber*innen einer solchen Karte Vergünstigungen, zum Beispiel beim Eintritt in
Schwimmbäder oder Museen.
Vertrauen in den Rechtsstaat stärken
Zu einem souveränen Staat gehört eine funktionierende Fehlerkultur: Die
staatlichen Vertreter*innen sind ansprechbar, reflektieren und handeln mit
offenem Visier. Damit stärken wir das Vertrauen in staatliche Strukturen.
Das Petitionsrecht ist ein elementarer Bestandteil unserer Politik des
Gehörtwerdens. Es stellt sicher, dass der Landtag für alle Bürger*innen
ansprechbar ist. Dieses Recht gilt es weiterhin zu schützen und auszubauen.
Insbesondere wollen wir die Erkenntnisse der einzelnen Petitionsverfahren noch
stärker systematisch erfassen und in das zukünftige Handeln des Landtages und
der Landesregierung einfließen lassen.
Mit dem Amt der*des Bürgerbeauftragten haben wir als grün-geführte
Landesregierung eine neutrale Stelle geschaffen, die Menschen im Umgang mit der
Landesverwaltung unterstützt. Bürger*innen können sich auch an sie wenden, wenn
sie den Eindruck haben, dass sich Angehörige der öffentlichen Verwaltung und der
Landespolizei nicht richtig verhalten haben. Damit stärken wir das
partnerschaftliche Verhältnis zwischen Bürgerschaft, Polizei und Staat und
unterstützen eine dialogorientierte Polizei- und Verwaltungskultur. Wir werden
dieses Amt stärken, indem wir es personell ausbauen und mit weiteren Befugnissen
ausstatten. Der*die Bürgerbeauftragte soll u.a. das Recht auf Auskunft und
Akteneinsicht gegenüber der Polizei bekommen.
Die individualisierte und anonyme Kennzeichnungspflicht von Polizist*innen wird
zunehmend zum europäischen Standard. Wir wollen diese für Großlagen wie
Demonstrationen einführen. Die Regelungen zum Einsatz von Bodycams wollen wir so
weiterentwickeln, dass sie auch die Bürger*innenrechte schützt.
Mit dem Parlamentarischen Kontrollgremium (PKG) kann die Arbeit des Landesamts
für Verfassungsschutz regelmäßig überprüft werden. Wir haben das Gremium mit
erweiterten Kontrollbefugnissen wie Akteneinsichts- und Zugangsrechten
ausgestattet. Bedienstete des Landesamtes für Verfassungsschutz können sich nun
zudem direkt an das Kontrollgremium wenden, ohne den Dienstweg einzuhalten. Wir
wollen das PKG weiter stärken, denn Demokratie lebt von Kontrolle:
Beispielsweise soll der Landesdatenschutzbeauftragte künftig an allen Sitzungen
teilnehmen. Das PKG soll auch öffentlich tagen und sich mit den
Parlamentarischen Kontrollgremien anderer Bundesländer noch besser vernetzen
können.
Die Polizei verfügt zunehmend über Befugnisse zur heimlichen Überwachung. Wer
überwacht wird, kann im Nachhinein nicht gerichtlich überprüfen lassen, ob dabei
die rechtlichen Vorgaben eingehalten wurden. Denn da die Überwachung heimlich
erfolgt, kann die betroffene Person gar nichts davon wissen. Dieses
Kontrolldefizit wollen wir abfedern. Wir fordern ein parlamentarisches
Kontrollgremium, das sich mit geheimen Maßnahmen der Polizei befasst.
Für eine moderne, bürgerrechtsorientierte und evidenzbasierte Sicherheitspolitik
Eine erfolgreiche Sicherheitspolitik stützt sich auf wissenschaftliche
Erkenntnis. Wir lehnen es ab, nach Gewalttaten die Sicherheitsgesetze reflexhaft
zu verschärfen. Ziel sollte vielmehr sein, Straftaten zu verhindern. Daran
wollen wir unsere Sicherheitsarchitektur ausrichten.
Sicherheit heißt für uns nicht nur klassische polizeiliche Kriminalprävention.
Auch städtebauliche und sozialarbeiterische Belange gehören für uns dazu. Mit
dem Gesamtkonzept „Sichere öffentliche Räume“ haben wir umfangreiche und vor
allem interdisziplinäre Maßnahmen für mehr Sicherheit im öffentlichen Raum
vorgelegt: Wir vernetzen damit Akteure, entwickeln die kommunale
Kriminalprävention weiter, bauen Hilfs- und Beratungsangebote aus, stärken die
Straßensozialarbeit und nehmen städtebauliche Aspekte in den Blick. Dieses
Konzept werden wir umsetzen und ausbauen. Wir wollen den Kommunen dabei mehr
Handlungsspielräume geben. Dafür wollen wir die landesweiten Sperrzeiten
abschaffen. Wir Grüne wollen rechtsstaatlich, effektiv und wirkungsvoll für
Sicherheit in Baden-Württemberg sorgen – mit Instrumenten, die einen
sicherheitspolitischen Mehrwert bieten. Konkret schlagen wir deshalb eine Task
Force im Innenministerium vor. Sie soll intensiv daran arbeiten, offene
Haftbefehle in Baden-Württemberg schnell zu vollstrecken. Im Bund machen wir uns
für eine Verschärfung des Waffenrechts stark.
Wir wollen einen modernen Sicherheitsbericht, der das Dunkelfeld intensiver
wissenschaftlich auswertet – also die Straftaten, die nicht amtlich registriert
werden. Auf diese Weise erhalten wir die Grundlage für eine evidenzbasierte
Sicherheitspolitik. In den vergangenen 20 Jahren wurden die Sicherheitsgesetze
deutlich verschärft. Wir glauben: Es ist Zeit, dies unter bürgerrechtlicher
Perspektive zu überprüfen. Insbesondere die intelligente Videoüberwachung wollen
wir kritisch auswerten. Die konventionelle Videoüberwachung findet vor allem im
öffentlichen Nahverkehr und bei privaten und öffentlichen Liegenschaften statt:
Wir machen uns dafür stark, diese regelmäßig unter Einbindung des
Landesdatenschutzbeauftragten zu evaluieren. Die polizeiliche Videoüberwachung
muss weiterhin auf besondere Kriminalitätsschwerpunkte beschränkt bleiben. Wir
stellen uns entschieden gegen Versuche, die biometrische Überwachung
einzuführen. Wir bleiben bei unserem „Nein“ zur Vorratsdatenspeicherung.
Der Sinn von Strafen liegt vor allem darin, Täter*innen wieder in die
Gesellschaft einzugliedern und künftige Straftaten zu verhindern. Das Strafrecht
anzuwenden, ist nach Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Ultima
Ratio. Und das soll auch so bleiben! Wir unterstützen daher Maßnahmen und
Reformen zur Haft- und Strafvermeidung. Wir wollen Ersatzfreiheitsstrafen
einschränken. Programme wie „Schwitzen statt Sitzen“ wollen wir stärken und
veraltete Strafvorschriften überprüfen. Bagatelldelikte wie das Containern
sollen entkriminalisiert werden. Gleichzeitig wollen wir Wirtschaftskriminalität
effektiv verfolgen. Es darf nicht sein, dass Kleinstkriminalität geahndet wird –
für schwere Wirtschaftskriminalität aber keine Kapazitäten zur Verfügung stehen.
Wir wollen den Kleinkriminalitäts-Erlass für Schäden bis 25 Euro wieder
einführen.
Wir stellen uns jeder Aufweichung des Trennungsgebotes von Polizei und
Verfassungsschutz entgegen und machen uns für einen bundesweiten Reformprozess
der Landesämter für Verfassungsschutz stark. Wir wollen ein Institut schaffen,
das offen zugängliche Quellen auswertet und so verfassungsfeindliche
Bestrebungen wissenschaftlich analysiert. Nachrichtendienstliche Mittel sollen
nur bei gewaltbereiten Organisationen eingesetzt werden. Wir stützen uns auf die
Handlungsempfehlungen des NSU-Untersuchungsausschusses und wollen den Einsatz
von V-Leuten drastisch einschränken. Sie sollen nur in absoluten Ausnahmefällen
aktiv werden, wenn das Innenleben äußert gefährlicher, verfassungsfeindlicher
Organisationen nicht anders ausgeleuchtet werden kann. V-Leute dürfen selbst
keine Straftaten begehen. Wenn sie Hinweise auf Straftaten geben, müssen diese
uneingeschränkt verfolgt werden. Wir wollen den Landesverfassungsschutz dazu
verpflichten, dem Landtag über den Einsatz von V-Leuten proaktiv und regelmäßig
Bericht zu erstatten.
Konsequent gegen Rassismus, Rechtsextremismus und Hasskriminalität
Wir Grüne stellen uns konsequent gegen jeglichen gewaltbereiten Extremismus. Die
rechtsterroristischen Attentate der vergangenen Jahre zeigen auf schmerzliche
Weise: Insbesondere Rechtsextremismus und Hasskriminalität bedrohen unsere freie
und offene Gesellschaft ganz massiv. Traurige Beispiele aus jüngster Zeit: der
Anschlag in Hanau, das versuchte Attentat auf eine Synagoge in Halle sowie die
Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke. In den vergangenen
Jahren haben wir daher einen Paradigmenwechsel eingeleitet und ein Antiterror-
Paket Rechtsextremismus geschnürt: Wir haben unsere Sicherheitsbehörden mit
weiteren Stellen und Mitteln ausgestattet und im Landesamt für Verfassungsschutz
eine spezielle Abteilung eingerichtet.
Rassismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit äußern sich aber nicht nur
in physischer Gewalt, Beleidigungen und Bedrohungen. Es gibt Alltagsrassismus
und strukturell bedingte Diskriminierung. Diese Erfahrungen sind für viele
Betroffene häufig am prägendsten, weil sie Tag für Tag damit konfrontiert sind. Deshalb setzen wir uns für die Schaffung eines Landesantidiskriminierungsgesetz nach Berliner Vorbild ein.
Wir stehen an der Seite der Black-Lives-Matter-Bewegung.
Wir Grüne wollen mit Herz und Haltung gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit
entgegentreten – mit einem ressortübergreifenden Aktionsplan gegen Rassismus,
Rechtsextremismus und Hasskriminalität. Die einzelnen Maßnahmen betreffen sowohl
Polizei und Justiz als auch die Zivilgesellschaft:
Wir wollen die Mitarbeitenden in Sicherheitsbehörden und Justiz besser darin
ausbilden, politisch motivierte Hasskriminalität zu bekämpfen und mit den
Betroffenen sensibel umzugehen. Mit mehr Pflichtfortbildungen werden wir dieses
Ziel erreichen. Landesweit wollen wir an jeder Dienststelle des polizeilichen
Staatsschutzes eine Kontaktperson benennen, die für die Bekämpfung von
Hasskriminalität zuständig ist. Eine Schwerpunkt-Staatsanwaltschaft soll diese
Fälle dann mit Entschlossenheit und Expertise verfolgen. An diese soll die
Empfehlung ergehen: Wenn ein Fall von Hasskriminalität vorliegt, sollte
regelmäßig das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung bejaht
werden.
Die überwältigende Mehrheit der Mitarbeitenden in den Sicherheitsbehörden steht
zu unseren demokratischen Werten. Es ist deshalb nicht angebracht, sie alle
unter Generalverdacht zu stellen. Aber rechtsextreme Vorfälle dürfen auch nicht
als Einzelfälle verharmlost werden. Um ein besseres Lagebild zu erhalten, müssen
der Informationsaustausch und die Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden
auf der bestehenden Gesetzeslage verstärkt werden. Nur so kann es eine
umfassende Analyse von möglichen Netzwerkstrukturen geben. Wir wollen konsequent
gegen rechtsextreme Bestrebungen und Vorfälle in Sicherheitsbehörden vorgehen,
denn sie stellen ein immenses Sicherheitsrisiko dar. Wer unsere Demokratie in
Frage stellt und andere bedroht, darf nicht Teil der Sicherheitsbehörden unseres
Staates sein. Strukturen und Instrumente des „Whistleblower-Schutzes“ werden wir
implementieren und ausbauen. Damit weiten wir auch die EU-Whistleblower-
Richtlinie auf Verstöße gegen nationales Recht aus. Wir wollen das Ombudswesen
weiter stärken und die Stelle der Bürger- und Polizeibeauftragten aufwerten.
Mit einer wissenschaftlichen Studie wollen wir Erkenntnisse darüber gewinnen,
welche Erfahrungen Bürger*innen mit öffentlichen Stellen gemacht haben. Dabei
soll es um verschiedene Formen der Diskriminierungen gehen, wie zum Beispiel das
Racial Profiling. Gleichzeitig wollen wir mit der Studie auch die Haltung der
Mitarbeiter*innen in den Sicherheitsbehörden in Erfahrung bringen. Damit können
wir uns ein Bild verschaffen und auf Grundlage einer validen Datenbasis mögliche
Gegenmaßnamen ergreifen.
Zivilgesellschaftliches Engagement, Forschung und politische Bildung sind unsere
wichtigsten Instrumente im Kampf gegen rechts. Darum werden wir die
Landeszentrale für Politische Bildung stärken. Mit einem
Landesdemokratiefördergesetz wollen wir Projekte und Träger unterstützen, die
sich gegen Rassismus und für eine plurale Demokratie einsetzen – mit einer
stetigen und ausgebauten Strukturförderung. Wir werden Meldemöglichkeiten für
Hetze im Netz verlässlich fördern und bedarfsgerecht ausweiten. Das gleiche gilt
für Beratungsangebote für Menschen, die von rechter Gewalt betroffen sind, wie
zum Beispiel die Fachstelle "Leuchtlinie". Mit einem Forschungsprojekt wollen
wir untersuchen, welche individuellen und gesellschaftlichen Auswirkungen
Hasskriminalität in Baden-Württemberg hat. Wir werden das Projekt #RespektBW der
Landesregierung und die begleitende Informationskampagne „Bitte Was?! Kontern
gegen Fake und Hass“ fortführen. Wir setzen uns für eine Anlaufstelle zur
Erforschung und Dokumentation rechtsextremistischer Strukturen ein. Sie soll an
einer Hochschule in Baden-Württemberg verankert werden. Die Zentrale Stelle der
Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in
Ludwigsburg wollen wir nach Abschluss der Strafverfolgungsaufgaben am
bestehenden Standort weiterentwickeln. Sie soll zu einem Zentrum für Forschung,
Information, Erinnerungskultur und Begegnung werden. Ihr Ziel soll es sein,
Rechtsstaatlichkeit und Demokratie zu fördern.
Für eine starke, leistungsfähige und humane Justiz
Eine leistungsfähige und humane Justiz ist das Fundament unseres Rechtstaates.
Kriminelles Fehlverhalten muss zeitnah sanktioniert werden. Neben der Polizei
wollen wir den Weg der Stärkung auch bei der Justiz weitergehen. Wir haben daher
in der vergangenen Legislaturperiode über 1000 neue Stellen in der Justiz
geschaffen – und wir werden hier weitermachen!
Denn nur dann können Gerichtsverfahren – von Zivilrechtsstreitigkeiten über
Strafprozesse bis hin zu Asylverfahren – schnellstmöglich durchgeführt werden.
Und nur dann kann die Justiz auch bei besonderen Lagen wie Großverfahren
kurzfristig reagieren. Schneller, effektiver Rechtsschutz und Strafen, die der
Tat auf dem Fuße folgen, sind für den Rechtsfrieden unerlässlich. Ein baden-
württembergisches Erfolgsmodell sind die Häuser des Jugendrechts, in denen
Sozialarbeit und Jugendhilfe mit Polizei und Staatsanwaltschaft
zusammenarbeiten. Hier helfen wir jungen Menschen, anstatt sie auszugrenzen.
Andere Bundesländer haben das Konzept bereits übernommen. Wir wollen den
flächendeckenden Ausbau in Baden-Württemberg weiter voranbringen.
Die Digitalisierung verändert unsere Justiz grundlegend. Baden-Württemberg ist
hier in Deutschland Vorreiter. Dies eröffnet Chancen auf mehr Bürgernähe durch
direkte, digitale Zugangsmöglichkeiten und auf eine effektivere Organisation der
Gerichte. Wir wollen diese Chancen nutzen – nicht zuletzt, damit der
gerichtliche Rechtsschutz auch in Zeiten einer Pandemie sichergestellt bleibt.
Gesetzlich sind beispielsweise auch Videoverhandlungen möglich. Sie dürfen nicht
daran scheitern, dass es den Gerichten an der technischen Ausstattung fehlt.
Zudem wollen wir möglichst vielen Beschäftigen ein mobiles Arbeiten ermöglichen,
das umwelt- und familienfreundlich ist.
Die Justiz soll möglichst viele Erfahrungswelten widerspiegeln. Nur so sind
sachgerechte Entscheidungen möglich. Und nur so ist sichergestellt, dass sich
alle Menschen unserer vielfältigen Gesellschaft von der Justiz repräsentiert
fühlen. Das erhöht die Akzeptanz gerichtlicher Entscheidungen bei den
Bürger*innen. Deshalb wollen wir mehr Menschen mit Zuwanderungsgeschichte in der
Justiz. Obwohl Frauen mittlerweile über die Hälfte der neu eingestellten
Richter*innen und Staatsanwält*innen stellen, sind sie in Führungspositionen
noch immer stark unterrepräsentiert. Das wollen wir ändern! Dafür wollen wir
beispielsweise Funktionsämter auch in Teilzeit ermöglichen. Die Einstellung
neuer Richter*innen sollte transparent, die jeweilige Gerichtsbarkeit und der
Präsidialrat sollten miteinbezogen sein. Wir wollen die Entscheidungen, wer
warum eingestellt und befördert wird, nachvollziehbarer machen. Gleiches gilt
auch für die dienstrechtlichen Beurteilungen. Wir wollen evaluieren, an welchen
Stellen die Prüfungsordnungen der Juristischen Staatsprüfungen und das
Referendariat modernisiert werden müssen. Unter anderem wollen wir ein
Referendariat in Teilzeit ermöglichen und Prüfungskommissionen künftig möglichst
immer auch mit Frauen besetzen.
Die Justiz muss für die Bürger*innen nahbar und nachvollziehbar sein. Eine
Möglichkeit dazu bietet das Güterichterverfahren. Es hilft den Parteien zum
Beispiel durch Mediation, ihren Konflikt eigenverantwortlich zu lösen. Wir
wollen dieses alternative Verfahren flächendeckend durch dafür ausgebildetes
Personal anbieten. Die Öffentlichkeitsarbeit der Justiz muss ausgebaut werden.
Sie ist ein wichtiges Element, um Gerichtsverfahren und Entscheidungen auch über
die herkömmlichen Medien hinaus nachvollziehbar und verständlich zu
kommunizieren. Wir befürworten eine stärkere Selbstverwaltung der Justiz. Die
Gerichtsorganisation muss stärker als bisher bei den Gerichten selbst liegen und
demokratisch strukturiert sein. Wir wollen das ministerielle Einzelweisungsrecht
von Justiz- und Innenministerium einschränken, um unabhängige Ermittlungen zu
garantieren.
Für nachhaltigen Opferschutz und einen humanen Strafvollzug
Die Justizvollzugsbeauftragten beider Regierungsfraktionen haben auf unsere
Initiative hin die AG „Moderner Strafvollzug“ eingerichtet, die
fraktionsübergreifend tätig ist. Ihre wichtigen Handlungsempfehlungen werden wir
umsetzen. Resozialisierung und Wiedergutmachung bzw. Opferorientierung – auf
diese Ziele wollen wir bestehende Regeln des Justizvollzugs ausrichten.
Ein Rechtstaat zeichnet sich dadurch aus, dass er den Menschen in seiner Obhut
humane Haftbedingungen gewährt und menschenrechtliche Vorgaben berücksichtigt.
Hier wollen wir ansetzen, beispielsweise mit einem Bauprogramm zur
Modernisierung von Justizvollzugsanstalten, mit Spezialabteilungen für ältere
Gefangene und Online-Zugängen. Die Gefangenenseelsorge wollen wir für alle
Glaubensrichtungen, bei denen Ausbaubedarf besteht, ausweiten. Menschen in
staatlichem Gewahrsam brauchen eine Person, der sie sich anvertrauen können und
die ihnen eine Stimme gibt. Deswegen wollen wir die Stelle einer*s
Justizvollzugsbeauftragten am Landtag einrichten, die*der im Jahres-Turnus an
den Landtag und an die Landesregierung berichtet. Der Zuständigkeitsbereich wird
sich am Vorbild der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter orientieren. Er
soll alle Formen freiheitsentziehender Maßnahmen in Einrichtungen des Landes
umfassen. Dazu gehören auch die Abschiebehaft, der polizeiliche Gewahrsam und
die psychiatrische Unterbringung.
Eine humane Justiz gibt dem Opferschutz höchste Priorität. Wir haben aus diesem
Grund die Opferentschädigungen verdoppelt und die Stelle einer*s
Opferschutzbeauftragten geschaffen. An diese Stelle können sich Betroffene von
Gewalttaten wenden, um passende Unterstützungsangebote zu finden. Wir wollen die
Strukturen des Opferschutzes weiterentwickeln. Dazu gehört insbesondere der
Ausbau der verfahrensunabhängigen pseudonymisierten Spurensicherung und der
Traumaambulanzen. Wir wollen unter Leitung des Landesopferschutzbeauftragten
zentrale Lotsen an jedem Landgericht installieren und den Täter-Opfer-Ausgleich
stärken.
In bestimmten Verfahren – beispielsweise zu Kinderschutzsachen – sollen
nachgewiesene Fortbildungen bzw. Vorkenntnisse Voraussetzung der
Stellenübertragung sein. Auch die Verfahren selbst wollen wir mit Blick auf den
Opferschutz überprüfen und verbessern. Wir wollen es zum Beispiel den Opfern
sexualisierter Gewalt ersparen, in der Strafverhandlung auf ihren Peiniger zu
treffen. Dazu werden wir der Videobefragung noch mehr Geltung verschaffen.
Darum Grün!
Wer Grün wählt, stimmt für
- mehr Mitbestimmung und Transparenz: Wir setzen auf einen bürgernahen Staat
und aktive, aufgeklärte Bürger*innen, die sich einmischen
- Vielfalt: Wir setzen uns auf allen Ebenen für eine offene Gesellschaft ein
- Sicherheit und Freiheit, die Hand in Hand gehen: Sicherheit ist kein
Selbstzweck, sondern eine Voraussetzung für ein freiheitliches Leben
Unterstützer*innen
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Von Zeile 283 bis 285 einfügen:
und strukturell bedingte Diskriminierung. Diese Erfahrungen sind für viele Betroffene häufig am prägendsten, weil sie Tag für Tag damit konfrontiert sind. Deshalb setzen wir uns für die Schaffung eines Landesantidiskriminierungsgesetz nach Berliner Vorbild ein. Wir stehen an der Seite der Black-Lives-Matter-Bewegung.
Kapitel 13: Inneres, Recht und Verfassung
Ein humaner Rechtsstaat ist der Garant für Freiheit und Demokratie
Ein Leben in einer freien und offenen Gesellschaft – das zu garantieren ist für
uns Grüne elementare Aufgabe des Rechtstaates. Wir wollen einen selbstbewussten
Staat, der sein Handeln erklärt, begründet und überprüfbar macht. Der das
Vertrauen in staatliche Institutionen stärkt, indem er Kontrollinstrumente
bereitstellt und die Entscheidungen der Justiz nachvollziehbar macht. Menschen,
die Unrecht begangen haben, führt der Rechtsstaat wieder in die Mitte der
Gesellschaft zurück. Seine Sicherheitspolitik ist vorausschauend und basiert auf
Erkenntnissen, die wissenschaftlich belegt sind.
Das Fundament unseres Gemeinweisens sind Bürger*innen, die sich einmischen!
Grundlage dafür ist: Alle haben umfassende Möglichkeiten, direkt an
Entscheidungsprozessen und Veränderungen mitzuwirken. Damit wir gut
zusammenleben können, ist Vertrauen unerlässlich. Die Bürger*innen müssen von
der Integrität demokratischer Institutionen überzeugt sein und sich alle
gleichermaßen gesehen und gehört fühlen. Dann ist unsere Gesellschaft stabil und
für Herausforderungen gut gerüstet.
Wir Grüne stehen für eine Politik des Gehörtwerdens und der Transparenz. Diese
Politik haben wir als grün-geführte Landesregierung erfolgreich mit Leben
gefüllt: Mit dem Amt der Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung
haben wir eine in Deutschland einmalige Stelle geschaffen. Baden-Württemberg ist
bundesweite Spitze in Sachen Bürgerbeteiligung und hat bei der direkten
Demokratie sehr stark aufgeholt.
Unsere Bürger*innen haben vielfältige Möglichkeiten, ihre Meinungen zu äußern.
Auf unserem Online-Beteiligungsportal können sie zu Gesetzesvorhaben Stellung
nehmen und ihre Interessen deutlich machen. Sie wollen bei Großprojekten
umfassend beteiligt werden – der Planungsleitfaden verpflichtet die
Landesverwaltung dazu. Wir haben die gesetzlichen Grundlagen für
Volksabstimmungen verbessert und die informelle Bürgerbeteiligung bei der
Planung von Infrastrukturprojekten eingeführt. Die Bürger*innen können nun in
den Städten und Gemeinden auch über die Bauleitplanung abstimmen – und damit
über das wichtigste Planungswerkzeug der städtebaulichen Entwicklung einer
Kommune. In zahlreichen Projekten haben wir Bürgerbeteiligungen umgesetzt – und
damit beispielsweise Konflikte bei der Planung des Nationalparks Schwarzwald
oder der neuen Justizvollzugsanstalt Rottweil gelöst. Wir fördern lokale
Projekte und bringen so die Bürgerbeteiligung zu konkreten Themen ins Land.
Politik des Gehörtwerdens: Beteiligungsmöglichkeiten weiter ausbauen
Wir werden unseren Weg der Politik des Gehörtwerdens beherzt weitergehen. Wir
wollen die Bürgerbeteiligung auf Landesebene und vor Ort in den Kommunen weiter
stärken und den Bürger*innen näherbringen. Dazu gehört auch die Einführung von
direktdemokratischen Elementen auf Landkreisebene. Wir wollen zukünftig bei
wichtigen Gesetzen und politischen Vorhaben Bürger*innenräte aus zufällig
ausgewählten Bürger*innen beteiligen. Um die Ideen, Anliegen und Sorgen der
Bürger*innen noch besser einbeziehen zu können, wollen wir zu Beginn der
kommenden Legislaturperiode ein landesweites Bürgerbeteiligungsverfahren ähnlich
der Grand Débat in Frankreich durchführen. Dabei wollen wir mit den Bürger*innen
über ihre Vision für Baden-Württemberg 2030 ins Gespräch kommen. Wir wollen
darüber diskutieren, wie wir gemeinsam die großen Herausforderungen der Zeit
gestalten – vom Klimawandel über die Digitalisierung bis hin zum
wirtschaftlichen Strukturwandel.
Den Gemeinden wollen wir es ermöglichen, sich eine Beteiligungssatzung zu geben.
Zudem sollen informelle Beteiligungsverfahren in die Gemeindeordnung aufgenommen
und der Einwohnerantrag vereinfacht werden. Wir wollen das
Volksabstimmungsgesetz weiterentwickeln und prüfen, wie wir Hürden von
Volksbegehren und Volksabstimmungen weiter senken können. Den Volksantrag wollen
wir so ausbauen, dass Beteiligungsprozesse aktiv eingefordert werden können.
Auch Internet-Formate der Beteiligung werden wir erweitern und ein Online-
Vorschlagswesen entwickeln, in dem Bürger*innen mit wenigen Klicks Vorschläge zu
Themen der Landespolitik einbringen können.
Unmittelbare Demokratie und kollektive Willensbildung drücken sich aber auch in
Formen des sozialen Protests aus. Das Versammlungsgesetz stammt noch aus den
1970er Jahren und ist auf Bundesebene verankert. Wir machen uns für ein modernes
und demokratieförderndes Landesversammlungsgesetz stark.
Für ein modernes Wahlrecht
Wir Grüne setzen uns für ein modernes Wahlrecht ein, das das ganze Land in den
Blick nimmt: Unsere ländlichen Wahlkreise ebenso wie unsere Städte, Frauen wie
Männer, Alte wie Junge, Alteingesessene wie Migrant*innen. Wir streiten deshalb
seit Jahren für eine Modernisierung des Landtagswahlrechts und wollen ein
personalisiertes Verhältniswahlrecht mit einer geschlossenen Landesliste
einführen. 2019 haben wir 100 Jahre Frauen-Wahlrecht gefeiert. Jetzt ist der
richtige Zeitpunkt für die strukturelle Stärkung von Frauen, jungen Menschen und
Migrantinnen und Migranten, damit der Landtag zu einem echten Abbild unserer
Gesellschaft wird.
Junge Menschen sind die Zukunft unseres Landes. Was heute entschieden wird,
betrifft sie morgen! Darum wollen wir ihrer Stimme mehr Geltung verschaffen.
Jede*r dritte Jugendliche in Baden-Württemberg engagiert sich ehrenamtlich. Und
auch die weltweiten Klimastreiks belegen: Junge Menschen möchten sich einbringen
und ihre Zukunft aktiv mitgestalten. Bei den Kommunalwahlen haben wir das
Wahlalter bereits auf 16 Jahre gesenkt, damit sie mitentscheiden können. Nun
wollen wir das auch bei Landtagswahlen erreichen! Außerdem sollen sich 16- und
17-Jährige bei Kommunalwahlen selbst zur Wahl stellen können, also das passive
Wahlrecht erhalten. Die kommunale Ebene ist der richtige Ort, um Jugendlichen
noch mehr Mitspracherechte zu geben. Denn hier, vor Ort, leben sie und können
ihr Bewusstsein für die „große“ Politik trainieren. Das Mindestalter bei
Kandidat*innen für Bürgermeister*innenwahlen wollen wir auf 18 senken und die
Höchstaltersgrenzen abschaffen. Unsere Gesellschaft in Baden-Württemberg ist
vielfältig. Auch Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit gehören zu uns
dazu. Wer hier lebt, soll auch mitentscheiden können. Deswegen möchten wir ihre
Möglichkeiten der politischen Teilhabe weiter ausbauen: Wir fordern das
Wahlrecht für EU-Bürger*innen bei Landtagswahlen und das Wahlrecht für
Drittstaatsangehörige auf kommunaler Ebene! Auch das Wahlrecht von Wohnsitzlosen
wollen wir uneingeschränkt ermöglichen. Um die Einflussmöglichkeiten der
Bürger*innen zu stärken, werden wir die Direktwahl von Landrät*innen einführen
und ihre Amtszeit an die Kommunalwahlperiode koppeln.
Für Transparenz, Unabhängigkeit und Datenschutz
Bürger*innen haben Anspruch darauf, Zugang zu Informationen der öffentlichen
Verwaltung zu bekommen. Dafür haben wir als grün-geführte Landesregierung mit
dem Informationsfreiheitsgesetz gesorgt. Dieses Gesetz wollen wir zu einem
modernen Transparenzgesetz weiterentwickeln, etwa indem wir Auskunftsrechte
ausweiten. Die grünen Landtagsabgeordneten geben schon seit vielen Jahren
freiwillig an, welche mandatsbezogenen Nebeneinkünfte sie haben. Dazu wollen wir
zukünftig alle Abgeordneten verpflichten! Wir wollen ein Lobbyregister, das
transparent macht, welche Interessenvertreter*innen mit dem Landtag in Kontakt
sind. Jedes Gesetz wird zudem mit einem legislativen Fußabdruck versehen – also
einer Liste mit allen Lobbyist*innen, zu denen es im Zuge der Gesetzes-
Erarbeitung Kontakt gab. Zusätzlich wollen wir in Konfliktfällen eine mindestens
18-monatige Karenzzeit, bevor Mitglieder der Landesregierung in die
Privatwirtschaft wechseln dürfen. Auch Geschäftsführer*innen kommunaler
Unternehmen sollen ihre Einkünfte offenlegen müssen.
Bei uns gilt schon lange: „Datenschutz ist Bürger*innenrecht.“ Das Recht auf
informationelle Selbstbestimmung ist ein elementares Gut in unserer Demokratie.
Deswegen haben wir den Landesbeauftragten für Datenschutz und
Informationsfreiheit in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestärkt. Diesen
Weg gehen wir weiter. Unser Fokus liegt auf Datensparsamkeit und
Datensicherheit. Daten müssen an sicheren Orten gespeichert werden, die strengen
Datenschutz- und Zugriffsregelungen unterliegen.
In Freiheit und Sicherheit zusammenleben
Mit uns als grün-geführter Landesregierung ist Baden-Württemberg so sicher wie
nie zuvor! In den vergangenen Jahren ist die Zahl der klassischen
Kriminalitätsdelikte deutlich zurückgegangen – insbesondere die
Wohnungseinbrüche. Wir haben unsere Sicherheitsbehörden sowie Spezialeinheiten
für die Terrorismusabwehr gestärkt. Mit Städten, die besonders durch
Kriminalität belastet sind, haben wir erfolgreich Sicherheitspartnerschaften
abgeschlossen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Die Kriminalität ist auf dem
niedrigsten Stand seit über 30 Jahren. Unser besonderer Dank und unser ganzer
Respekt gilt den Polizist*innen sowie den Mitarbeitenden der Feuerwehr und der
Rettungsdienste. Leider erfahren sie immer häufiger gewalttätige Übergriffe und
Respektlosigkeit. Dem stellen wir uns entschieden entgegen. Die grün-geführte
Landesregierung hat die Rechtsgrundlagen dafür geschaffen, dass das Land
Schmerzensgeldansprüche von Beamt*innen übernimmt, die Opfer von Gewalttaten
wurden.
Sicherheit ist kein Selbstzweck, sondern Grundvoraussetzung für ein
freiheitliches Leben. Allerdings bringen gesetzgeberische Maßnahmen und
planvolles Regierungshandeln allein nicht mehr Sicherheit: Dafür braucht es
hochmotivierte und gut ausgebildete Polizist*innen.
Wir sind überzeugt: Ein starker und handlungsfähiger Rechtsstaat ist der
entscheidende Garant für ein Zusammenleben in Freiheit und Sicherheit. Es ist
ein gefährlicher Irrweg, auf Gefährdungen der inneren Sicherheit mit immer
weitergehenden Einschränkungen unserer Freiheits- und Bürger*innenrechte zu
reagieren. Wir stehen dafür, die bestehenden Gesetze konsequent anzuwenden. Wir
setzen auf Sicherheitsbehörden, die rechtsstaatlich handeln und gut ausgestattet
sind. Deshalb haben wir die Polizei mit der größten Einstellungsoffensive in der
Geschichte der Landespolizei gestärkt. Diesen Weg führen wir weiter. Gut
ausgestattet heißt auch: Die Polizei muss aus technischer Sicht auf Höhe der
Zeit sein. In der nächsten Legislaturperiode werden wir daher die
Digitalisierung der Polizei weiter voranbringen. Zudem wollen wir die
zweigeteilte Laufbahn einführen.
Um die Polizeireform zu evaluieren, haben wir die Mitarbeiter*innen der Polizei
befragt. Diese umfassende Basisbefragung war in dieser Form bislang einmalig und
hat gezeigt: Basisbeteiligung ist unsere grüne Kernkompetenz. Die Rückmeldungen
haben wir zum Anlass für Verbesserungen genommen. Im nächsten Schritt wollen wir
einen Sicherheitsplan 3 auflegen, um die polizeilichen Einsatzkräfte
entsprechend der Bevölkerungs- und Kriminalitätsschwerpunkte gerecht zu
verteilen.
Eine bürgernahe Polizei ist auch Spiegelbild unserer vielfältigen und diversen
Gesellschaft. Schon jetzt gehört Baden-Württemberg zu den Bundesländern, die im
Vergleich besonders viele Frauen im Polizeidienst haben. Wir haben viel dafür
getan, dass auch mehr Menschen mit Zuwanderungsgeschichte in den Polizeidienst
eintreten. Diesen Weg wollen wir weitergehen. Wir setzen uns dafür ein, dass
sich die gesellschaftliche Vielfalt bis in die Führungspositionen widerspiegelt.
Zu einem sicheren Baden-Württemberg gehören auch die vielen Haupt- und
Ehrenamtlichen in den Feuerwehren, Rettungsdiensten und Hilfsorganisationen. Wir
werden sie weiterhin bei der Modernisierung und Beschaffung ihrer Ausstattung
sowie bei einer hochwertigen Aus- und Weiterbildung unterstützen. Wir werden das
freiwillige Engagement dieser Gruppe, aber auch vieler anderer Ehrenamtlicher
mit einer Ehrenamtskarte honorieren. Als amtliches Dankeschön bekommen die
Inhaber*innen einer solchen Karte Vergünstigungen, zum Beispiel beim Eintritt in
Schwimmbäder oder Museen.
Vertrauen in den Rechtsstaat stärken
Zu einem souveränen Staat gehört eine funktionierende Fehlerkultur: Die
staatlichen Vertreter*innen sind ansprechbar, reflektieren und handeln mit
offenem Visier. Damit stärken wir das Vertrauen in staatliche Strukturen.
Das Petitionsrecht ist ein elementarer Bestandteil unserer Politik des
Gehörtwerdens. Es stellt sicher, dass der Landtag für alle Bürger*innen
ansprechbar ist. Dieses Recht gilt es weiterhin zu schützen und auszubauen.
Insbesondere wollen wir die Erkenntnisse der einzelnen Petitionsverfahren noch
stärker systematisch erfassen und in das zukünftige Handeln des Landtages und
der Landesregierung einfließen lassen.
Mit dem Amt der*des Bürgerbeauftragten haben wir als grün-geführte
Landesregierung eine neutrale Stelle geschaffen, die Menschen im Umgang mit der
Landesverwaltung unterstützt. Bürger*innen können sich auch an sie wenden, wenn
sie den Eindruck haben, dass sich Angehörige der öffentlichen Verwaltung und der
Landespolizei nicht richtig verhalten haben. Damit stärken wir das
partnerschaftliche Verhältnis zwischen Bürgerschaft, Polizei und Staat und
unterstützen eine dialogorientierte Polizei- und Verwaltungskultur. Wir werden
dieses Amt stärken, indem wir es personell ausbauen und mit weiteren Befugnissen
ausstatten. Der*die Bürgerbeauftragte soll u.a. das Recht auf Auskunft und
Akteneinsicht gegenüber der Polizei bekommen.
Die individualisierte und anonyme Kennzeichnungspflicht von Polizist*innen wird
zunehmend zum europäischen Standard. Wir wollen diese für Großlagen wie
Demonstrationen einführen. Die Regelungen zum Einsatz von Bodycams wollen wir so
weiterentwickeln, dass sie auch die Bürger*innenrechte schützt.
Mit dem Parlamentarischen Kontrollgremium (PKG) kann die Arbeit des Landesamts
für Verfassungsschutz regelmäßig überprüft werden. Wir haben das Gremium mit
erweiterten Kontrollbefugnissen wie Akteneinsichts- und Zugangsrechten
ausgestattet. Bedienstete des Landesamtes für Verfassungsschutz können sich nun
zudem direkt an das Kontrollgremium wenden, ohne den Dienstweg einzuhalten. Wir
wollen das PKG weiter stärken, denn Demokratie lebt von Kontrolle:
Beispielsweise soll der Landesdatenschutzbeauftragte künftig an allen Sitzungen
teilnehmen. Das PKG soll auch öffentlich tagen und sich mit den
Parlamentarischen Kontrollgremien anderer Bundesländer noch besser vernetzen
können.
Die Polizei verfügt zunehmend über Befugnisse zur heimlichen Überwachung. Wer
überwacht wird, kann im Nachhinein nicht gerichtlich überprüfen lassen, ob dabei
die rechtlichen Vorgaben eingehalten wurden. Denn da die Überwachung heimlich
erfolgt, kann die betroffene Person gar nichts davon wissen. Dieses
Kontrolldefizit wollen wir abfedern. Wir fordern ein parlamentarisches
Kontrollgremium, das sich mit geheimen Maßnahmen der Polizei befasst.
Für eine moderne, bürgerrechtsorientierte und evidenzbasierte Sicherheitspolitik
Eine erfolgreiche Sicherheitspolitik stützt sich auf wissenschaftliche
Erkenntnis. Wir lehnen es ab, nach Gewalttaten die Sicherheitsgesetze reflexhaft
zu verschärfen. Ziel sollte vielmehr sein, Straftaten zu verhindern. Daran
wollen wir unsere Sicherheitsarchitektur ausrichten.
Sicherheit heißt für uns nicht nur klassische polizeiliche Kriminalprävention.
Auch städtebauliche und sozialarbeiterische Belange gehören für uns dazu. Mit
dem Gesamtkonzept „Sichere öffentliche Räume“ haben wir umfangreiche und vor
allem interdisziplinäre Maßnahmen für mehr Sicherheit im öffentlichen Raum
vorgelegt: Wir vernetzen damit Akteure, entwickeln die kommunale
Kriminalprävention weiter, bauen Hilfs- und Beratungsangebote aus, stärken die
Straßensozialarbeit und nehmen städtebauliche Aspekte in den Blick. Dieses
Konzept werden wir umsetzen und ausbauen. Wir wollen den Kommunen dabei mehr
Handlungsspielräume geben. Dafür wollen wir die landesweiten Sperrzeiten
abschaffen. Wir Grüne wollen rechtsstaatlich, effektiv und wirkungsvoll für
Sicherheit in Baden-Württemberg sorgen – mit Instrumenten, die einen
sicherheitspolitischen Mehrwert bieten. Konkret schlagen wir deshalb eine Task
Force im Innenministerium vor. Sie soll intensiv daran arbeiten, offene
Haftbefehle in Baden-Württemberg schnell zu vollstrecken. Im Bund machen wir uns
für eine Verschärfung des Waffenrechts stark.
Wir wollen einen modernen Sicherheitsbericht, der das Dunkelfeld intensiver
wissenschaftlich auswertet – also die Straftaten, die nicht amtlich registriert
werden. Auf diese Weise erhalten wir die Grundlage für eine evidenzbasierte
Sicherheitspolitik. In den vergangenen 20 Jahren wurden die Sicherheitsgesetze
deutlich verschärft. Wir glauben: Es ist Zeit, dies unter bürgerrechtlicher
Perspektive zu überprüfen. Insbesondere die intelligente Videoüberwachung wollen
wir kritisch auswerten. Die konventionelle Videoüberwachung findet vor allem im
öffentlichen Nahverkehr und bei privaten und öffentlichen Liegenschaften statt:
Wir machen uns dafür stark, diese regelmäßig unter Einbindung des
Landesdatenschutzbeauftragten zu evaluieren. Die polizeiliche Videoüberwachung
muss weiterhin auf besondere Kriminalitätsschwerpunkte beschränkt bleiben. Wir
stellen uns entschieden gegen Versuche, die biometrische Überwachung
einzuführen. Wir bleiben bei unserem „Nein“ zur Vorratsdatenspeicherung.
Der Sinn von Strafen liegt vor allem darin, Täter*innen wieder in die
Gesellschaft einzugliedern und künftige Straftaten zu verhindern. Das Strafrecht
anzuwenden, ist nach Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Ultima
Ratio. Und das soll auch so bleiben! Wir unterstützen daher Maßnahmen und
Reformen zur Haft- und Strafvermeidung. Wir wollen Ersatzfreiheitsstrafen
einschränken. Programme wie „Schwitzen statt Sitzen“ wollen wir stärken und
veraltete Strafvorschriften überprüfen. Bagatelldelikte wie das Containern
sollen entkriminalisiert werden. Gleichzeitig wollen wir Wirtschaftskriminalität
effektiv verfolgen. Es darf nicht sein, dass Kleinstkriminalität geahndet wird –
für schwere Wirtschaftskriminalität aber keine Kapazitäten zur Verfügung stehen.
Wir wollen den Kleinkriminalitäts-Erlass für Schäden bis 25 Euro wieder
einführen.
Wir stellen uns jeder Aufweichung des Trennungsgebotes von Polizei und
Verfassungsschutz entgegen und machen uns für einen bundesweiten Reformprozess
der Landesämter für Verfassungsschutz stark. Wir wollen ein Institut schaffen,
das offen zugängliche Quellen auswertet und so verfassungsfeindliche
Bestrebungen wissenschaftlich analysiert. Nachrichtendienstliche Mittel sollen
nur bei gewaltbereiten Organisationen eingesetzt werden. Wir stützen uns auf die
Handlungsempfehlungen des NSU-Untersuchungsausschusses und wollen den Einsatz
von V-Leuten drastisch einschränken. Sie sollen nur in absoluten Ausnahmefällen
aktiv werden, wenn das Innenleben äußert gefährlicher, verfassungsfeindlicher
Organisationen nicht anders ausgeleuchtet werden kann. V-Leute dürfen selbst
keine Straftaten begehen. Wenn sie Hinweise auf Straftaten geben, müssen diese
uneingeschränkt verfolgt werden. Wir wollen den Landesverfassungsschutz dazu
verpflichten, dem Landtag über den Einsatz von V-Leuten proaktiv und regelmäßig
Bericht zu erstatten.
Konsequent gegen Rassismus, Rechtsextremismus und Hasskriminalität
Wir Grüne stellen uns konsequent gegen jeglichen gewaltbereiten Extremismus. Die
rechtsterroristischen Attentate der vergangenen Jahre zeigen auf schmerzliche
Weise: Insbesondere Rechtsextremismus und Hasskriminalität bedrohen unsere freie
und offene Gesellschaft ganz massiv. Traurige Beispiele aus jüngster Zeit: der
Anschlag in Hanau, das versuchte Attentat auf eine Synagoge in Halle sowie die
Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke. In den vergangenen
Jahren haben wir daher einen Paradigmenwechsel eingeleitet und ein Antiterror-
Paket Rechtsextremismus geschnürt: Wir haben unsere Sicherheitsbehörden mit
weiteren Stellen und Mitteln ausgestattet und im Landesamt für Verfassungsschutz
eine spezielle Abteilung eingerichtet.
Rassismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit äußern sich aber nicht nur
in physischer Gewalt, Beleidigungen und Bedrohungen. Es gibt Alltagsrassismus
und strukturell bedingte Diskriminierung. Diese Erfahrungen sind für viele
Betroffene häufig am prägendsten, weil sie Tag für Tag damit konfrontiert sind. Deshalb setzen wir uns für die Schaffung eines Landesantidiskriminierungsgesetz nach Berliner Vorbild ein.
Wir stehen an der Seite der Black-Lives-Matter-Bewegung.
Wir Grüne wollen mit Herz und Haltung gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit
entgegentreten – mit einem ressortübergreifenden Aktionsplan gegen Rassismus,
Rechtsextremismus und Hasskriminalität. Die einzelnen Maßnahmen betreffen sowohl
Polizei und Justiz als auch die Zivilgesellschaft:
Wir wollen die Mitarbeitenden in Sicherheitsbehörden und Justiz besser darin
ausbilden, politisch motivierte Hasskriminalität zu bekämpfen und mit den
Betroffenen sensibel umzugehen. Mit mehr Pflichtfortbildungen werden wir dieses
Ziel erreichen. Landesweit wollen wir an jeder Dienststelle des polizeilichen
Staatsschutzes eine Kontaktperson benennen, die für die Bekämpfung von
Hasskriminalität zuständig ist. Eine Schwerpunkt-Staatsanwaltschaft soll diese
Fälle dann mit Entschlossenheit und Expertise verfolgen. An diese soll die
Empfehlung ergehen: Wenn ein Fall von Hasskriminalität vorliegt, sollte
regelmäßig das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung bejaht
werden.
Die überwältigende Mehrheit der Mitarbeitenden in den Sicherheitsbehörden steht
zu unseren demokratischen Werten. Es ist deshalb nicht angebracht, sie alle
unter Generalverdacht zu stellen. Aber rechtsextreme Vorfälle dürfen auch nicht
als Einzelfälle verharmlost werden. Um ein besseres Lagebild zu erhalten, müssen
der Informationsaustausch und die Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden
auf der bestehenden Gesetzeslage verstärkt werden. Nur so kann es eine
umfassende Analyse von möglichen Netzwerkstrukturen geben. Wir wollen konsequent
gegen rechtsextreme Bestrebungen und Vorfälle in Sicherheitsbehörden vorgehen,
denn sie stellen ein immenses Sicherheitsrisiko dar. Wer unsere Demokratie in
Frage stellt und andere bedroht, darf nicht Teil der Sicherheitsbehörden unseres
Staates sein. Strukturen und Instrumente des „Whistleblower-Schutzes“ werden wir
implementieren und ausbauen. Damit weiten wir auch die EU-Whistleblower-
Richtlinie auf Verstöße gegen nationales Recht aus. Wir wollen das Ombudswesen
weiter stärken und die Stelle der Bürger- und Polizeibeauftragten aufwerten.
Mit einer wissenschaftlichen Studie wollen wir Erkenntnisse darüber gewinnen,
welche Erfahrungen Bürger*innen mit öffentlichen Stellen gemacht haben. Dabei
soll es um verschiedene Formen der Diskriminierungen gehen, wie zum Beispiel das
Racial Profiling. Gleichzeitig wollen wir mit der Studie auch die Haltung der
Mitarbeiter*innen in den Sicherheitsbehörden in Erfahrung bringen. Damit können
wir uns ein Bild verschaffen und auf Grundlage einer validen Datenbasis mögliche
Gegenmaßnamen ergreifen.
Zivilgesellschaftliches Engagement, Forschung und politische Bildung sind unsere
wichtigsten Instrumente im Kampf gegen rechts. Darum werden wir die
Landeszentrale für Politische Bildung stärken. Mit einem
Landesdemokratiefördergesetz wollen wir Projekte und Träger unterstützen, die
sich gegen Rassismus und für eine plurale Demokratie einsetzen – mit einer
stetigen und ausgebauten Strukturförderung. Wir werden Meldemöglichkeiten für
Hetze im Netz verlässlich fördern und bedarfsgerecht ausweiten. Das gleiche gilt
für Beratungsangebote für Menschen, die von rechter Gewalt betroffen sind, wie
zum Beispiel die Fachstelle "Leuchtlinie". Mit einem Forschungsprojekt wollen
wir untersuchen, welche individuellen und gesellschaftlichen Auswirkungen
Hasskriminalität in Baden-Württemberg hat. Wir werden das Projekt #RespektBW der
Landesregierung und die begleitende Informationskampagne „Bitte Was?! Kontern
gegen Fake und Hass“ fortführen. Wir setzen uns für eine Anlaufstelle zur
Erforschung und Dokumentation rechtsextremistischer Strukturen ein. Sie soll an
einer Hochschule in Baden-Württemberg verankert werden. Die Zentrale Stelle der
Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in
Ludwigsburg wollen wir nach Abschluss der Strafverfolgungsaufgaben am
bestehenden Standort weiterentwickeln. Sie soll zu einem Zentrum für Forschung,
Information, Erinnerungskultur und Begegnung werden. Ihr Ziel soll es sein,
Rechtsstaatlichkeit und Demokratie zu fördern.
Für eine starke, leistungsfähige und humane Justiz
Eine leistungsfähige und humane Justiz ist das Fundament unseres Rechtstaates.
Kriminelles Fehlverhalten muss zeitnah sanktioniert werden. Neben der Polizei
wollen wir den Weg der Stärkung auch bei der Justiz weitergehen. Wir haben daher
in der vergangenen Legislaturperiode über 1000 neue Stellen in der Justiz
geschaffen – und wir werden hier weitermachen!
Denn nur dann können Gerichtsverfahren – von Zivilrechtsstreitigkeiten über
Strafprozesse bis hin zu Asylverfahren – schnellstmöglich durchgeführt werden.
Und nur dann kann die Justiz auch bei besonderen Lagen wie Großverfahren
kurzfristig reagieren. Schneller, effektiver Rechtsschutz und Strafen, die der
Tat auf dem Fuße folgen, sind für den Rechtsfrieden unerlässlich. Ein baden-
württembergisches Erfolgsmodell sind die Häuser des Jugendrechts, in denen
Sozialarbeit und Jugendhilfe mit Polizei und Staatsanwaltschaft
zusammenarbeiten. Hier helfen wir jungen Menschen, anstatt sie auszugrenzen.
Andere Bundesländer haben das Konzept bereits übernommen. Wir wollen den
flächendeckenden Ausbau in Baden-Württemberg weiter voranbringen.
Die Digitalisierung verändert unsere Justiz grundlegend. Baden-Württemberg ist
hier in Deutschland Vorreiter. Dies eröffnet Chancen auf mehr Bürgernähe durch
direkte, digitale Zugangsmöglichkeiten und auf eine effektivere Organisation der
Gerichte. Wir wollen diese Chancen nutzen – nicht zuletzt, damit der
gerichtliche Rechtsschutz auch in Zeiten einer Pandemie sichergestellt bleibt.
Gesetzlich sind beispielsweise auch Videoverhandlungen möglich. Sie dürfen nicht
daran scheitern, dass es den Gerichten an der technischen Ausstattung fehlt.
Zudem wollen wir möglichst vielen Beschäftigen ein mobiles Arbeiten ermöglichen,
das umwelt- und familienfreundlich ist.
Die Justiz soll möglichst viele Erfahrungswelten widerspiegeln. Nur so sind
sachgerechte Entscheidungen möglich. Und nur so ist sichergestellt, dass sich
alle Menschen unserer vielfältigen Gesellschaft von der Justiz repräsentiert
fühlen. Das erhöht die Akzeptanz gerichtlicher Entscheidungen bei den
Bürger*innen. Deshalb wollen wir mehr Menschen mit Zuwanderungsgeschichte in der
Justiz. Obwohl Frauen mittlerweile über die Hälfte der neu eingestellten
Richter*innen und Staatsanwält*innen stellen, sind sie in Führungspositionen
noch immer stark unterrepräsentiert. Das wollen wir ändern! Dafür wollen wir
beispielsweise Funktionsämter auch in Teilzeit ermöglichen. Die Einstellung
neuer Richter*innen sollte transparent, die jeweilige Gerichtsbarkeit und der
Präsidialrat sollten miteinbezogen sein. Wir wollen die Entscheidungen, wer
warum eingestellt und befördert wird, nachvollziehbarer machen. Gleiches gilt
auch für die dienstrechtlichen Beurteilungen. Wir wollen evaluieren, an welchen
Stellen die Prüfungsordnungen der Juristischen Staatsprüfungen und das
Referendariat modernisiert werden müssen. Unter anderem wollen wir ein
Referendariat in Teilzeit ermöglichen und Prüfungskommissionen künftig möglichst
immer auch mit Frauen besetzen.
Die Justiz muss für die Bürger*innen nahbar und nachvollziehbar sein. Eine
Möglichkeit dazu bietet das Güterichterverfahren. Es hilft den Parteien zum
Beispiel durch Mediation, ihren Konflikt eigenverantwortlich zu lösen. Wir
wollen dieses alternative Verfahren flächendeckend durch dafür ausgebildetes
Personal anbieten. Die Öffentlichkeitsarbeit der Justiz muss ausgebaut werden.
Sie ist ein wichtiges Element, um Gerichtsverfahren und Entscheidungen auch über
die herkömmlichen Medien hinaus nachvollziehbar und verständlich zu
kommunizieren. Wir befürworten eine stärkere Selbstverwaltung der Justiz. Die
Gerichtsorganisation muss stärker als bisher bei den Gerichten selbst liegen und
demokratisch strukturiert sein. Wir wollen das ministerielle Einzelweisungsrecht
von Justiz- und Innenministerium einschränken, um unabhängige Ermittlungen zu
garantieren.
Für nachhaltigen Opferschutz und einen humanen Strafvollzug
Die Justizvollzugsbeauftragten beider Regierungsfraktionen haben auf unsere
Initiative hin die AG „Moderner Strafvollzug“ eingerichtet, die
fraktionsübergreifend tätig ist. Ihre wichtigen Handlungsempfehlungen werden wir
umsetzen. Resozialisierung und Wiedergutmachung bzw. Opferorientierung – auf
diese Ziele wollen wir bestehende Regeln des Justizvollzugs ausrichten.
Ein Rechtstaat zeichnet sich dadurch aus, dass er den Menschen in seiner Obhut
humane Haftbedingungen gewährt und menschenrechtliche Vorgaben berücksichtigt.
Hier wollen wir ansetzen, beispielsweise mit einem Bauprogramm zur
Modernisierung von Justizvollzugsanstalten, mit Spezialabteilungen für ältere
Gefangene und Online-Zugängen. Die Gefangenenseelsorge wollen wir für alle
Glaubensrichtungen, bei denen Ausbaubedarf besteht, ausweiten. Menschen in
staatlichem Gewahrsam brauchen eine Person, der sie sich anvertrauen können und
die ihnen eine Stimme gibt. Deswegen wollen wir die Stelle einer*s
Justizvollzugsbeauftragten am Landtag einrichten, die*der im Jahres-Turnus an
den Landtag und an die Landesregierung berichtet. Der Zuständigkeitsbereich wird
sich am Vorbild der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter orientieren. Er
soll alle Formen freiheitsentziehender Maßnahmen in Einrichtungen des Landes
umfassen. Dazu gehören auch die Abschiebehaft, der polizeiliche Gewahrsam und
die psychiatrische Unterbringung.
Eine humane Justiz gibt dem Opferschutz höchste Priorität. Wir haben aus diesem
Grund die Opferentschädigungen verdoppelt und die Stelle einer*s
Opferschutzbeauftragten geschaffen. An diese Stelle können sich Betroffene von
Gewalttaten wenden, um passende Unterstützungsangebote zu finden. Wir wollen die
Strukturen des Opferschutzes weiterentwickeln. Dazu gehört insbesondere der
Ausbau der verfahrensunabhängigen pseudonymisierten Spurensicherung und der
Traumaambulanzen. Wir wollen unter Leitung des Landesopferschutzbeauftragten
zentrale Lotsen an jedem Landgericht installieren und den Täter-Opfer-Ausgleich
stärken.
In bestimmten Verfahren – beispielsweise zu Kinderschutzsachen – sollen
nachgewiesene Fortbildungen bzw. Vorkenntnisse Voraussetzung der
Stellenübertragung sein. Auch die Verfahren selbst wollen wir mit Blick auf den
Opferschutz überprüfen und verbessern. Wir wollen es zum Beispiel den Opfern
sexualisierter Gewalt ersparen, in der Strafverhandlung auf ihren Peiniger zu
treffen. Dazu werden wir der Videobefragung noch mehr Geltung verschaffen.
Darum Grün!
Wer Grün wählt, stimmt für
- mehr Mitbestimmung und Transparenz: Wir setzen auf einen bürgernahen Staat
und aktive, aufgeklärte Bürger*innen, die sich einmischen
- Vielfalt: Wir setzen uns auf allen Ebenen für eine offene Gesellschaft ein
- Sicherheit und Freiheit, die Hand in Hand gehen: Sicherheit ist kein
Selbstzweck, sondern eine Voraussetzung für ein freiheitliches Leben
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