Veranstaltung: | Digitale LDK am 12.-13.12.2020 |
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Tagesordnungspunkt: | TOP5.4 Grün wählen und Baden-Württemberg zusammenhalten |
Antragsteller*in: | Annette Kosakowski |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 15.12.2020, 14:18 |
Antragshistorie: | Version 1 |
K12NEU: Vielfalt und Zusammenhalt gelingen nur gemeinsam
Antragstext
Kapitel 12: Gesellschaft, Integration und Gleichstellung
Vielfalt und Zusammenhalt gelingen nur gemeinsam
Baden-Württemberg ist ein Land mit einzigartigen Menschen und einer lebendigen
und vielfältigen Gesellschaft. Wir alle leben gerne hier. Wir schätzen den
Zusammenhalt, dass man füreinander da ist und sich gegenseitig hilft. Nirgendwo
sonst in Deutschland engagieren sich so viele Menschen ehrenamtlich im
Sportverein, in der Flüchtlingshilfe, in einer Bürgerinitiative oder
Kirchengemeinde.
In der Corona-Krise haben wir bewiesen, dass wir als Gesellschaft auch mit
Abstand zusammenhalten. Viele haben mit angepackt und anderen geholfen: Jüngere
haben für Ältere eingekauft, Ältere haben für ihre Nachbarschaft Alltagsmasken
genäht, Sportvereine haben Training fürs Wohnzimmer angeboten und Künstler*innen
haben Konzerte im Internet gegeben oder vor Krankenhäusern gesungen, um den
Patient*innen Mut zu machen. Das war eine große Gemeinschaftsleistung, die
einmal mehr gezeigt hat, was wir zusammen alles schaffen können.
Auch wenn das Miteinander bei uns in Baden-Württemberg stärker ist als anderswo,
nehmen auch bei uns die Fliehkräfte in der Gesellschaft zu. Die liberale
Demokratie steht weltweit unter Druck. Menschen erwarten Antworten auf
fundamentale Umbrüche unserer Zeit – von der digitalen Revolution über die
Globalisierung und die Klimakrise bis hin zur Migration. Der Ton der
öffentlichen Debatte wird rauer und brutaler. Der soziale Kitt, der unsere
Gesellschaft zusammenhält, bröckelt.
Wir Grüne stehen für eine Politik, die Orientierung und Sicherheit im Wandel
gibt und das Vertrauen in unser Gemeinwesen stärkt. Wir wollen unser
Zusammenleben so gestalten, dass alle Menschen am gesellschaftlichen Leben
teilhaben können, wahrgenommen werden und den Respekt erfahren, den jede*r
einzelne verdient. Uns geht es darum, das Miteinander und Füreinander in unserer
offenen Gesellschaft zu fördern und Diskriminierung und Ausgrenzung zu
überwinden. Unser Ziel heißt Zusammenhalt in Vielfalt. Deshalb haben wir bereits
in den vergangenen Jahren den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu einem
politischen Schwerpunkt der grün-geführten Landesregierungen gemacht. Diesen Weg
wollen wir in den kommenden Jahren beherzt weitergehen. Wir wollen die
Abwehrkräfte unserer Gesellschaft gegen Populismus und Polarisierung stärken.
Denn miteinander erreichen wir so viel mehr als gegeneinander.
Ein starkes Ehrenamt bringt Menschen zusammen
Baden-Württemberg ist das Land des bürgerschaftlichen Engagements. Fast die
Hälfte aller Menschen in unserem Bundesland engagiert sich freiwillig. Was bei
uns viele Menschen ehrenamtlich in den Sport- und Musikvereinen, bei der
Freiwilligen Feuerwehr, in Bürgerinitiativen, Kirchen, Religionsgemeinschaften,
Gewerkschaften und Parteien leisten, ist unbezahlbar.
Wir Grüne fördern und stärken ehrenamtliches Engagement. Mit der
Engagementstrategie Baden-Württemberg hat die grün-geführte Landesregierung eine
Strategie zur Stärkung der Bürgergesellschaft auf den Weg gebracht. Wir Grüne
wollen erreichen, dass sich alle Menschen engagieren können – unabhängig von
Alter, Herkunft, einer Behinderung, Einkommen, Bildung, Religion, Geschlecht
oder sexueller Orientierung. Wir wollen noch mehr Menschen für das Ehrenamt
begeistern und das bürgerschaftliche Engagement noch besser würdigen. Dafür
werden wir eine Ehrenamtsoffensive starten. Denn das Ehrenamt braucht gute
Rahmenbedingungen. Wir werden unnötige bürokratische Hürden, die viel Zeit und
Verwaltungsarbeit kosten, abbauen. Die Vernetzung der Ehrenamtlichen soll
gestärkt werden, um die Möglichkeiten für den Austausch von Wissen und Erfahrung
zu verbessern. Gutes Ehrenamt braucht hauptamtliche Unterstützung. Wir werden
mehr Weiterbildungsmöglichkeiten für Engagierte schaffen und zudem eine
Ehrenamtskarte einführen. Sie soll den Ehrenamtlichen einen praktischen Nutzen
bieten und ihnen ein paar wohlverdiente schöne Stunden ermöglichen –
beispielsweise beim kostenfreien Besuch von Kultureinrichtungen. Im Bund werden
wir uns außerdem für eine höhere steuerfreie Aufwandspauschale einsetzen.
Viele junge Menschen im Land bringen sich aktiv in die Gesellschaft ein: auf der
Straße, in zahlreichen Vereinen oder auch im Rahmen von Freiwilligendiensten.
Diese Erfahrung wollen wir noch mehr jungen Menschen ermöglichen und ihr
Engagement belohnen. Deshalb werden wir die Landesmittel für die
Jugendfreiwilligendienste erhöhen und der hohen Nachfrage nach Plätzen im
Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) und Freiwilligen Ökologischen Jahr (FÖJ)
gerecht werden. Die Einführung eines sozialen Pflichtjahrs lehnen wir ab –
Engagement lebt von Freiwilligkeit und der Motivation und Freude aus sich selbst
heraus, sich für etwas einzusetzen. Wir wollen darüber hinaus erreichen, dass
soziales und ökologisches Engagement verstärkt beim Hochschulzugang oder einer
Ausbildung berücksichtigt wird. Mit einem Freiwilligen-Pass wollen wir
ermöglichen, dass jede*r Freiwilligendienstleistende künftig ermäßigte
Eintrittspreise beispielsweise in Freibädern und anderen Einrichtungen erhält.
Mit Sport verbinden, mit Sport gewinnen
Der Sport spielt für den gesellschaftlichen Zusammenhalt eine zentrale Rolle,
denn Sport verbindet: Alte und Junge, Menschen verschiedener Herkunft, mit
verschiedenen Erfahrungen. Im Sport werden die Werte einer offenen und
solidarischen Gesellschaft gelebt und vermittelt: Fairness, Respekt, Teamgeist
und Vielfalt. Und Sport hält uns fit und fördert unsere Gesundheit. Wir Grüne
unterstützen deshalb den Sport im Land aus voller Überzeugung.
Sportangebote müssen integrativ sein und Begegnungen ermöglichen. Wir Grüne
werden den Breitensport weiterhin partnerschaftlich und verlässlich
unterstützen, denn er vermittelt Werte und Bildung und schafft Zusammenhalt.
Sportvereine und Verbände benötigen für die Bewältigung ihrer Aufgaben Rückhalt.
Deshalb wollen wir den Solidarpakt Sport verlängern, um die Sportvereine auch
weiterhin unterstützen zu können. Vielerorts sind Sportstätten die einzigen
Orte, an denen Menschen unterschiedlichster Herkunft und Milieus zusammenkommen
und gemeinsam ihre Mannschaft unterstützen oder zusammen Sport treiben. Wir
Grüne wollen diese Orte nachhaltig sichern und verbessern. Mit dem Solidarpakt
Sport III hat die grün-geführte Landesregierung die ehrenamtlichen
Übungsleiter*innen besser ausgestattet und die Fördermittel für den Bau von
Sportstätten, insbesondere durch ein Sonderprogramm, deutlich erhöht. Wir Grüne
wollen beim Bau und Unterhalt von Sportstätten einen Schwerpunkt auf Klimaschutz
und Nachhaltigkeit legen.
Sportveranstaltungen schaffen einzigartige Erlebnisse für Athlet*innen und
Zuschauer*innen, sie sind aber auch eine Herausforderung für die Idee der
Nachhaltigkeit. Wir stehen Sportgroßveranstaltungen in Baden-Württemberg offen
gegenüber, wollen jedoch sicherstellen, dass Investitionen in Infrastrukturen
und Sportstätten im Einklang mit sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen und
ökologischen Nachhaltigkeitsanforderungen stehen.
Wir Grüne unterstützen die Initiative „Spitzensportland Baden-Württemberg“, um
vielen Sportler*innen die Möglichkeit zu geben, sich zu Spitzenathlet*innen
entwickeln zu können. Wir machen uns für eine transparente Sportförderung stark,
die die Athlet*innen in den Mittelpunkt stellt und duale Karrieren ermöglicht
und fördert. Frauen sollen hierbei mittels eines zusätzlichen Förderprogramms
besonders unterstützt werden. Wettkampfsport auf allen Ebenen ist begrüßenswert.
Leistungssteigerung durch gesundheitsschädigende Mittel und Doping lehnen wir
entschieden ab.
Zum Sportland gehören Schwimmbäder und Schwimmunterricht. Wir setzen uns für
eine gute Bäderinfrastruktur ein und wollen den Schwimmunterricht an Schulen und
in Vereinen stärken.
Wie unsere Gesellschaft ist auch der Sport stets im Wandel. Wir Grüne machen uns
dafür stark, dass auch der Sport diesem Wandel standhält. Wir zeigen uns offen
für neue Formen des Sports: Millionen Menschen begeistern sich für E-Sport. Wir
Grüne wollen gute Rahmenbedingungen für den E-Sport in Baden-Württemberg
schaffen – vor allem für Amateur-Vereine. Deshalb sollen E-Sport-Vereine genauso
von der Gemeinnützigkeit profitieren können wie andere Sportvereine. Einen
Wandel im Sport wollen wir Grüne auch beim Thema Auflösung der strikten
Geschlechtertrennung vorantreiben. Dafür wollen wir Projekte und Vereine
besonders unterstützen, die Pionierarbeit leisten und den geschlechtergemischten
Mannschaftssport normalisieren.
Nach der Corona-Pandemie werden viele Hunderttausend sportbegeisterte Menschen
hoffentlich wieder die Spiele ihrer Mannschaften in unserem Land besuchen
können. Damit diese Veranstaltungen sicher und für jede*n zugänglich bleiben,
hat die grün-geführte Landesregierung mit den Stadionpartnerschaften ein Konzept
vorgelegt, das Sportveranstaltungen zu dem macht, was sie sein sollten: ein
Ereignis, an dem die ganze Familie teilnehmen kann. Wir Grüne unterstützen
darüber hinaus Fanbeauftragte sowie präventive Projekte im Fan- und
Amateursportbereich. Gewalt, Diskriminierung und Ausgrenzung dürfen im Sport
ebenso wenig wie in anderen Bereichen der Gesellschaft geduldet werden. Wir
unterstützen Vereine in der Antidiskriminierungsarbeit.
Ja zu Vielfalt – Nein zu Hass und Hetze
Wir Grüne stehen fest zu den Werten unseres Grundgesetzes und verteidigen unsere
Gesellschaft gegen rassistisches, rechtsextremes und menschenverachtendes
Gedankengut. Deshalb werden wir einen Aktionsplan gegen Hasskriminalität
auflegen. Mit Herz und Haltung wollen wir Hass und Hetze entgegentreten – online
und offline. Wir wollen Betroffene besser unterstützen, Polizei und Justiz
stärker sensibilisieren und die Strafverfolgung effektiver gestalten. Die
Entwicklung der Hasskriminalität in Baden-Württemberg muss Eingang in den
Sicherheitsbericht des Landes finden. Wir ermutigen die Opfer von rechter
Gewalt: Zeigt Hasskriminalität konsequent an!
Wir Grüne wollen, dass es gar nicht erst zu Hassverbrechen kommt. Deshalb setzen
wir auf kontinuierliche Prävention. Um allen Dimensionen der gesellschaftlichen
Vielfalt gerecht zu werden und sie perspektivisch dort zu bündeln, wollen wir
eine Stabstelle Vielfalt einführen, die besonders auch im Bereich Antirassismus
tätig wird.
Das grün-geführte Sozialministerium hat 2018 die
Landesantidiskriminierungsstelle Baden-Württemberg neu eingerichtet. Das ist ein
großer grüner Erfolg und ein Meilenstein der baden-württembergischen
Antidiskriminierungsarbeit. Diese Landesantidiskriminierungsstelle werden wir
finanziell und als unabhängige Stelle personell stärken. Auch die
Antidiskriminierungsarbeit in der Fläche werden wir weiter ausbauen. So schaffen
wir überall Zugang zu Information und einheitliche Standards in der Beratung.
Die Antidiskriminierungsstelle soll künftig außerdem flächendeckende
Informationskampagnen gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit erarbeiten und
gemeinsam mit zivilgesellschaftlichen Organisationen Workshops zur
Antidiskriminierungsarbeit in der Fläche anbieten. Auch von staatlicher Seite
dürfen keine Diskriminierungen erfolgen. Darum fordern wir ein
Antidiskriminierungsgesetz, das nach dem Vorbild des Allgemeinen
Gleichbehandlungsgesetzes ausgestaltet sein soll. Besonders wichtig ist es uns
auch, die Themen Antirassismus und Antidiskriminierung in die Schulen zu
bringen. Dafür entwickeln wir Konzepte, um vertrauensvolle Anlaufstellen für
Schüler*innen und Lehrkräfte zur Verfügung zu stellen.
Menschlichkeit und Verantwortung – für ein weltoffenes Baden-Württemberg
Weltweit sind so viele Menschen auf der Flucht wie seit dem Zweiten Weltkrieg
nicht mehr. Sie fliehen vor Krieg, Gewalt, Terror, Perspektivlosigkeit und der
Zerstörung ihrer Herkunftsregionen durch die Klimakrise. Viele von ihnen suchen
Schutz und neue Perspektiven in Europa, Deutschland und auch bei uns in Baden-
Württemberg. Unser Land konnte bereits vielen Menschen eine neue Heimat geben.
Menschlichkeit, Verantwortung und Solidarität bilden den Kern unserer
flüchtlings- und asylpolitischen Überzeugungen: Wir wollen Menschen in Not
helfen und ihnen die Möglichkeit geben, ihre Erfahrungen in unsere Gemeinschaft
einzubringen – davon profitieren nicht zuletzt auch diejenigen, die bereits seit
Längerem hier leben. Wir sorgen dafür, dass Geflüchtete bei uns ein neues
Zuhause finden, und schaffen langfristige Integrations- und Bleibeperspektiven.
In den vergangenen Jahren hat die grün-geführte Landesregierung in einer
Verantwortungsgemeinschaft mit den Kommunen und der Zivilgesellschaft vielen
Geflüchteten geholfen und mit verschiedenen Maßnahmen für eine bessere
Unterbringung und Versorgung der Menschen gesorgt, die zu uns gekommen sind.
Aber wir wollen auch in Zukunft die Situation in den Flüchtlingsunterkünften
weiter verbessern. Der Aufenthalt in den Erstaufnahmeeinrichtungen soll weiter
verkürzt werden. Die Erstaufnahme muss gut ausgestattet und Corona-konform
gestaltet werden. Durch kraftvolles und koordiniertes Handeln haben wir neben
der Erhöhung des Wohnraumes in der Flüchtlingsaufnahme auch eine erfolgreiche
Bundesratsinitiative für Geflüchtete in Arbeit gestartet, um Bleibeperspektiven
zu verbessern. Eine Wohnsitzauflage für anerkannte Geflüchtete sehen wir
grundsätzlich kritisch.
Wir haben außerdem ein Sonderprogramm zur Aufnahme von 1000 traumatisierten
jesidischen Frauen und Kindern aufgelegt, die der grausamen Verfolgung durch den
sogenannten Islamischen Staat entkommen konnten. Wir bieten ihnen hier Schutz
und Sicherheit. In der nächsten Legislaturperiode wollen wir weitere
Sonderprogramme für besonders Schutzbedürftige auflegen.
Von Anfang an sollen alle die Möglichkeit bekommen, die deutsche Sprache zu
lernen. Durch eine umfassende Sozial- und Rechtsberatung sollen Geflüchtete
künftig von Anfang an über ihre Rechte und die Voraussetzungen der verschiedenen
Aufenthaltstitel informiert werden. Wir haben das Ziel, dass Geflüchtete so
schnell wie möglich Zugang zu integrativen Maßnahmen, zu Ausbildung und Arbeit
und einer guten Wohnsituation bekommen. Dafür wollen wir das Erreichte
überprüfen und weiter verbessern. Gesellschaftliche Teilhabe schließt neben
Wohnen und Arbeiten auch die gesundheitliche Versorgung ein. Wir setzen uns
daher für die Ausstellung einer Gesundheitskarte mit der Erstregistrierung ein.
Zudem wollen wir den anonymen Krankenschein für Menschen ohne Aufenthaltsstatus,
sogenannte Papierlose, etablieren.
Traumatisierte Geflüchtete brauchen einen schnellen und niedrigschwelligen
Zugang zu Hilfe, damit sie eine Perspektive und Chancen auf Teilhabe in der
Gesellschaft haben. Daher wollen wir die bestehenden psychosozialen
Beratungsstellen zu einer landesweiten Versorgungsstruktur weiterentwickeln.
Wir Grüne sind dankbar, dass sich so viele Menschen in unserem Land in der
ehrenamtlichen Flüchtlingshilfe engagieren. Egal, ob es die Landfrauen sind, die
Wollsocken für Flüchtlingskinder stricken. Oder der Fußballtrainer, der neue
Kicker*innen aus aller Welt in seinem Team mit offenen Armen empfängt. Oder die
Deutschlehrerin, die ehrenamtlich an ihren Nachmittagen den Neuankömmlingen
erste Sprachkenntnisse vermittelt. Oder die vielen Ehrenamtlichen in den
Freundeskreisen, die sich um die kleinen und großen Alltagsprobleme kümmern. Wir
Grüne bringen diesem Engagement große Wertschätzung entgegen und werden es
weiter gezielt unterstützen.
Viele Städte und Gemeinden in Baden-Württemberg unterstützen die Initiative
„Sichere Häfen“ und zeigen damit aktive Bereitschaft, Geflüchtete aufzunehmen,
die aus Seenot gerettet worden sind oder in Flüchtlingslagern vor den Toren
Europas leben. Wir Grüne unterstützen diese Initiative und wollen, dass auch das
Land Baden-Württemberg zum „Sicheren Hafen“ wird. Wir werden daher ein
entsprechendes Landesaufnahmeprogramm vorantreiben und machen uns auf
Bundesebene dafür stark, dass Bundesländer und Kommunen mehr Möglichkeiten bei
der Aufnahme von Menschen in Notsituationen erhalten, um so auch unter anderem
Verantwortung für die Geflüchteten in Griechenland zu übernehmen. Auf
europäischer Ebene setzen wir uns außerdem dafür ein, dass zivile Seenotrettung
entkriminalisiert und ein europäisch organisiertes und finanziertes ziviles
Seenotrettungssystem aufgebaut wird. Das Sterben im Mittelmeer muss beendet
werden!
Die beste Flüchtlingspolitik bewahrt die Menschen davor, ihre Herkunftsregionen
überhaupt erst verlassen zu müssen. Das Bekämpfen von Fluchtursachen heißt, die
Gründe der Flucht und nicht die Menschen auf der Flucht zu bekämpfen. Dafür
müssen wir in Europa und im Bund noch viel mehr tun, indem wir unseren Beitrag
zu Fluchtursachen erkennen, dafür Verantwortung übernehmen und Maßnahmen
ergreifen, wie beispielsweise die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit zu
erhöhen. Die grün-geführte Landesregierung hat mitgeholfen, die wirtschaftliche
Situation auf dem Balkan zu stabilisieren. Sie hat im Nordirak wichtige
Programme zur Gesundheitsvorsoge und Bildung ins Leben gerufen und wird auch
weiterhin im Rahmen ihrer Möglichkeiten einen Beitrag zur
Fluchtursachenbekämpfung leisten.
Wer bei uns Asyl beantragt, verdient ein rechtsstaatliches, faires und schnelles
Asylverfahren. Nicht alle, die zu uns kommen, werden auch dauerhaft hierbleiben
können. Wird ein Asylantrag abgelehnt und gibt es keine weiteren Gründe, die
eine Rückkehr ausschließen, hat für uns die freiwillige Rückkehr Vorrang. Wir
setzen dabei auf aktive Rückkehrberatung und gezielte Rückkehrhilfen. Die
Leitlinien für die Rückkehr- und Abschiebepraxis in Baden-Württemberg müssen
eine rechtsstaatliche, faire und humanitär verantwortliche Rückkehr- und
Abschiebepraxis gewährleisten. Dabei wollen wir das Kirchenasyl respektieren.
Niemand darf in Kriegsgebiete oder in Lebensgefahr abgeschoben werden. Die
Ausweitung der Liste der sicheren Herkunftsländer lehnen wir ab. Dafür fordern
wir klare Maßstäbe auf Bundesebene und insbesondere eine engmaschige und
ergebnisoffene Überprüfung der Situation in Ländern wie Afghanistan – einem
Land, in das wir Abschiebungen in der aktuellen Lage ablehnen. Für Menschen ohne
Aufenthaltsrecht ist die Härtefallkommission eine wichtige Anlaufstelle. Diese
Kommission kümmert sich um die Schicksale, die durch das Raster unseres Systems
fallen. Wir wollen, dass die Härtefallkommission unabhängige und transparente
Entscheidungen trifft. Dazu werden wir die Härtefallkommission strukturell und
personell ausbauen.
Ein Asylverfahren darf nicht die einzige Chance für Menschen sein, die nach
Deutschland einwandern möchten. Bedingt durch demografischen Wandel und
Fachkräftemangel sind wir auf die Zuwanderung von Menschen aus dem Ausland
angewiesen. Wir setzen uns auf Bundesebene dafür ein, dass ein umfassenderes
Zuwanderungsgesetz erarbeitet wird.
Mit Integration beginnen – neue Mitbürger*innen gewinnen
Integration ist eine große Herausforderung und zugleich eine der größten Chancen
für unser Land. Grüne Integrationspolitik richtet sich an die ganze
Gesellschaft: an alle, die zu uns kommen, aber auch an alle, die schon länger
hier leben. Integration ist ein wechselseitiger Prozess, der die Bereitschaft
aller Beteiligter voraussetzt, in unserer Gesellschaft zusammenzuleben.
Diejenigen, die zu uns kommen, brauchen bestimmte Voraussetzungen, damit
Integration gelingt. Sie müssen die Möglichkeit erhalten, die deutsche Sprache
zu lernen. Sie brauchen Zugang zu guter Bildung und zum Arbeitsmarkt sowie die
Chance, am politischen und gesellschaftlichen Leben auf der Grundlage unserer
demokratischen Werteordnung teilzuhaben. Für die, die schon länger hier leben,
bedeutet gelingende Integration: offen zu sein für eine kulturelle Bereicherung
und Unterschiede als Chance zu begreifen, nicht als Bedrohung. Ziel unserer
Integrationspolitik ist ein starker gesellschaftlicher Zusammenhalt bei einer
wachsenden Bevölkerungsvielfalt. Das Band, das unsere Gesellschaft dabei
zusammenhält, ist unser Grundgesetz.
Wenn Menschen zu uns kommen, wollen wir ab dem ersten Tag mit der
Integrationsarbeit beginnen. Wir wollen keine Zeit verlieren, indem wir warten,
bis der Aufenthaltsstatus endgültig geklärt ist. Oft dauert es Monate, bis die
Bundesbehörden Klarheit geschaffen haben. Deshalb setzen wir uns für eine
zeitnahe Arbeitserlaubnis und eine dezentrale Unterbringung unabhängig vom
Aufenthaltsstatus ein. Jeder Tag, an dem Geflüchtete und Migrant*innen an
unserem gesellschaftlichen Leben teilhaben können, ist ein Tag gelungener
Integration.
Als Land gestalten wir Integration maßgeblich mit. Deshalb haben wir als grün-
geführte Landesregierung 2016 gemeinsam mit den Kommunen den Pakt für
Integration auf den Weg gebracht. Kernstück war ein neu geschaffenes
Integrationsmanagement. Heute stehen rund 1000 Integrationsmanager*innen den
Geflüchteten im Alltag zur Seite und unterstützen sie mit Integrationsplänen
dabei, ein selbstständiges Leben zu führen. Zusätzlich unterstützt der Pakt
junge Geflüchtete in Schulen auf ihrem Weg ins Berufsleben und fördert
ehrenamtliche, interkulturelle und bürgerschaftliche Strukturen in der
Flüchtlingshilfe. Wir Grüne werden die Finanzierung des Paktes für Integration
auch in der nächsten Legislaturperiode sicherstellen und die Rahmenbedingungen
für gute Integration schaffen.
Integration findet dort statt, wo sich Menschen begegnen – in Kitas, Schulen,
Vereinen, Nachbarschaften und am Arbeitsplatz. Für uns Grüne haben vor allem
Familien als Ort der Sicherheit und Vertrautheit einen hohen Stellenwert für
eine gelingende Integration. Gerade nach einer traumatisierenden Flucht
benötigen Menschen die Gewissheit, dass auch ihre Familie in Sicherheit ist. Nur
dann können sie sich mit Herz und Verstand auf die Integration in der Schule,
der Ausbildung und am Arbeitsplatz konzentrieren. Wir Grüne wollen deshalb den
Familiennachzug erleichtern.
Wir setzen uns entschlossen für einfache und unbürokratische Möglichkeiten ein,
einen dauerhaften Aufenthaltstitel für Migrant*innen zu bekommen. Sie sollen
zeitnah nach Abschluss ihres Asylverfahrens eine Bleibeperspektive erhalten.
Dafür wollen wir die gesetzlichen Spielräume wie die Ermessensduldung auf
Landesebene konsequent nutzen. Wenn Menschen plötzlich gehen müssen, die gut
integriert sind, hier arbeiten und sich ein Leben aufgebaut haben, dann ist das
ein herber Verlust für unsere Gesellschaft, den wir vermeiden wollen.
Mit dem Beitritt zur „Charta der Vielfalt“ hat Baden-Württemberg bekräftigt,
dass es eine Kultur der Vielfalt und des Respekts pflegt und fortentwickeln
will. Das bedeutet für uns auch, dass wir die Arbeit von migrantischen
Selbstorganisationen stärken wollen und die Teilhabe von Migrant*innen in
unserer Gesellschaft verbessern wollen. Wir unterstützen die interkulturelle
Öffnung der Landesverwaltung. Für eine bessere Verständigung brauchen wir mehr
Sprachmittlung in Behörden und öffentlichen Einrichtungen. Wir wollen mehr
Menschen mit Migrationshintergrund für den öffentlichen Dienst gewinnen. Dazu
wollen wir die Kampagne „Vielfalt macht bei uns Karriere – Willkommen im
öffentlichen Dienst“ wieder aufgreifen. Als grün-geführte Landesregierung haben
wir auch das Programm „Chancen gestalten – Wege der Integration in den
Arbeitsmarkt öffnen“ auf den Weg gebracht. Wir werden nun ein landesweites
kommunales Netzwerk aufbauen, um Geflüchtete und Migrant*innen schnellstmöglich
ins Arbeitsleben zu integrieren. Im Ausland erworbene Qualifikationen und
Abschlüsse wollen wir fair anerkennen, nutzen und stärken. Bildung und Sprache
sind für Integration, Teilhabe und Chancengerechtigkeit von zentraler Bedeutung.
Wir werden deshalb die Angebote für Sprachkurse ausbauen und die begleitende
Kinderbetreuung für Geflüchtete mit Kindern sicherstellen.
Wir Grüne stehen für eine bunte Gesellschaft. Wir wollen, dass Menschen ohne
deutsche Staatsbürgerschaft schneller und unbürokratischer eingebürgert werden
können. Wir wissen auch: Integration ist ein Prozess, den die
Mehrheitsgesellschaft und die Menschen, die zu uns kommen, gemeinsam gestalten
müssen. Dieser Integrationsprozess kann nur gelingen, wenn beide Seiten offen
und tolerant gegenüber unterschiedlichen Lebensentwürfen sind. Dazu gehört es,
Lebensleistungen, Erfahrungen und Bedürfnisse anzuerkennen. Wir werden die
Antirassismus- und Antidiskriminierungsarbeit stärken und ein positives Bild von
Diversität vermitteln.
Die Hälfte der Macht den Frauen – überall!
Feminismus ist ein Kernanliegen grüner Politik. Wenn Geschlechtergerechtigkeit
selbstverständlich gelebt wird, sichert das die Stabilität unserer Gesellschaft,
schafft wirtschaftliche Chancen und stärkt unsere Demokratie.
Wir Grüne sorgen dafür, dass Frauen und Männer endlich die gleichen Chancen
haben. Die Gleichstellung aller Geschlechter ist für uns eine
Selbstverständlichkeit. Doch leider ist sie noch keine gesellschaftliche
Realität. Frauen und Männer sind zwar vor dem Gesetz gleich, aber wir alle haben
Rollenbilder im Kopf. Es gibt immer noch Berufe, die als typisch für Frauen oder
Männer gelten. Immer noch ist Frauen der Zugang zu Führungspositionen erschwert.
Vielfach verdienen Frauen bei gleicher Qualifikation immer noch weniger als
Männer. Wir wollen diese Rollenbilder auflösen und einen gesellschaftlichen
Aufbruch für Frauenrechte initiieren. Wir Grüne werden nicht nachgeben, bis
Frauen wirklich überall die gleichen Rechte, Möglichkeiten und Lebenschancen
haben wie Männer!
Als grün-geführte Landesregierung haben wir 2016 mit dem
Chancengleichheitsgesetz in Baden-Württemberg einen großen Sprung nach vorne
gemacht. Darin haben wir festgehalten: Alle Gremien, für die das Land ein
Vorschlagsrecht hat, werden zur Hälfte mit Frauen besetzt. Wir haben darin auch
festgeschrieben, hauptamtliche Gleichstellungsbeauftragte in Städten mit über
50.000 Einwohner*innen einzuführen. Sie treiben die Frauenförderung in den
großen Städten entscheidend voran. Jetzt wollen wir den nächsten Schritt gehen
und hauptamtliche Gleichstellungsbeauftragte in den großen Kreisstädten
einführen. Wir wollen Ansprechpartner*innen vor Ort einsetzen, um gleiche
Chancen für alle zu ermöglichen. Die Ergebnisse der Evaluierung des
Chancengleichheitsgesetzes wollen wir nutzen, um neue Impulse für die
Gleichstellung zu setzen. Um die Gleichstellung in Baden-Württemberg auch in der
Landesregierung verpflichtend und kontinuierlich zu verankern, wollen wir eine
Landesbeauftragte für Gleichstellung und Diversity etablieren. Einrichtungen des
Landes sollen bei öffentlichen Veranstaltungen wie zum Beispiel
Podiumsdiskussionen mindestens ein Drittel weibliche Rednerinnen zum Zug kommen
lassen, um die Expertise von Frauen sichtbarer zu machen. So können
Fachexpertinnen als Vorbilder wirken. Auch bei landeseigenen Unternehmen wollen
wir Gleichstellung fördern sowie sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz bekämpfen.
Wir unterstützen diese Unternehmen dabei, Gleichstellungsbeauftragte
einzuführen.
Für uns Grüne ist klar: Auch in den Führungsebenen von Politik müssen Männer und
Frauen zu gleichen Teilen repräsentiert sein. Denn nur, wenn alle
gesellschaftlichen Gruppen in Entscheidungen eingebunden sind, kann Politik
tragfähige Entscheidungen treffen. Baden-Württemberg hat deutschlandweit einen
der niedrigsten Frauenanteile im Parlament. Deshalb fordern wir schon lange die
Änderung des Landtagswahlrechts und wollen verfassungskonforme Konzepte für die
Entwicklung eines Paritätsgesetz prüfen lassen. Damit der Landtag zu dem wird,
was er sein soll: ein Spiegelbild unserer Gesellschaft.
Gleichberechtigung und Feminismus sind keine reine Frauensache. Um die Bedeutung
dieses politischen Ziels zu untermauern, wollen wir den Internationalen
Frauentag am 8. März zu einem gesetzlichen Feiertag machen. Wir wollen einen
lebendigen Feiertag einführen, der uns an gesellschaftliche Kämpfe vergangener
Tage erinnert und aufzeigt: Wir müssen noch weitere Anstrengungen unternehmen,
um echte Gleichberechtigung zu erreichen.
Wir Grüne zeigen null Toleranz bei Gewalt gegen Frauen. Wie ein Brennglas hat
die Corona-Krise verdeutlicht: Häusliche Gewalt gegen Frauen ist heute immer
noch ein massives Problem. Als Landesregierung haben wir begonnen, die Vorgaben
der Istanbul-Konvention umzusetzen und verbindliche Rechtsnormen gegen Gewalt an
Frauen und häusliche Gewalt zu schaffen. Wir werden diese Arbeit fortführen, bis
die Konvention lückenlos verwirklicht ist. Dafür werden wir den
Landesaktionsplan „Baden-Württemberg gegen Gewalt an Frauen“ fortschreiben. Wir
werden verstärkt in die Gewaltprävention investieren und Menschen verstärkt
dafür sensibilisieren, Gewalttaten zu erkennen. Gleichzeitig werden wir die
Opfer noch besser unterstützen. Wir werden Frauen- und Kinderschutzhäuser sowie
Beratungsstellen für Opfer von häuslicher und sexualisierter Gewalt
flächendeckend ausbauen und finanziell gut ausstatten. Durch die stärkere
Förderung wollen wir ein flächendeckendes Netz aus Frauenhäusern erreichen. Ziel
muss es sein, dass es in jedem Landkreis in Baden-Württemberg diese
Zufluchtsorte gibt. Im Einklang mit der Istanbul-Konvention möchten wir auf
Landesebene eine Koordinationsstelle schaffen, die die verschiedenen
Hilfsangebote zusammenbringt. Sie soll den Austausch und die Kooperation der
Beratungsstellen fördern und die regionale Versorgungslage im Blick behalten.
Wie lange sie in Frauenhäusern bleiben, darüber können nur die Frauen selbst
entscheiden. Eine pauschale Begrenzung der Wohnzeit lehnen wir ab. Wir setzen
uns dafür ein, dass Frauen nach ihrem Aufenthalt in einem Frauenhaus leichteren
Zugang zu bezahlbarem Wohnraum bekommen, um ein neues Leben beginnen zu können.
Für Opfer von sexualisierter Gewalt schaffen wir eine bessere Notfallversorgung
einschließlich einer anonymen Spurensicherung. Dafür wollen wir eine
Gewaltambulanz nach Heidelberger Vorbild in jedem Regierungspräsidium aufbauen.
Wir kämpfen entschieden gegen Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung. Menschen
in der Prostitution wollen wir vor Ausbeutung und Ausgrenzung schützen. Das
Recht auf Selbstbestimmung steht für uns dabei im Vordergrund. Deshalb werden
wir Beratungsangebote ausbauen und Ausstiegsprogramme, die Alternativen
aufzeigen, finanziell besser ausstatten.
Gewalt gegen Frauen entsteht durch Frauenhass, durch gefährliche
Männlichkeitsvorstellungen und Überlegenheitsfantasien. Hass gegen Frauen ist
eine Form der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit. Wir wollen
Präventionsarbeit gegen Frauenfeindlichkeit fördern, die auch die
Überschneidungen mit anderen Formen der Menschenfeindlichkeit wie Rassismus in
den Blick nimmt. Gleichzeitig werden wir Programme in der Schule und in der
Kinder- und Jugendarbeit fördern, die Heranwachsende dabei unterstützen, für
ihre Rechte und körperliche Selbstbestimmung einzutreten. Um Frauen das Recht
zur Selbstbestimmung über den eigenen Körper auch beim Thema
Schwangerschaftsabbruch zu gewährleisten, setzen wir uns auf Bundesebene für die
Abschaffung der Paragrafen 218 und 219a aus dem Strafgesetzbuch ein.
Frau zu sein ist eines der größten Armutsrisiken in Deutschland. Frauen leisten
immer noch den Großteil der unbezahlten Sorge- und Pflegearbeit in Familie und
Haushalt. Wir wollen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessern, damit
Erziehungs- und Familienarbeit endlich gleichberechtigt verteilt werden kann.
Wir setzen uns dafür ein, dass Frauen für die gleiche Arbeit den gleichen Lohn
erhalten. Die Einführung eines Lohnatlas für Baden-Württemberg ist ein erster
Schritt, Transparenz über die Lohnungleichheit zwischen Männern und Frauen zu
schaffen. Er soll die Unterschiede in den Branchen und Regionen beleuchten.
Berufe, in denen überproportional oft Frauen beschäftigt sind, sind weiterhin
strukturell schlechter bezahlt als andere Branchen. Unser Ziel ist es, diese
Berufe aufzuwerten. Mädchen und junge Frauen wollen wir gezielt für Berufe in
der Technik, den Naturwissenschaften und der IT begeistern. Damit das gelingt,
müssen wir Angebote an unseren Schulen und Hochschulen wie Schüler*innenlabore,
Brückenkurse und MINT-Orientierungssemester weiter ausbauen sowie überholte
Rollenbilder überwinden. Dazu müssen alle Lehr- und Lernmaterialien entsprechend
überprüft und überarbeitet werden.
Für ein vielfältiges und buntes Baden-Württemberg
Wir Grüne haben Baden-Württemberg ein neues und tolerantes Gesicht gegeben. Wir
stehen für eine offene und vielfältige Gesellschaft, in der jede*r
selbstbestimmt und diskriminierungsfrei leben kann. Dafür schaffen wir Grüne die
politischen Rahmenbedingungen. Seit wir in Baden-Württemberg regieren, hat sich
die rechtliche und gesellschaftliche Gleichstellung von lesbischen, schwulen,
bisexuellen, transsexuellen, transgender, intersexuellen und queeren Menschen
(kurz: LSBTTIQ) deutlich verbessert. Wir haben außerdem damit begonnen, die
Verfolgungsgeschichte homosexueller Menschen im Nationalsozialismus und in der
Nachkriegszeit historisch aufzuarbeiten.
Mit dem Aktionsplan „Für Akzeptanz und gleiche Rechte Baden-Württemberg“ hat die
grün-geführte Landesregierung 2015 bundesweit einen Meilenstein in Sachen
Sichtbarkeit von Vielfalt gesetzt. Damit verbunden war die Gründung des
Landesnetzwerkes LSBTTIQ Baden-Württemberg. Mit seinen über 100
Mitgliedsorganisationen ist das Netzwerk ein starker zivilgesellschaftlicher
Ansprechpartner für die Politik. Diesen Weg wollen wir Grüne weitergehen und die
queere Netzwerkarbeit weiterentwickeln. Angebote und Beratungen, die in Städten
vielfach von engagierten Institutionen angeboten werden, fehlen an vielen
Stellen im ländlichen Raum. Wir werden deshalb ortsnahe Beratungs- und
Unterstützungsangebote für Kinder, Jugendliche und Erwachsene ausbauen. Wo dies
nicht möglich ist, wollen wir Hotlines und Online-Beratungen installieren. Wir
begrüßen es, wenn sich Kommunen für die Einrichtung von Krisenwohnungen für
queere Menschen entscheiden, um sie vor Gewalt zu schützen.
Unsere Gesellschaft wird vielfältiger. Deshalb haben wir im Bildungsplan 2016
die Leitperspektive „Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt“ verankert.
Wir Grüne wollen diese Leitperspektive weiter stärken und die Sichtbarkeit
sexueller und geschlechtlicher Vielfalt in den Lehrplänen Baden-Württembergs
erhöhen. Dazu gehört auch, dass wir unser pädagogisches und psychologisches
Personal konsequent aus- und weiterbilden. Wir wollen, dass an jeder Schule eine
Lehrperson das Diversity-Management koordiniert und Ansprechpartner*in ist, um
diese Leitperspektive umzusetzen. Aber auch außerhalb der Schule wollen wir
queere Jugendliche besser unterstützen. Wir werden mehr Qualifizierungsangebote
in der offenen Kinder- und Jugendarbeit schaffen und die strukturellen
Beratungs- und Gruppenangebote für LSBTTIQ-Jugendliche im ländlichen Raum
ausbauen.
Menschen fliehen auf der ganzen Welt aus unterschiedlichen Gründen. In vielen
Ländern werden Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder ihrer
geschlechtlichen Identität verfolgt. Viele von ihnen suchen Schutz in Europa,
Deutschland und auch bei uns in Baden-Württemberg. Wir Grüne werden deshalb
verstärkt Konzepte für Geflüchtete mit besonderem Schutzbedarf in den
Landeserstaufnahmestellen erarbeiten.
Auch Dank grüner Politik können LSBTTIQ-Menschen heute so offen leben wie noch
nie. Wir freuen uns, dass immer mehr queere Menschen eine Familie gründen. Wir
wollen für Regenbogenfamilien und queere Gruppen einen festen Anlaufpunkt
schaffen, an dem sie sich in Vertrautheit austauschen können. Wir werden deshalb
die Gründung von Regenbogenhäusern in Baden-Württemberg unterstützen.
Weil unsere Gesellschaft immer älter wird, gibt es auch immer mehr offen lebende
queere Menschen, die Pflegeleistungen in Anspruch nehmen. Gerade ältere queere
Menschen haben in ihrem langen Leben vielfach Diskriminierung erlebt. Ebenso
steigt die Zahl der Menschen mit Migrations- oder Fluchtgeschichte, die in
unseren Pflegeeinrichtungen leben. Auch sie haben besondere Bedürfnisse. Wir
Grüne wollen deshalb die kultursensible Pflege stärken und besser auf die
individuellen Belange der zu pflegenden Menschen eingehen. Insbesondere bei der
Versorgung transsexueller, transgender und intersexueller Menschen bedeutet
dies, einen sensiblen Umgang mit der Körperlichkeit der Bewohner*innen zu
entwickeln. Dazu wollen wir das Thema kultursensible Pflege in der Aus- und
Weiterbildung von Pflegekräften stärken und Pflegeeinrichtungen für das
Qualitätssiegel „Diversitycheck“ gewinnen. Einrichtungen erhalten den
„Diversitycheck“, wenn sie eine offene Willkommenskultur und Kommunikation
umsetzen sowie kultursensible Standards in der Wohn- und Lebenswelt schaffen. So
bietet das Siegel Pflegebedürftigen Orientierung und schafft Vertrauen.
Nur wenn wir Grüne regieren, geht es mit der Gleichstellung voran. Wir haben die
Gleichstellung im Landesrecht umfassend verwirklicht. Wir werden auch weiterhin
eine starke Stimme für Vielfalt, Akzeptanz und gleiche Rechte im Bundesrat sein.
Durch die Aufnahme der sexuellen Identität in Artikel 3 des Grundgesetzes wollen
wir den Diskriminierungsschutz stärken. Wir Grüne unterstützen Nicht-binäre,
Trans- und Inter-Personen bei ihrem Kampf für ihre Menschenrechte und ihr Recht
auf körperliche und geschlechtliche Selbstbestimmung. Wir fordern die
Überarbeitung der Richtlinie zur Blutspende, um den praktischen Ausschluss von
homo- und bisexuellen Männern zu beenden und die diskriminierende Regelung in
Bezug auf transgeschlechtliche Menschen abzuschaffen. Außerdem treten wir für
ein wirksames Verbot von sogenannten „Konversionstherapien“ ein. Diese
wissenschaftlich unhaltbaren Pseudotherapien, die darauf abzielen, die
homosexuelle Orientierung oder geschlechtliche Identität eines Menschen zu
ändern, sind gefährliche Scharlatanerie.
Religion und Weltanschauung: gemeinsam in den Dialog treten
Die Werteordnung des Grundgesetzes bildet das gemeinsame Fundament, das unsere
Gesellschaft verbindet und zusammenhält. Niemand darf wegen seines Glaubens oder
Nichtglaubens bevorzugt oder benachteiligt werden. Wir Grüne treten für die
religiöse und weltanschauliche Gleichberechtigung aller Menschen auf der
Grundlage unserer Verfassung ein. Wir sehen alle Religionen in unserem Land als
gleichberechtigt an und fördern den interreligiösen und kulturellen Austausch.
Als Grüne bekennen wir uns fest zum grundgesetzlichen Schutz der Sonn- und
Feiertage. Sie sind ein zentrales Moment in der Zeitorganisation von Staat und
Gesellschaft und verschaffen allen Menschen eine Zeit der Erholung, der
Besinnung und der Begegnung.
Wir Grüne stehen im regelmäßigen konstruktiv-kritischen Austausch mit den
christlichen Kirchen. Die unzähligen Ehrenamtlichen in den Kirchengemeinden
schaffen Orte der Begegnung und stärken in vielen Städten und Dörfern das
soziale Klima und ein wertschätzendes Miteinander. Die vielen karitativen
Einrichtungen, die Unterstützung von Geflüchteten und die
Entwicklungszusammenarbeit im Globalen Süden wären ohne kirchliches Engagement
kaum denkbar. Gleichzeitig wollen wir mit den Kirchen weiter auch einen
kritischen Dialog pflegen, weil wir beispielsweise ihre Sonderstellung im
Arbeitsrecht für nicht mehr zeitgemäß halten.
Nicht erst seit dem schrecklichen Anschlag auf die Synagoge in Halle beobachten
wir mit großer Sorge die Zunahme von Judenhass und Antisemitismus auch bei uns
im Land. Wir Grüne stellen uns entschieden gegen jede Form von Antisemitismus.
Der Schutz des jüdischen Lebens in unserem Land ist eine gesamtgesellschaftliche
Aufgabe. Wir wollen die Israelitischen Religionsgemeinschaften in Baden-
Württemberg deshalb weiter unterstützen und das Verständnis für jüdische
Geschichte und Traditionen in unserem Land stärken. Die grün-geführte
Landesregierung hat dazu bereits als erstes Bundesland einen
Antisemitismusbeauftragen ernannt, der wertvolle und wichtige Arbeit leistet.
Wir Grüne bekennen uns klar zum Existenzrecht und zur Sicherheit Israels und
positionieren uns gegen die BDS-Kampagne, die Israel durch Boykottaufrufe
politisch, wirtschaftlich und kulturell angreifen und isolieren will.
Der Schutz von und der Dialog mit Muslim*innen ist uns ein wichtiges Anliegen.
Wir setzen uns ein für einen differenzierten Blick und die klare Trennung
zwischen Religion, Migration und Extremismus. Viele Muslim*innen erfahren
antimuslimischen Rassismus. Diese Alltagsdiskriminierung reicht von Anfeindungen
bis hin zu Angriffen. Diesem Hass stellen wir uns als Grüne entschieden
entgegen! Strukturell gibt es bisher auf Landesebene keine gemeinsame
Organisation, die alle hier lebenden Muslim*innen vertritt. Deshalb wollen wir
ein institutionalisiertes Kooperationsverhältnis mit dem Land schaffen, z.B. in
Form eines Forums mit Vertreter*innen der verschiedenen Strömungen des Islam, um
der Pluralität unter Muslim*innen gerecht zu werden und klar zu signalisieren,
dass es „den Islam“ so nicht gibt. Dadurch stärken wir die rechtliche
Gleichstellung der Muslim*innen mit anderen Glaubensgemeinschaften und schaffen
auslandsunabhängige Ansprechpartner*innen auch für zivilgesellschaftliche
Akteur*innen. An zahlreichen Schulen im Land haben wir islamischen
Religionsunterricht eingeführt. So können Kinder und Jugendliche in ihre
Glaubenstradition hineinwachsen und religiöse Bildung in deutscher Sprache
erfahren. Das führt zu mehr Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt und trägt so zur
religiösen und kulturellen Verständigung bei. Es ist im Sinne einer vernünftigen
Integrations- und Bildungspolitik, dass islamische Religion an Schulen
grundgesetzkonform vermittelt wird. Unabdingbar ist hierbei die Förderung der
Ausbildung von Imamen in Deutschland. Darüber hinaus wollen wir die islamische
Seelsorge in staatlichen Einrichtungen wie Krankenhäusern und Gefängnissen durch
qualifiziertes und geeignetes Personal gewährleisten. Wir werden uns dafür
einsetzen, dass die Anliegen kleinerer Religionsgemeinschaften ebenfalls gehört
werden.
Die Zahl der konfessionsfreien Menschen steigt in Baden-Württemberg jährlich.
Wir werden daher dafür sorgen, dass die Perspektive von konfessionsfreien
Menschen in gesellschaftlichen und ethischen Debatten mitgedacht wird. Dazu
wollen wir unter anderem die humanistischen Verbände besser in Dialogprozesse
einbinden. Zur Religionsfreiheit gehört auch, sich ohne Hindernisse dafür
entscheiden zu können, einer Religion nicht mehr anzugehören oder an einer
Tradition nicht teilhaben zu wollen. Die Kommunen erheben unterschiedliche
Gebühren für den Kirchenaustritt. Wir halten deshalb eine grundsätzliche
Neuordnung der Gebühren für notwendig.
Wir Grüne sind davon überzeugt, dass wir mehr über die Gemeinsamkeiten lernen
müssen, die unsere Gesellschaft zusammenhalten. Ein wichtiger Aspekt ist deshalb
ein Angebot für Ethik- und Werteunterricht in der Grundschule ab der ersten
Klasse. Hier lernen alle Kinder von Anfang an, friedlich mit der Vielfalt an
Religionen und Weltanschauungen umzugehen. Um den friedlichen Dialog auch im
späteren Leben zu verbessern, werden wir die Servicestelle Friedensbildung in
Baden-Württemberg finanziell stärken und personell ausbauen.
Darum Grün!
Wer Grün wählt, stimmt für
- eine Ehrenamtsoffensive, mit der wir das bürgerliche Engagement in unserem
Land noch besser unterstützen
- eine Politik, die den Sport und seine zusammenführende Kraft stärkt
- eine Flüchtlingspolitik, die sich an Menschlichkeit und Verantwortung
orientiert
- Gleichstellungsbeauftragte, die Chancengleichheit für alle Geschlechter
verwirklichen
- eine ambitionierte Frauenpolitik, die Gewalt gegen Frauen entschieden
entgegentritt
- ein Diversity-Management an Schulen, das Kinder lehrt, mit der Vielfalt
unserer Gesellschaft umzugehen