Veranstaltung: | LDK in Heidenheim am 4.-5.12.2021 |
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Tagesordnungspunkt: | 0.LAVOSI Wahl der Landesvorsitzenden |
Antragsteller*in: | Patrick Häffner (KV Mannheim) |
Status: | Zurückgezogen |
Eingereicht: | 01.12.2021, 13:21 |
VOR3: Dr. Patrick Häffner
Bewerbung
Ein zentraler Politikbereich, der einer umfänglichen Umsteuerung bedarf, ist die Bildungspolitik. Diese möchte ich in den Mittelpunkt meiner Bewerbung stellen. Die Bildungspolitik, vom frühkindlichen Bereich über die Schule bis zur universitären Bildung, bietet sehr viele Schnittstellen mit anderen zentralen Politikfeldern, beispielsweise:
- Demokratie – die Förderung unseres Wertekonsenses und die Stärkung des demokratischen Systems ist in Zeiten der gesellschaftlichen Polarisierung von größter Bedeutung
- Digitalisierung – Digitalisierung im Bildungsbereich qualifiziert vorantreiben
- Vielfalt – Eine Kultur leben und weiterentwickeln, welche die Vielfalt und das tolerante Zusammenleben in unserer offenen und freien Gesellschaft befördert
Bildung ins Zentrum!
Die grüne Bildungspolitik der letzten beiden Legislaturperioden hat zahlreiche, dringliche Problemstellungen in diesem zentralen Politikfeld in den Blick genommen. Das Staatsministerium hat die Bildungspolitik prioritär unter finanzpolitischen Fragestellungen betrachtet und ist dem grundsätzlichen Sanierungsbedarf des Bildungssektors damit nicht gerecht geworden.
Die Arbeitsbedingungen der Schulen und frühkindlichen Einrichtungen ist durch die gesellschaftlichen Veränderungen der letzten 20 Jahre immer komplexer und anspruchsvoller geworden. Darauf haben wir Grünen bisher nicht ausreichend geantwortet:
Versäumte Integration von Kindern mit Migrationshintergrund, von Familien, die teilweise schon seit mehreren Generationen in Deutschland leben; sowie die Integration der Geflüchteten seit 2015. Der notwendige Spracherwerb ist häufig gescheitert oder greift zu spät.
Die neuen Anforderungen der globalisierten Arbeitswelt (Digitalisierung, Wissensgesellschaft) haben einen Teil der Gesellschaft noch stärker unter Druck gesetzt, der es seit Generationen nicht schafft einen höheren Bildungsabschluss zu erreichen.
Bildungsungerechtigkeit wird täglich immer weiter zementiert!
Inklusion ist eine zentrale Aufgabe, die noch vieler Anstrengungen, Zeit und Ressourcen bedarf.
Die Anzahl der psychischen Erkrankungen unter Kinder und Jugendlichen ist in den letzten zehn Jahren massiv stetig angestiegen, durch die Pandemiesituation gibt es einen weiteren Anstieg.
Auch der gehäufte Schulabsentismus ist durch die Pandemiesituation verstärkt worden.
Die Digitalisierung und die Lebensrealität der digital natives haben den Anspruch an Schule und frühkindliche Bildung auch grundsätzlich verändert und erweitert. Dafür gibt es keine systemischen Lösungsansätze.
In den letzten zehn Jahren haben wir zu oft die Schulstruktur in den Blick genommen, aber den Inhalt nur kümmerlich adressiert: Was ist gute Schule - Was ist guter Unterricht – Wie erreichen wir diese Ziele? – Wie stärken wir die Schule vor Ort?
Das sind elementare Fragen, die wir angehen müssen – die systemisch viel zu selten befördert und beantwortet werden.
Die erste große Antwort unserer Bildungspolitik 2011 war die leidenschaftliche Forderung des Ministerpräsidenten nach der Einsparung von ca. 12.000 Lehrer*innenstellen. Dass diese Haltung nicht als historisch überholt einzuordnen gilt, zeigt die aktuelle Äußerung Winfrieds, dass es nicht auf die Quantität, sondern Qualität der Lehrerschaft ankomme. Ohne hinreichende Ressourcen wird sich die Situation weiter drastisch verschlechtern.
Notwendigkeiten – nur eine Auswahl:
1. Wir brauchen wesentlich mehr Lehrer*innen sowie Erzieher*innen, und müssen natürlich gemeinsam versuchen eine stetige qualitative Entwicklung zu befördern, die sich vorrangig vor Ort realisieren muss.
2. Alle Bildungspläne müssen massiv reduziert werden, erst dadurch entsteht die Möglichkeit qualitativ angemessener zu arbeiten. Nicht jede Reproduktion von Einzelinformationen ist bedeutsam.
Mehr Zeit für das Wesentliche und echte, nachhaltige Bildung können nur so entstehen.
Der Stoff muss kurzfristig hinsichtlich der diesjährigen Abschlussprüfungen reduziert werden.
Eine grundsätzliche Reduktion der Bildungspläne für die Folgezeit muss jetzt organisiert werden.
Die G8-Reform hat die Probleme intensiviert, daher müssen wir die Bildungspläne umfänglich reduzieren, oder eine Wiedereinführung von G9 ermöglichen, oder zumindest eine Wahlfreiheit – Diese Reform trifft die Kinder aus bildungsfernen Bereichen am stärksten, sie ist bildungsungerecht.
3. Lernen muss ein positiver Prozess sein; Schule muss ein Ort sein, an dem sich Schülerschaft und Lehrerschaft wohlfühlen und gemeinsame Entwicklungsmöglichkeiten entstehen. Das muss systemisch verstärkt werden.
Daher: Lehrpläne entrümpeln, den Stoff kürzen, Lernprozesse zwischen den Fächern lebensnah verknüpfen. Der Schwerpunkt ist zu häufig nur an fachlichen Inhalten ausgerichtet, dadurch entsteht der Druck für die Schulgemeinschaften.
4. Der Stellenwert der Frühkindlichen Bildung muss deutlich aufgewertet werden. Auch mit weiterer Ressourcenunterstützung für den Ausbau der Personaloptionen (z.B. Förderung PIA) oder Kooperationen mit dem schulischen Bereich.
5. In sozialraumindizierten Stadtteilen müssen die besten Schulen (gerade auch Grundschulen), und insbesondere die besten Frühkindlichen Einrichtungen entstehen – Leuchtturmschulen und Kitas (Geringster Klassenteiler, etc.)
6. Die Klassenteiler müssen deutlich reduziert werden– Ein Regelklassenteiler von maximal 25 ist notwendig, um unter komplexeren Bedingungen erfolgreich zu sein. Nur so ist die Entkopplung von Herkunft und Bildungserfolg realisierbar.
7. Die Schulleitungen und Leitungen von Frühkindlichen Einrichtungenbrauchen einedeutliche zeitliche Entlastung, so dass sie ihre zentrale Steuerungsfunktion in der qualitativen, pädagogischen Arbeit erfüllen können. Der Erfolg von systematischer Qualitätsentwicklung ist hier verortet, nicht in übergeordneten Behörden – oder Instituten.
8. Die Rolle und Zukunft der beiden neuen Qualitätsinstitute (IBBW und ZSL) muss sehr kritisch und ergebnisoffen reflektiert werden.
9. Die operative Eigenständigkeitder Schulen ist deutlich zu stärken - die Bildungsverwaltung viel effizienter, schlanker und schulaffiner zu gestalten.
10. Es sind verstärkt Führungskräfte für alle Bereiche zu gewinnen, die leidenschaftliche Pädagog*innen sind und ihre Aufgabe nicht nur in der bloßen Verwaltung sehen.
11. Wir müssenden Schulen datenschutzkonforme und leistungsfähige Plattformen zur Verfügung stellen. Es bedarf einer funktionsfähigen, schulnahen Landescloud, mit ansprechbaren Administratoren. Die Digitalisierung muss angemessen entwickelt werden, die mangelhafte Steuerung der letzten Jahre muss überwunden werden.
12. Die Inklusion muss qualitativ weiterentwickelt werden.
13. Die Qualität der Fortbildungsangebote muss nachhaltig verbessert werden, und dezentraler organisiert werden.
14. Wir müssen die Gemeinschftsschulen weiter stärken und unterstützen, sie sind bezüglich ihrer Ausgangssituationen sehr heterogen.
Die Bildungspolitik stellt inhaltlich meinen Schwerpunkt dar; natürlich behalte ich andere zentrale Themen ebenfalls im Blick und gestalte auch hier aktiv, um gemeinsam unsere Zukunft zu verbessern.
Ich würde mich sehr über Eure Unterstützung freuen und gerne Verantwortung in unserer Partei übernehmen.
Herzliche Grüße
Dr. Patrick Häffner
Biografie
Ich bin verheiratet und habe zwei Kinder. Seit 2009 bin ich Mitglied. Von 2012 bis 2016 war ich Sprecher der LAG Bildung, und eine Periode BAG Delegierter.
Seit dreizehn Jahren leite ich eine große Schule mit einem gymnasialen Teilbereich, einem sonderpädagogischen Teil, einem großen Erzieher*Innen Seminar, und anderen Schularten. Zusätzlich hatte ich Lehraufträge im universitären Bereich und in der Lehrerbildung. Davor war ich mehrere Jahre im Grundsatzreferat des Kultusministeriums tätig.
- Kreisverband:
- KV Mannheim