EGP21: Victoria Otto

Liebe Freund*innen,

Wir haben der EU in den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Bereichen viel zu verdanken. Vor zwei Monaten habe ich bei einem Justizaustausch mit Rumänien durch die Gespräche mit den rumänischen Richterinnen konkret erfahren dürfen, wie wichtig die Existenz einer supranationalen Ebene ist – dass man sich an überstaatlichem Recht orientieren kann, dass es einen Beschwerdemechanismus gibt, wenn im eigenen Land Populist*innen die Unabhängigkeit der Justiz beschneiden.

Doch so viel entwickelt sich in der EU aktuell in eine falsche Richtung.

Gerade im Bereich des Asylrechts muss sich dringend etwas ändern! Die Europäische Union propagiert Menschenrechte und verletzt diese an ihren eigenen Außengrenzen. Wenn wir dieses Paradox weiter fortbestehen lassen, werden wir unwiederbringlich verlieren, was in den letzten Jahrzehnten erarbeitet wurde: Unseren gemeinsamen Raum der Rechtsstaatlichkeit, und jegliche Glaubwürdigkeit in Sachen Freiheit, Gleichheit und Menschenrechte, die der EU weltweit einmal zugeschrieben wurde. Dass wir uns durch diese Widersprüchlichkeit erpressbar machen, haben in jüngster Zeit manche unserer autokratischen Nachbarn eindrucksvoll bewiesen.

Unter anderem wegen dieser negativen Entwicklungen schwindet in vielen Mitgliedsstaaten der EU das Vertrauen in die europäische Idee. Zu viele Menschen und Politiker*innen sehen die „Vorgaben aus Brüssel“ als eine Einmischung in ihre nationalstaatliche Souveränität. Starke Zentrifugalkräfte, die von populistischen Parteien in Ost und West, Nord und Süd angefeuert werden, tragen dazu bei, dass das Gefühl der Zusammengehörigkeit und der Einheit schwindet. So lassen sich immer weniger gemeinsame Projekte umsetzen.

Mit den Vertreter*innen anderer grüner Parteien in Europa möchte ich gemeinsam nach Lösungen für diese drängenden Probleme suchen. Wir brauchen eine humanere Ausgestaltung des europäischen Asylrechts, unsere Grundfreiheiten müssen jeder und jedem gewährt werden, auch den Menschen an den Außengrenzen. Insbesondere muss die EU wieder glaubwürdig werden. Durch eine Berufung auf unsere gemeinsamen Ziele und Grundüberzeugungen und durch die Hervorhebung der Vorteile zwischenstaatlicher Zusammenarbeit sollten Menschen wieder von der Idee einer Europäischen Union begeistert werden. Dazu ist dringend auch die Reform der demokratischen Strukturen auf Europa-Ebene voranzutreiben. Die Rechte des Europäischen Parlaments im Verhältnis zur Kommission und zum europäischen Rat müssen ausgebaut und gestärkt werden.

Für all das möchte ich mich einsetzen!