Veranstaltung: | LDK in Konstanz am 6.-7.10.2018 |
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Tagesordnungspunkt: | V Sonstige Anträge und Resolutionen |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | LDK |
Beschlossen am: | 07.10.2018 |
Eingereicht: | 07.10.2018, 11:47 |
Antragshistorie: | Version 1 |
Gegen Netzgehege im Bodensee – dem größten Trinkwasserspeicher Europas
Beschlusstext
Am 02. Juni 2017 hat sich die Genossenschaft „RegioBodenseefisch" mit dem Ziel
gegründet, Netzgehege für eine Felchenzucht im Bodensee zu installieren. Die
Genossenschaft verfügt mittlerweile über 17 Mitglieder, darunter Berufsfischer,
Gastronomen, Juristen und Fischzüchter. Netzgehege im Bodensee sind durch die
Bodensee-Richtlinie der Internationalen Gewässerschutzkommission für den
Bodensee (IGKB) explizit untersagt. Die Genossenschaft hält dennoch weiterhin an
ihren Plänen fest und sucht nach Lösungen das Projekt zu realisieren. Sie
begründet ihre Initiative damit, dass sich die Fangerträge in den vergangenen 30
Jahren um 75% verringert haben. 2017 haben sie den zweitniedrigsten Stand seit
1936 erreicht. Mit dem Zuchtfisch aus Netzgehegen möchte die Genossenschaft den
Rückgang der Fangerträge ausgleichen. Allerdings bringt die Massentierhaltung
von Fischen – analog zur landwirtschaftlichen Tierhaltung – zahlreiche
Herausforderungen und Probleme mit sich. Denn durch offene Netzgehege im
Bodensee käme es zwangsläufig zu Nährstoffeinträgen in den See durch Kot und
Futtermittel, die u. a. zu lokalen Verschlechterungen der Sauerstoffverhältnisse
am Seeboden führen können. Die IGKB beurteilte Netzgehege im Bodensee und seinen
Zuflüssen bereits 2016 kritisch. Insbesondere die ökologischen Auswirkungen auf
den Bodensee im Nahbereich der Netzgehege seien laut IGKB nicht geklärt. Nicht
absehbar seien außerdem die Auswirkungen auf die Trinkwassernutzung und die
Folgen durch Verbreitung von Krankheitserregern. Hinzu kommt ein potentieller
Einsatz von Medikamenten und Impfstoffen, die dann auch in den See gelangen
könnten. Schließlich bleibt auch die Frage ungeklärt, welche Auswirkungen auf
den Tourismus Netzgehege im See besäßen, sollte diese zu einer Verschlechterung
der Wasserqualität führen.
Wir von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sprechen uns vor diesem Hintergrund klar gegen die
Errichtung von Netzgehegen im Bodensee aus. Die Einträge durch Kot und
Futtermittel und die weiteren Folgen stellen ein nicht kalkulierbares Risiko für
die Gewässerökologie des Bodensees dar. Wissenschaftliche Erkenntnisse von
Netzgehegen aus anderen Ländern, wie beispielsweise Norwegen, die deren
Sicherheit belegen sollen, können aufgrund der nicht vergleichbaren klimatischen
und gewässerökologischen Bedingungen nicht zur Risikobewertung herangezogen
werden. Eine Änderung der aktuell geltenden Verbotsbestimmungen zugunsten von
Netzgehegen lehnen wir daher ab.
Begründung
Der Bodensee ist ein international geschütztes Gewässer, er dient über fünf Millionen Menschen als Trinkwasserreservoir und ist damit der größte Trinkwasserspeicher Europas. Er ist darüber hinaus ein beliebtes Freizeit- und Tourismusziel und beherbergt zahlreiche geschützte, seltene und gefährdete Tierarten. Der Bodensee ist von Natur aus ein nährstoffarmer Gebirgssee. Nach starker Nährstoffanreicherung in den 1970er Jahren hat der Bodensee durch zahlreiche ambitionierte Maßnahmen der Gewässerreinhaltung seinen ursprünglichen Zustand mittlerweile nahezu wieder erreicht. Die Pläne der Genossenschaft sehen zunächst zwei Netzgehege als Versuchsanlage vor, deren Genehmigung noch im Jahr 2018 beim Wasserwirtschaftsamt in Konstanz beantragt werden soll. Im Endausbau sind schließlich insgesamt 12 Netzgehege vorgesehen. Zu diesem Zweck müsste die IGKB das bestehende Verbot von Netzgehegen im Bodensee aufheben. Das Land Baden-Württemberg ist in diesem Gremium eines von 4 Mitgliedsländern und hat damit einen maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidungen der IGKB. Eine potentielle Verschlechterung der Wasserqualität durch die Errichtung von Netzgehegen im Bodensee, ist vor dem Hintergrund der Reinhaltungsmaßnahmen der vergangenen Jahre und der internationalen Bedeutung des Bodensees grob fahrlässig und birgt unabsehbare Risiken für den Bodensee als Trinkwasserspeicher, das ökologische Gleichgewicht des Sees und die Attraktivität des Sees als Tourismusziel. Es ist daher von großer Bedeutung, mit diesem Antrag der Landesregierung zu signalisieren, dass die Grünen in Baden-Württemberg Netzgehege im Bodensee in aller Deutlichkeit ablehnen.
Darüber hinaus haben sich bereits zahlreiche Akteure rund um den Bodensee gegen Netzgehege im Bodensee ausgesprochen. Insbesondere ist hier auf die nahezu geschlossene Ablehnung der Netzgehege durch die Berufsfischer hinzuweisen, die zu den entschiedensten Gegnern der Pläne der Genossenschaft zählen. Für sie gilt es, Lösungen jenseits von Netzgehegen zu finden, die ein Überleben der Berufsfischerei am Bodensee auch für die kommenden Jahrzehnte garantieren. Dies muss in enger Absprache mit den Berufsfischern geschehen.