Kapitel: | Gesundheit, Teilhabe und Selbstbestimmung ermöglichen |
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Antragsteller*in: | Landesmitgliederversammlung Grüne Jugend Baden-Württemberg (dort beschlossen am: 14.11.2020) |
Status: | Geprüft |
Verfahrensvorschlag: | Übernahme |
Eingereicht: | 20.11.2020, 22:38 |
K11-038: Gesundheit, Teilhabe und Selbstbestimmung ermöglichen
Antragstext
Von Zeile 37 bis 39:
Gesundheitssystem krisen- und zukunftsfest zu machen. Dafür brauchen wir mehr VorsorgePflegepersonal in den Kliniken und mehr Verlässlichkeit sowie mehr KooperationHeimen und mehr Solidarität im Gesundheitswesensetzen uns für attraktivere Arbeitsbedingungen ein.
Kapitel 11: Gesundheit, Pflege und Demografie
Gesundheit, Teilhabe und Selbstbestimmung ermöglichen
Wir Grüne stehen für eine solidarische Gesellschaft, in der alle Menschen ein
selbstbestimmtes Leben führen und Verantwortung füreinander übernehmen. Der
Grundpfeiler einer modernen Sozialpolitik ist ein gutes Gesundheits- und
Pflegesystem für alle.
Als grün-geführte Landesregierung haben wir uns deshalb auf den Weg gemacht,
Barrieren in der Gesundheitsversorgung abzubauen sowie Teilhabe und Inklusion zu
verwirklichen. Wichtig ist uns, dass alle Bürger*innen eine
Gesundheitsversorgung aus einer Hand erhalten. Deshalb haben wir in der
vergangenen Legislaturperiode damit begonnen, die starre Trennung zwischen
ambulanter und stationärer Versorgung zu überwinden. Das Fachpersonal in den
Krankenhäusern, den ambulanten Angeboten und im Rettungsdienst muss
unkompliziert zusammenarbeiten können, um den Genesungsprozess der Patient*innen
bestmöglich zu unterstützen. Unser Ziel ist die bessere Zusammenarbeit und die
Vernetzung aller Akteure im Gesundheitswesen.
Eine gute Gesundheitspolitik verhindert soziale Spaltung und stärkt den
gesellschaftlichen Zusammenhalt. Als Grüne setzen wir uns auf Bundesebene dafür
ein, das bestehende Krankenversicherungssystem zur Bürgerversicherung
weiterzuentwickeln. Im Land werden wir Beamtinnen und Beamten mit dem „Hamburger
Modell“ mehr Wahlfreiheit bei der Auswahl ihrer Krankenversicherung ermöglichen:
Unsere Staatsdiener*innen sollen sich für die gesetzliche Krankversicherung
entscheiden können, ohne dass ihnen dadurch finanzielle Nachteile entstehen. Das
Land zahlt den entsprechenden Arbeitgeberanteil in Form einer pauschalen
Beihilfe. Damit stärken wir das Solidarsystem der gesetzlichen
Krankenversicherung und schaffen mehr Gerechtigkeit.
Gemeinsam durch die Pandemie – gut gerüstet für die Zukunft
Bisher sind wir besser durch die Corona-Krise gekommen als die meisten anderen
Länder auf dieser Welt. Das liegt auch an den Stärken unseres Gesundheitswesens.
Gleichwohl ist die Krise noch lange nicht überstanden. Erst wenn ein Impfstoff
oder wirksame Therapiemöglichkeiten zur Verfügung stehen, können wir wieder in
die gewohnte Normalität zurückkehren. Bis es soweit ist, müssen wir lernen mit
dem Virus zu leben. Dabei gilt: Wir müssen das Infektionsgeschehen eindämmen und
wir wollen gleichzeitig einen möglichst normalen Alltag leben. Wir Grüne wollen
dafür sorgen, dass wir weiterhin gut und sicher durch die Krise kommen und wir
stehen gleichzeitig dafür, dass wir die Lehren aus dieser Krise ziehen, um unser
Gesundheitssystem krisen- und zukunftsfest zu machen. Dafür brauchen wir mehr
VorsorgePflegepersonal in den Kliniken und mehr Verlässlichkeit sowie mehr KooperationHeimen und mehr Solidarität im
Gesundheitswesensetzen uns für attraktivere Arbeitsbedingungen ein.
Grüne Gesundheitspolitik: gut versorgt in Stadt und Land
Wir Grüne stehen für dezentrale, leistungsfähige und innovative
Beratungsstrukturen. Wir stellen die bedarfsgerechte Versorgung der
Patient*innen in allen Teilen Baden-Württembergs ins Zentrum unserer
Aufmerksamkeit. Es darf in der Gesundheitsversorgung der Menschen keinen
Unterschied machen, ob sie in der Stadt oder auf dem Land leben.
Als grün-geführte Landesregierung haben wir bereits Anreize geschaffen, damit
sich junge Ärztinnen und Ärzte auf dem Land niederlassen und so die
hausärztliche Grundversorgung sicherstellen. Im nächsten Schritt werden wir die
Studienplätze für Allgemeinmedizin weiter ausbauen und die Arbeitsbedingungen
für Ärztinnen und Ärzte familiengerechter gestalten. Dafür wollen wir die
Gesundheitssteuerung der Kommunen stärken und genossenschaftliche Hausarztpraxen
schaffen. Wir werden die Versorgung im ländlichen Raum verbessern, indem wir die
digitalen medizinischen Beratungs- und Behandlungsangebote weiter ausbauen. Auch
die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Ärztinnen und Ärzten, medizinisch-
technischen Angestellten und anderen Gesundheitsberufen wollen wir ausweiten.
Wir stehen für die Etablierung von Primärversorgungszentren. Unter einem Dach
kümmern sich dort verschiedene Gesundheitsberufe übergreifend um die
Patient*innen und garantieren so eine Versorgung aus einer Hand. Wir werden auch
das Konzept von Multifunktionshäusern im ländlichen Raum fördern. Ziel ist es,
leerstehende Gebäude in Kommunen für die medizinische Versorgung, persönliche
Dienstleistungen und Nahversorgung bereitzustellen. Erst zur Hausärztin, dann
zum Frisör und in den Supermarkt – für alles braucht man dann nur noch einen
Weg.
Immer mehr Menschen leiden heute unter psychischen Erkrankungen, finden aber nur
schwer Zugang zu Hilfsangeboten. Wir Grüne wollen diese Versorgungslücken
schließen und damit die seelische Gesundheit der Menschen stärken. Gerade im
ländlichen Raum wollen wir deshalb die Niederlassung von Psychotherapeut*innen
fördern, indem wir dort die Zahl der Kassensitze erhöhen. Auch die
Schnittstellen zur Beratung und Prävention wollen wir stärken. Dazu gehören etwa
die psychosoziale und allgemeine Beratung sowie die Sucht- und Suizidprävention.
Um die klassische Psychotherapie zu unterstützen, setzen wir Grüne uns für ein
digitales Angebot zertifizierter Hotlines ein.
Die Arbeit des Rettungsdienstes wird in Zeiten des demografischen Wandels immer
wichtiger. Seit Jahren steigen die Einsatzzahlen. Hilfsfristen legen fest, in
welcher Zeit ein Rettungswagen beim Patienten sein sollte. Im ländlichen Raum
kann diese Vorgabe oft nicht eingehalten werden. Wir Grüne wollen einen modernen
Rettungsdienst schaffen, damit die Rettungskette so gut und so schnell wie
möglich funktioniert – von der Ersthilfe bis zum Eintreffen im Krankenhaus.
Dafür wollen wir den Beschäftigten im Rettungsdienst mehr Kompetenzen einräumen.
Wir wollen die Unterstützung von Tele-Notärztinnen und Tele‑Notärzten sowie die
Digitalisierung nutzen und eine landesweite Planung der Standorte der
Rettungswachen durchsetzen.
Vorsorge ist besser als Nachsorge
Die Gesundheit erhalten und Erkrankungen vorbeugen – das steht für uns Grüne im
Fokus unserer Gesundheitspolitik. Pandemien und Viren machen nicht an Grenzen
halt. Deshalb gilt es, verstärkt europäisch zu denken. Wir brauchen eine
optimierte, grenzüberschreitende Gesundheitsplanung mit unseren europäischen
Nachbar*innen. So können wir personelle Ressourcen und die
Gesundheitsinfrastruktur gemeinsam flexibel nutzen. Wir werden den
Medizinstandort Baden-Württemberg daher ausbauen und gemeinsam mit unseren
europäischen Partner*innen in die medizinische Forschung, Entwicklung und
Produktion investieren.
Aber auch in Baden-Württemberg gilt es, die Programme und Initiativen noch
besser aufeinander abzustimmen und staatliche Strukturen und Vorsorge weiter
auszubauen. Im Zentrum guter Prävention steht für uns der Öffentliche
Gesundheitsdienst (ÖGD). Wir werden unsere Gesundheitsämter personell stärken,
um eine flächendeckende Gesundheitsförderung für alle zu ermöglichen.
Gesundheitsförderung muss noch stärker da verankert werden, wo die Menschen
leben, arbeiten, sich engagieren und lernen. Nicht nur der Sportkurs nach
Feierabend, sondern auch eine gesundheitsfördernde Arbeitsumgebung und eine
ausgewogene Ernährung – insbesondere in Kitas und an Schulen – sind wichtig. Wir
wollen, dass schon unsere Kleinsten lernen, was zu einem gesunden Leben gehört.
Wir brauchen deshalb landesweite Kampagnen und Konzepte für gesundes Essen in
Mensen und Kantinen. Wir wollen aber auch, dass der ÖGD seine Angebote in der
Erwachsenenbildung ausweitet.
Im Bereich der Förderung der sexuellen Gesundheit werden wir die wertvolle
Arbeit der AIDS-Hilfen in Baden-Württemberg weiterhin verlässlich unterstützen,
um Neuinfektionen mit HIV oder anderen sexuell übertragbaren Infektionen durch
Aufklärung über Risiken sowie Schutzmöglichkeiten zu verhindern.
Gute Präventionsarbeit begleitet Menschen durch das ganze Leben. Je älter wir
werden, desto wichtiger ist Gesundheitsvorsorge. Um das Risiko von
Pflegebedürftigkeit im Alter zu reduzieren, kommt der geriatrischen Versorgung
eine hohe Bedeutung zu. Wir werden die Behandlungskapazitäten der geriatrischen
Zentren ausbauen.
Für eine Drogen- und Suchtpolitik, die auf Prävention setzt
Für uns Grüne gehört Prävention in den Mittelpunkt der Drogen- und Suchtpolitik.
Wir befürworten wirksame und frühzeitige Ansätze, die Abhängigkeit und riskante
Konsumformen verhindern oder zumindest verringern, auch durch Resilienz- und
Aufklärungsarbeit in den Schulen. Dies gilt bei Alkohol und Tabak, aber auch bei
Medikamenten und Glücksspiel.
Der Schutz von Nichtraucher*innen ist uns wichtig. Wir wollen deshalb den
Nichtraucherschutz im Sinne der Angestellten in der Gastronomie und von
Nichtraucher*innen weiterentwickeln. Wir werden den Gesundheitsschutz auch
dadurch deutlich verbessern, dass wir viele bisher geltende Ausnahmen des
Rauchverbots abschaffen.
Wir Grüne wollen den Konsum von Cannabis entkriminalisieren. Auf Bundesebene
wollen wir mit einem Cannabiskontrollgesetz die Möglichkeit für eine regulierte
und kontrollierte Abgabe von Cannabis in Deutschland schaffen. Im Land wollen
wir die Höchstgrenze für den Besitz von Cannabis für den zulässigen Eigenbedarf
anheben.
Wir wollen ein gut ausgebautes Angebot zur gesundheitlichen Versorgung von
abhängigen oder suchtgefährdeten Menschen. Durch Angebote zur Schadensminderung
muss alles getan werden, um die gesundheitlichen Risiken zum Beispiel durch
gestreckte Drogen, schmutzige Spritzen oder gefährliche Zusatzstoffe zu
reduzieren. Deshalb setzen wir uns für Möglichkeiten zur Abgabe von sauberen
Spritzen oder Möglichkeiten zum Überprüfen der Inhaltsstoffe von Drogen (Drug-
Checking) ein.
Wir haben im Land den ersten Drogenkonsumraum eingerichtet. Dort können
Schwerstabhängige mitgebrachte Suchtmittel konsumieren – unter hygienischen
Bedingungen und unter Aufsicht. Wir wollen Drogenkonsumräume in allen
Großstädten etablieren, weil sie eine wichtige Überlebenshilfe für die
Betroffenen bieten und den öffentlichen Raum durch Rückgang der offenen
Drogenszene und ihrer negativen Begleiterscheinungen entlasten.
Der Pakt für Substitution des Sozialministeriums war ein Meilenstein in der
Versorgung von Schwerstabhängigen. Das damit verbundene Monitoring wollen wir
gewährleisten, indem wir das Amt einer*eines Landessuchtbeauftragten einrichten.
Wir werden kontinuierlich überprüfen, welche Auswirkungen Glücksspielangebote
aufgrund der neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen haben und diese
Rahmenbedingungen im Sinne des Spieler- und Jugendschutzes anpassen.
Grüne Investitionen in den Krankenhausbau – ökologisch, digital, inklusiv
Krankenhäuser sind Kernelemente, damit die Gesundheitsversorgung funktioniert.
Als Land schaffen wir mit dem Investitionskostenzuschuss die Grundlage für gute
und bedarfsgerechte Krankenhäuser. Noch nie hat das Land so viel in den Neubau
von Krankenhäusern investiert wie unter der grün-geführten Landesregierung.
Diesen Weg wollen wir weitergehen und die Investitionen in den Krankenhausbau
deutlich erhöhen. Wir unterstützen es, Krankenhäuser in kommunaler Trägerschaft
zu erhalten. Wir Grüne stellen die Krankenhausversorgung in Baden-Württemberg in
Stadt und Land sicher. Unser Ziel ist es, dem Versorgungsanspruch aller Menschen
gerecht zu werden.
Dort wo neue Krankenhäuser gebraucht werden, sollen sie den höchsten
medizinischen und ökologischen Standards entsprechen und ein Beispiel für
gelebte Inklusion sein. Dazu gehört die bauliche Barrierefreiheit genauso wie
Übersetzungen durch Schrift- und Gebärdendolmetscher. Gerade für ältere Menschen
ist es wichtig, sich einfach und schnell in der neuen Umgebung zurechtzufinden.
Krankenhäuser müssen den Bedürfnissen von Menschen mit Demenz sensibel begegnen
und etwa eindeutige Wegbeschreibungen bereitstellen. Das Krankenhaus der Zukunft
ist für uns Grüne digital optimal ausgerüstet und mit anderen Krankenhäusern
vernetzt, um regionale und freie Behandlungskapazitäten besser nutzen zu können.
Wir investieren im Land massiv, um den Krankenhäusern die besten
Rahmenbedingungen zu geben. Im Bundesrat setzen wir uns dafür ein, die
Fallkostenpauschalen weiterzuentwickeln.
Geschlechtersensible Gesundheitsvorsorge ausbauen
Wir Grüne wollen allen Menschen ein gesundes Leben ermöglichen. Vor allem die
Forschung aber vernachlässigt die Frauengesundheit: Medikamente und Therapien
werden primär an männlichen Probanden erprobt und Wirkstoffe auf männliche
Körper ausgerichtet. Wir wollen die geschlechtersensible Grundlagenforschung
ausbauen und so dazu beitragen, diese Erkenntnislücke zu schließen.
Wir wollen die Schwangerenberatung mit allen Fragen der Familienplanung
ausbauen. Ungewollt Schwangere benötigen schnelle, fachliche Informationen und
Beratung zu operativen und medikamentösen Abbrüchen. Sie brauchen einen
gesicherten, zeitnahen Zugang zu einem Schwangerschaftsabbruch.
Alle Frauen sollen eine wohnortnahe Geburtshilfe erhalten. Zudem wollen wir den
Betreuungsschlüssel für Hebammen verbessern. Wir werden die hebammengeführten
Kreißsäle in Baden-Württemberg ausbauen und arbeiten auf ein verpflichtendes
Personalbemessungsinstrument für Kreißsäle hin. So wollen wir sicherstellen,
dass Hebammen die Frauen bei der Geburt gut betreuen können und gleichzeitig ein
faires Gehalt bekommen. Das Land fördert Lehrstühle und Forschungsvorhaben im
Bereich der Hebammenwissenschaften. Auch die Akademisierung der
Hebammenausbildung eröffnet neue Felder der wissenschaftlichen Forschung im
Bereich der Frauengesundheit.
Männer sterben heute im Schnitt sechs Jahre früher als Frauen. Schlaganfälle und
Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind dabei die häufigsten Todesursachen.
Krankenkassen und betriebliche Gesundheitsförderung müssen sich verstärkt darauf
konzentrieren, wie diesen Erkrankungen vorgebeugt werden kann.
Pflegende Angehörige stärken
Die Zahl der pflegebedürftigen Menschen wird in den nächsten Jahren steigen. Wir
Grüne stehen für eine gute Pflege. Gute Pflege stärkt die Gesundheit, verhindert
Krankheiten, fördert die Genesung und lindert Leiden. Die Herausforderungen
einer alternden Gesellschaft sind eng verknüpft mit dem Thema
Geschlechtergerechtigkeit. Meist pflegen Frauen ihre Eltern oder
Schwiegereltern. Dafür geben sie oft ihren Beruf auf oder wechseln in Teilzeit.
Die Folge: Sie verdienen weniger, ihre Rentenprognose sinkt. In ähnlich prekären
Situationen befinden sich auch Eltern von Kindern mit Behinderung, die nicht
nach dem Sozialgesetzbuch XI § 14 als pflegebedürftig gelten, jedoch Leistungen
der Eingliederungshilfe erhalten.
Wir wollen in der Gesellschaft ein stärkeres Bewusstsein dafür schaffen, welche
Belastungen pflegende Angehörige schultern müssen und welche Unterstützung sie
brauchen. Die Mehrzahl der Pflegebedürftigen wird heute in den eigenen vier
Wänden betreut. Deshalb wollen wir die häusliche Pflege stärken und Beratungs-
und Hilfsangebote für pflegende Familienangehörige ausbauen. Viele Familien
werden von ambulanten Pflegediensten unterstützt. Leider wird die Arbeit der
mobilen Pfleger*innen schlechter bezahlt als die gleichwertige Arbeit im
Krankenhaus. Wir Grüne werden uns für die gleiche Bezahlung stark machen. Für
uns Grüne ist faire Mobilität auf dem Arbeitsmarkt wichtig. Wir wollen deshalb
mit den Krankenkassen ein „Fair Care“-Gütesiegel für die häusliche Betreuung
entwickeln, um faire Arbeitsbedingungen auszuzeichnen. So sichern wir auch
Qualitätsstandards bei der Vermittlung von ausländischen Betreuungskräften und
Haushaltshilfen und bieten Orientierung für Pflegebedürftige und deren
Angehörige. Dazu gehört auch eine verpflichtende Anmeldung in Baden-Württemberg
und eine stärkere Überprüfung durch die Finanzkontrolle Schwarzarbeit.
Mit dem Wohn-, Teilhabe- und Pflegegesetz haben wir in Baden-Württemberg neue
Maßstäbe gesetzt, um ein selbstbestimmtes Leben bis ins hohe Alter zu
ermöglichen. Wir fördern damit die Vielfalt von Wohnformen und ambulanten
Angeboten. Jetzt gilt es, das Gesetz für die kommenden Herausforderungen in der
Pflege fit zu machen. Wir Grüne werden den Ausbau von ambulanten Angeboten und
Tages-, Nacht- und Kurzzeitpflegeplätzen vorantreiben. Damit wollen wir
pflegende Angehörige entlasten und stärken, die sich in der anstrengenden
häuslichen Pflege allzu oft aufreiben. Auch der flächendeckende Ausbau von
Assistenzdiensten für Menschen mit Behinderung gehört dazu.
Wir Grüne denken Pflegearbeit in der Familie und kommunale Quartiersentwicklung
zusammen. Mit dem Landespflegestrukturgesetz haben wir als grün-geführte
Landesregierung dafür gesorgt, dass die Kommunen größere Gestaltungsspielräume
bei der Pflege bekommen. Wir haben die Landesstrategie Quartier 2020 erarbeitet,
um Stadtteile und Wohnviertel lebendiger, sozialer und generationengerechter zu
machen. Um pflegende Angehörige zu unterstützen, wollen wir kommunale
Pflegekonferenzen einrichten. Hier sitzen Pflegende und Pflegebedürftige,
Pflegekassen und Kommunen an einem Tisch. Gemeinsam beraten sie, welche
Pflegeinfrastruktur und Angebote vor Ort gebraucht werden. Die Pflegekassen
werden verpflichtet, die Empfehlungen der kommunalen Pflegekonferenzen zu
berücksichtigen, wenn sie Rahmenverträgen, Versorgungsverträgen sowie
Vergütungsvereinbarungen abschließen.
Wir wollen sogenannte „Caring Communities“ in öffentlicher Trägerschaft testen.
Diese „sorgenden Gemeinschaften“ stehen für eine lebendige
Quartiersnachbarschaft, in der man sich kennt, aufeinander achtet und
füreinander sorgt. Hier werden pflegende Angehörige durch professionelle
Pflegekräfte unterstützt. Auch eine Notfallhilfe für pflegende Angehörige wollen
wir etablieren. Wer plötzlich krank wird und nicht mehr pflegen kann, soll im
Quartier schnell und unkompliziert eine Übergangsbetreuung für den
pflegebedürftigen Vater, für die demenzerkrankte Partnerin oder für das auf
Betreuung angewiesene Kind finden.
Noch immer gehen Menschen, die erkrankte Angehörige pflegen, ein finanzielles
Risiko und wirtschaftliche Abhängigkeiten ein. Tatsächlich aber hat ihr
Engagement eine hohe gesellschaftliche Relevanz. Wir Grüne werden uns im Bund
dafür einsetzen, dass pflegende Angehörige eine starke und faire soziale
Absicherung bekommen, die der gesellschaftlichen Bedeutung ihrer Tätigkeit
entspricht.
Uns Grünen ist bewusst: Gute Pflege kostet Geld und für viele Pflegebedürftige
und deren Angehörige ist das Armutsrisiko real. Oft sind die Kosten, die
Betroffene als Eigenbeteiligung für Pflegeleistungen aufbringen müssen, nicht
verlässlich vorhersehbar. Das bringt so manche*n an den Rand des finanziellen
Ruins. Wir Grüne verstehen Gesundheit und Pflege solidarisch. Deshalb
unterstützen wir auf Bundesebene einen sogenannten Sockel-Spitze-Tausch. Das
heißt: Nicht die Kassenleistungen, sondern der Eigenanteil der Versicherten muss
gedeckelt werden. Denn qualitativ hochwertige Pflege muss für jeden Menschen
erreichbar und bezahlbar sein.
Leistung der Gesundheitsberufe anerkennen
Wer mit und an Menschen arbeitet, muss endlich die gesellschaftliche und
finanzielle Anerkennung bekommen, die sie und er auch verdient! Das
Fachpflegepersonal im Krankenhaus, im Rettungsdienst oder in der Altenpflege
leistet einen enormen gesellschaftlichen Beitrag. Wir Grüne wollen diese Berufe
aufwerten und auf Landesebene gute Arbeits- und Rahmenbedingungen für alle
Pflegenden schaffen – egal ob sie zu Hause oder in Pflegeheimen tätig sind. Wir
wollen die Zusammenarbeit der Gesundheitsberufe stärken und den nichtärztlichen
Gesundheitsberufen mehr Kompetenzen geben.
Unsere Gesellschaft wird immer älter. Und damit steigt auch der Bedarf an
Gesundheits- und Pflegeberufen. Deshalb ist es wichtig, dass wir konsequent
ausbilden. Als Land werden wir die neue generalistische Ausbildung zur
Pflegefachfrau bzw. zum Pflegefachmann unterstützen und mehr Studienplätze an
Universitäten und Hochschulen für Pflege und Pflegewissenschaften einrichten.
Mit der Akademisierung wollen wir eine gerechte Bezahlung und
Aufstiegsmöglichkeiten sicherstellen. Die aufgewertete Ausbildung soll dazu
führen, dass Pflegende mehr Verantwortung und Mitsprache bekommen. Sie können
Pflegekonzepte selbst erstellen und eigenverantwortlich umsetzen. Zudem soll es
leichter werden, eine Ausbildung im Pflegebereich in Teilzeit zu absolvieren.
Auch das Recht auf Weiterbildung werden wir stärken und gleichwertige
ausländische Fachabschlüsse schneller anerkennen. So wollen wir dem
Fachkräftemangel entgegenwirken.
Ausbildungsvergütung statt Schulgeld: Bislang müssen viele junge Menschen, die
im Gesundheitswesen arbeiten wollen, in ihrer Ausbildung Schulgeld bezahlen.
Obwohl das Interesse und der Bedarf an Logopäd*innen, Podolog*innen, Ergo- und
Physiotherapeut*innen vorhanden ist, schrecken die Gebühren viele junge Menschen
ab. Wir wollen die Attraktivität der Gesundheitsfachberufe steigern. Das
Schulgeld werden wir für alle Heilberufe abschaffen und eine
Ausbildungsvergütung einführen.
Gleichzeitig findet die Pflege immer noch zu wenig Beachtung in den
Entscheidungsgremien des Gesundheitswesens. Noch immer wird über den beruflichen
Alltag der Pflegefachkräfte hinwegentscheiden. In der laufenden
Legislaturperiode haben wir die Vorarbeit geleistet, um in Baden-Württemberg
eine Pflegekammer einzuführen. Indem wir die Pflegekammer in der nächsten
Wahlperiode umsetzen, bekommen die Angestellten in den Pflegeberufen eine
wirkungsvolle Interessenvertretung. Wir werden Pflegende unterstützen, egal ob
sie im stationären, teilstationären, ambulanten oder im häuslichen Bereich
arbeiten.
Für Teilhabe und Selbstbestimmung
Wir Grüne stehen für eine vielfältige Gesellschaft, in der jeder Mensch nach
seinen Talenten und Fähigkeiten bestmöglich gefördert wird. Wir wollen allen
Menschen die Chance geben, ihr Leben selbstständig in unserer Mitte zu
gestalten. Unsere Vision ist eine Welt ohne Zugangshürden. Es ist uns wichtig,
dass Menschen mit Behinderung gesellschaftlich teilhaben und selbst Einfluss auf
politische Entscheidungen nehmen können.
Als grün-geführte Landesregierung haben wir deshalb 2015 das Landes-
Behindertengleichstellungsgesetz (L-BGG) eingeführt. Wir haben damit eine
Landesbehindertenbeauftragte eingesetzt und gesetzlich festgeschrieben, dass der
Landes-Behindertenbeirat bei Gesetzesentwürfen eingebunden werden muss. Wir
haben die Stadt- und Landkreise dazu verpflichtet, kommunale
Behindertenbeauftragte zu berufen. Mit dem Gesetz haben wir viele weitere
Verbesserungen erreicht. So darf es Menschen mit Behinderung nicht verweigert
werden, notwendige Hilfsmittel zu nutzen bzw. mitzunehmen. Dazu gehören
Blindenhunde für Sehbehinderte und Gebärdendolmetscher*innen für Hörgeschädigte.
Nun wollen wir das L-BGG weiterentwickeln, um der inklusiven Gesellschaft noch
einen Schritt näher zu kommen.
Wir wollen erreichen, dass in Land und Kommunen hauptamtliche
Behindertenbeauftragte berufen werden. Wir wollen die Stimmen der Betroffenen im
Landesbehindertenbeirat stärken und die Selbstvertretung der Menschen mit
Behinderung besser einbeziehen. Alle Menschen müssen sich in demokratischen
Beteiligungsprozesse einbringen können. Wir werden Fördermittel des Landes für
Beteiligungsformate auch unter dem Aspekt der Inklusion prüfen. Außerdem wollen
wir einen Partizipationsfonds einrichten, um die Beteiligung von Gruppen mit
Beteiligungshemmnissen zu verbessern. Wir werden die Beteiligung von Menschen
mit Behinderungen in den Kommunen stärken: Das erreichen wir, indem wir – analog
zur Jugendbeteiligung – eine gesetzliche Grundlage schaffen, um kommunale
Behindertenbeiräte einzurichten.
Chancen geben und Teilhabe für Menschen mit Behinderung ermöglichen
Menschen mit Behinderung sollen in allen Lebensbereichen von Anfang an teilhaben
können. Das ist unser Ziel. Wir werden deshalb mehr barrierefreie Wohnungen und
eine inklusive Arbeitswelt schaffen. Barrierefreiheit im öffentlichen Raum ist
für uns eine Grundvoraussetzung, um Inklusion und Teilhabe zu verwirklichen.
Dabei geht es nicht nur darum, bauliche Hindernisse zu beseitigen. Vielmehr
müssen wir auch kommunikative oder soziale Barrieren überwinden. Wir wissen,
dass Barrierefreiheit nicht von heute auf morgen kommt. Wir Grüne stellen uns
aber dieser großen politischen Herausforderung. Als grün-geführte
Landesregierung haben wir wichtige Maßnahmen wie das Landesprogramm für
Barrierefreiheit im Nahverkehr ergriffen. Wir werden nicht nachlassen, bis alle
Bahnhöfe, Bordsteine und Busse barrierefrei sind. Wir wollen vielfältige und
inklusive Wohngebäude. Wir werden barrierefreie Wohnungen bereitstellen und die
Fördermöglichkeiten für barrierefreies Wohnen im Land ausbauen. Hier sehen wir
besonderen Handlungsbedarf.
Als Land wollen wir Vorbild für andere Arbeitgeber*innen sein und eine
Beschäftigungsquote von Menschen mit Behinderung von sechs Prozent erreichen.
Wir werden mehr Menschen mit Behinderung in der Landesverwaltung einstellen und
geeignete Arbeitsplätze schaffen. Zudem werden wir Landesmittel bereitstellen,
um Menschen mit Behinderung beim Übergang aus der Werkstatt auf den ersten
Arbeitsmarkt zu unterstützen. Gemeinsam mit den Werkstattanbieter*innen wollen
wir die Übergangsquoten deutlich erhöhen und dafür finanzielle Anreize schaffen.
Menschen mit Behinderung brauchen oft spezielle Arbeitsplätze, damit sie ihre
individuellen Fähigkeiten einbringen und entfalten können. Ein solcher Bereich
ist die Arbeit als sogenannte Peer-Berater*innen. Sie lotsen andere Menschen mit
Behinderung durch verschiedene Lebensbereiche. Sie zeigen Wege auf, berufliche
Chancen zu ergreifen und gesellschaftliche Teilhabe wahrzunehmen. Noch immer
schrecken viele Arbeitgeber*innen davor zurück, Menschen mit Behinderungen
einzustellen. Wir Grüne werden gemeinsam mit anderen Akteur*innen ein Programm
in Baden-Württemberg auflegen und eine Aufklärungskampagne für Arbeitgeber*innen
starten. Unser Ziel ist es, diese Ängste und Befürchtungen abzubauen.
Ein wichtiger Punkt für ein selbstbestimmtes Leben ist für uns die ambitionierte
Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes (BTHG). Der Bund hat das BTHG 2016
eingeführt, um die Inklusion zu stärken. Die Umsetzung liegt jedoch bei den
Bundesländern. Bei der Eingliederungshilfe setzen wir Grüne im Land auf eine
konsequente Personenzentrierung. Ziel ist es, gleichwertige Lebensverhältnisse
herzustellen. Dafür haben wir das Landeskompetenzzentrum Bedarfsermittlung
gegründet. Um die Betroffenen niedrigschwellig und unabhängig beraten zu können,
haben wir in Baden-Württemberg die Behindertenbeauftragten mit einer sogenannten
Ombudsfunktion ausgestattet. Leider sind die Regelwerke des BTHG sehr
kompliziert. Wir werden deshalb ein Schulungsprogramm des Landes einrichten. So
wollen wir die Beratungsstellen in die Lage setzen, Ratsuchende kompetent und
umfassend bei allen Fragen zum BTHG beraten zu können.
Das Band der Generationen – zusammen durchs Leben
Wer heute in Baden-Württemberg geboren wird, hat beste Voraussetzungen, ein
hohes Alter zu erreichen. Im Vergleich mit anderen Bundesländern werden die
Menschen bei uns im Südwesten am ältesten. Wir bauen heute im Land auf eine gute
medizinische Versorgung und haben ein starkes soziales und ehrenamtliches Netz.
Durch den demografischen Wandel wird sich unsere Gesellschaft enorm verändern.
Wir werden immer mehr ältere und hochbetagte Mitbürger*innen haben, viele von
ihnen werden pflegebedürftig sein. Zugleich sind ältere Menschen heute aber so
aktiv wie nie zuvor. Sie engagieren sich in Vereinen und Nachbarschaftshilfen,
in Mehrgenerationenhäusern und sind in der Familienarbeit unersetzlich.
Wir Grüne wollen den Generationenvertrag erneuern. Wir wollen die Chancen des
demografischen Wandels nutzen, um Aufgaben in unserer Gesellschaft neu und auf
mehr Schultern zu verteilen. Wir wollen eine inklusive Gesellschaft, die
niemanden zurücklässt und die Interessen verschiedener Generationen nicht
gegeneinander ausspielt. Wir werden eine Gesellschaft gestalten, die Chancen und
Perspektiven für Jung und Alt bietet.
Mit dem Geriatriekonzept des Landes wollen wir ältere Menschen fit halten und
ihnen einen Platz in der Mitte der Gesellschaft geben. Unser Ziel ist es, dass
sie ihr Leben so selbstständig wie möglich gestalten können.
Mehrfacherkrankungen begegnen wir mit einem ganzheitlichen und
sektorenübergreifenden Ansatz aus ambulanten und stationären Hilfen. Wir werden
dafür sorgen, wohnortnahe Möglichkeiten der Rehabilitation auszubauen.
Darum Grün!
Wer Grün wählt, stimmt für
- eine flächendeckende Gesundheitsversorgung aus einer Hand, damit Menschen
in Stadt und Land nachhaltig vor Ort versorgt werden
- einen starken öffentlichen Gesundheitsdienst, weil Gesundheit nicht vom
privaten Geldbeutel abhängen darf
- Investitionen in den Krankenhausbau, um unsere Krankenhäuser für die
Zukunft fit zu machen
- starke Strukturen der Pflegeberatung, damit pflegende Angehörige entlastet
werden
- Barrierefreiheit, weil nur eine Gesellschaft ohne Zugangshürden Teilhabe
für alle garantiert
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Gesundheitssystem krisen- und zukunftsfest zu machen. Dafür brauchen wir mehr VorsorgePflegepersonal in den Kliniken und mehr Verlässlichkeit sowie mehr KooperationHeimen und mehr Solidarität im Gesundheitswesensetzen uns für attraktivere Arbeitsbedingungen ein.
Kapitel 11: Gesundheit, Pflege und Demografie
Gesundheit, Teilhabe und Selbstbestimmung ermöglichen
Wir Grüne stehen für eine solidarische Gesellschaft, in der alle Menschen ein
selbstbestimmtes Leben führen und Verantwortung füreinander übernehmen. Der
Grundpfeiler einer modernen Sozialpolitik ist ein gutes Gesundheits- und
Pflegesystem für alle.
Als grün-geführte Landesregierung haben wir uns deshalb auf den Weg gemacht,
Barrieren in der Gesundheitsversorgung abzubauen sowie Teilhabe und Inklusion zu
verwirklichen. Wichtig ist uns, dass alle Bürger*innen eine
Gesundheitsversorgung aus einer Hand erhalten. Deshalb haben wir in der
vergangenen Legislaturperiode damit begonnen, die starre Trennung zwischen
ambulanter und stationärer Versorgung zu überwinden. Das Fachpersonal in den
Krankenhäusern, den ambulanten Angeboten und im Rettungsdienst muss
unkompliziert zusammenarbeiten können, um den Genesungsprozess der Patient*innen
bestmöglich zu unterstützen. Unser Ziel ist die bessere Zusammenarbeit und die
Vernetzung aller Akteure im Gesundheitswesen.
Eine gute Gesundheitspolitik verhindert soziale Spaltung und stärkt den
gesellschaftlichen Zusammenhalt. Als Grüne setzen wir uns auf Bundesebene dafür
ein, das bestehende Krankenversicherungssystem zur Bürgerversicherung
weiterzuentwickeln. Im Land werden wir Beamtinnen und Beamten mit dem „Hamburger
Modell“ mehr Wahlfreiheit bei der Auswahl ihrer Krankenversicherung ermöglichen:
Unsere Staatsdiener*innen sollen sich für die gesetzliche Krankversicherung
entscheiden können, ohne dass ihnen dadurch finanzielle Nachteile entstehen. Das
Land zahlt den entsprechenden Arbeitgeberanteil in Form einer pauschalen
Beihilfe. Damit stärken wir das Solidarsystem der gesetzlichen
Krankenversicherung und schaffen mehr Gerechtigkeit.
Gemeinsam durch die Pandemie – gut gerüstet für die Zukunft
Bisher sind wir besser durch die Corona-Krise gekommen als die meisten anderen
Länder auf dieser Welt. Das liegt auch an den Stärken unseres Gesundheitswesens.
Gleichwohl ist die Krise noch lange nicht überstanden. Erst wenn ein Impfstoff
oder wirksame Therapiemöglichkeiten zur Verfügung stehen, können wir wieder in
die gewohnte Normalität zurückkehren. Bis es soweit ist, müssen wir lernen mit
dem Virus zu leben. Dabei gilt: Wir müssen das Infektionsgeschehen eindämmen und
wir wollen gleichzeitig einen möglichst normalen Alltag leben. Wir Grüne wollen
dafür sorgen, dass wir weiterhin gut und sicher durch die Krise kommen und wir
stehen gleichzeitig dafür, dass wir die Lehren aus dieser Krise ziehen, um unser
Gesundheitssystem krisen- und zukunftsfest zu machen. Dafür brauchen wir mehr VorsorgePflegepersonal in den Kliniken und mehr Verlässlichkeit sowie mehr KooperationHeimen und mehr Solidarität im setzen uns für attraktivere Arbeitsbedingungen ein.
Gesundheitswesen
Grüne Gesundheitspolitik: gut versorgt in Stadt und Land
Wir Grüne stehen für dezentrale, leistungsfähige und innovative
Beratungsstrukturen. Wir stellen die bedarfsgerechte Versorgung der
Patient*innen in allen Teilen Baden-Württembergs ins Zentrum unserer
Aufmerksamkeit. Es darf in der Gesundheitsversorgung der Menschen keinen
Unterschied machen, ob sie in der Stadt oder auf dem Land leben.
Als grün-geführte Landesregierung haben wir bereits Anreize geschaffen, damit
sich junge Ärztinnen und Ärzte auf dem Land niederlassen und so die
hausärztliche Grundversorgung sicherstellen. Im nächsten Schritt werden wir die
Studienplätze für Allgemeinmedizin weiter ausbauen und die Arbeitsbedingungen
für Ärztinnen und Ärzte familiengerechter gestalten. Dafür wollen wir die
Gesundheitssteuerung der Kommunen stärken und genossenschaftliche Hausarztpraxen
schaffen. Wir werden die Versorgung im ländlichen Raum verbessern, indem wir die
digitalen medizinischen Beratungs- und Behandlungsangebote weiter ausbauen. Auch
die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Ärztinnen und Ärzten, medizinisch-
technischen Angestellten und anderen Gesundheitsberufen wollen wir ausweiten.
Wir stehen für die Etablierung von Primärversorgungszentren. Unter einem Dach
kümmern sich dort verschiedene Gesundheitsberufe übergreifend um die
Patient*innen und garantieren so eine Versorgung aus einer Hand. Wir werden auch
das Konzept von Multifunktionshäusern im ländlichen Raum fördern. Ziel ist es,
leerstehende Gebäude in Kommunen für die medizinische Versorgung, persönliche
Dienstleistungen und Nahversorgung bereitzustellen. Erst zur Hausärztin, dann
zum Frisör und in den Supermarkt – für alles braucht man dann nur noch einen
Weg.
Immer mehr Menschen leiden heute unter psychischen Erkrankungen, finden aber nur
schwer Zugang zu Hilfsangeboten. Wir Grüne wollen diese Versorgungslücken
schließen und damit die seelische Gesundheit der Menschen stärken. Gerade im
ländlichen Raum wollen wir deshalb die Niederlassung von Psychotherapeut*innen
fördern, indem wir dort die Zahl der Kassensitze erhöhen. Auch die
Schnittstellen zur Beratung und Prävention wollen wir stärken. Dazu gehören etwa
die psychosoziale und allgemeine Beratung sowie die Sucht- und Suizidprävention.
Um die klassische Psychotherapie zu unterstützen, setzen wir Grüne uns für ein
digitales Angebot zertifizierter Hotlines ein.
Die Arbeit des Rettungsdienstes wird in Zeiten des demografischen Wandels immer
wichtiger. Seit Jahren steigen die Einsatzzahlen. Hilfsfristen legen fest, in
welcher Zeit ein Rettungswagen beim Patienten sein sollte. Im ländlichen Raum
kann diese Vorgabe oft nicht eingehalten werden. Wir Grüne wollen einen modernen
Rettungsdienst schaffen, damit die Rettungskette so gut und so schnell wie
möglich funktioniert – von der Ersthilfe bis zum Eintreffen im Krankenhaus.
Dafür wollen wir den Beschäftigten im Rettungsdienst mehr Kompetenzen einräumen.
Wir wollen die Unterstützung von Tele-Notärztinnen und Tele‑Notärzten sowie die
Digitalisierung nutzen und eine landesweite Planung der Standorte der
Rettungswachen durchsetzen.
Vorsorge ist besser als Nachsorge
Die Gesundheit erhalten und Erkrankungen vorbeugen – das steht für uns Grüne im
Fokus unserer Gesundheitspolitik. Pandemien und Viren machen nicht an Grenzen
halt. Deshalb gilt es, verstärkt europäisch zu denken. Wir brauchen eine
optimierte, grenzüberschreitende Gesundheitsplanung mit unseren europäischen
Nachbar*innen. So können wir personelle Ressourcen und die
Gesundheitsinfrastruktur gemeinsam flexibel nutzen. Wir werden den
Medizinstandort Baden-Württemberg daher ausbauen und gemeinsam mit unseren
europäischen Partner*innen in die medizinische Forschung, Entwicklung und
Produktion investieren.
Aber auch in Baden-Württemberg gilt es, die Programme und Initiativen noch
besser aufeinander abzustimmen und staatliche Strukturen und Vorsorge weiter
auszubauen. Im Zentrum guter Prävention steht für uns der Öffentliche
Gesundheitsdienst (ÖGD). Wir werden unsere Gesundheitsämter personell stärken,
um eine flächendeckende Gesundheitsförderung für alle zu ermöglichen.
Gesundheitsförderung muss noch stärker da verankert werden, wo die Menschen
leben, arbeiten, sich engagieren und lernen. Nicht nur der Sportkurs nach
Feierabend, sondern auch eine gesundheitsfördernde Arbeitsumgebung und eine
ausgewogene Ernährung – insbesondere in Kitas und an Schulen – sind wichtig. Wir
wollen, dass schon unsere Kleinsten lernen, was zu einem gesunden Leben gehört.
Wir brauchen deshalb landesweite Kampagnen und Konzepte für gesundes Essen in
Mensen und Kantinen. Wir wollen aber auch, dass der ÖGD seine Angebote in der
Erwachsenenbildung ausweitet.
Im Bereich der Förderung der sexuellen Gesundheit werden wir die wertvolle
Arbeit der AIDS-Hilfen in Baden-Württemberg weiterhin verlässlich unterstützen,
um Neuinfektionen mit HIV oder anderen sexuell übertragbaren Infektionen durch
Aufklärung über Risiken sowie Schutzmöglichkeiten zu verhindern.
Gute Präventionsarbeit begleitet Menschen durch das ganze Leben. Je älter wir
werden, desto wichtiger ist Gesundheitsvorsorge. Um das Risiko von
Pflegebedürftigkeit im Alter zu reduzieren, kommt der geriatrischen Versorgung
eine hohe Bedeutung zu. Wir werden die Behandlungskapazitäten der geriatrischen
Zentren ausbauen.
Für eine Drogen- und Suchtpolitik, die auf Prävention setzt
Für uns Grüne gehört Prävention in den Mittelpunkt der Drogen- und Suchtpolitik.
Wir befürworten wirksame und frühzeitige Ansätze, die Abhängigkeit und riskante
Konsumformen verhindern oder zumindest verringern, auch durch Resilienz- und
Aufklärungsarbeit in den Schulen. Dies gilt bei Alkohol und Tabak, aber auch bei
Medikamenten und Glücksspiel.
Der Schutz von Nichtraucher*innen ist uns wichtig. Wir wollen deshalb den
Nichtraucherschutz im Sinne der Angestellten in der Gastronomie und von
Nichtraucher*innen weiterentwickeln. Wir werden den Gesundheitsschutz auch
dadurch deutlich verbessern, dass wir viele bisher geltende Ausnahmen des
Rauchverbots abschaffen.
Wir Grüne wollen den Konsum von Cannabis entkriminalisieren. Auf Bundesebene
wollen wir mit einem Cannabiskontrollgesetz die Möglichkeit für eine regulierte
und kontrollierte Abgabe von Cannabis in Deutschland schaffen. Im Land wollen
wir die Höchstgrenze für den Besitz von Cannabis für den zulässigen Eigenbedarf
anheben.
Wir wollen ein gut ausgebautes Angebot zur gesundheitlichen Versorgung von
abhängigen oder suchtgefährdeten Menschen. Durch Angebote zur Schadensminderung
muss alles getan werden, um die gesundheitlichen Risiken zum Beispiel durch
gestreckte Drogen, schmutzige Spritzen oder gefährliche Zusatzstoffe zu
reduzieren. Deshalb setzen wir uns für Möglichkeiten zur Abgabe von sauberen
Spritzen oder Möglichkeiten zum Überprüfen der Inhaltsstoffe von Drogen (Drug-
Checking) ein.
Wir haben im Land den ersten Drogenkonsumraum eingerichtet. Dort können
Schwerstabhängige mitgebrachte Suchtmittel konsumieren – unter hygienischen
Bedingungen und unter Aufsicht. Wir wollen Drogenkonsumräume in allen
Großstädten etablieren, weil sie eine wichtige Überlebenshilfe für die
Betroffenen bieten und den öffentlichen Raum durch Rückgang der offenen
Drogenszene und ihrer negativen Begleiterscheinungen entlasten.
Der Pakt für Substitution des Sozialministeriums war ein Meilenstein in der
Versorgung von Schwerstabhängigen. Das damit verbundene Monitoring wollen wir
gewährleisten, indem wir das Amt einer*eines Landessuchtbeauftragten einrichten.
Wir werden kontinuierlich überprüfen, welche Auswirkungen Glücksspielangebote
aufgrund der neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen haben und diese
Rahmenbedingungen im Sinne des Spieler- und Jugendschutzes anpassen.
Grüne Investitionen in den Krankenhausbau – ökologisch, digital, inklusiv
Krankenhäuser sind Kernelemente, damit die Gesundheitsversorgung funktioniert.
Als Land schaffen wir mit dem Investitionskostenzuschuss die Grundlage für gute
und bedarfsgerechte Krankenhäuser. Noch nie hat das Land so viel in den Neubau
von Krankenhäusern investiert wie unter der grün-geführten Landesregierung.
Diesen Weg wollen wir weitergehen und die Investitionen in den Krankenhausbau
deutlich erhöhen. Wir unterstützen es, Krankenhäuser in kommunaler Trägerschaft
zu erhalten. Wir Grüne stellen die Krankenhausversorgung in Baden-Württemberg in
Stadt und Land sicher. Unser Ziel ist es, dem Versorgungsanspruch aller Menschen
gerecht zu werden.
Dort wo neue Krankenhäuser gebraucht werden, sollen sie den höchsten
medizinischen und ökologischen Standards entsprechen und ein Beispiel für
gelebte Inklusion sein. Dazu gehört die bauliche Barrierefreiheit genauso wie
Übersetzungen durch Schrift- und Gebärdendolmetscher. Gerade für ältere Menschen
ist es wichtig, sich einfach und schnell in der neuen Umgebung zurechtzufinden.
Krankenhäuser müssen den Bedürfnissen von Menschen mit Demenz sensibel begegnen
und etwa eindeutige Wegbeschreibungen bereitstellen. Das Krankenhaus der Zukunft
ist für uns Grüne digital optimal ausgerüstet und mit anderen Krankenhäusern
vernetzt, um regionale und freie Behandlungskapazitäten besser nutzen zu können.
Wir investieren im Land massiv, um den Krankenhäusern die besten
Rahmenbedingungen zu geben. Im Bundesrat setzen wir uns dafür ein, die
Fallkostenpauschalen weiterzuentwickeln.
Geschlechtersensible Gesundheitsvorsorge ausbauen
Wir Grüne wollen allen Menschen ein gesundes Leben ermöglichen. Vor allem die
Forschung aber vernachlässigt die Frauengesundheit: Medikamente und Therapien
werden primär an männlichen Probanden erprobt und Wirkstoffe auf männliche
Körper ausgerichtet. Wir wollen die geschlechtersensible Grundlagenforschung
ausbauen und so dazu beitragen, diese Erkenntnislücke zu schließen.
Wir wollen die Schwangerenberatung mit allen Fragen der Familienplanung
ausbauen. Ungewollt Schwangere benötigen schnelle, fachliche Informationen und
Beratung zu operativen und medikamentösen Abbrüchen. Sie brauchen einen
gesicherten, zeitnahen Zugang zu einem Schwangerschaftsabbruch.
Alle Frauen sollen eine wohnortnahe Geburtshilfe erhalten. Zudem wollen wir den
Betreuungsschlüssel für Hebammen verbessern. Wir werden die hebammengeführten
Kreißsäle in Baden-Württemberg ausbauen und arbeiten auf ein verpflichtendes
Personalbemessungsinstrument für Kreißsäle hin. So wollen wir sicherstellen,
dass Hebammen die Frauen bei der Geburt gut betreuen können und gleichzeitig ein
faires Gehalt bekommen. Das Land fördert Lehrstühle und Forschungsvorhaben im
Bereich der Hebammenwissenschaften. Auch die Akademisierung der
Hebammenausbildung eröffnet neue Felder der wissenschaftlichen Forschung im
Bereich der Frauengesundheit.
Männer sterben heute im Schnitt sechs Jahre früher als Frauen. Schlaganfälle und
Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind dabei die häufigsten Todesursachen.
Krankenkassen und betriebliche Gesundheitsförderung müssen sich verstärkt darauf
konzentrieren, wie diesen Erkrankungen vorgebeugt werden kann.
Pflegende Angehörige stärken
Die Zahl der pflegebedürftigen Menschen wird in den nächsten Jahren steigen. Wir
Grüne stehen für eine gute Pflege. Gute Pflege stärkt die Gesundheit, verhindert
Krankheiten, fördert die Genesung und lindert Leiden. Die Herausforderungen
einer alternden Gesellschaft sind eng verknüpft mit dem Thema
Geschlechtergerechtigkeit. Meist pflegen Frauen ihre Eltern oder
Schwiegereltern. Dafür geben sie oft ihren Beruf auf oder wechseln in Teilzeit.
Die Folge: Sie verdienen weniger, ihre Rentenprognose sinkt. In ähnlich prekären
Situationen befinden sich auch Eltern von Kindern mit Behinderung, die nicht
nach dem Sozialgesetzbuch XI § 14 als pflegebedürftig gelten, jedoch Leistungen
der Eingliederungshilfe erhalten.
Wir wollen in der Gesellschaft ein stärkeres Bewusstsein dafür schaffen, welche
Belastungen pflegende Angehörige schultern müssen und welche Unterstützung sie
brauchen. Die Mehrzahl der Pflegebedürftigen wird heute in den eigenen vier
Wänden betreut. Deshalb wollen wir die häusliche Pflege stärken und Beratungs-
und Hilfsangebote für pflegende Familienangehörige ausbauen. Viele Familien
werden von ambulanten Pflegediensten unterstützt. Leider wird die Arbeit der
mobilen Pfleger*innen schlechter bezahlt als die gleichwertige Arbeit im
Krankenhaus. Wir Grüne werden uns für die gleiche Bezahlung stark machen. Für
uns Grüne ist faire Mobilität auf dem Arbeitsmarkt wichtig. Wir wollen deshalb
mit den Krankenkassen ein „Fair Care“-Gütesiegel für die häusliche Betreuung
entwickeln, um faire Arbeitsbedingungen auszuzeichnen. So sichern wir auch
Qualitätsstandards bei der Vermittlung von ausländischen Betreuungskräften und
Haushaltshilfen und bieten Orientierung für Pflegebedürftige und deren
Angehörige. Dazu gehört auch eine verpflichtende Anmeldung in Baden-Württemberg
und eine stärkere Überprüfung durch die Finanzkontrolle Schwarzarbeit.
Mit dem Wohn-, Teilhabe- und Pflegegesetz haben wir in Baden-Württemberg neue
Maßstäbe gesetzt, um ein selbstbestimmtes Leben bis ins hohe Alter zu
ermöglichen. Wir fördern damit die Vielfalt von Wohnformen und ambulanten
Angeboten. Jetzt gilt es, das Gesetz für die kommenden Herausforderungen in der
Pflege fit zu machen. Wir Grüne werden den Ausbau von ambulanten Angeboten und
Tages-, Nacht- und Kurzzeitpflegeplätzen vorantreiben. Damit wollen wir
pflegende Angehörige entlasten und stärken, die sich in der anstrengenden
häuslichen Pflege allzu oft aufreiben. Auch der flächendeckende Ausbau von
Assistenzdiensten für Menschen mit Behinderung gehört dazu.
Wir Grüne denken Pflegearbeit in der Familie und kommunale Quartiersentwicklung
zusammen. Mit dem Landespflegestrukturgesetz haben wir als grün-geführte
Landesregierung dafür gesorgt, dass die Kommunen größere Gestaltungsspielräume
bei der Pflege bekommen. Wir haben die Landesstrategie Quartier 2020 erarbeitet,
um Stadtteile und Wohnviertel lebendiger, sozialer und generationengerechter zu
machen. Um pflegende Angehörige zu unterstützen, wollen wir kommunale
Pflegekonferenzen einrichten. Hier sitzen Pflegende und Pflegebedürftige,
Pflegekassen und Kommunen an einem Tisch. Gemeinsam beraten sie, welche
Pflegeinfrastruktur und Angebote vor Ort gebraucht werden. Die Pflegekassen
werden verpflichtet, die Empfehlungen der kommunalen Pflegekonferenzen zu
berücksichtigen, wenn sie Rahmenverträgen, Versorgungsverträgen sowie
Vergütungsvereinbarungen abschließen.
Wir wollen sogenannte „Caring Communities“ in öffentlicher Trägerschaft testen.
Diese „sorgenden Gemeinschaften“ stehen für eine lebendige
Quartiersnachbarschaft, in der man sich kennt, aufeinander achtet und
füreinander sorgt. Hier werden pflegende Angehörige durch professionelle
Pflegekräfte unterstützt. Auch eine Notfallhilfe für pflegende Angehörige wollen
wir etablieren. Wer plötzlich krank wird und nicht mehr pflegen kann, soll im
Quartier schnell und unkompliziert eine Übergangsbetreuung für den
pflegebedürftigen Vater, für die demenzerkrankte Partnerin oder für das auf
Betreuung angewiesene Kind finden.
Noch immer gehen Menschen, die erkrankte Angehörige pflegen, ein finanzielles
Risiko und wirtschaftliche Abhängigkeiten ein. Tatsächlich aber hat ihr
Engagement eine hohe gesellschaftliche Relevanz. Wir Grüne werden uns im Bund
dafür einsetzen, dass pflegende Angehörige eine starke und faire soziale
Absicherung bekommen, die der gesellschaftlichen Bedeutung ihrer Tätigkeit
entspricht.
Uns Grünen ist bewusst: Gute Pflege kostet Geld und für viele Pflegebedürftige
und deren Angehörige ist das Armutsrisiko real. Oft sind die Kosten, die
Betroffene als Eigenbeteiligung für Pflegeleistungen aufbringen müssen, nicht
verlässlich vorhersehbar. Das bringt so manche*n an den Rand des finanziellen
Ruins. Wir Grüne verstehen Gesundheit und Pflege solidarisch. Deshalb
unterstützen wir auf Bundesebene einen sogenannten Sockel-Spitze-Tausch. Das
heißt: Nicht die Kassenleistungen, sondern der Eigenanteil der Versicherten muss
gedeckelt werden. Denn qualitativ hochwertige Pflege muss für jeden Menschen
erreichbar und bezahlbar sein.
Leistung der Gesundheitsberufe anerkennen
Wer mit und an Menschen arbeitet, muss endlich die gesellschaftliche und
finanzielle Anerkennung bekommen, die sie und er auch verdient! Das
Fachpflegepersonal im Krankenhaus, im Rettungsdienst oder in der Altenpflege
leistet einen enormen gesellschaftlichen Beitrag. Wir Grüne wollen diese Berufe
aufwerten und auf Landesebene gute Arbeits- und Rahmenbedingungen für alle
Pflegenden schaffen – egal ob sie zu Hause oder in Pflegeheimen tätig sind. Wir
wollen die Zusammenarbeit der Gesundheitsberufe stärken und den nichtärztlichen
Gesundheitsberufen mehr Kompetenzen geben.
Unsere Gesellschaft wird immer älter. Und damit steigt auch der Bedarf an
Gesundheits- und Pflegeberufen. Deshalb ist es wichtig, dass wir konsequent
ausbilden. Als Land werden wir die neue generalistische Ausbildung zur
Pflegefachfrau bzw. zum Pflegefachmann unterstützen und mehr Studienplätze an
Universitäten und Hochschulen für Pflege und Pflegewissenschaften einrichten.
Mit der Akademisierung wollen wir eine gerechte Bezahlung und
Aufstiegsmöglichkeiten sicherstellen. Die aufgewertete Ausbildung soll dazu
führen, dass Pflegende mehr Verantwortung und Mitsprache bekommen. Sie können
Pflegekonzepte selbst erstellen und eigenverantwortlich umsetzen. Zudem soll es
leichter werden, eine Ausbildung im Pflegebereich in Teilzeit zu absolvieren.
Auch das Recht auf Weiterbildung werden wir stärken und gleichwertige
ausländische Fachabschlüsse schneller anerkennen. So wollen wir dem
Fachkräftemangel entgegenwirken.
Ausbildungsvergütung statt Schulgeld: Bislang müssen viele junge Menschen, die
im Gesundheitswesen arbeiten wollen, in ihrer Ausbildung Schulgeld bezahlen.
Obwohl das Interesse und der Bedarf an Logopäd*innen, Podolog*innen, Ergo- und
Physiotherapeut*innen vorhanden ist, schrecken die Gebühren viele junge Menschen
ab. Wir wollen die Attraktivität der Gesundheitsfachberufe steigern. Das
Schulgeld werden wir für alle Heilberufe abschaffen und eine
Ausbildungsvergütung einführen.
Gleichzeitig findet die Pflege immer noch zu wenig Beachtung in den
Entscheidungsgremien des Gesundheitswesens. Noch immer wird über den beruflichen
Alltag der Pflegefachkräfte hinwegentscheiden. In der laufenden
Legislaturperiode haben wir die Vorarbeit geleistet, um in Baden-Württemberg
eine Pflegekammer einzuführen. Indem wir die Pflegekammer in der nächsten
Wahlperiode umsetzen, bekommen die Angestellten in den Pflegeberufen eine
wirkungsvolle Interessenvertretung. Wir werden Pflegende unterstützen, egal ob
sie im stationären, teilstationären, ambulanten oder im häuslichen Bereich
arbeiten.
Für Teilhabe und Selbstbestimmung
Wir Grüne stehen für eine vielfältige Gesellschaft, in der jeder Mensch nach
seinen Talenten und Fähigkeiten bestmöglich gefördert wird. Wir wollen allen
Menschen die Chance geben, ihr Leben selbstständig in unserer Mitte zu
gestalten. Unsere Vision ist eine Welt ohne Zugangshürden. Es ist uns wichtig,
dass Menschen mit Behinderung gesellschaftlich teilhaben und selbst Einfluss auf
politische Entscheidungen nehmen können.
Als grün-geführte Landesregierung haben wir deshalb 2015 das Landes-
Behindertengleichstellungsgesetz (L-BGG) eingeführt. Wir haben damit eine
Landesbehindertenbeauftragte eingesetzt und gesetzlich festgeschrieben, dass der
Landes-Behindertenbeirat bei Gesetzesentwürfen eingebunden werden muss. Wir
haben die Stadt- und Landkreise dazu verpflichtet, kommunale
Behindertenbeauftragte zu berufen. Mit dem Gesetz haben wir viele weitere
Verbesserungen erreicht. So darf es Menschen mit Behinderung nicht verweigert
werden, notwendige Hilfsmittel zu nutzen bzw. mitzunehmen. Dazu gehören
Blindenhunde für Sehbehinderte und Gebärdendolmetscher*innen für Hörgeschädigte.
Nun wollen wir das L-BGG weiterentwickeln, um der inklusiven Gesellschaft noch
einen Schritt näher zu kommen.
Wir wollen erreichen, dass in Land und Kommunen hauptamtliche
Behindertenbeauftragte berufen werden. Wir wollen die Stimmen der Betroffenen im
Landesbehindertenbeirat stärken und die Selbstvertretung der Menschen mit
Behinderung besser einbeziehen. Alle Menschen müssen sich in demokratischen
Beteiligungsprozesse einbringen können. Wir werden Fördermittel des Landes für
Beteiligungsformate auch unter dem Aspekt der Inklusion prüfen. Außerdem wollen
wir einen Partizipationsfonds einrichten, um die Beteiligung von Gruppen mit
Beteiligungshemmnissen zu verbessern. Wir werden die Beteiligung von Menschen
mit Behinderungen in den Kommunen stärken: Das erreichen wir, indem wir – analog
zur Jugendbeteiligung – eine gesetzliche Grundlage schaffen, um kommunale
Behindertenbeiräte einzurichten.
Chancen geben und Teilhabe für Menschen mit Behinderung ermöglichen
Menschen mit Behinderung sollen in allen Lebensbereichen von Anfang an teilhaben
können. Das ist unser Ziel. Wir werden deshalb mehr barrierefreie Wohnungen und
eine inklusive Arbeitswelt schaffen. Barrierefreiheit im öffentlichen Raum ist
für uns eine Grundvoraussetzung, um Inklusion und Teilhabe zu verwirklichen.
Dabei geht es nicht nur darum, bauliche Hindernisse zu beseitigen. Vielmehr
müssen wir auch kommunikative oder soziale Barrieren überwinden. Wir wissen,
dass Barrierefreiheit nicht von heute auf morgen kommt. Wir Grüne stellen uns
aber dieser großen politischen Herausforderung. Als grün-geführte
Landesregierung haben wir wichtige Maßnahmen wie das Landesprogramm für
Barrierefreiheit im Nahverkehr ergriffen. Wir werden nicht nachlassen, bis alle
Bahnhöfe, Bordsteine und Busse barrierefrei sind. Wir wollen vielfältige und
inklusive Wohngebäude. Wir werden barrierefreie Wohnungen bereitstellen und die
Fördermöglichkeiten für barrierefreies Wohnen im Land ausbauen. Hier sehen wir
besonderen Handlungsbedarf.
Als Land wollen wir Vorbild für andere Arbeitgeber*innen sein und eine
Beschäftigungsquote von Menschen mit Behinderung von sechs Prozent erreichen.
Wir werden mehr Menschen mit Behinderung in der Landesverwaltung einstellen und
geeignete Arbeitsplätze schaffen. Zudem werden wir Landesmittel bereitstellen,
um Menschen mit Behinderung beim Übergang aus der Werkstatt auf den ersten
Arbeitsmarkt zu unterstützen. Gemeinsam mit den Werkstattanbieter*innen wollen
wir die Übergangsquoten deutlich erhöhen und dafür finanzielle Anreize schaffen.
Menschen mit Behinderung brauchen oft spezielle Arbeitsplätze, damit sie ihre
individuellen Fähigkeiten einbringen und entfalten können. Ein solcher Bereich
ist die Arbeit als sogenannte Peer-Berater*innen. Sie lotsen andere Menschen mit
Behinderung durch verschiedene Lebensbereiche. Sie zeigen Wege auf, berufliche
Chancen zu ergreifen und gesellschaftliche Teilhabe wahrzunehmen. Noch immer
schrecken viele Arbeitgeber*innen davor zurück, Menschen mit Behinderungen
einzustellen. Wir Grüne werden gemeinsam mit anderen Akteur*innen ein Programm
in Baden-Württemberg auflegen und eine Aufklärungskampagne für Arbeitgeber*innen
starten. Unser Ziel ist es, diese Ängste und Befürchtungen abzubauen.
Ein wichtiger Punkt für ein selbstbestimmtes Leben ist für uns die ambitionierte
Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes (BTHG). Der Bund hat das BTHG 2016
eingeführt, um die Inklusion zu stärken. Die Umsetzung liegt jedoch bei den
Bundesländern. Bei der Eingliederungshilfe setzen wir Grüne im Land auf eine
konsequente Personenzentrierung. Ziel ist es, gleichwertige Lebensverhältnisse
herzustellen. Dafür haben wir das Landeskompetenzzentrum Bedarfsermittlung
gegründet. Um die Betroffenen niedrigschwellig und unabhängig beraten zu können,
haben wir in Baden-Württemberg die Behindertenbeauftragten mit einer sogenannten
Ombudsfunktion ausgestattet. Leider sind die Regelwerke des BTHG sehr
kompliziert. Wir werden deshalb ein Schulungsprogramm des Landes einrichten. So
wollen wir die Beratungsstellen in die Lage setzen, Ratsuchende kompetent und
umfassend bei allen Fragen zum BTHG beraten zu können.
Das Band der Generationen – zusammen durchs Leben
Wer heute in Baden-Württemberg geboren wird, hat beste Voraussetzungen, ein
hohes Alter zu erreichen. Im Vergleich mit anderen Bundesländern werden die
Menschen bei uns im Südwesten am ältesten. Wir bauen heute im Land auf eine gute
medizinische Versorgung und haben ein starkes soziales und ehrenamtliches Netz.
Durch den demografischen Wandel wird sich unsere Gesellschaft enorm verändern.
Wir werden immer mehr ältere und hochbetagte Mitbürger*innen haben, viele von
ihnen werden pflegebedürftig sein. Zugleich sind ältere Menschen heute aber so
aktiv wie nie zuvor. Sie engagieren sich in Vereinen und Nachbarschaftshilfen,
in Mehrgenerationenhäusern und sind in der Familienarbeit unersetzlich.
Wir Grüne wollen den Generationenvertrag erneuern. Wir wollen die Chancen des
demografischen Wandels nutzen, um Aufgaben in unserer Gesellschaft neu und auf
mehr Schultern zu verteilen. Wir wollen eine inklusive Gesellschaft, die
niemanden zurücklässt und die Interessen verschiedener Generationen nicht
gegeneinander ausspielt. Wir werden eine Gesellschaft gestalten, die Chancen und
Perspektiven für Jung und Alt bietet.
Mit dem Geriatriekonzept des Landes wollen wir ältere Menschen fit halten und
ihnen einen Platz in der Mitte der Gesellschaft geben. Unser Ziel ist es, dass
sie ihr Leben so selbstständig wie möglich gestalten können.
Mehrfacherkrankungen begegnen wir mit einem ganzheitlichen und
sektorenübergreifenden Ansatz aus ambulanten und stationären Hilfen. Wir werden
dafür sorgen, wohnortnahe Möglichkeiten der Rehabilitation auszubauen.
Darum Grün!
Wer Grün wählt, stimmt für
- eine flächendeckende Gesundheitsversorgung aus einer Hand, damit Menschen
in Stadt und Land nachhaltig vor Ort versorgt werden
- einen starken öffentlichen Gesundheitsdienst, weil Gesundheit nicht vom
privaten Geldbeutel abhängen darf
- Investitionen in den Krankenhausbau, um unsere Krankenhäuser für die
Zukunft fit zu machen
- starke Strukturen der Pflegeberatung, damit pflegende Angehörige entlastet
werden
- Barrierefreiheit, weil nur eine Gesellschaft ohne Zugangshürden Teilhabe
für alle garantiert
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