Wachsen und lernen
Freiwilligendienste wie das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) und das Freiwillige Ökologische Jahr (FÖJ) geben jungen Leute Einblicke in verschiedene Berufe und Bereiche des gesellschaftlichen Engagements. Sie lehren Verantwortung, Organisation und Zusammenhalt und leisten einen wichtigen Beitrag zur Demokratiebildung. Teilnehmer:innen dieser Freiwilligendienste können neue Kontakte knüpfen, sich ausprobieren und ihre Persönlichkeit entfalten, und sich auch politisch einsetzen, zum Beispiel als Vertreter:innen ihrer Mitteilnehmer:innen.
Freiwilligendienste sind für junge Leute aus verschieden Gründen attraktiv. Manche wollen sich nach der Schule ausprobieren, manche wollen sich nach einem abgeschlossenen Studium oder einer abgeschlossenen Ausbildung neu orientieren und die meisten wollen sich einfach gesellschaftlich engagieren.
Finanzielle Hürden abbauen
Leider sind die meisten Freiwilligendienste immer noch mit erheblichen Hürden verbunden. Das liegt vor allem daran, dass es sich viele junge Leute einfach nicht leisten können.
In einem Freiwilligendienst arbeitet man meist Vollzeit, erhält dafür aber nur ein Taschengeld. Dessen Höhe unterscheidet sich von Träger zu Träger und der Art des Freiwilligendienstes wie FSJ oder FÖJ und führt so zu einer Intransparenz, die die Entscheidung für einen Freiwilligendienst zusätzlich erschwert.
Bei einem FÖJ in Baden-Württemberg erhält man zum Beispiel bei einer Einsatzstelle ohne Verpflegung und Wohnung monatlich ein Taschengeld von 225€, 11,10€ Verpflegungszuschuss für jeden Arbeitstag, und einen Wohnzuschuss von 282€. Bei einem FSJ bei den Johannitern bekommt man ein Taschengeld von 563€. Bei den aktuellen Lebenshaltungskosten und Mietpreisen reicht dies kaum für ein eigenes WG-Zimmer oder gar eine eigene Wohnung aus. Junge Menschen, die einen Freiwilligendienst anstreben, sind so vielfach darauf angewiesen, noch in ihrem Elternhaus zu bleiben oder zusätzliche finanzielle Unterstützung zu erhalten.
Dies schränkt den Zugang zu Freiwilligendiensten so meist auf Personen ein, die diese Privilegien genießen. Um Träger zu entlasten und in der Zeiten der hohen Inflation und hohen Lebensunterhaltungskosten Freiwilligendienste für mehr junge Menschen möglich zu machen, muss das Land die Pro-Kopf-Förderungsgelder für Träger deutlich erhöhen.
Förderung statt Kürzungen
Ein weiteres Problem ist, dass vor allem Einsatzstellen von Freiwilligendiensten von Sparmaßnahmen betroffen sind, obwohl sie einen wichtigen gesellschaftlichen Mehrwert haben. FSJs zum Beispiel unterstützen ohnehin schon chronisch unterbesetzte soziale Berufe und FÖJs leisten einen wichtigen Beitrag zu Umweltschutz und Umweltbildung, weshalb wir uns entschlossen und mit allen Mitteln gegen diese Kürzungen stellen müssen. Im Kontrast zu den Streichungen von Einsatzstellen übersteigt die Nachfrage nach Freiwilligendiensten laut DBJR und DRK konstant das Angebot an verfügbaren Stellen. Wir haben also aktuell die Situation, dass es willige junge Menschen gibt, die jedoch nicht aktiv werden können, weil es im, für den Staat günstigeren, Freiwilligendienst an Stellen mangelt.
Dabei stellt es für die Träger eine besondere Herausforderung dar, dass Freiwilligendienste sich nicht wie die staatlichen Haushalte am Kalenderjahr, sondern meist an den Schulabschluss, bzw. Ausbildungs- / Studienstartzeiten orientieren. Um die Versorgung von Trägern sicherzustellen, braucht es die notwendige langfristige Finanzierung der Plätze. Für einen einjährigen Freiwilligendienst sind somit die Haushaltsmittel von zwei Kalenderjahren relevant. Um hier für Planungssicherheit bei den Trägern zu sorgen, braucht es die Gewährleistung einer verbindlichen mittelfristigen Finanzplanung für Freiwilligendienste von mindestens zwei Jahren.
Um auch die Nachfrage nach Freiwilligendiensten auch in Zukunft stetig zu steigern, werden außerdem Investitionen in Bewerbungsmaßnahmen benötigt. Insbesondere der Mangel an Informationen steht dem Antritt eines Dienstes häufig entgegen. Für Studium und Ausbildung als Möglichkeit nach dem Schulabschluss wird durch Kampagnen wie "das Handwerk" investiert und auch bei der Bundeswehr fließt seit Jahren viel Geld in Werbungskampagnen wie digitale Werbung oder an Orten wie der Gamescom. Um die Freiwilligendienste zu stärken, ist auch hier ein stärkeres Engagement durch das Land Baden-Württemberg erforderlich.

Kommentare