Menschen mit Zöliakie sind in Baden-Württemberg fast immer und überall vom gemeinsamen Essen ausgeschlossen, insbesondere auch vom Mittagessen in Krippen, Kindergärten, Kindertagesstätten, Schulen und mensen. Das ist gesundheitlich riskant und widerspricht Inklusion. Zöliakie ist eine Autoimmunerkrankung. Sie betrifft 1 von 100 Menschen; bereits 1/8 g Weizen oder anderes glutenhaltiges Getreide kann Entzündungen im Dünndarm auslösen. Beispielsweise ist ein Brotaufstrich für ein Kind mit Zöliakie kontaminiert und damit gefährlich, wenn dieser mit einem Messer in Kontakt kommt, das zuvor zum Aufschneiden eines glutenhaltigen Brötchens benutzt wurde. Minimale Mengen an Gluten können sofortige Übelkeit und eine Vielzahl äußerst unangenehmer Symptome auslösen. Gesundheitliche Schäden entstehen sofort. Viele Regeln sind einzuhalten, um Kinder mit Zöliakie nicht zu gefährden und am gemeinsamen Essen teilhaben zu lassen.
Echte Inklusion bedeutet, dass jedes Kind und jeder junge Mensch in Baden-Württemberg einen Anspruch auf eine sichere Ernährung auch in Krippen, Kindergärten, Kindertagesstätten, Schulen und Mensen haben muss. Das gilt für alle Kinder und junge Menschen mit Autoimmunerkrankungen, Unverträglichkeiten und Allergien. Um dies zu gewährleisten, müssen alle Mitarbeiter*innen von Caterern, aber auch alle, die Essen vor Ort zubereiten und ausgeben zu Zöliakie aber auch anderen Autoimmunerkrankungen wie z.B. Diabetes, ärztlich angeordneten Diäten, Lebensmittelallergien und Unverträglichkeiten verpflichtend geschult werden.
Das Ausgeschlossensein vom gemeinsamen Essen und von den Mensen ist für die Kinder und junge Menschen auch psychisch belastend. In den meisten Mensen ist es untersagt, dass Kinder, die kein Mensaessen bestellt haben, die Mensa betreten. Kinder mit Zöliakie oder anderen Nahrungsmitteleinschränkungen dürfen ihr eigenes sicheres Essen nicht in die Mensa mitnehmen. Das bedeutet, dass ein Kind alleine mit seinem Essen irgendwo in einer Ecke in der Schule sitzen muss, während alle anderen gemeinsam in die Mensa gehen.
Andere europäische Länder zeigen, dass gesetzliche Regelungen möglich sind. In Italien besteht bereits seit 2005 eine gesetzliche Regelung mit einem Anspruch auf glutenfreie Ernährung in Schulen, Krankenhäusern und öffentlichen Kantinen. In Finnland gibt es eine gesetzlich garantierte kostenlose Schulmahlzeit und offizielle Vorgaben, die medizinisch notwendige Sonderdiäten gewährleisten, auch beispielsweise glutenfreie Kost. Frankreich hat einen verbindlichen Rechtsrahmen für medizinisch notwendige Sonderkost und Essensregelungen; pauschaler „Lunchbox-Zwang“ gilt als diskriminierend.
Lassen wir Baden-Württemberg auch im Bereich der Verpflegung aller Kinder zum Musterland für Inklusion werden.

Kommentare
Erwin Köhler:
Evelyn Bless:
Silke Heimann: