Die vorliegenden Daten aus den Jahren 2009–2020 zeigen, dass die Tierschutzkontrollen in Deutschland seit Jahren unzureichend sind. Laut einer bundesweiten Auswertung finden im Durchschnitt in Baden-Württemberg nur bei 5,7 % der Nutztierhaltungsbetriebe jährliche Kontrollen statt, was rechnerisch bedeutet, dass ein Betrieb nur alle 17,6 Jahre überprüft wird. Trotz dieser geringen Kontrollfrequenz werden bei einem erheblichen Anteil der Betriebe Verstöße festgestellt – im Schnitt bei 24,5 % der kontrollierten Höfe. Dies verdeutlicht, dass das bestehende System keine ausreichende Präventionswirkung entfaltet und Tierschutzverstöße häufig unentdeckt bleiben.
Fachgremien wie der Wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik und der Europäische Rechnungshof kritisieren seit Jahren „Kontrolllücken“, „unzureichende Durchsetzung“ und fehlende „abschreckende Wirkung“ der bestehenden Strukturen. Auch das größte Problem – der Personalmangel in den Veterinärämtern – wird immer wieder als zentrale Ursache für die geringe Kontrolldichte benannt.
Damit Tierschutzgesetze nicht nur auf dem Papier existieren, sondern tatsächlich wirksam sind, ist eine umfassende Stärkung der Kontrollstrukturen unabdingbar: Personelle und organisatorische Kapazitäten der Veterinärämter müssen erhöht, Kontrollen häufiger und gezielter durchgeführt sowie Verstöße transparent dokumentiert und konsequent geahndet werden.
Zudem weisen Tierschutzorganisationen darauf hin, dass es keine verlässlichen Statistiken zur Zahl der kontrollierten Transporte oder zu Verstößen gibt – ein Dunkelfeld, das viele Missstände verschleiert. Daher setzen wir uns für eine systematische, bundesweite Erhebung der Kontrolldaten ein, um Missstände transparent zu machen, Handlungsbedarf zu erkennen und die Effektivität der Kontrollen evidenzbasiert zu erhöhen.
Gleichzeitig zeigt die Erfahrung, dass Tierschutz nur dann nachhaltig verbessert werden kann, wenn Betriebe aktiv eingebunden werden. Wissenschaftliche Projekte wie Welfare Quality haben gezeigt, dass Tierwohl messbar steigt, wenn Landwirt*innen praxisnah begleitet, geschult und beraten werden. Beratung, Wissenstransfer und praxisnahe Begleitung ermöglichen es Betrieben, ihre Haltungssysteme tiergerecht und wirtschaftlich tragfähig zu gestalten. Nur durch dieses Zusammenspiel von verbindlicher Kontrolle und kooperativer Unterstützung können gesetzliche Vorgaben eingehalten, Tierwohl tatsächlich verbessert und das Vertrauen der Gesellschaft in die Landwirtschaft gestärkt werden.
Quellen:
Blokhuis, Harry & Veissier, Isabelle & Miele, M. & D, B. (2010). The Welfare Quality Project and Beyond: Safeguarding Farm Animal Well-Being. Acta Agriculturae Scandinavica A. 60. 129-140. 10.1080/09064702.2010.523480.

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