Der Investor und Miteigentümer Peter Thiel, ein öffentlich bekennender Anti-Demokrat und enger Berater von Donald Trump, ist mitverantwortlich für die Zerstörung der regelbasierten Weltordnung und des Rechtsstaates in den USA. Er hält Demokratien für ungeeignet, um technische Innovationen voranzubringen. Software von Palantir Technologies Inc. einzusetzen heißt, sich von einem privaten Unternehmen abhängig zu machen, das gezielt auf Intransparenz, Machtkonzentration und politische Einflussnahme setzt.
Die Software Gotham wurde von amerikanischen Geheimdiensten mitfinanziert. Mit den Optionen, die diese Software nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichtes und vieler Expert:innen bietet, ist nicht nur eine grundgesetzwidrige unverhältnismäßige Überwachung der Bürgerinnen und Bürger möglich, sondern auch ein, den europäischen Datenschutz verletzender, unkontrollierbarer Datenabfluss in die USA. Ein mit der Europäischen Datenschutzgrundverordnung konformer Einsatz dieser Software ist angesichts des US Cloud Acts nicht möglich. Palantir Technologies Inc ist nicht dem „Privacy Shield“ – einer Datenschutzvereinbarung zwischen der EU und den USA zur Datenübermittlung von Europa in die USA - beigetreten. Der Cloud Act verpflichtet alle amerikanischen Unternehmen weltweit, auch personenbezogene Daten von Nicht-Amerikaner:innnen, die außerhalb der USA gespeichert sind, den US-Geheimdiensten zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus widerspricht der Einsatz der neuen EU-KI-Verordnung, die Systeme des sogenannten „Predictive Policing“ untersagt, da sie fehleranfällig sind und zu Diskriminierungen führen können.
Mit größtem Erstaunen stellen wir fest, dass in Baden-Württemberg ein Auftrag an die Firma Palantir Technologies Inc in Höhe von 25 Mio € - ohne Ausschreibung und hinreichende gesetzliche Grundlage - durch ein Polizeipräsidium abgeschlossen werden kann, ohne dass die Landesregierung und der zuständige Innenminister informiert zu sein scheinen.
Auch praktisch ist der Einsatz von Gotham hochproblematisch. Der Quellcode ist nicht offen, der Betrieb kann nur unter Mitwirkung von Palantir-Mitarbeitenden erfolgen – eine dauerhafte Abhängigkeit von einem US-Konzern wäre die Folge. Lizenzentzug, fehlende Sicherheitsupdates oder technische Manipulationen könnten die Funktionsfähigkeit der Polizei jederzeit gefährden.
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 16. Februar 2023 unmissverständlich dargelegt, dass der Einsatz von Software zur automatisierten Datenanalyse eine besonders eingriffsintensive Maßnahme darstellt, die strengen rechtlichen Voraussetzungen unterliegt, welche die Softwarekomponente Gotham von Palantir Technologies Inc. nicht erfüllt.
Wir sind dafür, dass gesetzliche Grundlagen geschaffen werden, die der Polizei eine übergreifende datenschutzkonforme Datenanalyse mit entsprechenden technischen Mitteln erlaubt. Diese dürfen aber nicht in aller Eile - nur auf eine Software zugeschnitten - nachgeliefert werden. Die Anschaffung einer solchen Software muss öffentlich ausgeschrieben werden, mit dem Ziel, eine geeignete europäische Lösung zu fördern und zu finden.
Deshalb fordern wir die Landesregierung auf, das Vertragsverhältnis zu beenden und Gotham nicht einzusetzen. Wir erwarten, dass auch jede Übergangslösung mit Palantir Technologies Inc abgelehnt wird. Wir wollen diesem amerikanischen Unternehmen keine weiteren Wettbewerbsvorteile gegenüber europäischen Unternehmen verschaffen – schon gar nicht 5 Jahre lang. Stattdessen erwarten wir eine Sicherheitsarchitektur, die, wie im Juni 2025 von der Innenministerkonferenz formuliert, auf europäischer Technologie, rechtsstaatlichen Prinzipien und echter digitaler Souveränität basiert. Diese fordert, dass „die Fähigkeit der automatisierten Datenanalyse als ein Schlüsselelement der künftigen digitalen Sicherheitsinfrastruktur hinsichtlich Verfügbarkeit, Vertraulichkeit, Integrität und ihrer Rechtskonformität keiner strukturellen Einflussmöglichkeit durch außereuropäische Staaten ausgesetzt sein darf.“1
Leistungsfähige Anbieter sind vorhanden und europäische Unternehmen oder Unternehmenskonsortien – auch aus Baden-Württemberg - haben bereits öffentlich ihr Interesse bekundet.

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Joachim Rieß: