LAVO16: Aya Krkoutli

Liebe Parteifreund*innen,

what a time to be alive! In den letzten Monaten erleben wir hautnah mit, wie unsere Debattenkultur polarisiert wurde und populistische Forderungen, u.a. seitens der CDU, zu einer Normalisierung extremer Meinungen geführt haben. Der politische Diskurs wird immer ekliger: Rechtsaußen macht gegen unsere Demokratie mobil und wir GRÜNE müssen stark dagegen halten. Auch wenn es anstrengend und teils ermüdend ist: Lasst uns bei jeder Möglichkeit zeigen, dass unsere Grundwerte unverhandelbar sind. Lasst uns standhaft bleiben!

FÜR EINE VIELFÄLTIGERE PARTEI.

Als ich als damals 16-jährige das erste Mal bei der GRÜNEN JUGEND war, überzeugte mich der klare Einsatz für Menschen mit Diskriminierungserfahrung und Schutzbedürftigen Mitglied zu werden. Diese Grundüberzeugungen sind es immer noch, die mich für meine politische Arbeit motivieren. Ich bin entsetzt über die Rücksichtslosigkeit gegenüber demokratischen Werten und Gepflogenheiten, die unser Koalitionspartner im Land in ihren Kampagnen zutage bringt. Auch alle rechtsaußen Akteure missbrauchen die Flucht von Menschen und das gesamte Feld der Migrationspolitik für das Schüren von Angst, das Verbreiten von Rassismus und das Spalten der Gesellschaft. Und davon besonders betroffen sind eben diejenigen, deren Familien eben noch nicht seit drei Generationen in Deutschland leben.

Wir GRÜNE können ein politisches Zuhause für viele sein: Menschen wie mich, die bei jedem Prozent mehr Zustimmung für die AfD mehr Sorge um sich und ihre Familie haben müssen. Menschen, die hier ihr täglich Brot verdienen und einfach nur in Ruhe leben wollen. Sie alle gehören selbstverständlich zu unserer Gesellschaft. Durch uns bekommen sie eine Stimme! Wir leisten gerade großartige Arbeit bei der Diversitätsförderung, wir haben ein Vielfaltsstatut, Vielfaltsförderprogramme und einen Vielfaltskogress veranstaltet. Aber ich bin mir sicher: Wir können noch mehr!

Wir brauchen feste Vernetzungsstrukturen, um sich in Safe Spaces offen über Erfahrungen auszutauschen, aber eben auch über Lösungen zu sprechen, wie wir die Partei inklusiver aufbauen können. Denn genau diese Expertise brauchen wir, um echte Diversität zu etablieren. Wir müssen unsere Kreisverbände aktiv dabei unterstützen, Mitglieder mit Migrationshintergrund besser einzubinden und zu fördern. Viele Kreisverbände merken gerade jetzt, wenn die Aufstellung der Kommunalwahllisten ansteht, dass sie keine Mitglieder mit Migrationsgeschichte in ihren Reihen haben, diese Perspektiven aber gerne sichtbar machen würden. Migrantisierte Menschen für Ämter zu motivieren ist eine langfristige Aufgabe, auch vor Ort. Ich möchte einfache Know-How und best Practice Beispiele anbieten, die für jeden Kreisverband, egal wie groß, umsetzbar sind.

Als Grüne müssen wir in jeder Richtung inklusiver werden: Wir müssen uns den Themen derer widmen, die wir im Moment noch nicht repräsentieren. Wir müssen eine Sprache sprechen, die nicht nur unsere eigene Blase bespielt. Und es ist egal, ob jemand Aya oder Anna heißt: In der Grünen Partei muss es unser Anspruch sein, dass alle gleich willkommen sind!

FÜR EINE BILDUNGSPOLITIK, DIE DIE PROBLEME AN DER WURZEL PACKT.

Als Schülerin war ich frustriert über das Bildungssystem. Die Fenster meiner Schule durften nicht gekippt werden, sie wären uns sonst auf den Kopf gefallen. Lehrkräfte waren offensichtlich überfordert und hatten abseits vom Unterrichten viel zu viele andere Aufgaben im Kopf. Und in der Oberstufe meines Gymnasiums war ich die einzige, die mit einem Fluchthintergrund ihr Abitur geschrieben hatte. Wenn wir zurückschauen, dann finden wir alle in unseren Bildungsbiographien Geschichten von Ungerechtigkeit und verpassten Chancen, insbesondere bei Kindern, deren Start ins Leben nicht vorbereitet wurde. Und es ist die erschütternde Realität, dass diese Probleme, die vor 10, 20 oder 50 Jahren beobachtet werden konnten, heute noch immer vorzufinden sind.

Als GRÜNE Partei haben wir ein klares, bildungspolitisches Profil: Wir wollen Ungleichheiten verringern , wir wollen moderne Schulen und wir wünschen uns Lehrkräfte, die ihren Ruhestand ohne Burn-Out erreichen. Aber an unserer Basis herrscht Enttäuschung. Unsere Leitlinien, die eigentlich durch die Grüne Regierungsbeteiligung seit über 12 Jahren wirken sollten, versanken in der Schulbürokratie. Aber wenn jedes Jahr mehrere tausend Jugendliche ohne Abschluss die Schule verlassen, wenn der Lehrkräftemangel ambitionierten Schulprojekten im Weg steht und wenn die Lese und Rechtschreibekompetenz an den Grundschulen Jahr für Jahr sinkt, dann muss Schule von Grund auf neu gedacht werden.

GRÜNE Bildungspolitik muss sich ehrlich machen: Wenn wir nun wieder einmal die Diskussion darauf begrenzen, ob G9 oder G8 besser funktioniert, dann greifen wir zu kurz. GRÜNE Bildungspolitik muss den Mut haben, das Übel an der Wurzel zu greifen. Wir müssen klipp und klar sagen, wie Bildung in Baden-Württemberg gelebt werden soll und das auch klar kommunizieren. Diesen Prozess anzustoßen, will ich mir im Parteirat zur Aufgabe machen.

Mein Name ist Aya, ich bin 22 Jahre alt und studiere Lehramt. Ich bin in der syrischen Hauptstadt Damaskus geboren und aufgewachsen, bis der Krieg meine Familie zur Flucht zwang. Meine Erfahrungen haben mich zu politischem Engagement motiviert - zuerst in Aalen, dann auf Landesebene. Ich war über vier Jahre im Landesvorstand der GRÜNEN JUGEND, die letzten zweieinhalb Jahre als Landessprecherin.
Nun kandidiere ich mit dem Votum der GRÜNEN JUGEND Baden-Württemberg für den Parteirat und würde mich über eure Unterstützung sehr freuen.

Eure Aya