BFR1: Pauline-Sophie Dittmann

Liebe Freund*innen,

1865 gründeten Louise Otto-Peters und Auguste Schmidt den Allgemeinen Deutschen Frauenverein. Dies legte den Grundstein für die Frauenbewegung in Deutschland. 1919 durften Frauen in Deutschland zum ersten Mal wählen. 1949 wurde die Gleichberechtigung von Mann und Frau dank Elisabeth Selbert im Grundgesetz verankert. Dieses Jahr haben wir den Paragrafen 219a abgeschafft. All dies haben wir mutigen Frauen zu verdanken, die diese Rechte über Jahrhunderte für uns erkämpft haben. Für ihren unermüdlichen Einsatz, ihre Beharrlichkeit und ihren Weitblick sollten wir ihnen nach wie vor äußerst dankbar sein.

Doch trotzdem gibt es noch einiges zu tun. Denn Frauen sind in vielen gesellschaftlichen Bereichen weiterhin unterrepräsentiert. Der derzeitige Frauenanteil im Deutschen Bundestag beträgt lediglich 31,4%. Nur knapp jede dritte Führungskraft (28,9 %) war 2022 weiblich. Frauen verdienen im Schnitt 18% weniger als ihre männlichen Kollegen und sind deutlich häufiger von Altersarmut betroffen. Zudem verbringen sie doppelt so viel Zeit pro Woche mit Haus- und Sorgearbeit (24,7 Stunden bei Frauen vs. 14,8 Stunden bei Männern).

All das zeigt, dass wir uns nicht auf den Errungenschaften der Vergangenheit ausruhen dürfen und gleichzeitig geraten die bereits erkämpften Frauenrechte zunehmend unter Beschuss. Das zeigt sich, wenn wir einen Blick in die USA werfen, wo die Grundsatzentscheidung des Obersten Gerichtshofes Roe gegen Wade, die legale Schwangerschaftsabbrüche ermöglichte, letztes Jahr aufgehoben wurde. Oder wenn wir in die Türkei schauen, wo Präsident Erdoğan 2022 aus der Istanbul-Konvention austrat. Oder in den Iran, wo Jina Mahsa Amini vor einem Jahr von der Sittenpolizei umgebracht wurde, weil ihr Kopftuch vermeintlich falsch saß. Aber auch hierzulande versuchen rechte und konservative Kräfte die Selbstbestimmung von Frauen einzuschränken. Als feministische Partei dürfen wir dazu nicht schweigen und müssen diese populistischen Narrative konsequent bekämpfen. Deshalb bewerbe ich mich als Ersatzdelegierte für den Bundesfrauenrat, um mich mit Frauen aus der ganzen Bundesrepublik für eine feministische, offene und solidarische Gesellschaft einzusetzen.

Als Mitglied der Landesarbeitsgemeinschaft FrauenPolitik, Sprecherin des Arbeitskreises Gleichstellung im Kreisverband Tübingen und Teilnehmerin des Frauenförderprogramms des Landesverbands arbeite ich schon heute auf verschiedenen Ebenen daran, dass Gleichberechtigung und Gleichstellung keine Worthülsen bleiben, sondern Stück für Stück Realität werden. Dazu gehört auch, dass Frauen nicht nur mitgedacht werden, sondern von Anfang mit am Tisch sitzen, Teilhabe und Repräsentanz so gesichert werden und ihnen dabei weder Rechte noch Kompetenz abgesprochen wird.

Mein Feminismus ist intersektional. Für mich ist klar, dass verschiedene Formen der Diskriminierung z.B. aufgrund von Geschlecht, sexueller Identität, sozialer Klasse, Religion, Ethnie, Nationalität, Alter oder Behinderung zusammenwirken. Als weiße, akademisierte Frau genieße ich Privilegien. Privilegien bedeuten Verantwortung, denn andere riskieren beim Kampf für dieselben Rechte ihre Sicherheit und oftmals sogar ihr Leben. Deshalb müssen wir unsere Position auch für diese Kämpfe nutzen und uns mit ihnen solidarisch zeigen. Denn eines ist klar: Wir sind laut und wir sind noch lange nicht am Ziel.

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