Veranstaltung: | LDK in Donaueschingen am 24./25.09.2022 |
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Tagesordnungspunkt: | SO.ORD Beschlüsse zu Ordnungen (Einfache Mehrheit) |
Status: | Beschluss (vorläufig) |
Beschluss durch: | 41. Landesdelegiertenkonferenz in Donaueschingen |
Beschlossen am: | 24.09.2022 |
Eingereicht: | 25.09.2022, 11:20 |
Antragshistorie: | Version 1 |
Beschluss eines Statuts für eine vielfältige Partei
Beschlusstext
Die Landesdelegiertenkonfernz möge beschließen:
Die Landesdelegiertenkonfernez beschließt ein Vielfalts-Statut.
Das Statut tritt am Tage dieses Beschlusses in Kraft und lautet:
Gemeinsam nach vorne - Statut für eine
vielfältige Partei von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Baden-Württemberg (Vielfalts-Statut)
I. Präambel
Die Vielfalt unserer Partei ist unsere Stärke. Wir teilen politische Macht und
verstehen uns als Bündnispartei, die auf der Grundlage gemeinsamer Überzeugungen
offen ist für unterschiedliche Erfahrungen, Vorstellungen und Ansätze. Wir sind
auf vielfältiges biografisches Erfahrungswissen und vielfältige Perspektiven aus
der ganzen Breite der Gesellschaft angewiesen, um als Partei umfassende
Antworten auf Fragen zu finden, die uns als gesamte Gesellschaft betreffen.
Seit unserer Gründung setzen wir uns für die gleichberechtigte Teilhabe aller
Menschen ein. Vieles hat sich in unserer Gesellschaft in den letzten Jahren zum
Positiven verändert: bei der Gleichstellung der Geschlechter, beim
Staatsangehörigkeitsrecht, bei der Ehe für alle oder bei der Inklusion. Doch
trotz dieser unbestreitbaren Fortschritte sind nach wie vor große
gesellschaftliche Gruppen unterrepräsentiert, gibt es soziale Barrieren,
fehlenden Zugang zu gesellschaftlicher Teilhabe und Infrastruktur. Wir wollen,
dass alle mit am Tisch sitzen.
Diesem Selbstverständnis nach ist es unser Anspruch, dass bei uns alle Menschen,
die unsere Werte und Ziele teilen, die Möglichkeit haben, sich gleichberechtigt
einzubringen, ihre Interessen zu vertreten und ihre Themen zu repräsentieren –
ohne Barrieren, Hürden oder Vorurteile. Diese wollen wir in unseren
Parteistrukturen finden und einreißen. Dazu gehört auch, unsichtbare,
ausschließende Strukturen sichtbar zu machen. Wir wollen sie überwinden und den
Zugang zu gleichberechtigter politischer Teilhabe gewährleisten.
Unser Ziel ist Zusammenhalt in Vielfalt. Wir wollen, dass sich vielfältige
Perspektiven in unserer Partei abbilden. Viele Menschen sind jedoch aufgrund von
gesellschaftlichen Verhältnissen strukturell von Ungleichbehandlung betroffen.
Deswegen setzen wir uns zur Aufgabe, unsere Strukturen so zu gestalten, dass sie
in Bezug auf das Geschlecht, eine rassistische, antisemitische oder
antiziganistische Zuschreibung, die Religion und Weltanschauung, eine
Behinderung oder Erkrankung, das Lebensalter, die Sprache, die sexuelle
Orientierung oder geschlechtliche Identität, den sozialen oder Bildungsstatus
oder die Herkunft inklusiv und nicht ausschließend wirken.
Wir stellen uns Diskriminierung auch innerhalb unserer Partei entschlossen
entgegen. Durch kritische Selbstreflexion auf allen Ebenen wollen wir Wissen und
Bewusstsein über bestehende oder mögliche Diskriminierungsmechanismen – gerade
auch mehrdimensional wirkende – in unserer Partei verankern und diese
Mechanismen abbauen. Diskriminierungsfälle innerhalb grüner Strukturen werden
wir aktiv bearbeiten und Betroffene vor Diskriminierung und Rassismus schützen.
Dafür sind wir auf die Erfahrungen und Expertise der Parteimitglieder, die
eigene Diskriminierungserfahrungen haben, angewiesen.
Wir etablieren und stärken innerhalb unserer Strukturen Räume, in denen sich
gerade Menschen mit Diskriminierungserfahrungen in geschütztem Rahmen
austauschen, vernetzen und gegenseitig stärken können, und stellen dafür
Ressourcen zur Verfügung.
Politische Teilhabe darf weder vom Einkommen, dem Bildungsabschluss noch der
Lebenssituation abhängen. Unsere Strukturen wollen wir so gestalten, dass sie
für alle verständlich, zugänglich und durchlässig sind.
Durch solidarische Bündnisse unterstützt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Baden-Württemberg
Vertretungen politisch unterrepräsentierter Gruppen und ihr
zivilgesellschaftliches Engagement. Alle Untergliederungen und
Teilorganisationen sowie Gremien und Versammlungen sind dazu angehalten, diese
Ziele zu achten und zu stärken.
§ 1 Repräsentation
- Wir wollen, dass sich vielfältige Perspektiven in unserer Partei abbilden.
Die Repräsentation bisher unterrepräsentierter Gruppen mindestens gemäß
ihrem gesellschaftlichen Anteil ist unser Anspruch.
- Der Landesvorstand entwickelt Instrumente wie etwa Vielfalts-Trainings,
Empowerment-Maßnahmen oder Leitlinien zur Aufstellung von Wahllisten, um
dem in Absatz 1 genannten Ziel näherzukommen.
§ 2 Versammlungen
- Präsidien werden divers besetzt, das bedeutet, dass sie die Vielfalt der
Gesellschaft widerspiegeln sollen.
- Bei Veranstaltungen, die von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Baden-Württemberg
organisiert werden, wird darauf geachtet, dass die Referent*innen die
Vielfalt der Gesellschaft widerspiegeln.
- Alle Veranstaltungen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Baden-Württemberg sind
grundsätzlich barrierefrei zu gestalten. Näheres regelt der Leitfaden für
Inklusion bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Baden-Württemberg.
- Tagungszeiten und -räume sollen nicht sozial ausschließen.
§3 Einstellung von Arbeitnehmer*innen
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Baden-Württemberg verpflichtet sich als
Arbeitgeberin dem Vielfaltsstatut und der Stärkung von Menschen, die
diskriminierten Gruppen angehören. Bei bezahlten Stellen soll sich auf
allen Qualifikationsebenen die gesellschaftliche Vielfalt widerspiegeln.
- Dazu sind Stellenausschreibungen so zu gestalten, dass sie den Zielen des
Vielfaltsstatuts entsprechen und Menschen, die bisher unterrepräsentierten
Gruppen angehören, besonders ansprechen.
§ 4 Empowerment und Weiterbildung
- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Baden-Württemberg schafft Angebote für die
diversitätspolitische und diskriminierungskritische Aus- und Weiterbildung
der Amtsträger*innen und Führungskräfte der Partei, sowie für die
Förderung und Empowerment unterrepräsentierter Gruppen.
- Der Landesverband stellt für diese Aufgaben ausreichend Mittel und
Personalressourcen zur Verfügung.
II. Innerparteiliche Strukturen
§ 5 Arbeitsgruppe Vielfalt
- Der Landesvorstand bildet eine Arbeitsgruppe Vielfalt, um den Prozess
dauerhaft zu begleiten, voranzubringen und nachhaltig in der Partei zu
verankern. Der Arbeitsgruppe gehören mindestens zwei Mitglieder des
Landesvorstandes, sowie die Delegierten und Ersatzdelegierten zum
Bundesdiversitätsrat an. Die zuständigen Mitarbeiter*innen aus der
Landesgeschäftsstelle begleiten die Arbeitsgruppe beratend. Die
Arbeitsgruppe kann weitere Personen, insbesondere aus den
Landesarbeitsgemeinschaften, zu einzelnen Projekten und Fragestellungen
beraten hinzuziehen.
- Die Arbeitsgruppe entwickelt in Zusammenarbeit mit dem Landesvorstand und
dem Bundesdiversitätsrat Maßnahmen, die zur angestrebten
gleichberechtigten Teilhabe und der Repräsentanz von politisch
unterrepräsentierten Gruppen und Menschen innerhalb von BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN Baden-Württemberg und in der Gesellschaft beitragen.
- Der Prozess wird durch personelle Ressourcen in der Landesgeschäftsstelle
in angemessener Weise unterstützt. Dazu übernimmt eine*r der
Mitarbeiter*innen der Landesgeschäftsstelle unter anderem die Aufgaben
einer oder eines Vielfaltsreferent*in.
- Aus dem Aktionshaushalt des Landesverbandes werden die Maßnahmen
entsprechend diesem Statuts angemessen finanziell ausgestattet.
- Der/ Die Vielfaltsreferent*in entwickelt in Zusammenarbeit mit dem
Landesvorstand und dem Bundesdiversitätsrat weitere Maßnahmen, die zur
angestrebten gleichberechtigten Teilhabe und der Repräsentanz von
politisch unterrepräsentierten Gruppen und Menschen innerhalb von BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN Baden-Württemberg und in der Gesellschaft beitragen.
§ 6 Delegation in den Bundes-Diversitätsrat
- Die Delegierten und Ersatzdelegierten für den Landesverband Baden-
Württemberg werden durch die Landesdelegiertenkonferenz gewählt und
entsandt. Die Delegierten informieren den Geschäftsführenden
Landesvorstand fortlaufend über die Arbeit und die Beschlüsse des Bundes-
Diversitätsrats.
§ 7 Förderung von gesellschaftliche Repräsentanz
- BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Baden-Württemberg führt regelmäßig Veranstaltungen
durch, die zur angestrebten Teilhabe beitragen und die Repräsentanz
fördern und stellt die dafür notwendigen Mittel zur Verfügung. Dabei
sollen auch parteiexterne Multiplikator*innen, Verbände und Vertretungen
politisch unterrepräsentierter Gruppen eingebunden werden, um auch über
die Partei hinaus zu einer vielfältigeren Repräsentanz beizutragen.
§8 Geltung
- Das Vielfaltsstatut wird von der Landesdelegiertenkonferenz mit einfacher
Mehrheit verabschiedet und geändert. Es tritt am Tag seiner
Beschlussfassung in Kraft.
- Die Kreis- und Ortsverbände werden angehalten, den Vielfaltsprozess des
Landesverbands zu unterstützen und die Maßnahmen vor Ort zu fördern.