Die Ernährung der Zukunft kann nur eine Landwirtschaft gewährleisten, die natürliche Ressourcen nutzt und nicht ausnutzt, die Böden, Tiere, Pflanzen, Mitarbeiter*innen und landwirtschaftliche Betriebe achtet und schützt und die Versorgung der Verbraucher*innen mit sicheren und gesunden Lebensmitteln sicherstellt.
Die noch vor 30 Jahren von vielen belächelte Bio-Landwirtschaft hat längst bewiesen, dass es auch in großem Stil möglich ist, gesunde Lebensmittel im größtmöglichen Einklang mit der Natur zu produzieren; auf der anderen Seite sind die Schattenseiten einer industriell geprägten Landwirtschaft mit einer Auslaugung der Böden, Artenschwund, unverträglichen Lebensmitteln und oft unsozialen Arbeitsbedingungen hinreichend bekannt.
Eine in die Zukunft gerichtete europäische Agrarpolitik muss sich an diesen Werten orientieren – und wir müssen verhindern, dass diese Werte untergraben werden. Das gilt sowohl für bestehende als auch für neue Regulatorien: Zum Beispiel müssen die in der EG-Ökoverordnung festgelegten Bio-Standards auf den Prüfstand – im Gegensatz zu Anbauverbänden wie Bioland, Demeter oder Naturland sind die EG-Öko-Regelungen u.a. zum Tiertransport oder zur artgerechten Haltung deutlich weniger streng. Und auch die von der EU-Kommission geplante Deregulierung neuer gentechnischer Methoden mit dem Wegfall von Kennzeichnungspflicht und Risikoprüfung1 muss verhindert werden. Diese würde nicht nur gegen das EuGH-Urteil von 2019, gegen unser Grundsatzprogramm von 2020, gegen das Vorsorgeprinzip und die Wahlfreiheit verstoßen, sondern durch das Verbot nationaler Sonderwege und das Verbot von Abstandsregelungen gentechnikfreie Regionen und eine gentechnikfreie Landwirtschaft unmöglich machen – mit weitreichenden grundlegenden, existentiellen Folgen für die Biolandwirtschaft2.
Daher müssen wir unbedingt darauf drängen, dass sich die deutsche europäische Agrarpolitik verbindlich nach unseren im Grundsatzprogramm3 vereinbarten Werten einer Orientierung an den Prinzipien der ökologischen Landwirtschaft richtet.
Anmerkungen:
1 https://table.media/berlin/wp-content/uploads/sites/21/2023/06/EU_Gentechnik_Vorschlag.pdf
2 Zum Vorschlag der EU-Kommission zwei Bewertungen von Karl Bär MdB und Harald Ebner MdB:
Kar Bär:
"Der Vorschlag der EU-Kommission zur Deregulierung neuer Gentechnikmethoden ist ein Frontalangriff auf das europäische landwirtschaftliche Modell.
Pflanzen mit bis zu 20 gentechnischen Veränderungen sollen als gleichwertig mit konventionell gezüchteten Pflanzen gelten. Lebensmittel aus Pflanzen mit 20 wirksamen gentechnischen Veränderungen würden ungekennzeichnet auf dem Teller von Verbraucher*innen landen und ohne wissenschaftliche Risikoprüfung in die Natur entlassen.
Der Vorschlag gefährdet die ökologische und in der EU vorherrschende gentechnikfreie Landwirtschaft. Sie müssten sich mit immer mehr Aufwand vor Kontamination schützen. Die Verordnung will den Mitgliedsstaaten sogar verbieten, Maßnahmen zum Schutz von Ökolandbau, sensiblen Gebieten oder gentechnikfreien Regionen zu ergreifen. Die Europäische Kommission scheint vollständig vor den Gentech-Konzernen eingeknickt zu sein. Der Mehrwert der Deregulierung für die Gesellschaft bleibt mehr als fraglich, während die Großkonzerne sicher davon profitieren.
Das Europäische Parlament und der Rat der Mitgliedstaaten müssen diesen Vorschlag schnell und vollständig zurückweisen."
Harald Ebner:
"Gentechnik statt Verbraucherschutz: EU-KOM will Wahlfreiheit und Risikovorsorge abschaffen!
Der Gentechnik-Deregulierungsvorschlag der EU-Kommission ist an Dreistigkeit kaum zu überbieten: Die Wahlfreiheit für Verbraucher*innen wird abgeschafft, stattdessen wird Verbrauchertäuschung quasi vorgeschrieben. Verkehrte Welt. Es kommt noch schlimmer: Auch Risikoprüfungen will die KOM jetzt für fast alle denkbaren gentechnisch erzeugten Pflanzenkonstrukte abschaffen, obwohl niemand auch nur annähernd abschätzen kann, welche Eigenschaften diese Konstrukte haben werden und was das für die Ökosysteme bedeutet. Für die Umweltpolitik der KOM ist das eine Bankrotterklärung. Und dass die Kommission sich selbst das Recht einräumen will, zukünftig alleine, ohne die bisher beteiligten demokratisch legitimierten Gremien, entscheiden zu dürfen, für welche Gentechnik-Organismen das bisherige Gentechnikrecht überhaupt noch gelten soll, schlägt dem Fass den Boden aus.
Damit untergräbt die Kommission nicht nur Verbraucherschutz und das Vorsorgeprinzip für Umwelt und Gesundheit, sondern hebelt auch noch die demokratische Mitwirkung von Europaparlament und Mitgliedstaaten aus."
3 https://cms.gruene.de/uploads/documents/20200125_Grundsatzprogramm.pdf: S. 25, Abs. 74
Kommentare
Julian Pascal Beier:
-> gruenlink.de/2oih
Stefan Weisenberger: