Erfolgt mündlich.
Antrag oder Resolution: | Klimaneutral, wirtschaftsstark und lebenswert - unsere Kommune von morgen |
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Antragsteller*in: | Jürgen Binder (KV Schwäbisch Hall) |
Status: | Geprüft |
Verfahrensvorschlag: | Modifizierte Übernahme |
Eingereicht: | 06.10.2023, 09:32 |
Kommentare
Johannes Enssle:
Cornelia Wiethaler:
Jürgen Binder:
Andreas Hamm:
Kevin Roth:
So könnte der Klimawandel laut einem Bericht des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) die globale Anbaufläche drastisch reduzieren [1]. Diese klimatischen Veränderungen sind für evolutive Anpassungsprozesse oft zu schnell. Auch die klassische Züchtung kann hier aufgrund langer Generationszeiten teilweise nicht mithalten.
Es ist nicht sinnvoll, gentechnische Methoden per se auszuschließen. Nach 30 Jahren intensiver Forschung, tausenden Studien zu technischer Machbarkeit und möglichen Risiken, besteht breiter wissenschaftlicher Konsens: Neue gentechnische Züchtungsverfahren bieten großes Potential, um klimabedingten Ernährungskrisen zu begegnen, und sind in ihrer Anwendung für Mensch und Natur unbedenklich [2, 3, 4, 5]. Die Sorge über den Einfluss von Gentechnik auf die Gesundheit und Umwelt sind durchaus nachvollziehbar, müssen jedoch im Kontext des wissenschaftlichen Konsens betrachtet werden. Warum fordern wir beim Klimawandel zurecht: „follow the science“, ignorieren die Wissenschaft aber beim Thema Gentechnik [6]?
Vorurteile gegenüber Gentechnik beruhen allzu oft auf fragwürdigen Behauptungen und falscher Interpretation wissenschaftlicher Fakten. Auch durch sogenannte „Studien“ die teilweise aus GRÜNEN Kreisen beauftragt werden [7, 8] und jedweder guter wissenschaftlicher Praxis widersprechen.
Bei gentechnisch veränderten Pflanzen muss unterschieden werden ob diese durch „alte“ oder „neue“ gentechnische Methoden entstanden sind. Währen bei „alten“ Methoden oft DNA anderer Organismen eingebracht wird (transgen), ist es mit den neuen gentechnischen Methoden (NGT) möglich, die DNA der Pflanzen sehr zielgerichtet zu verändern, auch ohne DNA anderer Organismen einzubringen. Diese Veränderungen sind nicht von natürlich auftretenden Mutationen zu unterscheiden (= naturidentisch). Es entzieht sich jeder Vernunft, dass Pflanzen aus der klassischen Mutagenese, wo vollkommen zufällig viele Mutationen durch Strahlung oder Chemikalien ins Pflanzenerbgut eingebracht werden, im Ökolandbau ohne Risikoprüfung erlaubt sind, naturidentische NGT-Pflanzen, wo wenige Mutationen sehr zielgerichtet eingebracht werden, hingegen stark reguliert werden sollen.
Wir müssen uns fragen, was uns wichtiger ist:
Die diffuse Abneigung gegen Gentechnik, die zum Teil auch auf Falsch- oder Halbwissen beruht.
Oder
Den Einsatz einer, in 30 Jahren Risikoforschung als sicher eingestuften, Technologie sinnvoll mitzugestalten.
Der Änderungsantrag ist somit abzulehnen.
[1] https://www.boell.de/de/2019/08/09/klimawandel-und-landnutzung-der-sonderbericht-des-weltklimarats-mahnt-zum-handeln
[2] Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina Wege zu einer wissenschaftlich begründeten, differenzierten Regulierung genomeditierter Pflanzen in der EU (2019) wissenschaftlich-begruendeten-differenzierten-regulierung-genomeditierter- pflanzen-in-der-eu-2019/
[3] https://www.dfg.de/download/pdf/dfg_magazin/gremien_politikberatung/gruene_gentechnik/broschuere_gruene_gentechnik.pdf
[4] https://www.leopoldina.org/presse-1/nachrichten/dfg-und-leopoldina-unterstuetzen-vorschlag-der-eu-kommission-zum-umgang-mit-neuen-gentechnikmethoden-in-pflanzenzucht/
[5] https://www.oeaw.ac.at/news/gruene-gentechnik-offener-brief-fuer-eine-wissenschaftsbasierte-beurteilung
[6] https://evidenzbasierte-politik.de/2022/07/19/sone-und-sone-wissenschaft-wo-gruene-ueber-wissenschaftspolitik-streiten/
[7] https://evidenzbasierte-politik.de/2023/02/20/wissenschaft-agrarindustrie-und-evidenzbasierte-politik-warum-naehe-nicht-gleich-einflussnahme-ist/
[8] https://evidenzbasierte-politik.de/2023/08/02/wir-kennen-tatsaechlich-den-unterschied/
Cornelia Wiethaler:
Deine Unterscheidung "transgen" = alte Gentechnik und cisgen = NGT ist falsch. Die NGTs sind hochwirksam und selbstverständlich lassen sich mit ihrer Hilfe auch Gene anderer Organismen einbringen, so dass mittels NGTs transgene Pflanzen entstehen.
Neben einer dir offensichtlich vertrauten "diffusen Abneigung gegen Gentechnik..." existiert die dezidierte Einordnung gentechnischer Methoden in den Richtlinien der ökologischen Pflanzenzüchter in Deutschland (DV-ÖPZD) und der internationalen Dachorganisation des Öko-Landbaus IFOAM-Organics. Weltweit ist im Bio-Anbau der Einsatz alter wie neuer genomischer Techniken aus gutem Grund verboten. Dies gilt es zu respektieren, wenn wir 30 % Öko-Landbau fordern. Die Möglichkeit gentechnikfreier Kommunen ist ein sinnvoller Beitrag dazu.
Wärest du bereit, deinen Antrag, den Änderungsantrag abzulehnen zurückzuziehen?
Kevin Roth:
Leider spiegelt deine Antwort genau das wider, was ich mit „Halbwissen“ meine. Wenn wir uns die aktuelle Diskussion ansehen, besonders bezogen auf den aktuellen Antrag der EU-Kommission zum Thema NGT, wird deutlich warum wir eben genau doch die Unterscheidung alte vs. neue gentechnische Methoden brauchen. Pflanzen aus NGTs, die cis-gen sind, sind NATURIDENTISCH. Sie unterscheiden sich nicht von Pflanzen, die natürlich durch Mutationen entstehen. Warum diese anders behandelt werden sollten als Pflanzen aus Mutagenese-Verfahren, mit denen im Ökolandbau niemand ein Problem zu haben scheint, ist absolut unbegreiflich. Ich stehe da diametral gegen deine Meinung. Das macht auch das Argument zur Risikoprüfung irrelevant, oder kannst du mir erklären, warum eine durch Strahlung eingebrachte Punktmutation ungefährlicher ist als eine durch CRISPR-Cas9? Außerdem haben wir zahllose Studien und die Einschätzung von Organisationen, z.B. der Leopoldina, die ganz klar sagen: Es gibt die Risiken von Gentechnik nicht, die immer wieder von zweifelhaften Quellen, z.B. Testbiotech, propagiert werden. Wir haben 30 Jahre Risikoforschung an Gentechnik, wie lange soll es denn noch weitergehen?
Wer gentechnikfrei will, soll das auch bekommen können. So wie jeder der tierfrei möchte, das auch tun kann. Aber zur Wahlfreiheit gehört auch anzuerkennen, dass nicht jeder die diffusen Ängste gegen Gentechnik hat und sich deswegen bewusst für Gentechnik entscheiden möchte.
Aber warum muss es eigentlich Ökologischer Landbau gegen Gentechnik sein? Gerade im Ökolandbau hat NGT großes Potential zu helfen Probleme zu lösen und z.B. den Einsatz giftiger Kupferverbindungen zu reduzieren. Ökologische Landwirtschaft und Gentechnik klingt für viele wie ein Oxymoron. Davon müssen wir weg.
Ich werde die Ablehnung dieses ÄA keinesfalls zurückziehen.
Cornelia Wiethaler:
Der Einsatz von Methoden, die im ökologischen Landbau nicht erlaubt sind, ist untersagt. Direkte technische Eingriffe in das Genom von Pflanzen sind nicht erlaubt (z.B. gentechnische Verfahren; Crispr/Cas; chemische Mutagenese; ionisierende Strahlung; Transfer von isolierter DNA, RNA oder Proteinen). Ausnahmen gibt es lediglich bei der Verwendung von Ausgangsmaterial nach einer "history of safe use".
Wenn wir Grüne es mit dem 30%-Ziel Ökolandbau ernst meinen, sollten wir seine Leitplanken respektieren.
Kevin Roth:
Das grenzt an Esoterik und sollte nicht unsere Politik bestimmen.
Als Biologe finde ich es fast schon lustig eine Zelle als "unteilbare Einheit" zu bezeichnen.
Warum der ökologische Landbau kein Problem hat das Genom einer Pflanze mit Strahlung zu schreddern aber präzise Eingriffe mit CRISPR verbietet, obwohl es am Ende das Gleiche ist (eine Erhöhung der natürlichen Mutationsrate) entzieht sich jeder Logik.
Muss wohl an der diffusen Abneigung liegen. Oder doch Halbwissen?
Cornelia Wiethaler:
Respekt ist etwas anderen als Machbarkeit. Bsp. zum besseren Verständnis: Politisch respektieren wir Landesgrenzen anderer Staaten. Grundsätzlich sind Teilungen oder Abspaltungen von Ländern aber machbar.
Die ökologische Landbewirtschaftung bringt viele Vorteile für Biodiversität und Klimaschutz. Deswegen haben wir uns das Ziel 30% Ökolandbau gesetzt. Zu seinem Schutz und zur Weiterentwicklung sind NGTs keine Hilfe. Eine Kennzeichnung von NGTs hingegen schon.
Kevin Roth:
Warum ist das jetzt bei NGT ein Problem?
Aber egal, wir kommen hier nicht zusammen.
Bin auf die Abstimmung gespannt.